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die Auskunft. Er muß nämlich, wenn er sich an die Filiale wendet, eine höhere Gebühr entrichten. Dem gegenüber kann der Kaufmann von seinem Geschäftsfreund, welcher über die Verhältnisse des Kreditnehmers genau unterrichtet ist, wenn er ihn zur Eile anspornt, womöglich umgehend Antwort erhalten.
Ebenso wichtig aber als die schleunige Erledigung ist dem Kaufmann die Zuverlässigkeit der erhaltenen Auskunft. Auch in dieser Hinsicht verdient die geschäftsfreundliche Auskunft vor der Auskunft eines organisierten Büreaus den Vorzug. Die Bedeutung des letztern hängt wesentlich und entscheidend von der Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit der Korrespondenten (d. h. der Berichterstatter an den einzelnen Plätzen) ab. Erst in zweiter Reihe kommt das Archivmaterial, dessen Wert ja vorzugsweise auf der Erfahrung der Korrespondenten beruht, und endlich in dritter Reihe der Beamtenkörper des Instituts in Betracht.
Nun ist es aber erfahrungsgemäß sehr schwer, an kleinen Plätzen einen unparteiischen und unbeteiligten Korrespondenten zu finden, der in jeder Beziehung die genügenden Kautelen für die Übertragung eines so verantwortungsvollen und wichtigen Postens bietet. In mittlern Handelsplätzen ist es schon leichter, geeignete Berichterstatter heranzuziehen. Ein gut organisiertes Auskunftsbüreau hat an einem bedeutendern Platze nicht einen, sondern mehrere Korrespondenten. So ist ein Korrespondent nur dazu da, um fortgesetzt Einsicht in das Handelsregister zu nehmen. Er ermittelt die Inhaber der betreffenden Firmen und teilt etwanige Veränderungen sofort dem Büreau mit.
Ein andrer Vertrauensmann beschäftigt sich fortlaufend mit den Eheregistern und berichtet dem Büreau über Kaufleute, welche die Gütergemeinschaft ausschließen. Der eigentliche Hauptkorrespondent berichtet über die Kreditfähigkeit der ihm bezeichneten Firmen. Diese letztern Angaben sind natürlich entscheidend. Nur in seltenen Fällen wird es aber einem Auskunftsbüreau gelingen, hervorragende Kaufleute zur Berichterstattung über Kreditverhältnisse heranzuziehen.
Gerade das Prinzip der Entgeltlichkeit hat zur Folge, daß die vorzüglichsten Kräfte sich nicht zu Berichterstattern für Auskunftsbüreaus hergeben. Würden unsre Auskunftsbüreaus in Ausnahmefällen dieses für die Regel richtige Prinzip verlassen, so würde sich ihnen die Möglichkeit eröffnen, mit den bestrenommierten Bankhäusern Verträge auf gegenseitige unentgeltliche Auskunftserteilung abzuschließen. Die geringe Bezahlung mit 50 Pf. für die reguläre Auskunft ist für einen gut situierten Kaufmann nicht verlockend.
Dagegen ist er dem Büreau gern gefällig, wenn er auf Gegendienste rechnen kann. Übrigens hat das größte Bankinstitut Deutschlands, [* 2] welchem sich wohl kein europäisches Auskunftsbüreau an Bedeutung und Geschäftsumfang zur Seite stellen wird, das oben ausgesprochene Prinzip der gegenseitigen unentgeltlichen Auskunftserteilung bereits mit bestem Erfolg durchgeführt. Den Haupt- und Nebenstellen der Deutschen Reichsbank ist es streng untersagt, sich bei Einziehung von Auskünften irgend eines Auskunftsbüreaus zu bedienen. Alle Informationen werden im Wege der geschäftsfreundlichen Auskunft von hervorragenden Kaufleuten eingezogen, der beste Beweis dafür, einen wie hohen Wert die Reichsbank der geschäftsfreundlichen gegenüber der berufsmäßigen Auskunft beilegt. Die Reichsbank erteilt nun auch ihrerseits ihren Berichterstattern auf deren Wunsch (allerdings nur mündlich) unentgeltlich Auskünfte.
An den eigentlichen Filialplätzen (s. oben) haben die Auskunftsbüreaus außer ihrem angestellten Personal keine besondern Berichterstatter. Daraus folgt, daß die Zuverlässigkeit der in diesen Plätzen eingezogenen Kreditauskünfte (es handelt sich hier um Städte von 2-300,000 oder noch mehr Einwohnern, in welchen die Krediterkundigung häufig überaus schwierig ist) von der Tüchtigkeit und dem Geschick des Vorstehers wesentlich abhängt. Dieser setzt sich mit angesehenen Kaufleuten, welche mit den Kreditverhältnissen der Geschäftswelt vertraut sind, in Verbindung, erkundigt sich auch nicht selten direkt bei denjenigen Personen, über welche Anfragen eingelaufen sind. Die auf diesem Weg eingezogenen Auskünfte können leicht recht unzuverlässig sein. In derartig großen Städten sollte ein wohlorganisiertes Auskunftsbüreau sich nicht auf einen wenn auch noch so gut geschulten Angestellten und dessen Untergebene verlassen, es müßte vielmehr jede wichtigere Branche von bewährten und mit dem Geschäftszweig vertrauten Kaufleuten bedient werden.
Bei der geschäftsfreundlichen Auskunft kennt der anfragende Kaufmann die Gewissenhaftigkeit und geschäftliche Routine seines Gewährsmannes und kann auf die von diesem erteilte Auskunft weit mehr bauen als auf das Urteil eines ihm unbekannten Korrespondenten des Auskunftsbüreaus. Wir wollen übrigens nicht unerwähnt lassen, daß zwei weniger bedeutende deutsche Auskunftsbüreaus eine Einrichtung getroffen haben, durch welche diesen und andern Mißständen des modernen Auskunftswesens wirksam entgegengetreten wird.
Diese Auskunftsbüreaus lassen nämlich ihre Abonnenten in direkten Verkehr mit den Korrespondenten treten, indem sie die Namen der letztern ihren Kunden auf deren Verlangen in einer Liste auf die Zeit des Abonnements zustellen, eine Einrichtung, welche einen Fortschritt auf dem Gebiet des Auskunftswesens bedeutet. Namentlich wird dadurch eine schleunigere Erledigung der Auskunft möglich. Aber das Moment des persönlichen Vertrauens, welches bei der geschäftsfreundlichen Auskunft so sehr in den Vordergrund tritt, ist auch bei dieser Art der Auskunftserteilung nicht in gleichem Maße vorhanden.
Denn der Anfragende kennt mit dem Namen des Auskunftsgebers noch nicht dessen Person. Ein andrer Einwand, welcher von den großen Auskunftsbüreaus gegen dieses System erhoben wird, geht dahin, die Auskünfte könnten leicht in schlechter Stilisierung dem Abonnenten zugehen, und darunter dürfte das Ansehen des Auskunftsbüreaus dem Publikum gegenüber leiden. Doch dem Kaufmann liegt nichts an der schönen Redaktion, er versteht auch eine weniger gut redigierte Auskunft zu lesen. Schwerer wiegt das Bedenken, daß bei dieser Art der Auskunftserteilung das bei großen Instituten sehr wertvolle Archivmaterial dem Anfragenden nicht oder doch nur auf Umwegen zu statten kommt.
Der Private kann auch hervorragende Kaufleute, welche den Posten als Korrespondenten eines Auskunftsbüreaus unter den gegenwärtigen Verhältnissen kaum annehmen würden (s. oben), mit Erfolg anfragen. Bei den mannigfaltigen Vorzügen der geschäftsfreundlichen Auskunft ist es denn auch sehr erklärlich, daß dieselbe, wie selbst von ihren Gegnern zugegeben wird, im Verkehrsleben die erste Rolle spielt. Sollte übrigens in besondern Fällen eine Entlohnung des Geschäftsfreundes für die aufgewandte Mühe am Platze sein, so steht nichts im Wege, daß der Private seinen Gewährsmann in ¶
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angemessener Weise entschädigt. Wenn nun aber auch im internen Verkehr die geschäftsfreundliche Auskunft übersteigt, so tritt dieser gegenüber der hohe Wert der Auskunftsbüreaus vorzüglich da in den Vordergrund, wo es dem Kreditgeber, was recht häufig vorkommt, an einem eingeweihten und willfährigen Geschäftsfreund fehlt. Dies ist insbesondere auch der Fall, wenn sich die geschäftlichen Beziehungen auf weitere Entfernungen hin und zwar über die Landesgrenze hinaus erstrecken.
Auskunftserteilung im internationalen Verkehr. Gerade auf diesem Gebiet haben sich große Umwälzungen in den letzten drei Jahren vollzogen. Bisher lag die ausländische Krediterkundigung in den Händen der zur Vertretung der Interessen des deutschen Handels im Ausland bestellten Reichskonsuln. Die Erfahrung hat gelehrt, daß es heikel ist, staatliche Behörden, die noch obendrein durch andre wichtigere Berufsgeschäfte völlig in Anspruch genommen sind, mit der Erteilung von Kreditauskünften zu betrauen.
Übrigens ist es nach dem Konsulatsgesetz vom einigermaßen zweifelhaft, ob die Konsuln überhaupt verpflichtet sind, auf Kreditanfragen Privater zu antworten. Das hinderte aber nicht, daß die Kaufleute mit Vorliebe sich an diese Behörden um Kreditauskünfte wandten und ungehalten waren, wenn ein Konsul für seine Mühe und seine Auslagen Entschädigung verlangte. Das Bestreben der deutschen Reichsregierung ist jetzt mehr dahin gerichtet, die Konsulate im Ausland mit Krediterkundigungen Privater zu verschonen. - Ein im J. 1884 von Schimmelpfeng gemachter Versuch, die geschäftlichen Erfahrungen der Konsuln ausschließlich für die bestorganisierten Auskunftsbüreaus zu verwerten, scheiterte an dem Widerspruch der deutschen Handelskammern.
Nunmehr haben sich unsre Auskunftsbüreaus ohne staatliche Hilfe auf das schwierige Gebiet der internationalen Auskunftserteilung gewagt und aus eigner Kraft [* 4] für die kurze Zeit glänzende Erfolge erzielt. Gegen Ende des Jahrs 1887 legte Schimmelpfeng eine Filiale nach Wien, [* 5] welche für ganz Österreich [* 6] und für die Balkanstaaten bestimmt ist. Im J. 1889 hat die Wiener Filiale 76,078 schriftliche Auskünfte erteilt, von welchen der überwiegende Teil an österreich-ungarische Abonnenten zu geben war. Es folgte Anfang 1888 die Gründung der Büreaus zu London [* 7] und Paris; [* 8] jedoch geben letztere erst seit Kreditauskünfte über ganz Frankreich und England, allerdings nur in französischer, bez. englischer Sprache. [* 9]
Auch das Auskunftsbüreau von Lesser u. Liman besitzt eine Filiale in Wien. Die gedeihliche Fortentwicklung des internationalen Auskunftswesens auf dem europäischen Kontinent bleibt den kommenden Jahren vorbehalten. Schon jetzt erfreut sich die Ausfuhr Deutschlands, welche gerade in den letzten Jahren gewaltig gestiegen ist, einer früher kaum vorhergesehenen Bedeutung; mit einer weitern Zunahme derselben wird das Bedürfnis nach zuverlässigen Kreditauskünften über ausländische Firmen noch mehr in den Vordergrund treten, und die Auskunftsbüreaus werden, um mit dem stetig wachsenden Verkehr Schritt zu halten, auch in andre bedeutendere Handelszentren des Auslandes Filialen legen müssen. So hat das Schimmelpfengsche Institut schon jetzt eine Filiale in Budapest [* 10] für Auskünfte über Platzfirmen errichtet, welche sich später zu einem Zentralbüreau für Ungarn [* 11] ausbilden soll.
Aber auch über den Kontinent hinaus hat das Institut von Schimmelpfeng eine zuverlässige und verhältnismäßig prompte Krediterkundigung ermöglicht. In dieser Hinsicht ist die Verbindung Schimmelpfengs mit dem großen nordamerikanischen Auskunftsbüreau von The Bradstreet Company in New York von besonderer Bedeutung. Die Verbindung der beiden Institute bezweckt gegenseitige Vertretung und zwar in der Art, daß alle Auskünfte über Firmen des Kontinents von Schimmelpfeng gegeben, dagegen alle über Firmen der Vereinigten Staaten, [* 12] Kanadas und Australiens einlaufenden Anfragen von The Bradstreet Company beantwortet werden. Nicht selten aber ist die Beurteilung über die angefragte amerikanische oder australische Firma eine gemeinsame. Dies ist bei solchen Firmen der Fall, welche schon häufiger in Europa [* 13] gekauft haben, so daß Schimmelpfeng (außer der von The Bradstreet Company erteilten Auskunft) die Erfahrungen der europäischen Lieferanten verwerten kann.
Für die schleunige Erledigung der Anfragen über außereuropäische Firmen ist in bester Weise gesorgt. The Bradstreet Company unterhält nämlich Büreaus in Berlin, [* 14] London und Paris, welche mit Spezialberichten über die Geschäftslage und Kreditfähigkeit aller derjenigen Firmen der Vereinigten Staaten, Kanadas und Australiens versehen werden, von denen nur irgend anzunehmen ist, daß sie in Europa kaufen. Bei dem Berliner [* 15] Büreau gingen nach dem Schimmelpfengschen Jahresbericht für 1888 im Laufe dieses Jahres mehr als 10,000 Spezialberichte ein, während auf etwa 5500 amerikanische Firmen angefragt wurde. Um die Berichte zu vervollständigen und sie zugleich auf der Höhe der Zeit zu erhalten, wird von Vierteljahr zu Vierteljahr in jedesmal neu erscheinenden Auskunftsbüchern eine Übersicht aller nordamerikanischen Geschäftsleute nebst Angaben über deren Kapital und Kreditfähigkeit geliefert. Wichtige Veränderungen endlich, welche etwa in der Zwischenzeit eintreten, werden mittels Kabels gemeldet. Es kann also in den meisten Fällen den anfragenden europäischen Firmen sofort gedient werden.
Weniger entwickelt ist noch die Krediterkundigung über asiatische und afrikanische Firmen. Anfragen über Firmen dieser Erdteile werden von Berlin aus beantwortet. In vielen Fällen ist dem Schimmelpfengschen Büreau die Erledigung der Anfrage wegen mangelnder Verbindungen unmöglich.
Konzessionspflicht. Wegen der großen Bedeutung der Auskunftsbüreaus im Verkehrsleben wurde von verschiedenen Seiten der Vorschlag gemacht, diesen Berufszweig unter die konzessionspflichtigen Gewerbe aufzunehmen. Der Gedanke ist in Österreich im J. 1885 verwirklicht worden. Nur konzessionierte Firmen dürfen dort Auskunftsbüreaus begründen. Die Verleihung der Konzession geschieht nach Prüfung der gesetzlichen Bedingungen durch die zuständige politische Landesbehörde.
Bewerber haben die allgemeinen zur Erlangung eines jeden konzessionierten Gewerbes vorgezeichneten Bedingungen zu erfüllen und haben sich außerdem über eine zum Betrieb des Gewerbes genügende allgemeine und kaufmännische Bildung vor der Gewerbsbehörde auszuweisen. Man hat sogar in Österreich periodische Revisionen der einzelnen Büreaus von Amts wegen angeordnet und auch streng durchgeführt. Trotz aller dieser peinlichen Vorsichtsmaßregeln ist das österreichische Auskunftswesen nur von geringer Bedeutung und kann sich speziell mit dem deutschen nicht messen. Die Konzessionspflicht ist, wie vorauszusehen war, von zweifelhaftem Werte. Zunächst ist es für die staatlichen Behörden sehr schwierig, die ¶