mehr
Hauptbahnsteig die Bahnen voneinander scheidet, so daß jede der beiden Bahnen eine Seite ganz für sich hat, daher die Form besonders geeignet für getrennte Verwaltung erscheint. Jederseits des Gebäudes sind also beide Fahrrichtungen in der Regel durch je zwei Hauptgeleise mit Zwischensteig vertreten. Das Inselgebäude, wie es in solchem Falle genannt wird, kann die Abfertigungs- und Warteräume mit Zubehör entweder in Höhe der Bahnsteige oder auch in andrer, meist tieferer Höhenlage enthalten, wie sie dann der Straßenhöhe des Bahnhofsvorplatzes angepaßt wird. In letzterm Falle wird die Verbindung zwischen den genannten Räumen und den Bahnsteigen durch Treppen [* 2] und Tunnels (bez. Überbrückung) hergestellt. Ebenso wird das Gepäck, das Postgut und bisweilen auch das Eilgut durch Tunnels und Aufzüge [* 3] zu den Bahnsteigen, bez. Gepäcksteigen gefördert. Aber auch bei gleicher Höhenlage von Bahnsteig und Warteräumen wird ebenso wie bei der Durchgangsform neuerdings fast immer für schienenfreie Verbindung zwischen den Bahnsteigen gesorgt, namentlich dann, wenn durch wiederholte Zwischensteige noch mehrere Bahnzweige angeschlossen sind.
Als ältere
Beispiele von
Kreuzungs- und Knotenpunktstationen dieser Art mögen unter sehr vielen andern hier nur genannt werden:
die Bahnhöfe
[* 4] von
Guben,
[* 5]
Kottbus,
Kohlfurt,
Görlitz,
[* 6]
Saarbrücken,
[* 7] dann
Wittenberg
[* 8] (»Hannoversche
Zeitschrift«, 1884). Ein sehr hervorragendes
neueres
Beispiel der Art bietet der im
Oktober 1890 eröffnete Neubau des
Bahnhofs
Halle
[* 9] a. S. (für 3 durchgehende
und eine endigende Bahnlinie, also 7 einlaufende Bahnzweige). Es befinden sich dort jederseits des (mit tief liegenden Warteräumen
und Tunnelzugängen versehenen) 105 m langen, 35 m breiten Hauptgebäudes zwei Hauptgeleispaare in
Abständen von je 11,5
und 13 m für die 4 Personenzwischensteige und noch je 8 m Zwischenweite für die beiden Gepäcksteige,
welche zwischen den Geleispaaren liegen.
Die dem Gebäude benachbarten Hauptgeleise fassen einen Raum von 49 m zwischen sich. Sämtliche Bahnsteige sind durch Personen- und Posttunnel miteinander und mit dem Gebäude verbunden, die Gepäcksteige zudem durch einen besondern Gepäcktunnel nebst Aufzügen (s. Textfig. 2). Die Zufahrt von der Stadt geschieht mittels Unterschreitung der Geleise zur einen Giebelseite des Gebäudes in Höhe der Straßen. (Das alte Stationsgebäude wird für Post und andre, aber nicht öffentliche Dienstzwecke an der Seite der Geleisanlagen beibehalten und durch die dahin verlängerten Tunnels mit dem neuen Gebäude verbunden.)
Neuerdings hat man die Zweckmäßigkeit eines kürzern Zuganges zum Inselgebäude mehr und mehr erkannt und ihr durch Zufügung eines Personentunnels Rechnung getragen, welcher vom Vorplatz aus geradeswegs zu ersterem und zu allen Bahnsteigen führt (bei dem Bahnhof Görlitz schon in den 60er Jahren). Sehr nahe lag es alsdann, den Eingang dieses Tunnels mit einer Vorhalle zu überbauen und diese zu einem ordentlichen Vorgebäude auszugestalten, welches naturgemäß die Räume für die Fahrkartenausgabe, Gepäckabfertigung und sonstigen Zubehör in sich aufzunehmen hat, während dem Inselgebäude alsdann in Bahnsteighöhe die Warteräume nebst Restauration und sonstigem Zubehör sowie die Diensträume für Bahnhofsaufsicht und Bahntelegraph verbleiben.
Die Gepäckbeförderung zu den
Bahn-, bez. Gepäcksteigen erfolgt, wie
oben bei der Durchgangsform beschrieben, unmittelbar
vom Vorgebäude aus mittels Gepäcktunnels und
Aufzügen. Die Zufahrtstraßen zur Giebelseite des Gebäudes können dann wegfallen.
Diese Form, welche sich als eine
Verbindung der
Durchgangs- und der Inselform darstellt und sich von beiden
im
Wesen nur durch die Zerlegung des Gebäudes in Vor- und Inselgebäude unterscheidet, ist bei den neuern Bahnhofsbauten
der Preußischen Staatsbahn mehrfach zur Ausführung gelangt, so namentlich bei den (im »Zentralbl.
d. Bauverwalt.«, 1888, besprochenen) Bahnhöfen
zu
Hildesheim
[* 10] (1884),
Düsseldorf
[* 11] (1891; 4 Hauptgeleise, jederseits ein Zwischensteig
bei 10 m Geleisabstand, für den Hauptsteig 54,8
m) und
Erfurt
[* 12] (1890 im
Bau) sowie auch bei dem mit andrer
Betriebsart (s. unten) auszuführenden Neubau des Zentralbahnhofs
Köln.
[* 13] In solchen
Fällen bietet der
Raum an beiden Giebelseiten
des Inselgebäudes geeignete Gelegenheit zur Einführung stumpf endigender Geleise an Zungensteigen, so daß eine
Reihe
weiterer Bahnlinien oder
Züge in den
Bahnhof eingeleitet werden kann. So zeigt der
Bahnhof
Düsseldorf jederseits 4 auf
Drehscheiben
endigende Hauptgeleise zwischen den Durchgangsgeleisen (s. Textfig. 3), der
Bahnhof
Köln einerseits 4, anderseits 3 solcher
stumpf endigender Bahnsteiggeleise (s. Textfig. 4, S. 80). Eine hierher gehörige Form zeigt auch
der
Bahnhof
Magdeburg
[* 14] in seiner jetzigen Gestalt, jedoch ist dieselbe erst durch Umbau aus einer ursprünglich
ganz anders ausgeführten
Anlage im Jahr 1885 unter Beibehaltung der Giebelzufuhr entstanden.
Eine von dem Keilbetrieb scharf unterschiedene
Betriebsart entsteht dann, wenn die Hauptgeleise derart in den
Bahnhof eingeführt
werden, daß auf jeder Seite des Inselgebäudes auf allen Geleisen nur eine Fahrrichtung vertreten ist,
so daß also der Hauptbahnsteig nicht die
Bahnen, sondern die Fahrrichtungen scheidet, ebenso wie dies bei einer zweispurigen
Bahn schon dann der
Fall ist, wenn nur ein Bahnsteig angelegt und zwischen die zusammengehörigen Geleise eingeschoben wird,
wie z. B. bei den Bahnhöfen
der
Berliner
[* 15]
Stadtbahn. Man kann diese
Betriebsart folgerichtig als Inselbetrieb
bezeich-
[* 1] ^[Abb.: Fig. 2. Personenbahnhof Halle a. S. 1890. a Hauptpersonentunnel, b Küchentunnel, c Posttunnel, d d Gepäcksteige, e Gütergeleise, f Aufstellungsgeleise, g Maschinengeleise, h Gepäcktunnel.] ¶
mehr
nen, so daß ein derartig angelegter Bahnhof als Inselbahnhof mit Inselbetrieb (gegenüber dem Inselbahnhof mit Keilbetrieb)
zu kennzeichnen ist. Solcher Art ist der Bahnhof Lehrte bei Hannover
[* 17] in seiner jetzigen Gestalt, ferner der in Ausführung begriffene
Zentralbahnhof Köln. In beiden Fällen sind jedoch die Hauptgeleise mit Schienenkreuzungen eingeführt. (In gewisser
Weise gehört auch der Schlesische Bahnhof der Berliner Stadtbahn hierher.) Wenn man dagegen die Geleise bei dieser Betriebsart
durch gegenseitige Überbrückung so einführt, daß jede Kreuzung zweier Hauptgeleise in Schienenhöhe vermieden wird, und
zugleich die Übergangsweichen an das Ende der für den Halt der Züge bestimmten Geleisstrecken verlegt, so läßt
sich fast jede Gefahrstelle beseitigen und eine so betriebssichere und zugleich bequeme Gestaltung der Bahnhöfe
erzielen,
wie sie bislang noch nicht durchgeführt worden und bei Keilbetrieb überhaupt nicht erreichbar ist.
Vgl. Artikel »Bahnhof« in der »Encyklopädie des Eisenbahnwesens«, Bd. 1.
Eine andre Verbindung von Durchgangs- und Endgeleisen ergibt sich, wenn letztere nicht zwischen, sondern außerhalb der Durchgangsgeleise (meist vor denselben an der Stadtseite) eingeführt werden. Derartige Anordnungen zeigen unter vielen andern Bahnhof Hagen [* 18] in Westfalen [* 19] und Bahnhof Westend der Berliner Stadtbahn (»Zeitschr. für Bauwesen«, 1887) sowie auch der Bahnhof Halberstadt [* 20] bezüglich der von Blankenburg her stumpf einlaufenden Geleise.
Bei den Berliner Stadtbahnhöfen
sind die Zugänge zu den (als Inseln zwischen die zusammengehörigen Hauptgeleise
eingeschobenen) Bahnsteigen mittels Treppen zum Teil von den Langseiten, zum Teil aber auch (wie z. B. bei Haltestelle Tiergarten,
Bellevue, Jannowitzbrücke und bezüglich der
Ferngeleise auch bei Bahnhof Zoologischer Garten)
[* 21] von der Querseite, d. h. von
den die Bahn kreuzenden Straßenunterführungen aus, angeordnet. In diesem Falle ergibt sich unter Umständen
eine sehr zweckmäßige Zukömmlichkeit der Bahnsteige, indem das Publikum ohne alle Richtungsänderung vom Eingang aus am
Fahrkartenschalter (und Gepäckannahme) vorbei geradeswegs mittels der Treppe
[* 22] zum Bahnsteig gelangt.
Ähnliche Anlagen finden sich auch anderwärts an kleinern Bahnhöfen
oder Personenhaltestellen, wie z. B.
in Buckau bei Magdeburg und auf dem neuen Güterbahnhof Düsseldorf, wo inmitten einer großen Anzahl von Gütergeleisen zwei
Personengeleise hindurchgehen und so weit auseinander gezogen sind, daß dazwischen ein Bahnsteig (Inselsteig) mit Zugang
parallel zur Bahn angelegt werden und von einer den ganzen Güterbahnhof (14 Geleise) überschreitenden Straßenbrücke aus
mit Treppen zugänglich gemacht werden konnte. Diese Anlage, welche auch im Äußern ganz wohl ausgestattet erscheint, ist
(von der Straßenbrücke aus gesehen) in
[* 16]
Fig. 3 der Tafel dargestellt. Eine Verallgemeinerung dieser
Zugangsart von der Querseite hat Rinklake in Braunschweig
[* 23] z. B. für Bahnhof Köln (»Wochenbl. für Architekten und Ingenieure«,
1883, S. 517) in der Weise vorgeschlagen, daß das Gebäude quer über die Geleise gestellt und in der
Richtung jedes Zwischensteigs ein Eingang von breiter Unterführung aus durch das Gebäude hindurch mit Treppe geradeswegs zu
den Bahnsteigen hinauf führen sollte. Es ist anzuerkennen, daß auch in dieser erweiterten Anwendung der Querzugang manche
Vorteile bieten kann.
Eine wesentliche Anregung erhielt die Umgestaltung der Bahnhofsbauten in Deutschland [* 24] durch den allgemeinen Aufschwung des Verkehrslebens nach den
[* 16] ^[Abb.: Fig. 3. Personenbahnhof Düsseldorf 1891. WS. Wartesäle.] ¶