mehr
»Geschichte der neuhochdeutschen Grammatik sowie der Methode des grammatischen Unterrichts in der Volksschule«. Auch erschien von ihm eine Geschichte seiner Vaterstadt (Landsb. 1857).
Seite 18.258 Jahres-Supplement 1890-1891
»Geschichte der neuhochdeutschen Grammatik sowie der Methode des grammatischen Unterrichts in der Volksschule«. Auch erschien von ihm eine Geschichte seiner Vaterstadt (Landsb. 1857).
S. (Pseudonym für Eduard Schön), Männergesangskomponist, geb. zu Engelsberg in Österreichisch-Schlesien, empfing seine musikalische Ausbildung durch seinen Vater und durch Selbststudium, blieb auch in seiner Stellung als Ministerialrat in Wien der Tonkunst treu und schuf eine Reihe viel gesungener Männerchöre, von denen die bekanntern sind: »Meine Muttersprache«, »So weit«, »Waldesweise«, »Heini von Steier«, »Ballszenen«, »Narrenquadrille«. Engelsberg starb in Deutsch-Jaßnik.
[* ] Litteratur 1889-90. Die schon in unserm vorigen Bericht erwähnten biographischen und andern Sammelwerke wurden auch im letzten Jahre fortgeführt und durch neuere Unternehmungen dieser Art vermehrt (»English statesmen«, »The story of the nations series«, »Philosophical classics for English readers«, »The Mermaid series of Elizabethan dramatists«, »The foreign favourite series«, »The Saga library«, »The statesmen series«, »Rulers of India« u. a.). Die Zeitschriften weisen außerordentliche Verbreitung auf; die neubegründete »Review of Reviews«, teilweise von geborgtem Material lebend, ein Wunder an Fülle des Stoffes und Wohlfeilheit des Preises, gehört in den Händen des rührigen William Stead einem stark religiös gefärbten Radikalismus an, der an das Puritanertum erinnert, dabei aber kunstliebend ist. Der kürzlich zum Katholizismus übergetretene Verlagsbuchhändler Kegan Paul, längst auch als Schriftsteller vorteilhaft bekannt, begründete die »Paternoster Review«, in welcher auf wissenschaftlichem wie schönwissenschaftlichem Wege der Einfluß des päpstlichen Rom den Übeln der Zeit entgegenwirkt soll.
Des greisen Robert Brownings letztes Buch: »Asolando«, ging seinem Tode nur wenige Tage voraus. Asolo ist der Name eines freundlichen Städtchens in den Friauler Alpen, das einst ein Lieblingsaufenthalt der Katharina Cornaro war, welche dort einen litterarisch glänzenden Hof hielt. Es war auch zu verschiedenen Zeiten ein Lieblingsaufenthalt Brownings, der so gern die Nebel Englands mit der Sonne des italischen Himmels vertauschte (asolare heißt im Italienischen auch »atmen, frische Luft schöpfen«).
Und so waren diese Verse gleichsam die letzten Atemzüge des Dichters, der am in Venedig starb. Wie die frühern Gedichtsammlungen Brownings, enthält auch dieser Band neben anmutigen und kräftigen Stücken Dunkles und Groteskes. Die alten Verehrer bleiben treu, neue werden kaum angezogen, der Masse des englischen Volkes bleibt Browning nach wie vor fremd. Doch haben jene ihm die Ehre der Bestattung in der Westminsterabtei verschafft. Auch fährt die Browning-Gesellschaft fort, unter F. Furnivalls Leitung die Wertschätzung und das Verständnis des Dichters zu fördern; so veranstaltete sie eine Neuausgabe von Brownings »Life of Strafford«, der 1836 verfaßten Vor- oder Nebenarbeit seines Dramas »Strafford«, die aber bisher dem Historiker John Forster zugeschrieben wurde.
Der greise Tennyson hat auch in diesem Jahre wieder einen Band Verse dargeboten: »Demeter, and other poems«, worin er teilweise, wie im Vorjahr, sich mit Altklassischem beschäftigt, teilweise seiner alten Neigung für den nordenglischen Dialekt und dessen Vertreter folgt. Stellenweise schlägt er hier auch, wie in dem im Vorjahr erschienenen »Sixty years after«, stark pessimistische Töne an. Noch hat Tennyson die Gabe der wohltönenden, einschmeichelnden Verse nicht verloren; aber es ist nicht zu bezweifeln, daß er nicht mehr wie früher die Lesewelt zu begeistern vermag.
Trübe Lebensauffassung stellt sich auch in Alfred Austins großem Gedicht »The human tragedy« dar. Es ist langsam und mit allmählichen Fortsetzungen und Erweiterungen, dem Goetheschen »Faust« ähnlich, aus dem ersten Entwurf herausgewachsen, der 1862 in nur zwei Gesängen erschienen war. Es folgten als scheinbar selbständige Stücke: »Madonna's Child« und späterhin »Rome or Death«, in welchem die italienischen Ereignisse der Neuzeit spielen. Das Ganze, zuerst 1876 in einem Bande herausgegeben, erscheint gegenwärtig neubearbeitet und trotz des Zugewachsenen beträchtlich gekürzt.
Weniger herb, aber oft ernst-schön zeigt sich Austins Muse in dem Bande »Love's Widowhood and other poems«. In eine ferne Welt führen uns Sir Alfred Lyalls »Verses written in India«, in die Welt der Eingebornen sowie der Anglo-Indier. Fräulein Mathilde Blind, deutscher Abkunft, die sich längst durch ernste Arbeiten einen geachteten Namen errungen, fand mit ihren Gedichten »The Ascent of man and other poems« beifällige Aufnahme. Algernon Swinburne hat durch eine wider das Zarentum gerichtete Ode den Ingrimm der irischen Agitatoren hervorgerufen, weil er ein Gegner des sogen. Home Rule ist, während jene, die Franzosen nachahmend, die Gunst der Russen für ihre Zwecke zu erreichen streben.
Wilfrid Blunt, der Asien bereist und in Ägypten eine Rolle gespielt hat, zog sich durch thätliche Einmischung in einen irischen Spektakel, den die Agitatoren in Szene gesetzt, einige Monate Gefängnis zu, aus dem er einen Sonettenkranz: »In Vinculis«, hervorgehen ließ, dem auch Gegner Beifall zollten. Baring-Gould gab mit Fleetwood Sheppard »Songs of the West« heraus, worunter nur Westengland zu verstehen ist. Catherine Furley Smith hat in »Treble Chords« einen vielversprechenden Erstlingsband veröffentlicht, A. L. Stevenson einen satirischen Band in Versen: »Raimond«, in dem er Byrons »Don Juan« nachahmt.
Edmund Gosse gab unter dem Titel: »On viol and flute« eine Auswahl seiner früher veröffentlichten Gedichte, die sehr günstig aufgenommen wurde;
ebenso Gerald Massey mit Beifügung von vielem Neuen: »My lyrical life«, ein Leben, das in frühern Jahren größere Aufmerksamkeit erregt hatte.
Aus dem Nachlaß des am verstorbenen Dichters Charles Mackay, der sich gleichfalls einst eines berühmten Namens erfreut hatte, und von dem manche Lieder noch populär blieben, nachdem das Publikum schon lange des armen Dichters vergessen hatte, gab dessen Sohn »Gossamer and snowdrift« heraus. Noch mehr hatte sich Martin Tupper (gest. überlebt, dessen »Proverbial Philosophy« vor einem Vierteljahrhundert wirklich für Poesie angesehen wurde. Aber zwei wahre Dichter schieden in William Allingham (gest.
dem Verfasser von »Day and night songs«, »Lawrence Bloomfield«, »Songs, ballads and stories« etc., und in Charles Grant, der im Juli 1889 zu Graz in Steiermark ein unruhiges Leben endete. Seine »Studies in verse« enthalten viel des Zarten und Kräftigen, seine Dramen »The charm and the curse«, deren Stoff er der Edda entnahm, sind mit Recht andern, aus derselben Quelle stammenden
Schöpfungen an die Seite zu setzen. Auf kritischem Gebiet (in den »Preußischen Jahrbüchern«, der »Contemporary Review« und »Saturday Review«) ein Vermittler zwischen England und Deutschland, dann auch mit Italien, hatte er in diesen beiden Ländern den größern Teil seines Lebens zugebracht. Seine letzte Arbeit erschien in der »Weser-Zeitung«.
Von Shakespeare abgesehen, versorgt sich die englische Bühne der Gegenwart zum großen Teil mit Stücken, die aus dem Französischen herübergenommen und im Anpassungsprozeß auch gewöhnlich etwas gesäubert sind, mit Dramatisierung bekannter Romane und mit litterarisch recht wertlosen Spektakelstücken. Doch gelingt bisweilen ein Original-Lustspiel, seltener ein ernstes Drama. Von den besonders hervorragenden Versorgern der Bühne sei zunächst Henry Arthur Jones genannt, der in diesem Jahre zwei Erfolge hatte, mit dem »Middleman«, der an die Arbeiterbewegung anknüpft, und mit »Judah«, in dem die moderne Wundersucht, die Hungerexperimente und die religiöse Schwärmerei gewisser Klassen von Dissidenten behandelt werden, gegen welch letztere der Verfasser schon früher zu Felde gezogen.
Arthur Pinero wagt sich nicht an so heikle Stoffe, doch zeigen seine neuen Stücke: »Sweet Lavender« und »The Profligate«, Bühnengewandheit und errangen Massenerfolg. Justin Huntly Mac Carthy, mit größerer litterarischer Bedeutung, lieferte leichte Stücke, Robert Buchanan, bekannt als Bühnenbearbeiter alter Romane, erntete diesmal mit einem eignen Stoff: »That Doctor Cupid«, vielen Erfolg. Größern Anspruch auf Beachtung hat das Drama »Beau Austin«, das R. L. Stevenson in Gemeinschaft mit W. Englische Henley brachte. Im Singspiel hatten Gilbert und Sullivan, die Verfasser des »Mikado«, einen neuen Erfolg mit »The Gondoliers«. Ibsens »Nora« und »Die Stützen der Gesellschaft« ließen das Publikum ziemlich kalt, noch weniger erbaut war es von Buchanans Bearbeitung Dostojewskis. Die Aufführung eines Dramas über Mohammed, von Hall Caine, das Irving mit Glanz inszenieren wollte, wurde durch den Einfluß indischer Mohammedaner verhindert.
Unter den Buchdramen nimmt Richard Garnetts »Iphigenia in Delphi« durch Entwurf und poetische Diktion die erste Stelle ein. Dem Stücke sind metrische Übersetzungen aus verschiedenen klassischen Autoren angehängt. Ein neuer Schriftsteller, James Thornely, trat mit dem historischen Schauspiel »Stanley« hervor. Seine Hoffnung, das geschickt angelegte Stück auch auf die Bühne zu bringen, erfüllte sich bisher nicht. Der Held desselben ist der siebente Graf von Derby, einer der treuesten und unglücklichsten Führer der königlichen Truppen im englischen Bürgerkrieg.
Ein andres Erstlingswerk ist Fräulein Alice Sargants »Endymion's Dream«, in welchem sie, nach Boccacio, Chaucer und Dryden, die Geschichte von Palamon und Arcite dramatisiert. Viele schöne, wirklich poetisch-gefühlte Stellen in dem Stücke, das an die Masken des 17. Jahrh. erinnert, berechtigen zu weitern Hoffnungen für die junge Dichterin. Roden Noels »Modern Faust« sei nur erwähnt, um den nimmer vergehenden Reiz des alten Vorwurfs anzudeuten.
Der kaum übersehbare Stoff auf dem Gebiet des Romans legt unsrer Übersicht Beschränkungen auf, wenn dabei auch eins und das andre beiseite gelegt wird, ohne daß es eben zum Unkraut gehörte. In dem Vaterlande Defoes hat sich keine Veranlassung gefunden, mit Erfolg den modischen sogen. Realismus zu predigen. Zolas und seiner Anhänger Evangelium des Schmutzes hat nie durchgreifend auf die englische Litteratur eingewirkt, und seit der Reiz der Neuheit davon abgestreift, wendet man sich mehr und mehr davon ab. Was die Form betrifft, so hat man angefangen, nach dem Vorgang der Franzosen, Deutschen und Amerikaner, mehr die Novelle zu pflegen, und die Monatsschriften leisten dieser Begünstigung der »short story« kräftig Vorschub.
Von den anerkannten Meistern des Romans ist in diesem Jahre William Collins geschieden (gest. in London). Er war lange Jahre ein Liebling desjenigen Teils des Publikums, der am Sensationellen Wohlgefallen hat. Aber auch eine junge vielversprechende Kraft verließ uns in Fräulein Amy Levy; mit ihrem Buche »Reuben Sachs«, aus der Judenwelt, schien ein heller Stern am Litteraturhimmel aufzugehen.
Die meisten der alten Leiter haben uns Neues geliefert. James Payn: »The word and the will« und »The burnt million«, in dem letztern Buche ebenfalls stark die Judenwelt streifend und mit altbewährtem Talent der Erzählung und des Dialogs starke Schlagschatten der Sensation verbindend. Walter Besant: »The hell of St. Paul's«, geschichtlich, und eine Fortsetzung von Ibsens »Nora«, hochtragisch schließend: »The doll's house - and after«. William Black: »The new prince Fortunatus«, mit schottischer Szenerie, Liebhabertheater und Dilettanten verspottend, und »The penance of John Logan«. Robert Louis Stevenson: »The Master of Ballantrae«, eine Geschichte aus der Jakobitenzeit, in Schottland spielend, von vielen für das beste Buch des begabten Verfassers gehalten. R. D. Blackmore: »Kit and Kitty, a story of West Middlesex« und »Springhaven«, um 1805 spielend, wo England durch eine Landung Napoleons bedroht war, ein äußerst lebendiges Buch, von vielen seinem berühmten »Lorna Doone« an die Seite gestellt. Rider Haggard: »Cleopatra«, phantasievoll und farbenprächtig, aber durch das Ausspinnen der Rachepläne ermüdend, und »Beatrice«, aus dem modernen Leben, nicht immer erbaulich. Christie Murray: »John Vele's guardian«, eine liebenswürdige Geschichte aus dem englischen Landleben, von denen er bereits in »Aunt Rachel« ein reizendes Beispiel gegeben, und in Gemeinsamkeit mit H. Herman: »The Bishop's Bible«, »Wild Darrel« und »A dangerous cat's paw«. Marion Crawford: »Witch of Prague« (unvollendet),
den Hypnotismus ausbeutend, und das sehr günstig aufgenommene: »A cigarette-maker's romance«, das in München spielt.
Von Schriftstellerinnen mit feststehendem Ruf traten mit neuen Romanen auf: Frances Eleanor Trollope mit »Madame Leroux«;
F. Mabel Robinson mit »A woman of the world«;
Bertha Thomas mit »The house on the scar«, einer Geschichte aus Devonshire;
Annie Edwardes mit »Pearl-powder«;
Rhoda Broughton mit »Aias«, Frau Alexander mit »Blind fate« und Frau Oliphant mit »The mystery of Blencarrow«, »The Duke's daughter«, »Neighbours on the green«, »Lady Car« und »A poor gentleman«.
Die außerordentliche Fruchtbarkeit der Letztgenannten erscheint bei der allgemeinen Güte ihrer Werke rätselhaft. Dies kann nicht von den drei Schriftstellerinnen gesagt werden, welche wir zunächst nennen: Florence Marryat mit »Brave heart and true« und
»Blinsfeld«, Frau Braddon mit »One life, one love« und »The day will come«, einer schreckliche Geschichte, in welcher die Sünde des Vaters an seinem unschuldigen Kinde gerächt wird, und Ouida mit »Guilderoy«, »Syrlin« und »Ruffino«, einer Novellensammlung. Diese Autoren sind zwar sehr bekannt, und namentlich die letztere wird von kontinentalen Lesern vielfach überschätzt, die ernsthafte Kritik vermag sie aber nicht mit den vorher genannten auf dieselbe Stufe zu stellen.
Unter den Schriftstellerinnen, deren Namen dem Publikum noch mehr oder weniger neu sind, gedenken wir zunächst der Frau Dorothea Gerard, welche in »Recha« aus persönlicher Anschauung ein wenn auch wenig erfreuliches, aber schriftstellerisch gelungenes Bild der Juden und Christen in Galizien liefert und mit diesem Buche, wie mit ihren frühern: »Lady Baby« und »Orthodox«, sich rasch einen günstigen Platz errungen hat. Die Dame, welche unter dem Namen John Strange Winter lustige Soldatengeschichten schreibt, hat ihrem »Bootle's Baby« und »Bootle's Children« ein neues folgen lassen als »Ferrer's Court«.
Gertrud Hayward lieferte in ihren Erstlingswerken: »Dulcibel« und »Spencer Blackett« gute Charakterzeichnung. Aber die Kunst des Dialogs, die eigentliche Erzählungskunst, die von Thackeray und Anthony Trollope so hoch ausgebildet und die auch auf viel geringere Talente übergegangen, steht ihr bis jetzt noch nicht ebenso zu Gebote. Die Schriftstellerin, die sich unter dem Namen Rita verbirgt, gibt uns in »Sheba« ein ausgesprochen antiklerikales Buch von kräftiger Anlage.
Mit Spannung sah man dem ersten Roman der Frau Mona Caird entgegen, welche vor zwei Jahren die lebhafteste Diskussion eröffnete, indem sie in der »Westminster Review« die Frage aufwarf: »Ist die Ehe ein Irrtum?« Aber »The wings of Azrael« führte die Frage nicht weiter;
es war eben nur eine interessante Erzählung.
Frau Deland, welche im vorigen Jahre mit einer freireligiösen Erzählung: »John Ward, preacher«, debütiert hatte, veröffentlicht »Sidney, a novel«.
Lord Lyttons »Ring of Amasis« ist nicht eigentlich ein neues Buch, sondern die Auffrischung einer vor 25 Jahren geschriebenen Erzählung, die abenteuerlich-mystisch, aber auch lebendig und spannend ist.
Val. Prinsep lieferte in »Virginie, a tale of one hundred years ago« eine reizende Geschichte aus der Zeit der französischen Revolution, in welcher, dem Gebrauch entgegen, das Idyllische vorwiegt. Von Begabung zeugt der anonym erschienene historisch-philosophische Roman »Zeno, by a lady«.
Aus den Namen und Werken der minder bedeutenden Schriftsteller seien noch erwähnt: S. Baring-Gould mit »Jacquetta and other stories«, »The Pennycomequicks« und »Eve«;
Clark Russell mit »Marooned« und »An Ocean tragedy«;
R. Englische Francillon mit »King or knave«;
W. Englische Norris mit »The baffled conspirator« und »Misadventure«;
J. ^[John] Cordy Jeaffreson mit »Cutting for partners«;
Julian Sturgis mit »Comedy of a county house«;
Hawley Smart: »Without love or licence«;
F. W. Robinson mit »A very strange family«.
Australien, Westamerika, Indien, Irland haben uns neue Federn zugeführt. Ein pseudonymer Ralph Boldrewood schrieb: »The miner's right« und »Robbery under arms«, Erzählungen, in denen es wüst genug zugeht, aus denen man aber mancherlei über australische Zustände lernen kann. Ähnlich auf dem Grunde des Selbsterfahrenen fußend, aber mit höhern litterarischen Ansprüchen an sich selbst, liefert Arthur Paterson in seinem Erstlingswerk: »The better man«, ein höchst anziehendes, auch humorvolles Bild aus dem fernen Westen der Vereinigten Staaten, vielfach an Bret Harte erinnernd. Phantastisch genug ist »The Rajah's heir«, in welchem der noch ungenannte Verfasser die scheinbar von ihm geglaubte Seelenwanderung einführt. Ein junger Schriftsteller von unzweifelhaft genialer Begabung ist Rudyard Kipling, der in glänzend geschriebenen Skizzen (»Black and white« u. a.),
voll von gesundem Realismus und Humor, das Leben der Eingebornen und Anglo-Indier in Krieg und Frieden vorführt.
Aus Irland bringt uns Fräul. Tighe Hopkins in »The Nogents of Carriconna« ein liebenswürdiges Bild des keltischen Lebens, voll Anmut, Phantasterei und Humor. Aber bitterer Ingrimm durchzieht ein andres irisches (zum großen Teil im Gefängnis entstandenes) Buch: »When we were boys«, von William O'Brien, dem Agitator. Von allen Romanen dieses Jahrs hat wahrscheinlich keiner einen so großen augenblicklichen Erfolg erlebt (drei Auflagen in rascher Folge), der aber hauptsächlich dem Umstand zuzuschreiben ist, daß das Buch in die gerade auf der Tagesordnung stehenden Bestrebungen der keltischen Katholiken in Irland eingreift. Mit mehr litterarischer Übung hätte der Agitator eine gedrungenere Geschichte des irischen Aufstandversuchs von 1867 schreiben können.
Für viele hat die Größe Shakespeares seine Zeitgenossen allzusehr in den Schatten gerückt. Aus diesem Halbdunkel, welches allerdings nicht sowohl für den Fachmann auf dem Felde der Litteraturgeschichte als für die allgemein gebildete Lesewelt besteht, hat der Dichter Algernon Swinburne den Ben Jonson hervorgezogen. Wie alles aus seiner Feder, ist sein neuestes kritisches Buch: »A study of Ben Jonson«, mit großer Frische, ja mit Begeisterung geschrieben. »Kein Riese«, sagt er von Jonson, »kam jemals dem Range der Götter so nahe.« Hier mag zur Elisabethischen Litteratur gleich die englische Bearbeitung von J. ^[Jean] Jusserands Buch: »The English novel in the time of Shakespeare« erwähnt werden, die er mit Fräulein Lee herausgegeben, und in der die englische Kritik eine der sorgfältigen, von einem Ausländer herrührenden Ar betten erkennt, welche allmählich Tain es geistreiche Oberflächlichkeiten verdrängen. Eine andre solche Arbeit rührt von einem Deutschen her: es ist Oskar Sommers Ausgabe des alten Thomas Malorys »Morte Darthur«, auf Grund der Urschrift von 1485, wovon die beiden ersten Bände erschienen sind, deren Sorgfalt von der Kritik mit vieler Anerkennung hervorgehoben wird, nur daß es Hrn. Sommer begegnet ist, manchen Ausdruck als archaisch anzusehen, der noch heute gang und gäbe ist.
Die große und kritische Ausgabe von Popes Werken, die vor langen Jahren durch Whitwell Elwyn begonnen, aber mit dem fünften Bande wegen des Widerwillens, den ihm der Dichter einflößte, aufgegeben ward, ist nun mit dem zehnten von Courthope beendet, welcher ein »Life and essay on Pope's place in English litterature« beifügte. Das Werk wird als abschließend betrachtet. Duncan Tovey hat herausgegeben: »Gray and his friends: Letters and diaries, in great part hitherto unpublished«;
L. B. Seeley: »Fanny Burney and her friends«.
In unser Jahrhundert treten wir mit Mrs. Shelley, der zweiten Gattin des Dichters und Verfasserin des
»Frankenstein«, der aus dem »Homunculus« hervorgegangen, von Lucy Maddox Rossetti. Damit ist das »Life of Mary Wollstonecraft Shelley« von Frau Julian Marshall zusammenzustellen. Von Roden Noel haben wir ein sympathisches Buch: »Life of Lord Byron«, mit wertvoller Bibliographie von John Anderson. »De Quincey's life and writings, with unpublished letters« ist von A. H. Japp herausgegeben. Frau Roß, Tochter und Enkelin zweier berühmter Schriftstellerinnen, der Lady Duff Gordon und Frau Sarah Austin, die sich viel mit Einführung deutscher Litteratur beschäftigt haben, veröffentlichte »Early days recalled«, worin Guizot, Carlyle, Thackeray, Rogers, Grote, Layard u. a. vorgeführt werden.
Sehr anziehend ist der erste Band des »Journal of Sir Walter Scott«, welches bereits Lockhart in seiner bekannten Lebensgeschichte des großen Dichters benutzt, und das nun von Douglas vollständig herausgegeben wird. Von John Addington Symonds sind »Essays, speculative and suggestive« zu verzeichnen, von W. Englische Henley: »Views and reviews in appreciation«. Mit Italien hat sich William Vernon beschäftigt in »Readings on the Purgatorio of Dante«, mit Indien Georg Grierson durch das sehr eingehende Werk: »The modern vernacular literature of Hindustan«. Während Garcin de Tassy, der ein langes Leben mit Entzifferung von verworrenen Handschriften und Vorlesungen über Urdu und Hindi verbrachte, nur 70 hindische Schriftsteller aufzählen konnte, hat Grierson das Dasein von nahezu 1000 entdeckt, und diese Zahl begreift noch nicht die große Masse von Liedern und Balladen, die im Volke umgehen, und deren Verfasser unbekannt sind.
Viele der nachfolgend verzeichneten Bücher sind als Teile der oben erwähnten Sammelwerke erschienen. Nur wenige gehen bis zum 17. Jahrhundert zurück, und sie werden zahlreicher in dem Maße, als wir unsern Tagen nahen. Fräul. Bradley beschäftigt sich mit einem bedauernswerten Opfer der herzlosen Familienpolitik Jakobs I., in dem »Life of Lady Arabella Stuart«, in welchem sie bisher ungedruckte Urkunden zu Tage fördert. Reginald Palgrave erörtert von neuem eine Streitfrage, die abgethan schien, in »Oliver Cromwell, an appreciation based on contemporary evidence«.
Vom königfreundlichen Standpunkt aus tritt er der wesentlich günstigen Auffassung entgegen, welche durch Carlyle die frühere Verketzerung des großen Staatsmannes abgelöst hat. Dagegen bringt F. Harrison in »Twelve eminent statesmen« ein Leben Cromwells, voll des Lobes. Richard Garnetts »Milton« schließt sich seinem Carlyle und Emerson würdig an. In das 18. Jahrh. treten wir ein mit »Locke« von Professor Fraser, »Peterborough« von William Stebbing, »Lord Clive« von Oberst Wilson, »Dupleix« von Oberst Malleson, der auch einen »Akbar« herausgibt, »Warren Hastings« von Sir Alfred Lyall, einem hochverdienten englischen Staatsmann. Hierher gehören auch die von dem nunmehr verstorbenen Lord Carnarvon veröffentlichten Briefe Chesterfields: »Letters to his god-son and successor«, die sich den schon seit dem vorigen Jahrhundert bekannten, einst übermäßig bewunderten wie übermäßig verlachten Briefen an seinen Sohn anschließen;
diese neue Briefsammlung stellt den Verfasser jedenfalls in ein günstigeres Licht;
sie gehören einem spätern Lebensalter an.
Wir nähern uns unsern Tagen mit einem merkwürdigen Buche, welches eine bisher ganz unbekannte, lange Jahre dauernde Episode aus dem Leben Wellingtons vorführt: »The letters of the Duke of Wellington to Miss J., 1834/51«. Diese sehr religiös gestimmte Frau hatte sich vorgenommen, die Seele des bereits nicht mehr jungen Soldaten und Staatsmannes zu retten, und drängte sich ihm zu diesem Zwecke auf, indem sie ihm eine zarte Ergebenheit an den Tag legte, die von weiblicher Gefallsucht nicht frei war, und es ist sehr merkwürdig, mit wie großem Langmut der Herzog diese Herzensfreundin bis ganz kurz vor seinem Tode behandelte, da selbst Versuche, dem alten Herrn ein Eheversprechen abzugewinnen, der eifrigen Sorge um sein Seelenheil nicht ganz fremd blieben.
Briefe und Tagebuch sind von einem gewissen Herrick herausgegeben; die Urschriften scheint indessen niemand gesehen zu haben. Handelt es sich um eine Erfindung, was doch nicht behauptet wird, so ist sie höchst geschickt. Das »Life of the Marquis of Dalhousie«, Vizekönigs von Indien, ist von Hauptmann Trotter, das des Generals »Havelock« von Archibald Forbes behandelt, der wohl in seinen Kriegsberichten von 1870/71 und 1877/78 glücklicher war. In sehr eingehender Weise hat Spencer Walpole »The life of Lord John Russell« geschrieben; ihm stellte Königin Viktoria drei Manuskriptbände von Briefen zur Verfügung, welche der einst vielgefeierte Staatsmann an sie gerichtet.
Lloyd Sanders gab »Lord Melbourne's papers« heraus, dessen Leben auch von Henry Dunckley geschrieben wurde, einem Schriftsteller, der häufig unter dem Namen Verax vor das Publikum getreten ist. Von andern britischen Premierministern sind Lebensschilderungen erschienen: »Beaconsfield« von dem alten J. A. ^[James Anthony] Froude (während der viel jüngere Lord Rowton, dem der sterbende Staatsmann seine Papiere anvertraut hat, mit seiner Arbeit zurückhält);
»Palmerston« vom Marquis von Lorne, dem Schwiegersohn der Königin;
»Sir Robert Peel« von dem irischen Agitator Justin Mac Carthy;
»Gladstone« von G. W. Englische Russell. Diese letzten fünf Bücher bilden den Anfang einer Folge, in welcher noch Russell, Aberdeen, Salisbury und Derby demnächst erscheinen werden. Des letztern (Vater des jetzigen Lord Derby) Leben ist auch von J. E. ^[richtig: T.
Englische für Thomas Edward] Kebbel geschrieben. Das Leben des Lord Althorpe wurde von dem auch auf andern Gebieten rührigen Ernest Myers dargestellt. Von ausländischen Staatsmännern wurde »Gambetta« von Frank Marzials vorgeführt.
Der 1886 verstorbene Mitgründer des englischen Genossenschaftswesens, Lloyd Jones, hat uns in »Robert Owen, his life, times and labours« ein merkwürdiges Zeitbild und mit der Feder eines Bewunderers das Leben eines für das Gemeinwohl begeisterten Mannes geschildert, der die Charakterzüge des Schwärmers mit denen des Geschäftsmannes zu verbinden wußte. »The diaries of Sir Moses and Lady Montefiore« zeigen uns ein freundliches Bild des 1885 verstorbenen jüdischen Philanthropen, der hochgeehrt das 100. Lebensjahr in unermüdlichem Wohlthun überschritt. In »Leaves of a life« erzählt Montagu Williams, erst Soldat, dann sehr rühriger Rechtsanwalt, endlich Richter, seine eigne Laufbahn, mit vielen interessanten Mitteilungen aus der Verbrecherwelt.
Moncure Conway, ein Amerikaner, der den größten Teil seines thätigen Lebens in England verbracht hat, gibt uns in »Hawthorne« das Bild eines Landsmannes, das günstiger für den Schilderer als
den Geschilderten ausfällt und die vorausgegangenen Biographien desselben von Henry James und dem Sohne Julian vollkommen ersetzen durfte. Wemyß Reid bringt »The life, letters and friendships of Monkton Milnes, Lord Houghton«, der, selbst ein Dichter, den persönlichen Umgang und die Hochschätzung vieler ihm Überlegener genoß. - Das große »Dictionary of National Biography« ist bis zum 24. Bande (Ha) gelangt.
In erster Linie stehe hier die Vollendung eines monumentalen Werkes. Mit dem siebenten und achten Bande hat William Edward Lecky die »History of England in the XVIII. century« zu Ende gebracht; die ersten Bände waren 1878 erschienen. Lecky ist auch durch Übersetzungen seiner frühern Werke, die Geschichte des Rationalismus, die Geschichte der Moral von Augustus bis Karl d. Gr., in Deutschland wohl bekannt. Beim Schluß des oben genannten Buches stehen die irischen Angelegenheiten im Vordergrund.
Lecky ist Ire und hat bei frühern Gelegenheiten ein warmes Herz für die Leiden Irlands bewiesen. Aber als Gladstone vor vier Jahren zu Parnell überlief, wandte sich Lecky als irischer Patriot mit Entrüstung von den vorgeschlagenen Heilmitteln ab. »Kein größeres Übel«, sagt er, »kann über eine Nation hereinbrechen, als daß sie hauptsächlich durch Verschwörer, Abenteurer oder berufsmäßige Wühler vertreten und geleitet wird, und keine schärfere Verurteilung kann über ein politisches System ausgesprochen werden, als daß es naturgemäß zu einem solchen Ergebnis führt.«
Hier schließt sich an: »Ireland under the Tudors« von R. Bagwell, das mit dem dritten Bande noch nicht beendet ist; seine große Sorgfalt in den Einzelheiten wäre vielleicht doch mit größerer Freiheit des Umblicks zu vereinen gewesen, wie sie Gibbon verstand. Man ist in Gefahr, durch das Detail erdrückt zu werden. Hierher gehören ferner: »With Essex in Ireland«, Auszüge aus einem Tagebuch, welches 1599 Heinrich Harvey, Sekretär des Grafen Essex, geführt hat, und das jetzt mit Einleitung von seinem Abkömmling Emily Lawleß herausgegeben wurde;
»Church and State under the Tudors« von Gilbert Child, eine fleißige Arbeit, und »The Stuart dynasty« von Percy M. Thornton.
Für das letztere, reich ausgestattete Werk hat Königin Viktoria die Benutzung von Dokumenten gestattet, welche in ihrem Besitz auf Schloß Windsor sind, und es wird vermutet, daß das Buch in wichtigen Punkten die Ansicht der Königin ausspreche. Die Frage über das Maß der Schuld Maria Stuarts wird nochmals hervorgezogen, und der Verfasser neigt sich zur Ansicht, daß wenigstens an dem Morde Darnleys die schöne schottische Königin unschuldig sei. Die alten »Casket letters«, auf deren belastendes Zeugnis von den Gegnern Gewicht gelegt wird, wurden in den Gerichtsverhandlungen als eigenhändig und unterzeichnet eingeführt, aber sie sind es nicht.
Sie waren ein Jahr lang in der Hut Mortons, des Feindes der Königin, geblieben und wurden den Kommissaren in York in schottischer Sprache und in Westminster auf Französisch vorgelegt. Seitdem sind die Urschriften verschwunden. Es wird hier auch angenommen, daß einige echte Briefe, die aber an Darnley, nicht an Bothwell gerichtet waren, den gefälschten in dem Kistchen beigefügt worden. Eine weitere hochwichtige Sammlung von Dokumenten aus dieser Zeit zeigt sich in dem »Calendar of State papers etc., relating to English affairs, in the archives of Venice«, von 1558 bis 1580, von Rowden Brown und Cavendish Bentinck im Auftrag der englischen Regierung herausgegeben.
Wie bedeutend zu allen Zeiten die Mitteilungen der scharfsichtigen Diplomaten Venedigs gewesen und wie wichtig für die Geschichtschreibung ihre Berichte sind, ist allgemein bekannt. Hier aber ist zu bemerken, daß während der angegebenen Periode und bis zum Ende von Elisabeths Regierung die Republik keine Gesandten am Hofe der ketzerischen Königin hielt, aber um so eifriger waren ihre Vertreter in Paris, Madrid, Brüssel und Wien bemüht, sich auf Privatwegen Mitteilungen über England zu verschaffen, welche hier zu finden sind; vieles von hohem Interesse erscheint über Elisabeth, Maria Stuart, Katharina von Medici, Philipp II., Don Karlos, die spanische Königin Elisabeth und jenen Chastelard, der Maria Stuart geliebt, und dem Swinburne in seiner gleichnamigen (1865 erschienenen) Tragödie einen höhern Charakter verliehen, als die Dokumente ausweisen.
Bemerkenswert ist noch, daß aus den venezianischen Archiven für diese Periode die sämtlichen Depeschen aus Frankreich vom bis verschwunden sind, welcher Zeitraum die Bluthochzeit einschließt. Eine andre Reihe von Regierungsmitteilungen aus den Archiven spricht über Heinrich VIII.; der letzt erschienene Band gibt uns den Aufstand Askes in Nordengland, die sogen. Pilgrimage of Grace, und die 1537 erfolgte Unterdrückung der Bewegung. Der Historiker Gardiner (s. d., Bd. 17) hat als Nachtrag zu seinem großen Werke herausgegeben: »The constitutional documents of the Puritan revolution, 1628-60«. Ins Mittelalter gehen zurück: »The house of Wallace« von A. Rogers und die »Chronicles of Robert of Forigni, abbot of the monastery of St. Michel in peril of the sea« von Richard Howlett, im Auftrag der englischen Regierung herausgegeben, indem es einen Band der »Chronicles of the reigns of Stephen, Henry II. and Richard I.« bildet.
Dies wichtige Geschichtswerk hat schon früher einen deutschen Bearbeiter in Dr. Bethmann gefunden, auch einen französischen in Delisle, der neue Herausgeber benutzt indes mehrere Handschriften (auch eine des Vatikans), welche bei den frühern unbeachtet geblieben waren. Der mönchische Geschichtschreiber hatte für seine Abtei allerlei Vorteile von König Heinrich II. erhalten, und er zeigt sich nicht undenkbar. Über unangenehme Dinge weiß er gar zart hinwegzugehen; Unwahres sagt er nicht, aber die volle Wahrheit weiß er zu verschweigen, und des schrecklichen Mordes des Erzbischofs Thomas a Beckett gedenkt er nur mit den Worten: »ruit ense Thomas«.
Weiter zurück liegen die »Sancta Res publica Romana; history of Rome and Italy from the division of the Roman world to the breaking up of Charlemagne's empire« von Richard Wrightson, und in Parallele hiermit das geistreiche Buch von J. B. ^[John Bagnell] Bury: »History of the later empire, from Arcadius to Irene, 395-800«, zu welchem Frau Bury einen Beitrag über byzantinische Kunst geliefert hat. In den Osten und die mohammedanische Welt führen uns: »Palestina under the Moslems: Syria and the Holy Land from 650 to 1500«, ein klares, sorgfältig gearbeitetes Werk, welches Guy le Strange aus den Werken arabischer Schriftsteller des Mittelalters kompiliert hat;
Stanley Lane-Pooles »The Barbary corsairs«, welches sich dessen »Turkey« und »The Moors in Spain« anschließt;
W. D. Morrisons »The Jews under the Roman rule« und John Andersons »Early English intercourse with Siam in the 17. century«.
Zur neuern und neuesten Zeit kehren wir zurück mit den beiden ersten Bänden von »The French revolution« von Justin Mc Carthy, dessen »History of our own times« vor einigen Jahren günstig aufgenommen wurde, bei dem aber ein deutscher Leser nicht aus den Augen verlieren darf, daß der Verfasser als ausgeprägter Parteimann zu den irischen Agitatoren zählt. Die »History of the Dominion of Canada«, von William Greswell verfaßt und vom Kolonialinstitut herausgegeben, gibt schätzenswertes Material, dessen Anordnung zu wünschen übrigläßt. »France and her republic: a record of things etc.« von W. H. Hurlbert richtet sich scharf gegen die Ergebnisse des herrschenden Systems. Der Verfasser hat auch ein »Ireland under coercion« geschrieben. Die Geschichte der irischen Wirren während der letzten zehn Jahre ist mit Klarheit und Verfassungstreue von dem Oxforder Professor Alexander Dicey in »The verdict« zusammengefaßt.
Dem Anekdotenartigen nähern sich: »Camp and studio« von dem Maler und Kriegskorrespondenten Irving Montagu;
»Twixt old times and new« von Baron de Malortie;
»Glances at great and little man« von Paladin, der vieles gesehen und verständig beobachtet hat;
»The marriages of the Bourbons« von Hauptmann Bingham.
Auf dem Felde der Kulturgeschichte insbesondere bemerken wir zunächst »The King's book of sports; a history of the declarations of James I. and Charles I., as to the use of lawful sports on sundays; with .. a description of the sports etc.« von L. A. Govett. Hier haben wir ein Bild des »alten, lustigen England«, ehe der Puritanismus siegte. Diese berühmte Erklärung, deren wenig bekannter Text hier wieder ans Licht gezogen, ward von Jakob I. 1618 erlassen, als die Frucht einer Petition, die ihm in Lancashire auf seiner Durchreise von Schottland überreicht worden, unterschrieben von »Dienstleuten, Tagelöhnern, Handwerkern und andern gemeinen (vulgar) Leuten«, in welcher diese sich beschwerten, daß man sie verhindere, am Sonntag zu tanzen, spielen, trinken oder sich anderswie zu erholen, wie sie doch nach beendetem Gottesdienst zu thun gewohnt. Der König, der selbst das Vergnügen liebte und als Kronprinz genug von den schottischen Puritanern zu leiden gehabt hatte, lieh den Petenten ein wohlgeneigtes Ohr, erklärte feierlich und mit Gründen, welche Vergnügungen am Sonntag erlaubt sein sollten, und befahl, seinen Willen auch in andern Grafschaften zu verkünden. Auch unter Königin Anna kam das Buch vorübergehend nochmals zu Ehren.
Jakob Burkhardts große Arbeit, durch S. Middlemore als »The civilisation of the Renaissance« eingeführt, wurde mit großem Beifall aufgenommen. Hier sind noch »Studies in European history« zu erwähnen, von Margaret Warre aus Vorträgen Döllingers übertragen.
Die Schauspieler haben in »History of the London stage« von dem Geistlichen Fleay, der bereits ein Buch über Shakespeare geschrieben, ihren Chronisten gefunden, die Wundärzte alten Stils den ihrigen in »The annals of the barber-surgeons of London« von Sidney Young. John Ashton hat das »Social England under the Regency« beschrieben.
Die Volkskunde (folk-lore),
welcher eine Gesellschaft und eine Zeitschrift sich widmen, zeigt unter anderm in »The golden bough« von J. G. ^[James George] Frazer eine Beschreibung der Mai- und Erntefeste in vielen Ländern und Zeitaltern. J. ^[Joseph] Jacobs hat »English fairy tales« gesammelt;
W. B. Yeats: »Fairy and folk tales of the Irish peasantry«;
Jeremiah Curtin: »Myths and folk-lore of Ireland«;
Fräulein Courtney: »Cornish feasts and folk-lore«, Lady Wilde: »Ancient cures, charms and usages«.
Lucy Garnett gibt »The women of Turkey and their folk-lore« heraus, wozu John Stuart Glennie eine phantastisch-pedantische Einleitung schrieb.
Hier sei auch eines gründlichen Werkes zweier gelehrter Damen gedacht: »Mythology and monuments of ancient Athens« von Margaret Verrall und Jane Englische Harrison, von welchen jene eine Übersetzung des Pausanias geliefert, diese sich durch ihre Studien über Vasen Anerkennung erworben hat.
Der ausführliche Bericht, welchen H. M. Stanley über seine lange und letzte Afrikafahrt erstattet hat, nimmt natürlich die erste Stelle in der diesjährigen Reiselitteratur ein. »In darkest Africa: being the official publication recording the quest, rescue and retreat of Emin, governor of Equatoria« erregte großes Aufsehen und war ein bedeutender buchhändlerischer Erfolg, obwohl der Inhalt des Buches zum großen Teil durch Stanleys von Zeit zu Zeit veröffentlichte Briefe bekannt war.
Ein kürzeres Werk über die letzte und frühere Unternehmungen desselben Reisenden ist »H. M. Stanley: his life, works and explorations« von dem Geistlichen Little. Andre Werke über das große Ereignis sind kürzlich von Jephson, einem der Gefährten Stanleys, und andern erschienen. Wie groß auch die ersten Ehrenbezeigungen waren, mit denen Stanley bei seiner Rückkehr empfangen wurde, so haben doch seither die Kritiken nicht gefehlt, und es ist eine bedeutende Ernüchterung eingetreten.
Man verglich Stanleys Auftreten mit dem andrer berühmter Reisenden, z. B. mit dem Sir Richard Burtons, des Entdeckers des Tanganjikas, und dieser Vergleich fiel gerade nicht zu Stanleys gunsten aus. Auch richtete gegen ihn der Bruder des auf der Nachhut ermordeten Major Barttelot eine Streitschrift: »Major Barttelot's diaries and letters«, und eine ähnliche ging von Leutnant Troup aus: »With Stanley's rear-column«. Herbert Ward, der auch bei dieser Nachhut war, aber schon vorher lange unter den Eingebornen gelebt hat, veröffentlichte »Five years with the Congo cannibals«. In diesen Büchern entfaltet sich in gegenseitigen schweren Anklagen ein sehr düsteres Bild der Expedition, von der man geglaubt hatte, daß sie Zivilisation und Humanität fördere.
Hier ist auch Keans sorgfältige Übersetzung von W. Junkers Reisewerk zu erwähnen, welche für England ein besonderes Interesse hat durch Junkers Mitteilungen über General Gordon. Über Afrika haben ferner berichtet: Sir Frederick Young in »A winter tour in South Africa«. Transvaal behandelnd;
Hauptmann Sir John Willoughby in »East Africa and its big game«;
Major A. B. Ellis in »West African stories«: Eugen Casalis, ein Missionar, in »My life in Basutoland«, ungünstig für die Buren in Bezug auf ihre Behandlung der Eingebornen;
Walter Harris: »The land of on African Sultan: travels in Morocco, 1887/89«;
Richard Wake in »Sketches and letters on sport and life in Morocco«;
F. A. Bridgeman ^[richtig: Bridgman (= Frederick Arthur Bridgman, 1847-1928)] in »Winters in Algeria«;
Harrison Smith in »Through Abyssinia: an envoy's visit to the King of Zion«.
Über Asien schreiben Englische Oliver: »Across the border, or Pathan and Biloch«;
Oberst Drury: »Reminiscences of life and sport in Southern India«, besonders eingehend in Bezug auf den »Musterstaat«
Travankor; der Inder T. Ramakrischna: »Life in an Indian village«;
Lady Dufferin: »Our Viceregal life in India«;
Holt Hallet: »A thousand miles on an elephant in the Shan States«;
der greise William Francis Ainsworth (geb. 1807),
der so lange in Kleinasien und Persien thätig war: »The river Karun«;
der Dichter Mallock: »In an enchanted island; a winter's retreat in Cyprus«;
der Japaner Manjiro Inagaki, von der Universität Cambridge: »Japan and the Pacific«;
der Ingenieur Gottlieb Schumacher: »Aljûn. Within the Decapolis«, ein Buch, welches reich an bisher unbekannten oder wenig bekannten Thatsachen das Land beschreibt, welches östlich vom Tiberiassee, jenseit des Jordans, liegt, mit sorgfältigen Zeichnungen der zahlreichen und ausgedehnten Ruinen großer Bauwerke.
Zwei prächtige, aus solidem Steinwerk aufgeführte Theater weisen in ihren Trümmern nach, daß die aus der Bibel (Mark. 5,. Luk. 8). bekannte Hauptstadt von Peräa, Gadara, ein Ort von großer Bedeutung und Anziehungskraft war. Heutzutage ist die Gegend wohl bewaldet, aber nur spärlich bewohnt. Aus Japan hat Sir Edwin Arnold eine Reihe höchst interessanter Briefe geschrieben, welche mit Recht großes Aufsehen erregt haben, aber noch nicht aus den Spalten des »Daily Telegraph« in Buchform übergegangen sind. Alexander Ho ne berichtet über Forschungsreisen in »Three years in China«; Lionel Goming ^[richtig: Gowing (= Lionel Francis Gowing, 1859-?)] in »Five thousand miles in a sledge«, über eine Reise von Wladiwostock nach Nishnij Nowgorod.
Über Amerika führen wir nur an: »Five months' fine weather in Canada, Western U. S. and Mexico«, nur ein angenehmes Reisebild, doch mit praktischen Ratschlägen;
»An artist's tour in North and South America and in the Sandwich Islands« von B. Kroupe und »A visit to Chile and the gold fields« von W. H. Russell, dem alten Kriegskorrespondenten der »Times«.
Das Sundameer, Australien und Polynesien sind zunächst durch zwei bedeutende Schriften von Naturforschern vertreten, deren Berichte auf langem Aufenthalt und eingehenden Studien beruhen. Es sind: »A naturalist in North Celebes« von Sydney Hickson und »A naturalist among the head-hunters« von Charles Woodford;
im letztern Buche sind die Bewohner der Salomoninseln gemeint.
Ernst Giles hat sich in »Australia twice traversed« zwar nicht als ein glänzender Schriftsteller, doch als ein geborner Forschungsreisender bewährt. Von Interesse sind auch »Toil, travel and discovery in British New Guinea« von Theodore Bevan und das anonyme Buch »Fire fountains: The kingdom of Hawaii«.
Aus europäischen Gegenden seien erwähnt: »The islands of the Aegean« von H. H. Tozer, der hier wie schon in frühern Arbeiten ein offenes Auge und eingehende Kenntnis des Altertums erweist;
»Sardinia and the Sardes« von Charles Edwards;
»Rambles in the Black forest« von Henry Wolff;
»Our home in Aveyron« von Christoph Davies und W. Broughall, anziehende Mitteilungen über eine reizende, bisher wenig besuchte Gegend Frankreichs;
»The roof of France, or the causses of the Lozère« von M. Betham-Edwards, in welchem die vielgereiste Verfasserin sich als begeisterte Advokatin der kleinen Bauerngüter erweist.
Noch sei hier angeführt ein Buch des alternden Sir Samuel Baker, des Entdeckers des Mwutan N'zige, dem er den Namen Albert Nyanza gab; der vielerfahrene Reisende hat seinen Blick weithin schweifen lassen und gibt uns »Wild beasts and their ways; reminiscences of Europe, Asia, Africa and America«. In dem schwer zu klassifizierenden Buch der schon gekannten Frau Deland: »Florida Days«, sind Reiseerlebnisse mit allerlei Erdichtungen verwebt. Edward Garnett hat ein höchst anziehendes Buch über Reisen und Abenteuer, welches die neue Generation vergessen hatte, Trelawnys »Adventures of a younger son« (ursprünglich 1831 erschienen und auch ins Deutsche übersetzt) durch eine sorgfältige Neuausgabe wieder ans Licht gezogen.
Hier stehe in erster Reihe Sir Charles Dilkes, des Staatsmannes und Reisenden, »Problems of Greater Britain«, in welchem encyklopädisch umfassenden Werk er mit scharfem Hinblick auf praktische Politik die Aufgabe zum zweitenmal behandelt, die er 1868 in »Greater Britain« sich gesteckt, zu welcher Zeit die Verhältnisse noch vielfach anders lagen. Das Buch hat mit Recht das größte Aufsehen erregt und ist für den Politiker unentbehrlich, wie für die Vereinigten Staaten J. ^[James] Bryces Buch über Amerika.
Die religiöse oder kirchliche Welt hat sich über das von einer Gesellschaft Geistlichen herausgegebene Sammelwerk »Lux Mundi« teils gefreut, teils entsetzt. In demselben sind dem starren protestantischen Bibelglauben gegenüber die gern von diesem geleugneten oder übersehenen Ergebnisse der Kritik zum großen Teile zugegeben, aber nicht um die Richtung nach Geistesfreiheit zu fördern, sondern vielmehr um die katholisierende ultra-hochkirchliche Richtung nach Rom hin, »wo man die rechte Tradition finde«, zu unterstützen.
Bereits hat das Buch zahlreiche Auflagen erlebt und viele Kommentare und Streitschriften hervorgerufen. Am entgegengesetzten Pole ist die Philosophie Herbert Spencers durch Howard Collins in »An epitome of the synthetic philosophy« zusammengefaßt, zu welchem Werk der Meister selbst eine Einleitung schrieb. W. C. Coupland, der Übersetzer Englische v. Hartmanns, hat einen Band Essays herausgegeben: »The gain of life«, welche von der Kritik günstig ausgenommen wurden.
Von deutschen Philosophen wurden Erdmann und Fichte in Übersetzungen vorgeführt, jener durch Professor Houch (mit Mitarbeitern) in »History of philosophy«, dieser von A. Kröger in »The science of right«. Aus den zahlreichen sozialistischen oder dahin anklingenden Schriften heben wir nur hervor: »Joints in our social armour« von James Runciman, die »Essays« der Fabian Society und als Allerneuestes: »In darkest England, and the way out of it« von Will. Booth, dem »General« der Heilsarmee.
Auch des großen Eindrucks, welchen der Zukunftsroman des Amerikaners Bellamy: »Looking backward«, gemacht, ist zu gedenken. Auf ein benachbartes Gebiet führt uns »The criminal« von Havelock Ellis. Auf sprachwissenschaftlichem Felde, welches reichlich angebaut wird, nennen wir nur F. L. Jevons' sehr gut aufgenommene Übersetzung von O. Schröders Sprachvergleichung und Urgeschichte: »Prehistoric antiquities of the Aryan peoples« und Max Müllers populär gehaltene »Lectures on the science of language«;
auf naturhistorischem: »Time and tide, a romance of the moon«, von Sir Robert Ball, und des kürzlich verstorbenen, um populäre Verbreitung dieser Wissenszweige sehr verdienten Geistlichen J. G. ^[John George] Wood letztes Buch: »The dominion of man«.
Rein fachwissenschaftliche Schriften sind von dieser Übersicht ausgeschlossen.
Von Übertragungen ins Englische nennen wir noch: »The life of Carmen Sylva«, aus dem Deutschen der Baronin Deichmann, anonym, aber mit gewandter Übersetzung der Verse durch Sir Edwin Arnold;
»Adventures in the life of Count George Albert of Erbach«, von der Prinzessin Beatrice aus dem Deutschen des Emil Kraus;
Harriet Prestons Übersetzung der »Mireio« von Mistral;
Tolstois »The Kreutzer-Sonata«;
Korolenkos »The blind musician« von Stepniak, dem Pseudonym eines wohlbekannten russischen Flüchtlings;
des Polen Sienkiewicz »With fire and sword« von Jeremiah Cartin ^[richtig: Curtin (= Jeremiah Curtin, 1835-1906)]. Der Merkwürdigkeit halber könnte hier auch Mathilde Blinds Übertragung des Tagebuchs der krankhaften Marie Bashkirtseff erwähnt werden, die drei Auflagen erlebte.
Viel amüsanter ist aber »Sylvie and Bruno« von Lewis Carroll, der in frühern Jahren durch »Alice in Wonderland« und »Alice through the looking glass« das Publikum ergötzt hat.