Wladimir,
Fürst, geb. zu
Moskau
[* 7] aus dem alten Fürstengeschlecht der Dolgorukow, das seinen Ursprung von
dem
GroßfürstenMichael Wassewelodowitsch von
Tschernigow herleitet, trat 1829 als
Offizier in das
Heer, nahm 1831 am
Kriege
in
Polen und 1836-38 an den
Kämpfen im
Kaukasus mit Auszeichnung teil, ward 1849
Generalmajor und Generalproviantmeister
während des
Krimkriegs, 1855 Generaladjutant und 1865
Generalgouverneur von
Moskau; ferner wurde er Mitglied des
Reichsrats
und des Militärkonseils. Er verwaltete sein
Amt in patriarchalischer
Weise und erwarb sich beim
Volke große Beliebtheit, genoß
aber zugleich das unbedingte Vertrauen desZaren. Das 25jährige
Jubiläum seines Generalgouvernements
wurde großartig gefeiert.
d'Hornoy,CharlesMariusAlbert de, franz.
Admiral, wurde 1879 nicht wieder in den
Senat gewählt, ist aber seit 1885 Mitglied
der Deputiertenkammer. Er hat den
Rang eines Vizeadmirals.
Die Beseitigung der Schiffahrtshindernisse an der untern Donau zwischen
Alt-Moldova und
Turn-Severin
ist, nachdem
Ungarn
[* 8] schon vor zwölf
Jahren auf dem
Berliner Kongreß
[* 9] die formelle Verpflichtung zur Regulierung übernommen
hatte, wofür die österreichische Reichshälfte als Gegenleistung die bereits seit 1884 im Betrieb stehende Arlbergbahn
baute, endlich ihrer Verwirklichung näher gerückt. Die Aufgabe der am in feierlicher
Weise
eröffneten Regulierungsarbeiten besteht in zwei
Problemen: einerseits die Stromgeschwindigkeit in dem Bereich der
Katarakte
zu mäßigen, und anderseits die heute bei Niederwasser ungenügende Wassertiefe zu vergrößern.
Die
Lösung dieser doppelten Aufgabe wird angestrebt durch vier im freien
Strome herzustellende
Schiffahrtskanäle, durch die
Errichtung von zwei Staudämmen behufs Einengung des stellenweise überbreiten Strombettes, endlich durch
die
Anlage eines mit
Dämmen begrenzten Schiffahrtskanals, welcher behufs
Umgehung der
Katarakte am
EisernenThor längs des rechtsseitigen
(serbischen)
Ufers projektiert ist. Die im freien
Strome und bei dem
EisernenThor in den
Felsen zu bettenden
Kanäle erhalten
eine Tiefe von 2 m unter dem
Nullpunkt des
OrsovaerPegels. Die Unternehmer
(IngenieurHajdu
in
Budapest
[* 10] im
Verein mit der
Braunschweiger Maschinenfabrik
Lutter und der
Berliner Diskontogesellschaft) haben sich verpflichtet, die
Arbeiten
in den
Jahren 1890-95 auszuführen. Die
Kosten des Regulierungswerks sind mit 9 Mill.
Gulden veranschlagt, wogegen seiner Zeit
von
Ungarn Schiffahrtstaxen zur Einhebung kommen werden.
Joseph,
Freiherr von, österreich.
General, geb. zuVerona,
[* 12] erhielt seine militärische
Ausbildung in der
NeustädterMilitärakademie und ward 1843
Leutnant im 1. Infanterieregiment, 1848
Oberleutnant. 1848 und 1849 machte
er die
Feldzüge in
Italien
[* 13] und später in
Ungarn im
Generalstab mit, wo er sich bei Nyárád, Böös und
Komorn hervorthat und
im selben Jahre (1849) zum
Hauptmann, 1857 zum
Major vorrückte. Nachdem er sich als Generalstabschef beim 2.
Armeekorps
im italienischen
Feldzug von 1859 besonders bei
Magenta ausgezeichnet hatte und in demselben Jahre zum
Oberstleutnant befördert
worden war, wurde er 1860 als Militärattaché der k. k. Gesandtschaft in St.
Petersburg
[* 14] zugeteilt, im selben Jahre in den
Freiherrenstand erhoben, Ende 1864 zum Obersten und
Kommandanten des 64. Infanterieregiments ernannt.
3)
AlfredWilhelm, Geschichtsforscher, legte seine Professur an der
Universität zu
Bonn
[* 21] nieder,
um die Leitung der wissenschaftlichen Beilage der »Allgemeinen
Zeitung« zu
München
[* 22] zu übernehmen.
und theatergeschichtliche Litteratur 1883-90. Mit der Zunahme der Zahl der
Theater in
[* 23] den Hauptstädten
Deutschlands
[* 24] und
DeutschÖsterreichs, die freilich nicht in richtigem
Verhältnis zu den theatralischen Bedürfnissen des
Publikums
zu stehen scheint, ist auch ein regeres
Leben in die
¶
Der Erfolg der Bulthauptschen »Dramaturgie« erklärt sich daraus, daß er jedes einzelne Drama ebensowohl auf seinen absoluten
künstlerischen Wert wie auf seine Bühnenfähigkeit und -Wirksamkeit prüft, und seine langjährigen Theatererfahrungen
und -Beobachtungen haben ihn zu einer so besonnenen Sicherheit des Urteils geführt, daß er auch erfahrene
Leser fast immer überzeugt. Aus einer ebenso gründlichen philosophisch-ästhetischen Vorbildung im Verein mit unablässiger
Bühnenerfahrung sind die »Dramatischen Vorträge« von A. v. Berger (Wien 1890) erwachsen, der längere Zeit die Stellung eines
Sekretärs am Wiener Hofburgtheater bekleidete, zugleich aber als Privatdozent Vorlesungen an der Universität
hielt.
von denen bis 1890 drei: »Iphigenie«, die Erklärungsarten des »Faust« und »Tasso«, erschienen sind, G. Günther in den »Grundzügen
der tragischen Kunst« (Leipz. 1886),
in denen besonders der Begriff der tragischen Schuld untersucht wird
und die Äschyleischen Dramen nach dieser Untersuchung als die vollkommensten dargestellt werden, K. Werder in den »Vorlesungen
über Macbeth« (Berl. 1887) und H. Volkelt in dem Buch »FranzGrillparzer als Dichter des Tragischen« (Nördling. 1888). In neuer
Bearbeitung hat F. KernFr. Kreyßigs »Vorlesungen über GoethesFaust« (Berl. 1890) herausgegeben, die auch
heute noch, fast 20 Jahre nach ihrer ersten Veröffentlichung, einen Ehrenplatz in der seitdem ins Unübersehbare angeschwollenen
Faustlitteratur einnehmen. Den Schwerpunkt
[* 26] auf das dramaturgische Gebiet hat dagegenL.Bellermann in einem Buch über SchillersDramen (Berl. 1888) gelegt, dessen erster Teil eingehende Besprechungen
der »Räuber«, »Fieskos«, von »Kabale und Liebe« und »Don Karlos« mit Rücksicht auf ihren ästhetischen Gehalt und ihren künstlerischen
Bau enthält. Es ist eine aus der Gruppe der litterarischen Erscheinungen, die dafür zeugen, daß dem einseitigen und übertriebenen
Goethe-Kultus in neuerer Zeit eine Reaktion zu gunsten Schillers gegenübertritt. Eine Mittelstellung zwischen
der ästhetischen und der litterarhistorischen Betrachtungsweise nimmt das Buch »Schiller als
Dramaturg« von AlbertKöster (Berl.
1891) ein, in dem der Verfasser Schillers Thätigkeit als Übersetzer und Bearbeiter von ausländischen Dramen für die WeimarerBühne nach den Absichten und der Methode des Dichters und nach ihren Erfolgen in zusammenfassender Darstellung
behandelt, die sich besonders eingehend mit Shakespeares »Macbeth«, Gozzis »Turandot« und Racines »Phädra« beschäftigt.
Um die Erforschung der deutschen Theatergeschichte des vorigen Jahrhunderts haben sich P. Schlenther und B. Litzmann verdient
gemacht, ersterer durch eine kritische Untersuchung über »FrauGottsched und die bürgerliche Komödie« (Berl. 1886),
die das allgemeine Urteil erheblich zu gunsten der »gelehrtesten FrauDeutschlands« modifiziert u. ihre redlichen Bemühungen
um die Förderung der Bühne ihrer Zeit in einem weit bessern Lichte erscheinen läßt, als sie bisher betrachtet worden war,
letzterer in einer groß angelegten Biographie des hervorragendsten deutschen Bühnenleiters und Schauspielers des vorigen
Jahrhunderts, »FriedrichLudwigSchröder« (Hamb. 1890), von der erst einBand
[* 27] erschienen ist, der Schröders Thätigkeit und die
Umgebung, in der er wirkte, bis zum Jahre 1767 begleitet.
Über das Charakterbild eines einzelnen Menschen hinaus erhebt sich diese Biographie zu einem Stücke bisher wenig erforschter
Theatergeschichte, das hier zum erstenmal eine gründliche, auf den Quellen fußende Darstellung erfährt
u. zugleich wertvolle Beiträge zur Litteraturgeschichte des 18. Jahrh.
enthält. Auch der von R. Werner herausgegebene »WienerHanswurst« (Wien 1886) liefert insofern wertvolles Material zur Theatergeschichte,
indem er nicht nur eine BiographieStranitzkys, des berühmtesten Hanswurstes seiner Zeit, sondern auch eine Geschichte
der Wiener Volksbühne bis in ihre Anfänge bietet.
Für die Theatergeschichte des 19. Jahrh. kommt für den Zeitraum von 1883 bis 1890 nur ein
Beitrag von wissenschaftlicher Bedeutung in Betracht, R. Fellners »Geschichte einer deutschen Musterbühne« (Düsseldorf
[* 28] 1888),
»Aus dem Burgtheater« von Costenoble (Wien 1889) und »Wiener Theaterleben« von A. Müller-Guttenbrunn
(das. 1890).
Den persönlichen Interessen der Theaterwelt dienen zwei Jahrbücher: »Der deutsche Bühnen-Almanach«, herausgegeben von Th.
Entsch, der für 1891 im 55. Jahrgang erschienen ist, und der »NeueTheater-Almanach«, den die Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger
zum erstenmal für das Jahr 1890 herausgegeben hat, und der außer dem üblichen statistischen und chronistischen Material
auch einen litterarischen Teil enthält. Der Versuch der Genossenschaft, ihrem wöchentlich erscheinenden Vereinsorgan »Deutsche
Bühnengenossenschaft« unter Leitung eines litterarisch gebildeten Redakteurs auch eine mehr wissenschaftliche
Färbung zu geben, ist nach Jahresfrist wieder aufgegeben worden. Auch alle übrigen Versuche, in DeutschlandZeitschriften
lebensfähig zu erhalten, die sich ausschließlich mit der dramatischen Kunst und dem Theaterwesen befassen, sind gescheitert.
Vgl. auch Theater.