Bei den mikroskopischen Untersuchungen zeigte es sich oft, daß kleine Wassertröpfchen auffielen, welche
trotz einer
Temperatur von -10° aus flüssigem
Wasser bestanden und sich nicht in Eisnadeln oder Eiskristalle verwandelten,
sondern entweder in kurzer Zeit (5-10
Sekunden) verdunstet waren oder bei unveränderter Gestalt zu einem festen, völlig
durchsichtigen Eisklümpchen erstarrten. Dieser Vorgang tritt in ähnlicher
Weise bei der
Bildung des
Glatteises
ein.
Dieses bildet sich einmal, wenn Wassertropfen auf Gegenstände fallen, die bis unter den
Gefrierpunkt abgekühlt sind, sich
auf diesen ausbreiten, darauf gefrieren und die Oberfläche mit einer Eiskruste überziehen. Außerdem entsteht das
Glatteis
aber auch, wenn die Wassertropfen, oft mit unvollkommen geschmolzenen Schneeflocken gemischt, nur wenig
überkältet sind und beim Auffallen auf feste Gegenstände noch Zeit haben, sich vor ihrem Erstarren auszubreiten.
Größere Schneemassen werden oft bei
Temperaturen, die den
Nullpunkt übersteigen, zu einer zähen
Masse vereinigt. Eine mikroskopische
Untersuchung ergab, daß der
Schnee
[* 4] in diesem Zustand aus verhältnismäßig großen, rundlich gestalteten Firnkörnern
besteht, welche fest aneinander kleben und dadurch dem
Schnee die Fähigkeit zu eigentümlichen
Bildungen geben. Bei einer
Temperatur, die sich in der
Nähe des
Nullpunktes hält, geht im Innern des
Schnees unter seinem eignen
Druck eine langsame Formveränderung
vor, welche z. B. auf einem geneigten
Dache ein Fließen des
Schnees, wie wenn er aus einer zähen
Masse
bestände, zur
Folge hat.
Unmittelbar nachdem der
Schnee auf die geneigte Unterlage gefallen,
ist er an seinem untern Ende ungefähr senkrecht begrenzt
und bewegt sich dann, wenn die innere Formveränderung eingetreten ist, in Zeit von mehreren
Tagen wie eine zähe
Masse konstant
vorwärts, indem sich die obern
Schichten in einzelnen
Fällen bis 75
cm weiter als die untern vorschieben,
ohne daß ein Gleiten der ganzen
Masse eingetreten wäre. Hierher gehören auch die
Bildungen von
Schneeguirlanden auf
Bäumen.
Der auf den
Ästen liegende
Schnee kommt, wenn seine innere Formveränderung eingetreten ist, ebenfalls ins Fließen und
bildet dann, gleichwie ein biegsames
Tau, eine Art von
Guirlanden, die sich von einem Ansatzpunkt bis zum nächsten in frei
schwebenden
Bogen
[* 5] herüberziehen und zuweilen eine
Dicke von 10-15
cm erreichen. Außer daß sich der
Schnee ebenso wie auf dem
Dache in eine zähe
Masse verwandelt hat, kommt bei dieser
Erscheinung auch noch zur
Sprache,
[* 6] daß sich die
ganze Schneemasse in
Bewegung gesetzt hat, wie aus
Abdrücken von
Zweigen auf der Unterseite der
Guirlanden nachgewiesen werden
kann. Ähnliche Verhältnisse spielen auch eine
Rolle bei den eigentümlichen
Formen, die zuweilen bei Schneetreiben beobachtet
sind u. aus kleinen Schneewalzen bestehen, welche einen
Durchmesser von 20
cm erreichen. Diese kleinen
Rollen
[* 7] haben das Ansehen von
Muffen, denen sie wegen der scheinbaren innern Höhlung, welche in der That nur trichterförmig
zu beiden Seiten einspringt, ganz besonders ähnlich erscheinen.
Von eigentümlichen, unter bestimmten Verhältnissen auftretenden Eis- oder Schneebildungen wären endlich noch die
Eisfilamente
zu erwähnen. Dieselben bestehen aus kleinen Eissäulen, welche oft
regelmäßig prismatisch, oft unregelmäßig
gestaltet sind und in großer Zahl auf schneefreien Kieswegen beobachtet werden. Dieselben tragen meist auf der
Spitze kleine
Steine, erdige
Massen oder
Blätter, sind aber auch zuweilen bei oberflächlicher Betrachtung nicht wahrnehmbar, wenn nämlich
die obere Erdschicht durch die Eissäulen gehoben ist und diese selbst verdeckt sind.
Ähnliche
Bildungen sind auch auf
Ästen und
Zweigen beobachtet worden.
Kristallinische Eismassen dringen zuweilen aus halbfaulem
Holze bis zu 10
cmLänge heraus und gleichen einer hervorgequollenen Asbestmasse, deren
Fäden gekrümmt oder gekräuselt erscheinen
und einen schönen, seidenartigen
Glanz besitzen. Durch zweckmäßige Vorrichtungen können diese Auswachsungen
auch künstlich hervorgerufen werden und bilden sich dann um so schöner, je langsamer die Abkühlung erfolgt.
Dabei darf aber die
Temperatur nur bis
ca. 6-7° unter den
Gefrierpunkt sinken, bei größerer
Kälte bilden sich diese
Eisfilamente
nicht. Bei den auf dem Erdboden befindlichen Eissäulen kommen auch verschiedene
Etagen übereinander
vor, von denen jede an einem verschiedenen
Tage entstanden ist, so daß sich die obern an einem frühern, die untern an einem
spätern
Tage gebildet haben, weshalb die letztern auch kompakter und lückenloser sind, während die erstern durch die Einwirkung
der höhern
Temperatur zu den wärmern Tagesstunden eine mehr abgerundete und weniger scharfkantige Form
annehmen.
Diese
Eisfilamente entstehen, indem sie aus den
Kapillaren in der
Weise herauswachsen, daß sich zunächst ein kleines Eisröhrchen
bildet, in welchem aufs neue
Wasser empordringt und dann zum Gefrieren kommt. Sinkt die
Temperatur sehr schnell, so werden
die
Poren verschlossen und es entsteht nur ein kurzer
Anflug von Eis.
[* 8] Dagegen ist von andrer Seite die
Ansicht
geäußert, daß das Eis infolge des Anwachsens seines
Volumens aus den kleinen
Poren und
Spalten herausquillt. Wenn in einem
wasserhaltigen Erdboden eine Abkühlung bis unter 4° eintritt, wird das
Wasser durch seine zunehmende
Ausdehnung
[* 9] nachoben
getrieben und erstarrt dann an der kältern
Luft zu Eis, während das in feinen
Kanälen eingeschlossene Eis bei tiefer sinkender
Temperatur aus der Oberfläche des Erdbodens herausgepreßt und in Form von Eissäulen vorgeschoben wird.
[* 10] Die Entphosphorung des Roheisens beim Thomasprozeß verläuft nach Hilgenstock etwa in folgender
Weise. Befindet
sich geschmolzenes Thomasroheisen von der
Zusammensetzung I in der
Birne,
Die
Oxydation und Abscheidung des
Phosphors erfolgt zunächst als dreibasisch phosphorsaures
Eisenoxydul (Fe3P2O8)
^[(Fe3P2O8)], diese
Verbindung setzt sich aber mit
¶
mehr
dem Ätzkalk sofort um, wobei ein vierbasisches Kalkphosphat (Ca4P2O9) ^[(Ca4P2O9)] entsteht, aus welchem
durch metallisches Eisen kein Phosphor reduziert wird. Das frei gewordene Eisenoxydul wird durch Berührung mit dem Phosphor im
Bade sofort wieder zu Eisen reduziert; so lange noch 0,3-0,5
Proz. Phosphor im Bade vorhanden sind, bleiben keine nennenswerten Mengen von Eisenoxydul unreduziert, und
erst bei geringerm Phosphorgehalt steigt der Eisengehalt der Schlacke.
Das basische VerfahrenvonThomas u. Gilchrist verdrängt den alten Bessemerprozeß in der sauern Birne mehr und mehr. In den
letzten Jahren vollzog sich derselbe Vorgang auch auf dem Gebiet der Flußeisendarstellung im Flammofen. Die Gesamterzeugung
an Flußeisen im Flammofen nimmt in letzter Zeit außerordentlich zu und fast ausschließlich unter Benutzung eines basischen
Herdfutters. Flußeisen, welches den höchsten Anforderungen entsprechen soll, wird fast allgemein auf dem basischen Herde
des Siemens-Martinofens erzeugt.
Bei der Massenerzeugung von Flußeisen zur Herstellung von Schienen, Schwellen u. dgl. wird die Birne auch
ferner verwandt werden, aber Bleche, Bandagen werden in der Neuzeit wesentlich aus Flammofenflußeisen hergestellt. Für beschränkte
Produktionen ist ein basischer Siemens-Martinofen sowohl in der Anlage als auch im Betrieb wesentlich billiger als eine Thomashütte
mit Bessemerbirnen; deshalb sind in der letzten Zeit zahlreiche neue Siemens Martinanlagen in Betrieb gesetzt
worden, zumal gegenwärtig die Herstellung jeder Qualität von Flußeisen, ob weich oder hart, aus billigem Einsatz möglich
ist.
Auf der Ilseder Hütte fielen die Erzeugungskosten von 1 Ton. Roheisen 1867-87 von 41,96 Mk. auf 23,01
Mk., d. h. um 82 Proz. der jetzigen Kosten, obgleich in derselben Zeit die Kosten von 10 T. Erz von 11,05
Mk. auf 24,18 Mk., also um 118 Proz.,
stiegen. Im J. 1867 betrug der Koksverbrauch für 1 T. Roheisen 1348 kg, 1887 dagegen nur 851 kg; dagegen stieg die Menge
des täglich durchschnittlich erzeugten Roheisens von 32,660 kg im J. 1867 auf 156,160 kg im J. 1887. Erzeugt
wird auf der Ilseder Hütte ein Roheisen mit durchschnittlich 2,92 Proz. Phosphor, welches für Flußeisenherstellung nach
der basischen Methode sehr geeignet ist. Während in Deutschland
[* 13] und Luxemburg
[* 14] 1884: 486,000 T. Bessemereisen und 488,000 T.
Thomaseisen erblasen wurden, stellen sich diese Zahlen für 1887 auf 432,000 T. Bessemereisen und 1,076,000
T. Thomaseisen, ein Beweis für den Aufschwung des basischen Verfahrens. Nach Gilchrist wurden ferner 1888 nach dem basischen
Verfahren folgende Mengen Flußeisen erzeugt:
Man ist in der Neuzeit im stande, Chromroheisen mit bis zu 70 Proz. Chrom herzustellen. Mit Hilfe dieses
Chromroheisens wird in Schweden
[* 15] ein außerordentlich guter Martinstahl hergestellt, der häufig sogar den besten englischen
Tiegelstahl übertrifft. Der Chromstahl besitzt im kalten Zustand größere Härte bei gleicher Zähigkeit als gewöhnlicher
Stahl mit gleichem Kohlenstoffgehalt. Der Chromgehalt braucht in den meisten Fällen 1,5 Proz. nicht zu
übersteigen.
Größere Wichtigkeit scheint neuerdings auch Manganstahl mit 7-20 Proz. Mangan zu erlangen; die Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit
dieser Legierungen sind ganz
außerordentlich. Dagegen sind Produkte mit nur 0,75-7 Proz. Mangan brüchig, zerbrechlich und
infolgedessen unbrauchbar. Der Manganstahl läßt sich nicht wie gewöhnlicher Stahl härten und ist kaum
magnetisch; der Magnet ist um so wirkungsloser, je höher der Mangangehalt.
Eine wichtige Rolle dürfte in der Zukunft das Aluminium in der Eisen- und Stahlgießerei erlangen. Geschmolzenes Schmiedeeisen,
Mischungen von Gußeisen und Stahl oder Stahl allein, welche an und für sich blasige, fehlerhafte Gußstücke liefern würden,
geben guten blasenfreien Guß, sobald eine geringe Menge (0,1-0,5 Proz.) Aluminium kurz vor dem Gießen
[* 16] zugesetzt wird (sogen.
Mitisverfahren). Wie bekannt, bildet sich beim gewöhnlichen Guß durch Einwirkung von Eisenoxydul auf KohlenstoffKohlenoxyd,
welches die Blasenbildung verursacht.
Setzt man aber Aluminium hinzu, so wird das Eisenoxydul unter Bildung von festem Aluminiumoxyd reduziert
und die Bildung von Blasen infolgedessen verhindert. Bei der Zersetzung des Eisenoxyduls findet eine beträchtliche Temperaturerhöhung
statt, so daß das geschmolzene Metall dünnflüssiger wird und die feinsten Kanäle der Form gut ausfüllt. Aluminium verdrängt
ferner den Kohlenstoff aus seiner Lösung im E. und verwandelt denselben in Graphit. Der ausgeschiedene
Graphit ist durch die ganze Masse gleichmäßig verteilt, so daß die Härtung einzelner Stellen vermieden wird, die Gußstücke
sich viel leichter bearbeiten lassen und eine größere Gleichartigkeit des Korns besitzen. Im allgemeinen ist es vorteilhafter,
das Aluminium als Reinmetall II in Form der kleinen Stückchen anzuwenden, wie dieselben von der Fabrik
zu Neuhausen (s. Aluminium) in den Handel gebracht werden. Reinaluminium löst sich sehr schnell im geschmolzenen Eisen auf und
verteilt sich rasch durch die ganze Masse. Man legt es auf den Boden der Pfanne oder taucht es mit einer Zange
[* 17] unter; sobald
sich das Aluminium gelöst hat, rührt man das Metall gut durch und schreitet sofort zum Guß. Nur beim
Guß sehr kleiner Stücke ist die Anwendung eines 10-15proz. Ferroaluminiums vorteilhafter.
Für das im preußischen Eisenbahnbetrieb zur Verwendung kommende Eisenmaterial sollen nach dem Zirkularerlaß des preußischen
Ministeriums für öffentliche Arbeiten vom im amtlichen Verkehr folgende Benennungen gebraucht
werden:
1) Roheisen ist das Erzeugnis des Hochofens und kann nach seiner Herstellungsart als Koksroheisen oder Holzkohlenroheisen,
nach seiner Farbe als weißes (Spiegeleisen, Weißstrahl, Weißkorn), graues oder halbiertes Roheisen bezeichnet werden.
2) Gußeisen ist das in besondere Formen gegossene, in der Regel vorher umgeschmolzene Roheisen. Stahlguß
erhält man durch Zusetzen von Stahlabfällen beim Umschmelzen, schmiedbares Gußeisen (Temperguß) durch nachträgliches Schmiedbarmachen
von Gußwaren, Hartguß durch Bildung einer harten Außenrinde (Gießen in eisernen Formen). Zur Bezeichnung der Art der Einformung
sind die Ausdrücke Herdguß, Sandmasse oder Lehmguß anzuwenden.
3) Schweißeisen ist das im teigigen Zustand gewonnene, in der Regel im Puddelofen hergestellte, schmied-
und schweißbare, aber nicht merklich härtbare Eisen (sonst gewöhnlich Schmiedeeisen genannt). Wird Schweißeisen zu Blechen
oder Stäben ausgewalzt, ausgeschmiedet oder zu Draht
[* 18] gezogen, so kann es Blech, Walz- oder Stabeisen, auch Quadrat-, Rund-,
¶