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dunkel und halb hell erscheinen; seine neuen Untersuchungen beschäftigten sich namentlich mit den Bahnen des Reizes. Er bediente sich dabei des Induktionsstromes als Erregungsmittels, wobei man unter dem Mikroskop [* 2] sieht, wie die vorher zierlich verzweigten sternförmigen Pigmentzellen allmählich ihre Fortsätze einziehen und zur Kugelgestalt zurückkehren, während die gereizten Hautstellen heller werden. Dieses Hellerwerden kann man auch dem bloßen Auge [* 3] am lebenden Tiere, z. B. einer Forelle, demonstrieren, nämlich durch schwache Ströme, die man mittels breiter Lederbausch-Elektroden auf bestimmte Hautstellen wirken läßt.
Die so erzeugten hellern Stellen kehren erst nach einer halben Stunde zur allgemeinen Körperfarbe zurück. Daß diese Wirkungen durch Nervenreiz zu stande kommen, wies Lode dadurch nach, daß er die Ströme durch Nadeln [* 4] dem Rückenmark zuführte, worauf die in der Ruhe dunkel gefärbte Forelle unter Krämpfen eine hellgraue Färbung annahm, außer an den Stellen, wo vorher die Hautnerven durchschnitten wurden; solche Stellen blieben dunkel. Wurde das Rückenmark an einer Stelle durchschnitten, so wurde bei der Reizung des unversehrten Teiles der Krampf nur in den nichtgelähmten Teilen, die Entfärbung jedoch über den ganzen Körper beobachtet, woraus hervorgeht, daß die Nerven, [* 5] welche die Farbstoffzellen regieren, nicht im Rückenmark verlaufen, obwohl sie mit demselben in Verbindung stehen. Es ist, wie schon Pouchet nachwies, der sympathische Nerv, von dem diese Reize weiter verbreitet werden.
An der allgemeinen Entfärbung nahmen die über den ganzen Körper verteilten roten Flecke der Forelle keinen Anteil; die roten Farbstoffzellen sind also nicht kontraktil und reizbar. Da ähnliche Ergebnisse bei verschiedenen Fischarten erhalten wurden, so ist der Schluß gestattet, daß diese Ergebnisse für Fische [* 6] allgemein gelten, daß bei ihnen allen die Farbstoffzellen in der Ruhe ausgedehnt sind, und daß sie durch Reize, mögen es nun das auf das Auge wirkende Licht [* 7] oder elektrische Reize sein, die man vom Rückenmark oder von außen her lokal zuleitet, kontrahiert werden. Es gelang Lode, nach einem besondern Verfahren den Eintritt von Nervenfasern in die Chromatophoren zu verfolgen.
Darin, daß die Pigmentzellen der in der Ruhe ausgedehnt sind und durch Reize zusammengezogen werden, stimmen sie mit denen des Chamäleons überein und unterscheiden sich von denen der Kephalopoden, die umgekehrt in der Ruhe zusammengezogen sind und durch Reize ausgedehnt werden. Vom Chamäleon unterscheiden sich die aber wieder durch die umgekehrte und unmittelbare Beziehung zum Lichte. Das Chamäleon wird umgekehrt wie die in dunkler Umgebung hell; bei ihm wirkt die Dunkelheit als Reiz, und dieser Retz wirkt unmittelbar auf die Haut, [* 8] so daß man auf einem in die Sonne [* 9] gesetzten Chamäleon durch einen beschattenden Stanniolgürtel einen hellen Streifen hervorbringen kann. Bei den Fischen wirkt dagegen das Licht unmittelbar auf die Haut gar nicht erregend, sondern nur durch das Auge. (»Berichte der Wiener Akademie der Wissenschaften«, 1890.)
Hinsichtlich der fliegenden Fische hatte sich K. Möbius in seiner Schrift über dieselben der Burmeisterschen Ansicht angeschlossen, nach welcher die flügelförmig vergrößerten Flossen nur als Fallschirme dienen sollten, die nicht durch Bewegungen den Flug unterstützen, sondern nur verhindern, daß der mittels kräftiger Seitenbewegungen seines Körpers aus dem Wasser emporgeschnellte Fisch alsbald wieder herabsinke. Seitz, welcher die fliegenden Fische oftmals, im niedrigen Kahne sitzend, im Indischen Meere über sich hinwegstreichen sah, wenn sie vom Dampfer aufgestört wurden, widerspricht diesen, wie er meint, vom Schiffsdeck gemachten Beobachtungen durchaus; er beobachtete eine äußerst lebhafte Flatterbewegung der Flossen, deren Schwingungsweite im Gipfelpunkt der Flugbahn bei 20 cm langen Flugflossen ca. 10-12 cm betrug.
Erst wenn der höchste Punkt der Bahn erreicht war, werden die Flügel wagerecht ausgebreitet oder, noch häufiger, etwas nach oben gerichtet, und so erfolgt dann das Durchfliegen des absteigenden Astes der äußerst langgestreckten Flugbahn ohne weitere regelmäßige Bewegungen. Nur wenn ein nochmaliges späteres Aufsteigen, z. B. um einen Wellenkamm zu überfliegen, stattfinden soll, treten von neuem Flatterbewegungen, meist von sehr geringer Schwingungsweite, auf.
Die Form der Flossen vergleicht Seitz mit derjenigen gewisser Schmetterlingsflügel, wie sie gerade den geschicktesten Fliegern unter den Tagfaltern eigen sind. Der Flugfisch vermag auch die Flossen, wenn man ihn eingefangen am Schwanze hält, mit außerordentlicher Geschwindigkeit und Kraft [* 10] zu regen, wie ein Nachtfalter, der eben auffliegen will. Die Zahl der Flossenschläge während des Fluges steht mit der Größe des Tieres in einem umgekehrten Verhältnis und schwankt zwischen 10 u. 30 in der Sekunde. Die Fluggeschwindigkeit steigt mit der Größe des Fisches und betrug bei Tieren von 10 cm Länge ziemlich genau 7,2 m. Die Zeitdauer des Fluges, welcher fast immer eine Flucht vor wirklichen oder eingebildeten Verfolgern zu sein scheint, wechselt von einer Viertelsekunde bis fast zu einer Minute.
Über den afrikanischen Molchfisch (Protopterus annectens) und seine eigentümliche Gewohnheit, sich während der trocknen Jahreszeit einzukapseln, haben Wiedersheim, Krauß, Bartlett, Parker und namentlich Stuhlmann, der 1888-89 in Kilimane an der Ostküste Afrikas weilte, um die Lebensweise des merkwürdigen Tieres genauer zu beobachten, in den letzten Jahren eingehendere Untersuchungen angestellt. Das über einen großen Teil Mittelafrikas verbreitete und von den Eingebornen verzehrte, bis zu 1,75 m Länge erreichende aalartige Tier, welches mit mittelgroßen Schuppen bekleidet ist und vier lange, fadenförmige Seitenflossen besitzt, kommt dort in großer Zahl in den Sümpfen vor, die sich während der Regenzeit mit Wasser füllen, und steigt alle paar Minuten an die Oberfläche, um mit weit geöffneter Schnauze einen Atemzug zu thun, worauf es Blasen durch die Kiemenlöcher entweichen läßt.
In der heißen Jahreszeit trocknen die meisten Sümpfe aus, und die Tiere graben sich in den lockern, sandigen Grund, bis sie in eine Schicht gelangen, die während dieser in Kilimane vom Juli bis zum Januar dauernden Jahreszeit etwas Feuchtigkeit zurückhält, um sie in einer Art Schlafzustand zu überstehen. Hier rollen sie sich zusammen und scheiden aus den Schleimbecherzellen der Epidermis [* 11] periodenweise ein Sekret aus, welches zu einer festen Kapselmembran von bräunlicher Farbe und nach außen blätterigem Gefüge erhärtet und gegen den Luftgang hin, durch den das Tier sich eingegraben hat, eine Art schräg zum Gange stehenden, wie ein Trommelfell prall gespannten Deckels bildet, der häufig mit einem kleinen Spalt oder Löchelchen versehen ist (s. Figur, S. 287). In dieser Kapsel und dem sie umgebenden Erdkloß kann das Tier mit Leichtigkeit versandt werden, und solche eingekapselte Tiere sind in den letzten Jahren vielfach nach Paris, [* 12] London, [* 13] Berlin [* 14] u. a. O. versandt worden, wo man sie durch Einlegen in mäßig erwärmtes Wasser leicht erwecken kann. Wiedersheim hat sie zuerst mit dem Meißel [* 15] frei ¶
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gelegt, um die Lage, die sie in der Kapsel einnehmen, festzustellen. Er fand sie mit zwei Knickstellen zusammengebogen, so daß der breite Schwanz den Kopf von obenher wie ein Schleier umhüllt, während die ganz dicht an den Deckel und seine Öffnung lagernde Schnauze unten hervorschaut. Da Wiedersheim den Schwanz sehr blutgefäßreich und gerötet fand, glaubte er ihn an der Atmung während das ^[richtig: des] Sommerschlafs beteiligt, was indessen nach Stuhlmann nicht der Fall sein soll.
Bei Berührungen stießen die Tiere in der Kapsel wie im Freien einen schmatzenden oder schnalzenden Laut aus und machten, wenn die Kokons behufs der Konservierung in Chromessigsäure gelegt wurden, sofort ebenso energische Abwehrbewegungen wie wache und frei lebende Tiere. Von besonderm Interesse ist, daß Stuhlmann das Ruhestadium jederzeit künstlich herbeiführen konnte, wenn er ein solches Tier von mit Wasser zu einem dicken Brei angerührter Erde umhüllt in eine Holzkiste brachte, aus der das Wasser langsam fortsickern und verdunsten konnte. Allerdings gingen dabei ca. 75 Proz. der Versuchstiere ein, aber eine Reihe so eingeschläferter Tiere blieb in Kilimane fast einen Monat lang am Leben und konnte in diesem Zustand bis nach Sansibar [* 17] gebracht werden.
Diese Tiere unterscheiden sich von den eigentlichen Fischen durch das Vorhandensein von Lungen und Nasenlöchern und bilden mit den Gattungen Ceratodus und Lepidosiren eine Übergangsgruppe zwischen Knorpelfischen (Ganoiden) und Amphibien, weshalb schon ältere Zoologen, wie Natterer, Bischoff, Milne Edwards, Karl Vogt u. a., vorgeschlagen hatten, sie als Doppelatmer oder Dipneusten gänzlich von den Fischen zu trennen und zur besondern Ordnung zu erheben.
Ihre Seitenflossen haben außerdem einen ganz andern Bau wie echte Fischflossen, und Gegenbaur sieht in der Flosse von Ceratodus die Grundform, aus der sich sowohl die gewöhnliche Flosse als der Fuß der höhern Wirbeltiere herleiten läßt. Allein andre Zoologen, wie Owen, Joh. Müller, Agassiz und Günther, wollten nichts von der Trennung des bis zur Steinkohlenzeit zurückverfolgbaren Tierstammes von den Schmelzfischen hören, weshalb sie in vielen Handbüchern noch immer bei den Fischen stehen.
Schneider fügte dann 1887 die Entdeckung hinzu, daß die Hinterflosse bei Ceratodus gegen die Vorderflosse gerade so wie bei allen höhern Wirbeltieren in einem Winkel [* 18] von 90° gedreht steht, weshalb er diese Flossen als echte Hände und Füße betrachtet wissen will und darin einen neuen Anlaß findet, die Einreihung der Molch- oder Lungenfische unter die Amphibien zu fordern. Jedenfalls wird es somit das Richtige sein, die Lungenfische, wie Häckel und Gegenbaur längst gethan, von den Fischen zu trennen und eine besondere Klasse aufzustellen.
[* 16] ^[Abb.: Der afrikanische Molchfisch (Protopterus annectens), frei schwimmend und eingekapselt. a die geöffnete Kapsel.]