Taco Hajo de, niederländ. Schriftsteller, geb. zu
Maarsen in der
ProvinzUtrecht,
[* 4] wandte sich an verschiedenen
Orten dem Lehrerberuf zu und lebt seit 1877 als
Lehrer der deutschen
Sprache
[* 5] und Litteratur an der
Realschule 1.
Ordnung in
Amsterdam.
[* 6] Nachdem er sich schon früher an der Herausgabe
verschiedener
Zeitschriften beteiligt hatte, begründete er hier 1878 die dem
Studium der niederländischen
Sprache und Litteratur
gewidmeteZeitschrift
»Noord en Zuid«, die er noch gegenwärtig redigiert, und 1879 das belletristische
Wochenblatt
»DePortefeuille«, dessen Leitung er bis 1889 führte. 1879-85 redigierte er auch »Het
Nederlandsch Tooneel«,
Organ des
Vereins zur
Hebung
[* 7] des niederländischen
Theaters.
Außerdem schrieb er
Novellen, Gedichte und kleinere
Dramen und gab verschiedene Sammelwerke, wie die »Bibliotheek
van buitenlandsche schrijvers«, zahlreiche Übersetzungen aus dem
Deutschen und
Englischen, eine »Musterlese aus der poetischen
Litteratur der
Deutschen« (2. Aufl. 1887),
eine zweibändige Geschichte der englischen Litteratur mit Proben: »The literary
reader« (2. Aufl. 1884),
und die »Letterkundige geschiedenis van Duitschland« (1879)
heraus. 1883 begründete er die dialektischeZeitschrift
»Onze Volkstaal«.
[* 18] Die
Bevölkerung
[* 19] wurde für Ende
Dezember 1889 auf 6,093,798Seelen berechnet. Im J. 1888 fanden
42,427 Eheschließungen (7,10pro Mille) statt, lebendig geboren wurden 1889: 176,726
Kinder (29,39pro Mille), und zwar hat
das in frühern
Jahren beträchtliche Überwiegen der männlichen
Geburten etwas nachgelassen, doch fallen noch immer 104,77
männliche auf 100 weibliche
Geburten. Die Zahl der unehelichen
Geburten hat sich 1888 gegen das Vorjahr
etwas vermindert, beträgt aber immer noch 8,74 Proz.
Todesfälle
kamen im J. 1889: 117,551 vor. Der
Zuwachs der
Bevölkerung betrug gegenüber dem Vorjahr 63,755
Köpfe (1,05 Proz.).
Von 25 Eisenhütten waren 17 mit 32 Hochöfen im Betrieb, welche 826,850 T.
Gußwaren im
Werte von 40½ Mill.
Fr. herstellten.
Fernergab es 77 Eisenwerke, davon 65 thätig, mit 670 Puddelöfen, wovon 515 im Betrieb, worin 547,818 T.
Eisen im
Werte von 70 Mill.
Fr. produziert wurden. An
Stahl wurden 22,605 T.,
Zink 80,675 T.,
Blei
[* 21] 10,921 T. und
Silber 29,329 kg erzeugt. Von den 75
Glashütten
waren 64 thätig und lieferten
Waren im
Werte von 35⅓ Mill.
Fr. (12⅔ Mill.
Fr. weniger als im Vorjahr). In 2759
Brauereien
wurden 10,6 Mill.hlBier produziert; es gab 288
Branntweinbrennereien, 114 Zuckerfabriken
(Produktion 93,214
T.).
Steinbrüche waren 1780 in Betrieb mit 29,451 Arbeitern und einer
Produktion im
Werte von 32⅓ Mill.
Fr. Der
HandelBelgiens
wertete 1888:
Einnahmen auf 331,352,202 Fr. und die Ausgaben auf 333,814,054 Fr. veranschlagt. Die Staatsschuld wurde auf 2233 Mill. Fr. geschätzt
und erfordert für Verzinsung und Tilgung 81½ Mill. Fr.
Geschichte.
Die klerikale Mehrheit in den Kammern behauptete sich auch 1890 unerschütterlich in ihrer Herrschaft, und daher blieben auch
die Minister im Besitz ihrer Stellungen, obwohl sie sich manche Blößen gaben. Sie wagten nicht, die allgemeine
Wehrpflicht einzuführen, weil der größere Teil der Klerikalen dagegen war. Die liberalen WallonenBara und Neujean sowie der
RadikaleJanson suchten besonders den Nieterschen Fall gegen die Regierung auszubeuten. Nieter, ein hoher Beamter im auswärtigen
Ministerium, hatte das Vertrauen seines Chefs, des PrinzenChimay, gröblich mißbraucht, um französischen
Preßagenten, namentlich dem aus BoulangersProzeß berüchtigten Foucault de Mondion, offizielle Aktenstücke zu überliefern,
unter denen sich auch ein Bericht des Generaldirektors Banning über Neutralität und Landesverteidigung in Belgien befand, der aus
dem Büreau des MinistersThonissen entwendet war; Nieter oder Mondion hatten mit den echten Aktenstücken
gefälschte vermischt und sie um hohen Preis an die französische Regierung und die französische Presse
[* 34] verkauft.
Die belgische Regierung hatte sich also betrugen lassen und war gegen den ungetreuen Beamten nicht sofort mit der nötigen
Strenge eingeschritten. Statt nun Nieter zu verurteilen, setzten sich Bara und Janson mit ihm in Verbindung,
letzterer trat sogar als sein Anwalt auf, und auf Grund der Nieterschen Mitteilungen griff die Opposition das Ministerium aufs
heftigste an. Als es 29. April zur Abstimmung kam, fehlte ein Viertel der Liberalen, welche das Vorgehen Baras nicht billigten, und
die Regierung erhielt von der großen Mehrheit ein Vertrauensvotum.
Nieter wurde abgesetzt, der weitere Prozeß gegen ihn aber von der Kammer niedergeschlagen. Die Debatten über den Fall nahmen
einen großen Teil der Zeit der Kammer in Anspruch. Die Beratung eines Gesetzentwurfs über die Prüfungen, welchen sich die
Kandidaten des Doktorgrades unterziehen sollen, beschäftigte die Kammer wegen der Sprachenfrage in 30 Sitzungen.
Daher wurde bis zum Schlusse der Kammersession im wesentlichen nur das Budget erledigt. Zur Beratung der Arbeitergesetzgebung,
für welche Janson einen Entwurf über die obligatorische Unfallversicherung der Arbeiter vorgelegt hatte, gelangten die Kammern
nicht.
Wenn die Liberalen gehofft hatten, durch ihre heftigen Angriffe auf das klerikale Ministerium bei den Wahlen
Erfolge zu erzielen, so tauschten sie sich durchaus. Schon bei den Provinzialwahlen bewahrten die Klerikalen ihren
Parteistand unverändert und gewannen bei den Stichwahlen noch einige Plätze hinzu. Bei den Kammerwahlen 10. Juni handelte
es sich besonders um Gent, wo sieben Klerikale und ein Liberaler zur Neuwahl standen. Siegten die Liberalen diesmal, so hatten
sie Aussicht, bei den nächsten Wahlen 1892 und 1894 wieder die Mehrheit zu erhalten.
Doch unterlagen sie gleich im ersten Wahlgang mit 500 Stimmen, und dies Ergebnis war teilweise wohl darauf
zurückzuführen, daß die Liberalen, fast durchweg Wallonen, sich gegen die vlämischen Ansprüche auf Gleichberechtigung
stets so feindselig gezeigt hatten. In den wallonischen Bezirken eroberten die Liberalen zwei klerikale Sitze, so daß sie nun 44 Mitglieder
gegen 94 Klerikale in der Kammer zählten. Damit war aber die Aussicht geschwunden, der
klerikalen Herrschaft
vor dem Schlusse des Jahrhunderts ein Ende zu machen. Trotz des hohen Wahlzensus hatten übrigens in drei Wahlbezirken die
Sozialisten Kandidaten aufgestellt, die freilich nur sehr wenige Stimmen erhielten.
Schon Anfang Juli wurde eine außerordentliche Tagung der Kammern eröffnet und ihnen 9. Juli eine überraschende Mitteilung gemacht.
Der MinisterpräsidentBeernaert verlas nämlich ein Schreiben des KönigsLeopold II. vom in
welchem derselbe mitteilte, daß er gemäß einem gleichfalls verlesenen Testament vom 2. Aug. den von ihm gegründeten Congostaat
nach seinem Tode ohne jede Schadloshaltung Belgien vererbe, Auf Grund dieser Bestimmung wurde schon jetzt ein Vertrag
zwischen und dem Congostaat abgeschlossen, nach welchem Belgien dem Congostaat ein zinsfreies Darlehn von 25 Mill. Fr., 5 Mill.
sofort und dann zehn Jahre lang jährlich 2 Mill., vorstrecken, dafür aber das Recht erhalten solle, sich nach zehn Jahren
den Congostaat einzuverleiben.
Hierauf widmete sich die Kammer der Beratung des Gesetzentwurfs über die Errichtung einer vom König angeregten Unterstützungskasse
für Arbeitsinvaliden u. des Jansonschen Entwurfs einer obligatorischen Arbeiterversicherung, vertagte
sich aber Ende Juli schon wieder bis zum Oktober. Wie in Deutschland,
[* 35] so wurden auch in Belgien die Sozialisten durch die Regierungsvorlagen
nicht befriedigt; ein vom Generalrat der sozialistischen Arbeiterpartei veröffentlichtes Programm stellte viel weitergehende
Forderungen.
Die erste war die Einführung des allgemeinen Stimmrechts, und für diese veranstalteten die Arbeiter10. Aug. in
Brüssel
[* 36] eine Kundgebung, welche durch Regen arg gestört wurde. Im Borinage und an andern Orten wurden Ausstände veranstaltet,
um die Bedeutung des Arbeiterstandes kundzuthun, und 14. Sept. ein großer Kongreß aller Arbeitervereinigungen im Lande (400)
in Brüssel abgehalten, auf dem beschlossen wurde, am Sonntag vor dem Wiederzusammentritt der Kammern Massenkundgebungen
für das allgemeine Stimmrecht in allen Provinzialhauptstädten ins Werk zu setzen und einen allgemeinen Aufstand aller Gewerke
herbeizuführen, um dem Beschluß Nachdruck zu geben.
Dieser Beschluß kam indes nicht zur Ausführung. Eine Änderung des belgischen Wahlgesetzes und eine Erweiterung des Stimmrechts
waren allerdings wünschenswert. Von dem allgemeinen geheimen Wahlrecht wollten aber die Liberalen gar
nichts wissen, und auch die Radikalen wollten es anfangs auf diejenigen beschränken, die lesen und schreiben könnten, waren
aber im übrigen zu Bündnissen mit den Sozialdemokraten für die Wahlen u. dgl. geneigt. In der Wintersession
der Kammern, November 1890, stellte Janson auch einen Antrag auf Durchsicht der Verfassung behufs Änderung
des Wahlrechts. Aber dieser Antrag war ganz allgemein gehalten, und seine Anbetrachtnahme wurde daher von allen Parteien beschlossen.
Bei diesem Mangel an Einheit und Entschlossenheit bei
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