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zu der Stärke [* 2] und Art des Reizes stehen, worüber die Psychophysik (s. d.) uns belehrt.
Die Intensität einer Empfindung besitzt nach oben wie nach unten eine Grenze, d. h. sie steigt nie über eine bestimmte Höhe und sinkt nie unter ein bestimmtes Minimum. Ganz leise Geräusche werden nicht gehört, sehr laute Geräusche führen Bewußtlosigkeit oder Zerplatzung des Trommelfelles herbei. Die Intensität einer Empfindung hängt außer von der Stärke des Reizes davon ab, in welcher Ausdehnung [* 3] und in welcher Dauer der Sinn von dem Reize getroffen wird, und in welcher Disposition das Sinnesorgan sich befindet.
Was die Qualität der Empfindung betrifft, so sind gewisse Qualitäten näher miteinander verwandt als andre; sie bilden einen Qualitätenkreis, der an einen Sinnesapparat gebunden ist und (nach Helmholtz) Modalität der Empfindung heißt. Empfindungsqualitäten sind z. B. blau, laut, bitter; Modalitäten z. B. Sehen, [* 4] Hören, Schmecken, von denen jede eine Anzahl Qualitäten unter sich befaßt. Die Empfindungsmodalität ist nun nicht, wie man glauben könnte, von der Art des Reizes abhängig, sondern ausschließlich von der Beschaffenheit des erregten Sinnesapparats.
Die verschiedensten Reize rufen im Ohre die gleiche Empfindungsmodalität des Hörens, im Auge [* 5] die des Sehens etc. hervor; anderseits erzeugt ein und derselbe Reiz, z. B. der elektrische Strom, ganz verschiedene Empfindungen, je nachdem er an die Haut, [* 6] an die Zunge, an das Auge etc. appliziert wird. Diese Thatsache bezeichnet man als das Gesetz der spezifischen Energien der Sinnesnerven, das also besagt: jeder Sinnesnerv besitzt eine ihm eigentümliche Art der Erregung, mit der er auf alle wie immer beschaffenen Reize antwortet.
Demnach besteht kein festes Verhältnis zwischen einer Klasse von Reizen als Ursache und einer Art der Empfindungen als Folge. Diese von Joh. Müller zuerst geäußerte Anschauung dehnte Helmholtz auch auf die Qualitäten der Empfindungen aus, indem er die einzelnen Qualitäten (z. B. die Farben in der Modalität Sehen) einzelnen Nervenfasern beilegte und für jeden empfindenden Punkt der Netzhaut drei gesonderte Leitungsbahnen zum Sensorium forderte, von denen jeder eine spezifische Farbenempfindung eigen sein soll.
Joh. Müllers weitere Annahme einer organisierten, spezifischer Energien fähigen Materie, z. B. der »Sehsinnsubstanz«, ist durch die neuere Wissenschaft widerlegt worden, welche aus der Unmöglichkeit einer Neuschöpfung bestimmter Thätigkeiten, aus der Ununterscheidbarkeit des Erregungsvorganges in den verschiedenen Sinnesnerven und aus den experimentell herbeigeführten Veränderungen in der Leistung derselben mit Wahrscheinlichkeit folgert, daß alle spezifischen Sinnesenergien aus einem ursprünglichen generellen Sinne, und zwar vermutlich aus dem Tastsinn, entstanden sind, daß demnach alle Sinnesempfindungen differenzierte Tastempfindungen sind. Es ist endlich ein gemeinsames Kennzeichen aller Empfindungen, daß sie in eine Bewegung (s. d.) sich zu entladen streben oder, wie man gesagt hat, eine motorische Tendenz besitzen; den experimentellen Nachweis hat Féré, die theoretische Begründung Max Dessoir geliefert.
Aus einer Summation von einfachen Empfindungen entstehen die zusammengesetzten Empfindungen oder Empfindungskomplexe. Aus der Eigentümlichkeit unsrer Sinnesnerven, daß die von einem Reize erzeugten Veränderungen in ihnen nicht zugleich mit dem Aufhören der Reizwirkung verschwinden, sondern diese eine kurze Zeit überdauern, erklären sich die Nachempfindungen, die man besonders beim Auge sehr schön beobachten kann. Von ihnen sind die Wiederholungsempfindungen zu trennen, die sich nicht unmittelbar an einen Reiz anschließen und erst nach sehr langer Einwirkung des Reizes auftreten.
Wenn beispielsweise der Mikroskopiker die Objekte, die er am Tage beobachtet hatte, abends bei geschlossenen Augen wieder vor sich auftauchen und die subjektiven Erscheinungen dieselben Bewegungen wiederholen sieht, welche die Infusorien unter dem Mikroskop [* 7] ausgeführt hatten, dann spricht man von einer Wiederholungsempfindung. Die Einteilung der Empfindungen erfolgt nach ihren Modalitäten in die sogen. Sinne, und zwar entweder nach den Sinnesprovinzen am Körper (Auge, Ohr, [* 8] Nase, [* 9] Mund, Haut) oder besser nach den Bewußtseinszuständen, wobei der Hautsinn in Tast- (oder Druck-) Sinn und Temperatursinn zerlegt werden muß und der Muskelsinn als eine besondere Art hinzutritt. Über die Gemeinempfindungen s. Gemeingefühl, Bd. 7.
Vgl. Fechner, Elemente der Psychophysik (2. Aufl., Leipz. 1889);
Preyer, Elemente der reinen Empfindungslehre (Jena [* 10] 1877);
Féré, Sensation et mouvement (Par. 1887);
Goldscheider, Lehre [* 11] von den spezifischen Energien der Sinnesnerven (Berl. 1881).