Blütenfarbstoffe (Entstehung und chemisches etc. Verhalten)
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bei Nectarinia chalybea, afra, famosa, sonimanga und bicollaris) wiederkehrt, und sucht sich dies mit
GrantAllen dadurch zu
erklären, daß diese
Vögel
[* 2] eine große Vorliebe für diese Blumenfarbe gewannen
und sie durch geschlechtliche
Zuchtwahl aus
ihrem eignen
Gefieder zur Geltung brachten.
Wallace hat aber dagegen geltend gemacht, daß in sehr vielen
Fällen keine Übereinstimmung zwischen der
Farbe des
Vogels und der von ihm besuchten
Blumen besteht, und daß in andern
Fällen,
wo eine sehr große
Gleichheit vorhanden ist, wie bei einem
Sonnenvogel, der die purpurroten blattlosen Blütengipfel von
Erythrina
caffra besucht, die Übereinstimmung vielmehr eine
Anpassung zum
Zwecke der bessern Verbergung des
Vogels
sein dürfte, also nicht in die
Klasse der geschlechtlichen, sondern der schützenden Färbungen fällt.
Vgl.
Scott-Elliot
in den »Annals of Botany«, 1890, S. 259 u.
265;
Wallace, Darwinism, S. 201 und 319 (Lond. 1889).
Die Entstehung sowie das mikroskopische, chemische und optische Verhalten der Blütenfarbstoffe wie
der natürlich vorkommenden Pflanzenfarbstoffe überhaupt bilden eins der schwierigsten Gebiete der Forschung, auf welchem
trotz zahlreicher Untersuchengen ein befriedigender
Abschluß noch nicht erreicht ist. Als eine neuere, wenigstens in morphologischer
Hinsicht grundlegende
Arbeit sind die Untersuchungen
Schimpers über die Chlorophyllkörper und die mit ihnen verwandten Gebilde
zu bezeichnen, da sie zum erstenmal den engen Zusammenhang zwischen grünen Chlorophyllkörnern
(Chloroplasten),
farblosen Stärkebildnern
(Leukoplasten) und Farbkörpern
(Chromoplasten) auf das genaueste nachweisen.
Letztere, welche die hauptsächlichen
Träger
[* 3] der Blütenfarbstoffe darstellen, bilden sich nur aus vorher vorhandenen Leuko- oder
Chloroplasten.
Die
Farbe der
Blüten kommt überhaupt in dreifacher
Weise zu stande: entweder sind die
Farbstoffe im Zellsaft
gelöst (Zellsaftfarben)
oder an eine feste,
an sich farblose Grundlage gebunden (Plasmafarben), oder die Gesamtfarbe wird
durch eine Mischung, resp. Überdeckung beider genannter Farbenarten hervorgerufen (Mischfarben).
Scharlach- oder brennend rote
Blütenfarbe
(Potentilla coccinea,
Chelone barbata,
Euphorbia
[* 4] splendens) wird in der
Regel durch
Nebeneinanderauftreten von rotem Zellsaft mit gelben
Chromoplasten bewirkt, von welchen der erstere meist
seinen Sitz in der
Epidermis,
[* 5] der letztere dagegen in tiefer liegenden Zellschichten des Blumenblatts hat; schwarz erscheinende
Flecken oder
Streifen beruhen auf Anhäufung intensiv blauen oder violetten Zellsafts; die seltene braune
Blütenfarbe wird
entweder durch
Kombination verschiedener
Pigmente, z. B. von
Chlorophyll mit rotem Zellsaft, oder durch
braune
Chromoplasten, z. B. bei Amsinckia und
Neottia, hervorgebracht.
Der
Farbenwechsel mancher
Blüten, z. B. von
Myosotis versicolor aus
Gelb inBlau und von
Lantana multiflora aus
Gelb inRot oder
Blau, beruht nach Dennert auf einer Mischung von gelben
Chromoplasten mit blauem oder rotem Zellsaft, von
denen der erstere anfangs allein vorhanden ist, während der zweite erst später aus dem ursprünglich farblosen Zellsaft
entsteht. Der auffallende, spiegelnde
Glanz mancher gelben
Blumen, wie z. B. der von
Ranunculus, wird durch eine unter der
Epidermis
liegende, ganz mit kleinen Stärkekörnchen vollgepfropfte Zellschicht hervorgerufen, welche man nach dem
Abziehen der
Epidermis als porzellanartig weißglänzende Oberfläche mit bloßem
Auge
[* 6] wahrnehmen kann.
Die Farbkörper
(Chromoplasten) enthalten entweder innerhalb einer farblosen Grundlage gefärbte Tröpfchen oder
Körner
(Grana),
welche die Hohlräume jener ausfüllen und deren Färbung bedingen (so in den
Blüten von
Ranunculus, Amsinckia,
Adonis u. a.),
oder die Grundlage wird von einem Eiweißkristalloid gebildet, welchem der farbstoffführende
Körper
in verschiedener, aber stets unkristallisierter Form aufgelagert ist
(Blüte
[* 7] von Maxillaria triangularis,
Chrysanthemum phoeniceum,
Ranunculus Steveni), oder die
Chromoplasten enthalten gleichzeitig
Eiweiß- und Farbstoffkristalle
(Blüte und andre Teile von
Neottia Nidus avis), oder endlich führen sie ausschließlich Farbstoffkristalle, wie in den
Blüten vonTropaeolum
majus, welche orangegelbe Farbkörper von eigentümlich spindel- oder lappenförmiger Gestalt enthalten; in denselben eingeschlossen
liegen die erst bei Untersuchung im polarisierten
Licht
[* 8] auffindbaren Farbstoffkristalle, welche in optischer Beziehung mit
den genauer bekannten rhombischen und pleochroitischen Farbkörpern der Möhrenwurzeln verwandt sind. Das Vorkommen derartiger
Farbstoffkristalle, die außerdem namentlich aus farbigenFrüchten
(SolanumDulcamara,
Tomaten) bekannt
sind, erscheint besonders wichtig, da hier offenbar der
Farbstoff in reinster Form vorliegt; auch läßt sich an
Blütenknospen
von
Tropaeolum die Entstehung der kristallführenden Farbkörper aus Chlorophyllkörnern schrittweise verfolgen.
Eine kürzlich veröffentlichte, gleichfalls auf ein umfangreiches Thatsachenmaterial sich stützende
Arbeit von Dennert,
versucht auf vergleichendem Wege die Entstehung der beiden Hauptformen der Blütenfarbstoffe, nämlich
der blauen, roten und violetten Anthocyangruppe (Zellsaftfarben) und der gelben oder orangegelben Anthoxanthinreihe (Plasmafarben),
zu ermitteln. Nach genanntem
Autor sind die Farbstoffkörper der letztern
Gruppe Modifikationen oder
Metamorphosen des
Chlorophylls,
richtiger wohl der Chloro- oder
Leukoplasten, da nach den mehrfach bestätigten Untersuchungen
Schimpers
Farbkörper auch aus farblosen Stärkebildnern hervorzugehen vermögen.
Der Zusammenhang zwischen
Chlorophyll und
Anthoxanthin zeigt sich unter anderm in dem
Farbenwechsel vieler
Blütenknospen, die
anfangs grün sind und ohne Zwischenstufen sofort die gelbe oder orangegelbe
Farbe annehmen; in andern
Fällen, z. B. bei
Phaseolus
multiflorus, tritt
Weiß als Zwischenfarbe und dann erst
Rot auf, das bei genannter
Blüte trotz der Scharlachfarbe
nur im Zellsaft gelöst ist. Auch die Färbungsreaktionen der
Pigmente mit starken
Säuren oder
Basen
(Kali) sowie das häufige
Auftreten des
Chlorophylls und
Anthoxanthins in tiefern, nicht an der Oberfläche liegenden Zellschichten des Blumenblatts
sprechen für den
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Zusammenhang beider Farbstoffe. Anderseits faßt Dennert die Anthocyanfarben, d. h. die im Zellsaft gelösten
Pigmente, als Abkömmlinge oder Metamorphosen des Gerbstoffs auf, wofür eine Reihe histologischer Gründe und auch einige Reaktionen,
z. B. bei Behandlung der betreffenden Blumenfarben mit Eisensalzen, sprechen.
Von außerordentlicher Wichtigkeit erscheint die Frage, ob jene beiden Hauptklassen der Blütenfarbstoffe, nämlich die
der Zellstoff- und der Plasmafarben, auch bei spektroskopischer Untersuchung durchgreifende Unterschiede zeigen. Aus einer
neuern Arbeit über Spektralanalyse
[* 10] der Blütenfarbstoffe von Müller, der 65 verschiedene Pflanzen in dieser Beziehung untersuchte und außer
dem Absorptionsspektrum auch die Fluoreszenz
[* 11] und die Absorptionsänderung der Farbstoffe durch Kali und Schwefelsäure
[* 12] in
Betracht zog, läßt sich wenigstens das Ergebnis entnehmen, daß in der Mehrzahl der Fälle bei den Farbstoffen der sogen.
Anthoxanthinreihe eine Absorption der Spektralfarben zwischen den Fraunhoferschen Linien D und E nicht stattfindet, während
die übrigen Spektralregionen, zumal die vor B, in der Regel starke Absorptionen erfahren.
Umgekehrt findet bei den roten und blauen Farbstoffen der Anthocyangruppe die Absorption vorzugsweise zwischen
D und E oder F, allerdings auch häufig noch anderweitig, statt. Im übrigen bildet jeder von Müller untersuchte Blumenfarbstoff
auch ein ihm allein eigentümliches Absorptions-, resp. Fluoreszenzspektrum, was für die Unterscheidung der betreffenden
Farbstoffe ja wertvoll, für die biologische Deutung der Thatsachen aber hinderlich ist. Als ein wichtiger
Fingerzeig ist es schließlich zu betrachten, daß in einzelnen Fällen, z. B. bei dem Farbstoff der Paeonia-Blüten, eine nicht
zu verkennende Analogie des Absorptions- und Fluoreszenzspektrums mit denen bekannter und genauer definierter Farbstoffe, in
diesem Falle dem Magdalarot, einem Naphthalinfarbstoff, hervortritt. -