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sich jene Einrichtungen in gewissen Formen zu nutze machen. Ausgleichung mittels Giro liegt vor, wenn sich die Ausgleichung vollzieht bei einer Bank durch Umschreibung von dem Konto einer Person auf das einer andern; von Clearing spricht man, wenn verschiedene Banken und sonstige Geschäftshäuser zusammentreten, um gegenseitige direkte und indirekte Forderungen zu verrechnen. Die größte Bedeutung unter allen bestehenden Clearingeinrichtungen hat das Londoner Bankers-Clearinghaus.
Dasselbe wurde von Londoner Privatbankiers 1775 gegründet. Erst mit mißtrauische Augen betrachtet, gewann es doch alsbald einen kleinen Kreis [* 2] von Teilnehmern, die aber, nachdem sie die Vorteile des Clearings erkannt hatten, andern Firmen den Eintritt ins Clearinghaus verweigerten. Die Zahl der Teilnehmer am Clearinghaus, 1810 noch 46, war derart 1836 infolge Abgangs älterer Häuser auf 30 zurückgegangen. Gesellschafts- (Joint-stock) Banken waren nicht zugelassen.
Erst als diese 1854 Miene machten, selbständig ein Clearinghaus zu gründen, wurde ihnen Aufnahme gewährt. Trotzdem ist die Zahl der Teilnehmer heute nicht größer als 29, die Bank von England eingerechnet. Die 28 übrigen Teilnehmer sind durchaus Banken und Bankiers der City, und zwar reine Depositenbanken, d. h. Banken, die in keiner Weise sich am Börsen-, Devisen- und Valutengeschäft beteiligen, sondern dies ganz den sogen. foreign bankers überlassen. Außerhalb des Vereins stehen aber auch die Londoner Westend- und die englischen Landbanken.
Erst seit 1858 sind sie indirekt in den Verkehr einbezogen vermittelst des sogen. Country-Clearing, indem es ihnen ermöglicht ist, jene ihrer Geschäfte, welche im Clearinghaus ihre endgültige Regelung finden sollen, durch dem Clearinghaus angehörende Banken, die derart ihre Agenten sind, besorgen zu lassen. Jede der am Clearinghaus teilnehmenden City-Banken vertritt im Durchschnitt mindestens 12 Provinzialbanken. Neben dem Bankers-Clearinghaus bestehen in London [* 3] (seit 1875) ein Börsen-Clearinghaus für Stock-Brokers und Abrechnungsstellen auch für die Colonial-Brokers und andre Klassen von Handeltreibenden. Aber die aus der Abrechnung hier überall sich ergebenden Differenzen werden durch Checks auf einen der Teilnehmer des Bankers-Clearinghauses geordnet, so daß auch diese Geschäfte ihre letzte Regulierung im großen Clearinghaus erfahren. - Bis 1856 waren die letzten Saldi im Clearinghaus bar auszugleichen.
Seit jenem Jahre werden sie durch Check auf die Bank von England geordnet. Erst 1864 trat diese auch als einfacher Teilnehmer dem Clearinghaus bei. Zur Abrechnung im Clearinghaus gelangen alle Wechsel, Checks, Dividendenscheine oder andre bei Sicht zahlbaren Papiere, welche bei einem der Mitglieder des Clearinghauses zu zahlen sind. Kein Mitglied hat das Recht, gewisse Papiere davon auszuschließen und direkt dem andern zur Zahlung zu präsentieren. Die Kosten des Clearinghauses werden entsprechend seinem Charakter als einer Privateinrichtung von den Mitgliedern bestritten. Sie sind gering. Das Personal des Clearinghauses besteht, abgesehen von den Clerks der teilnehmenden Banken, aus zwei Inspektoren und mehreren Dienern.
Die Abrechnung im Clearinghaus erfolgt in den Umrissen wie folgt: Während des ganzen Vormittags präsentiert im Clearinghaus jedes Haus jedem die bei letzterm zahlbaren Wechsel, Checks etc. Nachdem dieselben gesammelt sind, werden sie in die Kontore der zahlungsverpflichteten Banken geschickt und hier verifiziert. Am spätern Nachmittag beginnt das Saldierungsgeschäft. Jeder hat von jedem zu empfangen, die Differenzen werden berechnet und dem Inspektor mitgeteilt. Dieser zieht die Schlußbilanz für jede Firma, indem er ihre Forderungen und Verpflichtungen gegenüberstellt. Die resultierende Summe, wenn sie eine Mehrverpflichtung der Firma darstellt, wird von ihr in Gestalt eines Checks auf die Bank von England gezahlt, im entgegengesetzten Falle ihr auf Veranlassung des Clearinghauses bei der Bank von England gutgeschrieben.
Der Umsatz des Londoner Bankers-Clearinghauses hat betragen:
1870: | 3914.2 Mill. Pfd. Sterl. |
1875: | 5685.8 - - - |
1880: | 5794.2 - - - |
1885: | 5511.1 - - - |
1886: | 5901.9 - - - |
1887: | 6077.1 - - - |
1888: | 6942.2 - - - |
1889: | 7618.8 - - - |
Die Umsätze des Clearinghauses liefern ein getreues Bild der Rolle, die den einzelnen Jahren in der Wirtschaftsentwickelung des Landes zukommt. Nachdem 1870 seine Umsätze nur 3,9 Milliarden Pfd. Sterl. gewesen, waren sie 1872 und 1873 auf dem Höhepunkt der der Krise vorangegangenen Spekulation 5,9 und 6,1 Milliarden; langsam sinkt der Umsatz dann bis auf 5 Milliarden im J. 1875 und bleibt für die nächsten 2, ja 3 Jahre auf diesem Stande. Erst 1880 beginnt eine energische Aufwärtsbewegung. Dieses Jahr hat einen Umsatz von 5,8, die folgenden (1881 und 1882) einen solchen von 6,4 und 6,2 Milliarden. 1883, mit Beginn einer neuen großen Wirtschaftskrise, stellt sich wieder ein Sinken ein, das 1885 mit 5,5 Milliarden den Tiefstand erreicht, 1886 endlich wieder eine Erhöhung mit rascher und sehr beträchtlicher Überschreitung des frühern Höhepunktes.
Neben dem Clearinghaus in London für den in der Hauptstadt abzuwickelnden Verkehr, bez. die dort domizilierten Zahlungsanweisungen vermitteln einige Provinz-Clearinghäuser den weit geringeren Zahlungsverkehr der Industrie- und Provinz-Zentren. Diese Clearings sind aber meist erst in den 70er oder 80er Jahren gegründet. Es gibt deren in Manchester [* 4] (14 Banken als Teilnehmer), Liverpool, [* 5] New Castle (7 Mitglieder), Edinburg [* 6] (7 Mitglieder), Glasgow [* 7] (das Clearinghaus von Schottland mit 7 Mitgliedern), Dublin [* 8] (für die 7 irischen Emissionsbanken mit jedoch nur den 4 in Dublin bestehenden Emissionsbanken als direkten Teilnehmern). Diese provinzialen Clearinghäuser stehen jedoch in ihren Umsätzen gegen das Londoner außerordentlich zurück. So hatte das Clearinghaus von Manchester 1885 einen Umsatz von bloß 113,5 Mill. Pfd. Sterl., jenes von New Castle 1883 einen solchen von nur 39 Mill. Pfd. Sterl.
Außerhalb Englands ist das Londoner Clearinghaus mit größtem Erfolg in New York nachgeahmt worden, wo, trotzdem der Verkehr hier nicht in dem Maße konzentriert ist wie der englische in London, die Umsätze in manchen Jahren jene des Londoner Clearinghauses selbst übersteigen. Allerdings bestehen in New York nicht so viel Neben-Clearinghäuser wie in London, und so treten denn insbesondere die Börsenumsätze im vollen Betrage in das Clearing ein. Das New Yorker Clearinghaus zählt 70 Mitglieder. Das Revirement daselbst betrug:
1870: | 27804 Mill. Doll. |
---|---|
1875: | 25061 - - |
1880: | 37182 - - |
1885: | 25251 - - |
1888: | 31100 - - |
1889: | 35895 - - |
Im New Yorker Clearinghaus werden die letzten Differenzen nicht durch Checks auf eine Hauptbank, sondern durch Barzahlungen ausgeglichen. ¶
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Neben dem New Yorker Clearinghaus besteht in den Vereinigten Staaten [* 10] eine größere Zahl (1885: 28) Clearinghäuser in den andern Städten. Deren Umsätze waren insgesamt 1885: 12,519, 1889: 20,119 Mill. Dollar. An diesem Umsatz von 20,119 Mill. Doll. partizipierten die Neuenglandstaaten mit 5409 Mill., das Zentrum der Union mit 5029 Mill., der zentrale Westen mit 4988, der übrige Westen mit 2413, der gesamte Süden mit 2279 Mill. Doll.
Den amerikanischen Clearinghäusern reihen sich der Bedeutung nach die deutschen Abrechnungsstellen an. Die Dienste [* 11] aber, die das Londoner Clearinghaus leistet, werden hier nicht so sehr durch jene Abrechnungsstellen, sondern größtenteils durch das Girokonto der Reichsbank versehen. Den Abrechnungsstellen kommt mehr lokale Bedeutung zu. In Deutschland [* 12] hatte die Hamburger Girobank dem Umschreibeverkehr zuerst Bahn gebrochen. Im Jahre 1619 gegründet, zählte sie zu Ende des vorigen Jahrhunderts (1799) nicht weniger als 24,151 Deponenten, 1876 liquidierte sie.
Nach dem Beispiel dieser ersten deutschen Girobank hatte später die preußische Bank ein Girokonto eröffnet, jedoch mit geringem Erfolg. Clearinghaus der Berliner [* 13] Bank- und Großhandlungsfirmen und gleichzeitig Depositenbank war der Berliner Kassenverein, der 1823 in der Absicht errichtet worden war, das Zahlungsgeschäft in Handel und Wandel dadurch zu erleichtern, daß die Zahlungen in barem Gelde aus einer Hand [* 14] in die andre entbehrlich gemacht werden, die dazu dienenden baren Fonds aber mit der erforderlichen Sicherheit und Vorsicht zu benutzen.
Der Kassenverein versah und versieht auch heute für seine Kunden die Ausgaben der englischen Banken, ist aber gleichzeitig Abrechnungsstelle und zwar für den Börsenverkehr sowohl als für den anderen. 1872 hat die Thätigkeit des Kassenvereins als Girobank ihren Höhepunkt erreicht mit einem Clearing von 10,335 Mill. Mk. 1885 wurden nur noch 5801,1888 aber doch schon wieder 8763 Mill. Mk. durch Abrechnung geordnet. Die Giroguthaben erreichten ihr Maximum im J. 1873. Andre Berliner Banken kultivieren den Checkverkehr erst seit Errichtung der dortigen Abrechnungsstelle. Von früher her und im übrigen Deutschland haben dagegen die Frankfurter Banken, die Vereinsbank und die Norddeutsche Bank in Hamburg [* 15] dem Checkverkehr besondere Aufmerksamkeit zugewendet.
Die neuerrichtete Reichsbank ordnete ihren Giro- und Checkverkehr durch Regulativ vom Dasselbe hat seitdem im J. 1883 einige Änderungen erfahren. In den Bestimmungen desselben tritt deutlich die Absicht hervor, die einmal als Girokunden gewonnenen Firmen über die gelegentliche Benutzung des Girokontos hinaus für die Abwickelung aller Zahlungsgeschäfte durch die Reichsbank, bez. die mit ihr in Verbindung stehenden Firmen zu gewinnen. Hierher zählt unter anderm die Verpflichtung zur Domizilierung der Accepte bei der Reichsbank oder einem Bankhaus, welches mit ihr in täglicher Abrechnung steht, und die Gutschrift der aus einer Diskontierung oder Lombardierung den Kunden zukommenden Beträge vorerst auf Girokonto, um die Aufmerksamkeit des Kunden immer neu auf das Girokonto zu lenken und in diesem ein vollständiges Bild seines Verkehrs mit der Reichsbank zu erzielen.
Die Änderungen, welche die Bestimmungen über den Giroverkehr der Reichsbank Anfang 1883 erfahren haben, standen im Zusammenhang mit der gleichzeitig erfolgten Errichtung von Abrechnungsstellen, durch welche die Reichsbank mit den andern leistungsfähigen Bankfirmen sich auf dem Fuße der Gleichberechtigung zu gemeinsamer Pflege des Girogeschäfts verband. Abrechnungsstellen, also Einrichtungen für die Verrechnung solcher Zahlungsanweisungen, welche die an der Abrechnungsstelle teilnehmenden Banken und Bankiers sich gegenseitig zu präsentieren haben, gibt es gegenwärtig in Berlin, [* 16] Bremen, [* 17] Breslau, [* 18] Dresden, [* 19] Frankfurt [* 20] a. M., Hamburg, Köln, [* 21] Leipzig [* 22] und Stuttgart. [* 23] Die Umsätze betrugen 1889:
Mill. Mk. | Mill. Mk. | |
---|---|---|
Summe der Einlieferungen | Nicht ausgeglichen, sondern als Saldo bei der Reichsbank angeschrieben | |
in Berlin | 4140.6 | 2162.9 |
- Bremen | 814.3 | 177.0 |
- Breslau | 330.5 | 131.5 |
- Dresden | 247.3 | 186.1 |
- Frankfurt a. M. | 3941.5 | 638.4 |
- Hamburg | 7313.9 | 524.0 |
- Köln | 631.7 | 242.4 |
- Leipzig | 306.0 | 139.9 |
- Stuttgart | 323.1 | 149.2 |
Zusammen: | 18048.9 | 4351.4 |
Der Begleich der Schlußdifferenzen findet nicht in bar, sondern durch Anschreibung auf dem Girokonto der Reichsbank statt. In je größerm Umfange sich der Zahlungsverkehr des betreffenden Platzes bei den am Abrechnungsverkehr teilnehmenden Banken konzentriert, desto geringer sind diese Restanschreibungen; denn desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß den Forderungen in ziemlich gleichem Betrage Gegenforderungen gegenüberstehen. Eine vollständige Ausgleichung auf beiden Seiten wird sich allerdings nie vollziehen. Auf dem Girokonto der Reichsbank war 1889 der Geschäftsverkehr in Mill. Mark:
Die Giroguthaben betrugen 1. Jan. 1889: | 214 | |
Einnahmen auf Girokonto: durch Barzahlung | 7520.3 | ↘ |
- diskontierte Wechsel | 3937.6 | ↘ |
- eingezogene Wechsel u. Effekten | 882.7 | 37855 |
- Übertragungen am Platze | 14434.4 | ↗ |
- dgl. von andern Bankstellen | 11079.6 | ↗ |
: | 38069 | ↗ |
Dagegen auf Girokonto verausgabt. | ||
durch Barzahlung | 11941.3 | ↘ |
- eingelöste Domizilwechsel | 1407.9 | 37831 |
- Übertragungen am Platze | 14434.4 | ↗ |
- dgl. auf andre Bankstellen | 10037.6 | ↗ |
Guthaben der Girokunden 31. Dez. 1889: | Mill. Mark | 248 |
Um den effektiven Giroverkehr zu berechnen, müssen die Barumsätze und die vorläufigen Anschreibungen für von der Reichsbank diskontierte und bei direkter Auszahlung nur im Übergangswege auf Girokonto gebuchte Wechsel in Abzug gebracht werden.
Dem deutschen Abrechnungsverkehr folgt der Bedeutung nach der italienische, welcher sich auf ein königliches Dekret vom Mai 1881 zurückführt. Gegenwärtig sind 7 Abrechnungsstellen in Italien [* 24] in Thätigkeit, in folgenden Städten und mit folgenden Umsätzen (in Millionen Lire):
Einlieferungen | Kompensationen | Ausgleichungen der Differenz in | ||
---|---|---|---|---|
bar | Anweisungen | |||
Livorno | 920.4 | 803.9 | 166.5 | - |
Genua | 2780.9 | 1966.9 | 679.6 | 134.5 |
Mailand | 9105.3 | 6463.0 | 923.5 | 1718.6 |
Rom | 989.1 | 939.2 | 36.2 | 13.6 |
Bologna | 45.5 | 23.6 | 5.3 | 16.6 |
Catania | 4.0 | 3.6 | 0.3 | - |
Florenz | 3068.6 | 1645.6 | 202.5 | 1220.4 |
Zusammen: | 16913.8 | 11845.8 | 1963.9 | 3103.7 |
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