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die Hypothese einer Vererbung von Verletzungen (das. 1889).
Seite 18.269 Jahres-Supplement 1890-1891
die Hypothese einer Vererbung von Verletzungen (das. 1889).
Gestalt und Größe. Seitdem die im vorigen Jahrhundert ausgeführten Gradmessungen, welche den Zweck verfolgten, die Größe des Erdradius zu ermitteln, zugleich zu dem Resultat geführt hatten, daß die Erde keine genaue Kugel sei, sondern daß die Oberfläche der Erde im wesentlichen die Form eines abgeplatteten Rotationsellipsoids habe, suchte man die Dimensionen dieses Sphäroids zu bestimmen. Dabei wurden bis vor kurzem stets zwei voneinander ganz verschiedene Methoden angewandt, um zu einer genauern Kenntnis von der Gestalt und Größe unsers Planeten zu gelangen: eine physikalische und eine geometrische. Die geometrische Methode der Gestaltbestimmung der Erde führt scheinbar schneller zum Ziele. Der Meridian eines abgeplatteten Rotationsellipsoids ist eine Ellipse, deren kleine Achse die Polarachse ist. Ihre Krümmung ist am Ende der langen Achse, d. h. am Äquator, stärker als am Pole, und die Krümmung nimmt vom Pole zum Äquator stetig zu. Das Stück derselben, welches zwischen zwei um 1° gegeneinander geneigten Normalen der Kurve eingeschlossen ist, ist also in höhern Breiten größer als näher am Äquator. Die Vergleichung zweier in der einen und in der andern Lage gemessenen Meridiangrade muß also Aufschluß über die Gestalt der Meridiankurve geben; hat man alsdann nach einer geometrischen Formel die Länge jedes beliebig gelegenen Stückes derselben berechnet, so kann man durch Vergleich mit der gemessenen Länge die Abplattung bestimmen. Der einfache Grundgedanke dieser Methode und die große Genauigkeit, welche man den zur Gradmessung nötigen Längen- und Winkelmessungen geben kann, haben dahin geführt, daß man im vorigen Jahrhundert und in den ersten beiden Dritteln des laufenden annahm, durch Gradmessungen einen zuverlässigern Wert der Abplattung zu erhalten als auf jedem andern Wege, und diese Meinung wurde durch die nahe Übereinstimmung zwischen den Resultaten der frühern Gradmessungen bestärkt. Auf Grund von zehn Messungen einzelner Meridiangrade hat Bessel die Bestimmung der für Große und Form des Erdellipsoids maßgebenden Bestimmungsstücke durchgeführt. Die von Clarke gefundenen Werte (II) unterscheiden sich etwas von den Besselschen (I); wir stellen beide zusammen und vergleichen sie mit den von Listing für sein typisches Sphäroid ermittelten Zahlen (III):
I | II | III | |
---|---|---|---|
Abplattung | 1 | 1 | 1 |
299,1528 | 294,979 | 289,000 | |
Große Halbachse | 6377397,16 m | 6378206,51 m | 6377365 m |
Kleine Halbachse | 6356078,96 - | 6356583,88 - | 6355298 - |
Äquatorialquadrant | 10017596 - | 10018862- | 10017542 - |
1° desselben | 111306,6 - | 111320,7 - | 111194,9 - |
1 geogr. Meile | 7420,44 - | 7421,38 - | 7420,40 - |
Meridianquadrant | 10000855,76 - | 10001887,00 - | 10000218,00 - |
Die physikalische Methode der Gestaltbestimmung der Erde stützt sich auf folgende Sätze der Hydrostatik: Eine homogene, flüssige, um eine Achse rotierende Masse, deren Teile nur der gegenseitigen Anziehung unterworfen sind, nimmt die Gestalt eines Rotationsellipsoids um die Drehungsachse an. Eine Schicht einer homogenen Masse, die einen nur wenig von der Kugelgestalt abweichenden rotierenden Kern von annähernd konzentrischer Masseverteilung bedeckt, nimmt gleichfalls eine Gestalt an, die von derjenigen eines Rotationsellipsoids nur um sehr kleine Größen abweicht. Eine rotierende heterogene Flüssigkeitsmasse nimmt, falls ihre Gestalt und Massenanordnung von derjenigen auf konzentrischen Kugelflächen nur um sehr kleine Beträge abweicht, ebenfalls eine Gleichgewichtsfigur an, die mit einem Rotationsellipsoid sehr nahe identisch ist. Von der Erde wissen wir nun durch vielfache Erfahrungen, daß sie von der Kugelgestalt nur sehr wenig abweicht, und daß die Verteilung der Massen in ihr eine nahezu konzentrische sein muß. Darauf weist vor allem die nur sehr wenig und sehr gleichmäßig sich ändernde Größe der Schwerkraft an allen besuchten Punkten der Erdoberfläche hin, ebensowohl aber auch jede Vorstellung, die wir uns von der Entstehung der Erde aus dem feurigflüssigen oder gasförmigen Zustand machen können. Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, daß die der Gestalt eines Rotationsellipsoids sehr nahe kommt. Die Attraktionstheorie lehrt nun die Anziehung homogener oder aus homogenen konzentrischen Schalen bestehender rotierender Ellipsoide für beliebige Punkte der Oberfläche durch eine einfache Formel ausdrücken. In dieser Formel kommt außer der geographischen Breite des Punktes das Achsenverhältnis des Ellipsoids, die Masse und die Umdrehungsgeschwindigkeit der Erde vor. Diese Anziehung ist aber die Schwerkraft, die man an jedem Punkte der Erde mittels des Pendels bestimmen kann, da dieselbe überall der Lange des einfachen Sekundenpendels proportional ist. Setzt man nun die gemessene Größe der Beschleunigung der Schwerkraft dem theoretischen Ausdruck gleich, so erhält man eine Gleichung, woraus das Achsenverhältnis oder die Abplattung bestimmt werden kann, falls die Erdmasse bekannt ist. Das Verhältnis der Schwere an zwei verschiedenen Punkten wird aber von der Erdmasse unabhängig, und man kann daher durch Zusammenbenutzung je zweier beliebiger Messungen der Schwerkraft einen Wert für die Abplattung der Erde ableiten. Durch Benutzung zahlreicher, möglichst gleichförmig über die Erde verteilter Schweremessungen, d. h. also Bestimmungen der Länge des einfachen Sekundenpendels, kann man dann die Abplattung mit großer Sicherheit herleiten. Der aus den Schweremessungen abgeleitete Wert der Abplattung 1/289 ist nun aber von dem aus Gradmessungen allein gefundenen Werte 1/299 wesentlich verschieden. Der Grund hiervon liegt in einer früher nicht hinlänglich gewürdigten Fehlerquelle, den Lotstörungen. Zunächst wird die Richtung und Intensität der Schwerkraft an der Erdoberfläche durch die unregelmäßige Massenverteilung auf derselben, namentlich durch den Gegensatz von Meer und Festland in auffallender Weise beeinflußt. Abgesehen von der Thatsache, daß Meeresstationen dem Erdmittelpunkt näher liegen als Festlandstationen, bedingt die unregelmäßige Massenverteilung am Rande und im Innern eines Festlandes eine Veränderung in der Verteilung der Schwere in der Weise, daß die Schwere, wie sie das Pendel mißt, für einen Festlandspunkt im allgemeinen geringer ausfallen muß als für einen Küstenpunkt und für letztern wieder geringer als für einen Punkt auf dem Ozean. Die Erklärung dieser Thatsache ist wahrscheinlich in dem Umstand zu suchen, daß unterhalb der Ozeane die Abkühlung der Erde schneller vor sich geht als unterhalb des Festlandes; deshalb ist die Erdrinde unter den Ozeanen dicker und übt auf das Pendel eine größere Anziehungskraft aus. Wenn
ferner die Masse auf der Erde so verteilt ist, daß die Schwererichtung nicht mehr durch den Schwerpunkt als den Anziehungsmittelpunkt der annähernd kugelförmigen Erde hindurchgeht, so zeigt sich diese Unregelmäßigkeit äußerlich darin, daß das Bleilot seitlich von seiner normalen Richtung abgelenkt wird. Das Lot erfährt Ablenkungen von der Richtung, die es über einer vollkommnen Ellipsoidoberfläche haben würde und zwar in dem Sinne, daß es nach der Richtung hin gezogen wird, in welcher sich überwiegende Kontinental- oder Gebirgsmassen in der Nähe befinden. Indessen nicht bloß eine anziehende, sondern auch eine abstoßende Wirkung erfährt das Lot, die in manchen Fällen durch Annahme eines unterirdischen Hohlraums ihre Erklärung findet. Unter solchen Umständen erwies es sich als unmöglich, durch Gradmessungen und durch Beobachtungen am Sekundenpendel übereinstimmende Werte für die Größe der Abplattung zu erhalten, denn die Resultate der Gradmessungen waren durch den Einfluß der Lotablenkungen mit einem konstanten Fehler behaftet. Durch fortgesetzte Beobachtungen hat sich nun herausgestellt, daß die Annahme eines Sphäroids für die Erdgestalt eine irrige war, daß vielmehr die Fläche, welche unsern Erdkörper umschließt und die wir uns durch die Meeresfläche oder deren kanalartige Fortsetzung unterhalb der Kontinente vertreten denken können, überhaupt keine geometrisch regelmäßige Gestalt besitzt; die einerseits durch geodätische, anderseits durch physikalische Messung ermittelten Ellipsoide können nur als Annäherungen an die wirkliche Erdgestalt betrachtet werden, welch letztere überhaupt nicht ein für allemal, sondern gewissermaßen nur von Punkt zu Punkt sich bestimmen läßt, da der Erdoberfläche keine exakt geometrische Fläche entspricht. Nach dem Newtonschen Gravitationsgesetz ziehen sich irgend zwei materielle, bezüglich mit den Massen m1 und m2 begabte Punkte, deren Entfernung gleich R ist, gegenseitig an mit der Kraft K·(m1·m2)/R², wo K eine gewisse Konstante bedeutet. Die Anziehung selbst erfolgt längs der beide Massenpunkte verbindenden geraden Linie. Mit Hilfe dieses Gesetzes läßt sich das allgemeine Anziehungsproblem lösen: Ein Körper, durch dessen Volumen die Masse nach einem bestimmten Gesetz verteilt ist, wirkt in dem Sinne auf einen irgendwo gelegenen Massenpunkt, daß zwischen diesem und jedem der in endlicher oder unendlicher Anzahl vorhandenen Körperpunkte (Massenteilchen) eine vom Newtonschen Gesetz geregelte Anziehung stattfindet. Will man die Größe der gegenseitigen Anziehung zwischen Körper und Massenpunkt finden und ebenso die Richtung, längs welcher diese Kraft wirksam ist, so bedient man sich des Potenzials, das sich folgendermaßen definieren läßt: Wenn ein ursprünglich in unendlicher Entfernung befindliches Massenteilchen m2 durch die Anziehung eines Massenteilchens m1 so weit herangebracht worden ist, daß zwischen m1 und m2 statt der unendlichen nur mehr die endliche Entfernung R besteht, so bezeichnet man die zur Überwindung des Weges aufgewendete mechanische Arbeit als das von m1 auf m2 in der Distanz R ausgeübte Potenzial, und es ist dasselbe seinem Werte nach gleich K·(m1·m2)/R. Sieht man nun vorläufig von der Umdrehung der Erde um ihre Achse ab, so wird ein der Erdoberfläche angehöriger Massenpunkt durch keine andre Kraft als durch die Schwerkraft beeinflußt. Offenbar gibt es zweifach unendlich viele Punkte, für welche das Schwerepotenzial einen bestimmten Wert besitzt. Alle diese Punkte erfüllen eine gewisse Fläche; diese Ortsfläche gleichen Schwerepotenzials nennt man Niveau- oder Gleichgewichtsfläche. Die Schwererichtung fällt allenthalben mit einer Normalen dieser Niveaufläche zusammen, auf welcher der Punkt, zu dem das Lot gezogen werden soll, gelegen ist. Da die Schwererichtung aber mannigfach variiert, so sind Niveauflächen im allgemeinen keine Parallelflächen. Die Schwerkraft hat in jedem Punkte eine bestimmte, von Punkt zu Punkt wechselnde Richtung; ein Gleiches muß demnach für das Flächenelement gelten, auf welchem die Schwererichtung normal steht, und es folgt daraus die Eigenschaft, daß eine Gleichgewichtsfläche im allgemeinen stetig gebogen ist, keine Spitzen, Rückkehrspunkte, Kanten besitzt, sie kann folglich auch nur entweder geschlossen oder unendlich ausgedehnt sein. Außer der Schwerkraft beeinflußt einen der Erde angehörigen Punkt auch noch die Schwung- oder Zentrifugalkraft. Die Resultante aus beiden steht auf einer in absoluter Ruhe befindlichen Wasserfläche immer senkrecht; eine vollkommen ruhige Wasserfläche stellt also eine Niveaufläche der vereinigten Schwere und Schwungkraft dar und ist identisch mit dem, was man Erdgestalt nennt. Irgend eine der unendlich vielen Niveauflächen, welche wir als im Innern unsrer Erdrinde verlaufend anzunehmen haben, und deren jede mit gleichem Rechte die Bezeichnung als Geoid in Anspruch nehmen kann, ist der wahre Repräsentant der Erdgestalt. Nach unsrer bisherigen Kenntnis von der Verteilung der Dichte im Innern der Erde ist nicht anzunehmen, daß plötzliche Änderungen in der Dichte vorkommen. Den Verlauf der Gleichgewichtsflächen im Erdinnern kann man sich mithin derart vorstellen, daß jede Niveaufläche von allen denjenigen, die der Außenseite näher liegen, schalenförmig umschlossen wird; dieselbe umschließt ihrerseits wieder unendlich viele andre Niveauflächen. Die innerste Niveaufläche degeneriert in einen einzigen Punkt. Man kann sonach von einem Mittelpunkt des Geoids sprechen und das Wesen des Geoids folgendermaßen definieren: jede Geoidfläche hat die Eigenschaft, daß ein gleiches Maß von mechanischer Arbeit aufgewandt werden muß, um einen schweren Körper vom Mittelpunkt der Erde aus bis zu irgend einem der unendlich vielen Punkte jener Fläche heranzubringen. Unter Niveausphäroid versteht man ferner eine geschlossene, sphäroidisch gekrümmte Fläche, die sich einerseits dem Geoid sehr nahe anschließt, anderseits mit einem Rotationsellipsoid sehr nahe übereinstimmt. Die Abweichung irgend eines Niveausphäroids von einem Rotationsellipsoid gleicher Abplattung ist eine so unbedeutende, daß für die Praxis der Geodäsie es ganz gerechtfertigt ist, das Geoid mit einem zweiachsigen abgeplatteten Ellipsoid wo nicht zu identifizieren, so doch in nahe Beziehung zu bringen. Das Ellipsoid, welches an Stelle der mathematischen Erdoberfläche als Projektionsfläche dient, bezeichnet man als Referenzellipsoid. Damit ergibt sich die Notwendigkeit, die wirklich vorhandenen geometrischen Beziehungen des Geoids zu dem seine Stelle vertretenden Referenzellipsoid für den ganzen Umkreis der Erde zu ermitteln. Am zuverlässigsten läßt sich die wahre Gestalt der Erde bestimmen durch Verbindung mehrerer Methoden, nämlich astronomisch-trigonometrischer Messungen, geometrischer Nivellements und Schweremessungen. Weil diese Methode, wenn auch theoretisch die beste, praktisch mit großen Schwierigkeiten verknüpft wäre, so hat man ein kürzeres Verfahren