mehr
können. Was die Ruhepausen betrifft, so hatte Deutschland [* 2] zuerst zwei Stunden beantragt, dafür stimmten nur 5 Staaten (Deutschland, Dänemark, [* 3] Spanien, [* 4] Luxemburg, [* 5] Schweden), [* 6] für 1½ Stunde stimmten 7 (Österreich, [* 7] Ungarn, [* 8] Belgien, Frankreich, Großbritannien, [* 9] Norwegen, Portugal), für eine Stunde stimmten 2 (Italien, [* 10] Holland). Die Schweiz [* 11] enthielt sich der Abstimmung.
Der Antrag 3 wurde in der Kommission und im Plenum einstimmig mit Stimmenthaltung der Schweiz, welche keine Ausnahme gestatten wollte, angenommen.
Der Antrag 4 fand in der Kommission und im Plenum einstimmige Annahme.
II. Bezüglich der Arbeit der jugendlichen männlichen Arbeiter von 16-18 Jahren wünschten mehrere Staaten (Belgien, Italien, Luxemburg, Holland, auch Österreich und Ungarn) keine besondern Schutzbestimmungen, weil die Industrie dadurch geschädigt würde und die Arbeiterfamilien eine Einkommensverringerung erleiden würden. Eventuell sollte man diese auf gefährliche und gesundheitsschädliche Betriebe beschränken. Aber der Grundsatz des Schutzes auch dieser Arbeiter wurde von 8 Staaten (Deutschland, Schweiz, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Portugal, Schweden, Norwegen) angenommen, Spanien enthielt sich der Abstimmung.
Deutschland wollte aber den Schutz auf das unbedingt Erforderliche, besonders auf das Verbot der Sonntags- und Nachtarbeit und auf Bestimmungen bei gefährlichen und gesundheitsschädlichen Betrieben, beschränken. Die Schweiz insbesondere vertrat jedoch den Standpunkt, daß außerdem auch noch eine Maximalarbeitszeit fixiert und demgemäß der Antrag angenommen würde: daß den jungen Männern von 16-18 Jahren Schutz gewährt werde in Betreff eines Maximalarbeitstags, der Nacht- und Sonntagsarbeit und ihrer Verwendung bei besonders ungesunden oder gefährlichen Arbeiten.
Für den Maximalarbeitstag stimmten in der Kommission 9 Staaten gegen 6 (Deutschland, Belgien, Italien, Luxemburg, Holland, Portugal). Im Plenum war das Stimmenverhältnis 12 gegen 3 (Belgien, Italien, Holland). Deutschland stimmte dafür mit dem Vorbehalt, daß die Beschränkung des Arbeitstags nur aus gesundheitlichen Rücksichten geschehe und diese Beschränkung diejenige nicht überschreite, welche bereits für den Arbeitstag der Frauen und Mädchen über 21 Jahre vorgesehen wurde (s. unten).
Das Verbot der Nachtarbeit wurde in der Kommission mit 10 Stimmen gegen 5 (Österreich, Ungarn, Belgien, Italien, Holland), im Plenum mit 10 Stimmen gegen 3 (Belgien, Italien, Holland) und Stimmenthaltung von Österreich und Ungarn angenommen. Das Verbot der Sonntagsarbeit wurde in der Kommission mit 11 Stimmen gegen 4 (Belgien, Italien, Luxemburg, Holland), im Plenum mit 12 Stimmen gegen 3 (Belgien, Luxemburg, Holland) angenommen. Holland erklärte sein verneinendes Votum damit, daß die niederländischen Arbeitsgesetze männlichen Personen über 16 Jahre die Sonntagsarbeit nicht verbieten, dagegen das Gesetz über die Sonntagsruhe die öffentliche Arbeit an Sonntagen mit einigen Ausnahmen im allgemeinen untersagt. Der Schutz gegen besonders ungesunde oder gefährliche Arbeiten wurde in der Kommission und im Plenum mit 14 Stimmen gegen 1 (Holland) angenommen.
V. Die Regelung der Frauenarbeit.
Die schweizerische Delegation stellte, sich an das vorgelegte Programm haltend, folgende Anträge:
1) die Arbeit der verheirateten Frauen muß gewissen Beschränkungen unterworfen werden;
2) die Arbeit aller Frauen und Mädchen in Fabriken muß gewissen Beschränkungen unterworfen werden;
3) die zu empfehlenden Beschränkungen sind: eine Maximalarbeitszeit, Verbot von Nacht- und Sonntagsarbeit, Verbot oder Beschränkung von Arbeiten, welche gesundheitsschädlich oder gefährlich sind;
4) es ist kein Grund vorhanden, für gewisse Kategorien von Betrieben Ausnahmen von den allgemeinen Regeln zuzulassen.
Die deutsche Delegation stellte dagegen folgende Anträge: Es ist wünschenswert, 1) daß Frauen jeden Alters weder nachts noch am Sonntag arbeiten;
2) daß ihre effektive Arbeit 11 Stunden täglich nicht überschreite und durch Pausen in einer Gesamtdauer von mindestens 2 Stunden unterbrochen werde;
3) daß Wöchnerinnen erst 4 Wochen nach ihrer Entbindung wieder zur Arbeit zugelassen werden;
4) daß für die besonders ungesunden oder gefährlichen Industrien weitere Beschränkungen vorgesehen werden;
5) daß für die Industrien, in welchen die Nachtarbeit der Frauen nicht zu entbehren ist, Ausnahmebestimmungen zulässig seien.
Die schweizerische Delegation zog zu gunsten der deutschen Anträge 1-4 ihre Anträge 1-3 zurück und hielt nur gegenüber dem deutschen Antrag 5 ihren Antrag 4 aufrecht. Die deutschen Anträge wurden der Beratung zu Grunde gelegt.
Gegen das Prinzip der Beschränkung der Frauenarbeit erhob sich kein Widerspruch. Nur der Vertreter von Italien glaubte, warnend vor zu weit gehenden Beschlüssen, auf die ausnahmsweisen Verhältnisse seines Landes aufmerksam machen zu sollen, in welchem regelmäßig eine bedeutende vorübergehende Auswanderung von Männern, welche in das Ausland ziehen und dort einen Teil des Jahres arbeiten, stattfinde, während dieser Zeit aber die Frauen im wesentlichen die Familie erhalten müssen.
Dem Antrag 1 von Deutschland wurde folgende Fassung gegeben: Es ist wünschenswert, daß Mädchen und Frauen in einem Alter von mehr als 16 Jahren weder nachts noch Sonntags arbeiten. Auf den Wunsch Belgiens wurde in der Kommission (und ebenso später im Plenum) gesondert darüber abgestimmt, ob diese Bestimmung nur weibliche Personen unter 21 Jahren oder alle betreffen solle, indem seitens mehrerer Staaten die Einwendungen gegen eine Gesetzgebung über die Arbeitszeit der Erwachsenen geltend gemacht wurden.
Die vorerwähnte Bestimmung wurde in der Kommission wie im Plenum für die Altersgrenze von 21 Jahren einstimmig mit Stimmenthaltung von Spanien, welche damit motiviert wurde, daß in Spanien die weiblichen Personen nicht mit 21 Jahren, sondern erst mit 23 Jahren mündig werden und in der Resolution nur das Prinzip des Schutzes für die Minderjährigen aufgestellt, nicht aber ein bestimmtes Alter angegeben werden sollte, angenommen. Es siegte aber dann die Ausdehnung [* 12] der Schutzbestimmung auf alle weiblichen Arbeiter in der Kommission mit 7 gegen 5 Stimmen (Belgien, Spanien, Ungarn, Italien, Portugal); 3 Staaten (Dänemark, Frankreich, Norwegen) enthielten sich der Abstimmung. Im Plenum stimmten 8 gegen 5 (Belgien, Spanien, Frankreich, Italien, Portugal) für die Ausdehnung, Dänemark und Schweden enthielten sich der Abstimmung.
Den Antrag 2 von Deutschland wollte Belgien auf eine 12stündige Arbeitszeit abschwächen, während anderseits Großbritannien und Ungarn ¶
mehr
vorschlugen, auf 10 Stunden herabzugehen. Der belgische Vorschlag fand von keiner Seite eine Unterstützung. Die deutschen Delegierten führten den Nachweis, daß es in Deutschland bei den gegenwärtigen Zuständen der Industrie und der sozialen Verhältnisse unmöglich sei, auf die Zahl von 10 Stunden herabzugehen, daß man aber in der Folge vielleicht dazu gelangen könne. Für 10 Stunden stimmten in der Kommission Ungarn, Frankreich, Großbritannien, Portugal, für 11 Stunden votierten 8 Staaten, 3 (Belgien, Spanien, Schweiz) enthielten sich der Abstimmung.
Bei der Abstimmung, ob diese Schutzbestimmung sich nur auf die weiblichen Personen unter 21 Jahren oder auf alle erstrecken solle, stimmten für die Ausdehnung 7 Staaten (Deutschland, Österreich, Ungarn, Großbritannien, Luxemburg, Holland, Schweiz), gegen dieselbe 4 (Belgien, Spanien, Italien, Portugal), und 4 (Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen) enthielten sich der Abstimmung. Die Dauer der Ruhepausen hatte Deutschland in seinem Antrag auf 1½ Stunden ermäßigt.
Der Beschluß der Kommission zu 2 lautete: daß die effektive Arbeitszeit der weiblichen Arbeiter 11 Stunden täglich nicht überschreite und durch Ruhepausen in einer Gesamtdauer von mindestens 1½ Stunden unterbrochen werde. Dieser Antrag wurde im Plenum mit 9 Stimmen gegen 2 (Belgien, Italien) angenommen, 4 (Dänemark, Spanien, Ungarn, Portugal) enthielten sich der Abstimmung. Frankreich, Schweden, Norwegen stimmten zu mit einigen Vorbehalten bezüglich der weiblichen Arbeiter über 21 Jahre.
Die Anträge 3 und 4 von Deutschland wurden in der Kommission (ohne Diskussion) und im Plenum einstimmig angenommen.
Bei dem Antrag 5 erneuerte die Schweiz ihren entgegenstehenden Antrag 4, aber derselbe wurde in der Kommission mit allen Stimmen gegen die der Schweiz und im Plenum einstimmig in allgemeinerer Fassung dahin angenommen: daß für gewisse Industrien Ausnahmen zugelassen werden. In der Schlußredaktion erfolgte die Umstellung der Anträge 3-5 (s. den Wortlaut unten).
VI. Ausführung der Bestimmungen.
Der Kommission wurden zwei Entwürfe einer Beantwortung der Programmfragen (s. oben) als Anträge eingereicht von Deutschland und der Schweiz.
Der Antrag Deutschlands [* 14] war: I. Für den Fall, daß die Regierungen den Vorschlägen der Kommission Folge leisten sollten, würden sich die nachstehenden Maßregeln als unerläßlich empfehlen:
1) Die Ausführung der Grundsätze, über welche eine Einigung erzielt würde, soll von einer genügenden Zahl von ad hoc ernannten sachverständigen Beamten beaufsichtigt werden. Die Stellung derselben muß eine derartige sein, daß sie ihnen sowohl den Arbeitgebern als den Arbeitern gegenüber vollständige Unabhängigkeit sichert.
2) Die Beobachtungen dieser Beamten bezüglich der Ausführung der in Rede stehenden Grundsätze werden in jährlichen Berichten niedergelegt, welche für den Druck bestimmt sind.
3) Alle beteiligten Staaten sollen unter Beobachtung gewisser Regeln, hinsichtlich deren ein Einvernehmen begründet werden soll, periodische statistische Erhebungen in Bezug auf die in den Vorschlägen der Konferenz berührten Fragen veranlassen.
4) Die beteiligten Staaten werden regelmäßig untereinander austauschen: a) die von ihnen auf dem Wege der Gesetzgebung oder Verwaltung erlassenen Vorschriften hinsichtlich der Ausführung der angenommenen Grundsätze; b) die jährlichen Berichte der sachverständigen Beamten (s. Nr. 2); c) die statistischen Erhebungen (s. Nr. 3). II. Es ist wünschenswert, daß die Delegierten der beteiligten Staaten von Zeit zu Zeit in Zwischenräumen, deren Festsetzung einem besondern Beschluß vorbehalten bleibt, zu einer Konferenz zusammentreten, um die Beobachtungen, welche sie bei der Ausführung der angenommenen Grundsätze gemacht haben, einander mitzuteilen sowie über die Zweckmäßigkeit einer Abänderung oder Ergänzung dieser Grundsätze zu beraten.
Der Antrag der Schweiz lautete:
1) Es sollen Maßregeln hinsichtlich der Ausführung der Konferenzbeschlüsse getroffen werden.
2) Es ist Anlaß vorhanden, zu diesem Behuf zu bestimmen, daß die Staaten, welche über gewisse Bestimmungen einig geworden sind, obligatorische Bestimmungen treffen; daß die Ausführung solcher Abmachungen durch die nationale Gesetzgebung erfolgen soll, und daß diese letztere, wenn sie nicht ausreichend sein sollte, die notwendigen Ergänzungen erhalten soll.
3) Es ist ferner Anlaß vorhanden, die Gründung eines besondern Organs für die Zentralisierung der mitzuteilenden Auskünfte, die regelmäßige Veröffentlichung statistischer Daten und die Ausführung der vorbereitenden Maßregeln für die in Nr. 2 des Programms vorgesehenen Konferenzen vorzusehen.
4) Es ist Anlaß vorhanden, periodisch wiederkehrende Konferenzen von Delegierten der Staaten vorzusehen; der Hauptzweck dieser Konferenzen würde darin bestehen, die getroffenen Abmachungen weiter zu entwickeln und die Fragen zu lösen, welche Schwierigkeiten oder Streitigkeiten hervorgerufen haben.
Die Schweizer Delegierten betonten namentlich die Notwendigkeit des von ihnen (unter 3) vorgeschlagenen internationalen Organs und machten gegen den deutschen Vorschlag unter II insbesondere geltend, daß derselbe zu unbestimmt sei, da er nicht sage, zu welchem Zeitpunkt und in welchen Zwischenräumen die neuen Konferenzen stattfinden sollten, noch die Bedingungen festsetze, unter welchen es nötig sein würde, Konferenzen abzuhalten, noch bestimme, von wem dieselben einberufen werden sollten.
Aber der schweizerische Antrag fand keine Unterstützung, dagegen von Großbritannien und Belgien eine energische Bekämpfung. Die großbritannischen Delegierten erklärten, daß eine internationale Vereinbarung über die Regelung der Fabrikarbeit nicht an die Stelle der besondern Gesetzgebung eines jeden Landes treten könne. Großbritannien habe nur unter der Bedingung, daß eine solche Eventualität fern gehalten werde, eingewilligt, an der Konferenz teilzunehmen.
Von seiten Großbritanniens, Belgiens, Italiens [* 15] und Hollands wurden die deutschen Anträge noch in einigen Punkten abzuschwächen gesucht, aber es herrschte allseitige Geneigtheit, dieselben in ihrem wesentlichen Inhalt anzunehmen. Einen besondern Standpunkt nahm Frankreich ein. Die Delegierten dieses Landes erklärten, von ihrer Regierung die bestimmte Weisung erhalten zu haben, sich bei allen Vorschlägen über die Ausführung der Konferenzbeschlüsse der Stimmabgabe zu enthalten.
Unter Stimmenthaltung Frankreichs stimmten 13 Staaten (Norwegen war nicht in der Kommission vertreten) für die deutschen Anträge, die eine etwas veränderte Fassung bekamen (s. den Wortlaut unten unter Nr. VI). Der Kommissionsantrag wurde im Plenum einstimmig mit Stimmenthaltung von Frankreich angenommen, nachdem Belgien und Spanien erklärt hatten, daß die Zustimmung keineswegs die Einwilligung bedeute, auf diplomatischem Weg eine Verbindlichkeit ¶