wanderte, weil sein
Vater wegen seiner
Opposition gegen den
PräsidentenCarrera eingekerkert worden war, 1855 nach
Mexiko
[* 2] aus
und unternahm von hier aus wiederholt Einfälle in
Guatemala,
[* 3] um zuerst
Carrera, dann dessen Nachfolger Cerna zu stürzen.
Erst 1871 glückte dies, und unter dem
Präsidenten Granados wurde Barrios Oberbefehlshaber derArmee von
Guatemala, 1873 selbst
Präsident. Er herrschte despotisch und entledigte sich seiner Gegner durch
Hinrichtung oder Einkerkerung. Mit allem
Eifer betrieb
er die Vereinigung der fünf zentralamerikanischen
Republiken zu einem
Bundesstaat und gewann
Honduras
[* 4] für sich.
Salvador,
[* 5]
Nicaragua
[* 6] undCosta Rica verbündeten sich aber auf Anstiften
Mexikos gegen ihn, und es kam zum
Kriege. Barrios wandte
sich zunächst gegen
Salvador, fiel aber bei Chelchuapa.
Hippolyte, franz. Militärschriftsteller, geb. zu
Algier, besuchte die
Schule zu St.-Cyr, trat 1860 als Unterleutnant in ein Infanterieregiment, wurde 1869
Lehrer in St.-Cyr,
war während des
Kriegs 1870/71 im
StabeTrochus, nahm 1878 als
Hauptmann seinen
Abschied und widmete sich
dem Journalismus. Er schrieb: »Manuel du fantassin« (1873);
»Cours d'art et d'histoire militaires« (1875-77,2 Bde.),
woraus »Les armées européennes« (1877) besonders
erschien;
Edmund Musgrave, Afrikareisender (Bd. 17),
geb. zu Hilliers in
Surrey, trat 1879 in die
Armee ein, diente in
Afghanistan
[* 7] (1880-81), in
Ägypten
[* 8] und im
Sudân
(1882-87), schloß sich 1887 der von
Stanley geführten Expedition zum
EntsatzEminPaschas an und erhielt den Befehl über die
Nachhut, welche im befestigten
Lager
[* 9] von Jambuja am
Aruwimi zurückblieb, als
Stanley von dort stromaufwärts
zog. Erst nachdem die von
Tippu Tipp versprochenen
Träger
[* 10] eingetroffen waren, sah er sich in den
Stand gesetzt,
von dort abzumarschieren, wurde aber bereits 19. Juni ermordet, ein
Schicksal, welches er durch grausame
Mißhandlung der ihm
unterstellten Eingebornen selbst verschuldet.
SeinBruder, der
MajorWalterGeorge Barttelot, veröffentlichte »The life of Edm.
Musgr. Barttelot« (Lond. 1890),
welches auch (freilich entstellte)
Auszüge aus den Tagebüchern des Verstorbenen enthält (deutsch:
»StanleysNachhut in Yambuya unter
Major Barttelot«, Hamb. 1891).
Dagegen wurde 23. März ein
Gesetz, betreffend obligatorische staatliche
Krankenversicherung, mit 4067 gegen 2189
Stimmen in der Referendumsabstimmung verworfen.
diVesme,Carlo,Graf, ital. Rechtshistoriker, geb. zu
Cuneo, studierte
Rechts- und Sprachwissenschaft
in
Turin,
[* 22] war Mitglied der Deputiertenkammer und seit 1850
Senator des
KönigreichsSardinien,
[* 23] Mitglied der
Deputazione sovra gli studi di storia patria und der
Akademie zu
Turin und starb daselbst. Von seinen zahlreichen
Schriften sind besonders hervorzuheben: »Sulle vicende della proprietà in
Italia dalla caduta dell' Impero fino allo stabilimento
dei feudi«;
»I tributi delle
Gallie durante le prime due dinastie« (1836, preisgekrönt von der
PariserAkademie);
»Edicta regum Langobardorum« (1855, in den »Monum.
hist. patriae«);
»Considerazioni sopra la Sardegna« (1850).
Eine wissenschaftliche
Niederlage erlitt er bei der hartnäckigen
Verteidigung der sogen. »Pergamene di Aborea«,
gefälschter
Urkunden, Gedichte etc., die über die älteste Geschichte hohen
Glanz verbreiten sollten,
und deren Unechtheit endgültig erwiesen wurde durch ein
Gutachten von
Jaffé,
Tobler, A.
Dove und
Mommsen im Monatsbericht der
Berliner
[* 24]
Akademie von 1870.
d'Asson (spr. bodri dassóng),LéonCharlesArmand de, franz. Deputierter, geb. zu Rocheserrière
^[richtig: Rocheservière]
(Vendée), reicher Grundbesitzer und
Generalrat, wurde zuerst 1876 als legitimistischer
Kandidat in die Deputiertenkammer gewählt, in welcher er sich durch seine leidenschaftlichen
Unterbrechungen der Redner andrer
Parteien bekannt machte und sich wiederholte
Rügen und
Strafen zuzog. 1880 mußte er durch Einschreiten des
Militärs aus dem
Sitzungssaal entfernt werden. 1888
schloß er sich dem Boulangismus an.
[* 26]derGegenwart
(Berlin).
[* 27] Die zu Anfang der 70er Jahre begründete Herrschaft der
Renaissance in der neuern deutschen
Baukunst, die für Jahrzehnte gesichert schien, hat nicht so lange gewährt, als nach der allgemeinen begeisterten
Aufnahme
zu erwarten war, die ihr die
Architekten der jüngern
Generation als einem Gegengewicht gegen die Trockenheit
und Nüchternheit des hellenisierenden
Stils Schinkelscher
Richtung entgegenbrachten.
Schon seit der Mitte der 70er Jahre wandte
man sich von der anfangs fast allein angewandten italienischen zur deutschen
Renaissance, in der man den eigentlich nationalen
Stil gefunden zu haben glaubte. Während
¶
mehr
sich die einen bemühten, ihn von den Kleinlichkeiten seiner ursprünglichen Lebensbedingungen zu befreien und ihn nach den
Anforderungen des modernen Lebens und seiner Verkehrsbedürfnisse umzumodeln, suchten die andern ihre Befriedigung in der
Nachahmung und Überbietung seiner phantastischen Launen und barocken Ausschreitungen. Ist schon in der Geschichte der Baukunst
des 16. und 17. Jahrh. die zeitliche Grenzlinie zwischen Spätrenaissance
und Barockstil nirgends mit Sicherheit zu ziehen, so hat sich der Übergang in unsrer Zeit noch schneller und unmerklicher
vollzogen.
In demGrade, als die Prachtliebe und die Repräsentationslust des modernen Lebens wuchsen, nahm auch die Neigung zu den üppigsten
Kunstformen zu, und da der Stil der deutschen und italienischen Spätrenaissance dieser Neigung nicht mehr
ausreichend entsprechen wollte, suchten die Architekten ihre Vorbilder in den letzten Entwickelungsstufen der Renaissance,
im italienischen und französischen Barockstil. Unser geschichtlicher Sinn, unsre Kenntnis der Entwickelungsgeschichte
[* 29] des
menschlichen Geistes in seiner künstlerischen Thätigkeit haben sich inzwischen so erweitert, geläutert
und gereift, daß wir in den Kunstperioden des Barockstils und des Rokoko, das eigentlich kein Baustil, sondern nur ein neue
Grundformen mitbringendes, dekoratives System ist, nicht mehr Zeiten des Verfalls und Sinkens des Kunstgeistes erblicken, sondern
gelernt haben, sie als Erscheinungen zu würdigen, die die allgemeine Kultur, aus der sie erwachsen sind,
ebenso getreu widerspiegeln, wie die Kunst des Altertums und der Renaissance ihren Nährboden. Unter diesen objektiven Gesichtspunkten
ist die Wiederaufnahme des Barockstils in unsrer Zeit, die in keiner andern deutschen Stadt so lebhaft betrieben worden ist
wie in Berlin, zu beurteilen.
Wie vor 20 Jahren die Wiedereinführung des italienischen Renaissancestils in Berlin vorzugsweise von Privatarchitekten
im Gegensatz zu den in der Schinkelschen Schule gebildeten und an dem hellenischen Klassizismus festhaltenden Staatsbaubeamten
betrieben und vertreten wurde, so stehen auch die Träger der neuen Bewegung in der Zeit, die wir hier berücksichtigen (1883-90),
zumeist im Dienste
[* 30] der privaten Bauthätigkeit, während die im Auftrag des Staates entwerfenden Architekten
wiederum das konservative Element darstellen, indem sie an der italienischen Renaissance festhalten, die ihnen die besten Ausdrucksformen
für den Monumentalbau gewährt.
Dieser Grundsatz ist während der letzten sieben Jahre sowohl bei den meisten vom Staate unternommenen Bauausführungen als
bei den großen Konkurrenzen um Monumentalbauten zur Geltung gebracht worden. In dem Wettbewerb um das
Reichstagsgebäude wurden zwei Entwürfe im Stile der italienischen Hochrenaissance mit den ersten Preisen gekrönt, von denen
der PaulWallots zur Ausführung bestimmt wurde. Nach mehrfacher Umarbeitung des ursprünglichen Entwurfs sind die anfangs sehr
einfach gehaltenen Architektur- und Schmuckteile kräftiger und reicher entwickelt, aber dabei nirgends
die Grenze überschritten worden, die nach unserm modernen Stilgefühl die Hochrenaissance vom Barock trennt.
Die Vollendung des gewaltigen Baues, an dessen Ausführung sich zahlreiche neue Kräfte schulen, die sich zum Teil schon an
großen Aufgaben bewährt haben, wie z. B. Rettig und Pfann in der Konkurrenz um das Nationaldenkmal für
KaiserWilhelm I., wird für das Jahr 1895 erwartet. Auch in dem zweiten großen Wettbewerb, der von Berlin aus den deutschen
Baukünstlern
während der letzten sieben Jahre geboten wurde und die Forderung von Plänen zu Erweiterungsbauten für die
königlichen Kunstmuseen zum Gegenstand hatte, wurden die im Stile der italienischen Renaissance komponierten
Entwürfe von den Preisrichtern bevorzugt.
Diese Konkurrenz sollte nur Material liefern, und eine vorläufige Entscheidung ist erst 1889 erfolgt, indem Franz Schwechten,
FritzWolff und ErnstIhne mit der Ausarbeitung von Plänen zu drei besondern Museen für Gipsabgüsse, antike Skulpturen und die
Kunst der Renaissance beauftragt wurden. Auch diese Pläne, deren Ausführung bestimmt in Aussicht genommen
ist, bewegen sich in den Stilformen der italienischen Renaissance. Ein dritter großer Monumentalbau, der schon seit länger
als 40 Jahren der Gegenstand lebhafter Wünsche ist, ohne daß er über die einleitenden Stadien hinausgedeihen wollte, der
Neubau eines protestantischen Doms in Verbindung mit einer Gruft für die Hohenzollernfürsten, ist im
Widerspruch zu dem Verlangen der deutschen Architektenschaft, die in einem monumentalen Kirchenbau eine ihrer höchsten
Aufgaben sieht, nicht zum Thema eines allgemeinen Wettbewerbs gemacht worden.
Auf Grund eines Entwurfs des KaisersFriedrich, der sich schon als Kronprinz eingehend mit dem Gedanken eines
Dombaues beschäftigt und sich in J. C. ^[JuliusCarl] Raschdorff einen künstlerischen Mitarbeiter erkoren hatte, wurde dieser
mit der speziellen Aufstellung der Pläne betraut, nach denen der Dom ausgeführt werden soll. Sein Hauptmerkzeichen ist eine
mächtige Kuppel, die sich an das für Kuppelbauten klassisch gewordene Vorbild, die Peterskirche in Rom,
[* 31] anschließt.
Gleich diesen noch im Entstehen begriffenen Monumentalbauten sind auch die übrigen im Laufe der bezeichneten Epoche vollendeten
Staats- und öffentlichen Bauten, soweit sie ein künstlerisches Gepräge tragen, im Stile der italienischen Renaissance ausgeführt
worden, so das Museum für Naturkunde, das mit den benachbarten Gebäuden der landwirtschaftlichen Hochschule
und der Bergakademie zu einer Gruppe vereinigt worden ist, von August Tiede, das Museum für Völkerkunde von H. Ende, die Kriegsakademie
von F. Schwechten, mit zwei Fassaden, deren eine in Sandstein ausgeführt ist, während die andre, in ihrer Gliederung und ihrem
dekorativen System an die Bauten der lombardischen Frührenaissance erinnernd, aus rotem Backstein mit
reichem Terrakottaschmuck errichtet ist, das Gebäude der kaiserlichen Oberpostdirektion von Tuckermann, das Geschäftshaus
für das Landgericht und Amtsgericht II. von Hermann und Endell, der neue Packhof von FritzWolff, das Gebäude für den brandenburgischen
Provinziallandtag von Ende u. Böckmann, das Ständehaus für den TeltowerKreis
[* 32] von F. Schwechten.
Eine Ausnahmestellung nimmt das kaiserliche Patentamt von Fr. Busse ein, dessen Fassade, der vom neuern Privatbau eingeschlagenen
Richtung folgend, die reichen Formen des Barockstils zeigt. Allen diesen Bauten gemeinsam ist die Gediegenheit des Materials.
Ganz in Haustein ausgeführte Fassaden sind nichts Ungewöhnliches mehr, und wo die Mittel nicht zu ganzen
Sandsteinfassaden ausreichen, werden die Flächen zwischen den Architekturteilen mit Backsteinen von gefälliger Farbe verblendet,
in deren Herstellung die moderne Thonwarenindustrie eine hohe Vollendung erreicht hat, die sich auch auf die Fabrikation
von Terrakotten
[* 33] zum Zweck der Ausschmückung von Fassaden mit Gesimsen, Konsolen, Rosetten, Friesen, Bändern, figürlichen
Reliefs, Gruppen, Vasen
[* 34] etc.
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