nicht die übrigen Glieder des Reaktionsverlaufes treffen, hat Wundt die Dauer der Apperzeption, d. h. der Zeit, die man bedarf, um einen
einfachen Eindruck in das Bewußtsein aufzunehmen, auf 0,08-0,1 Sekunde berechnet. Im allgemeinen bezeichnet Wundt jeden durch
die Aufmerksamkeit geleiteten seelischen Vorgang als Apperzeption, indessen ist diese erweiternde Terminologie ebensowenig
zweckmäßig wie die von Steinthal-Lazarus verwendete, der zufolge jeder Verarbeitungsprozeß seelischer Momente Apperzeption heißen
soll, oder die in der Herbartischen Schule übliche, nach welcher alle Bildungsvorgänge der sich entwickelnden Seele Apperzeptionsprozesse
genannt werden.
Bei allen diesen Wortdeutungen fällt die ursprüngliche und festzuhaltende Beziehung zur Sinneswahrnehmung fort. Die Apperzeption ist
aber endlich auch nicht als eine mystische Macht hinzustellen, welche nach Belieben in einem von ihr
verschiedenen Bewußtseinsinhalt walten kann; vielmehr entsteht für die künftige Psychologie die Aufgabe einer Kausalerklärung
der sogen. apperzeptiven Leistungen aus den Bewußtseinsinhalten selbst und ihrem associativen
Verbande.
Albert, Graf, ungar. Politiker, Sohn des ehemaligen ungarischen Hofkanzlers Graf Georg Apponyi, geb. 1846 zu
Wien, wurde im Jesuitenkollegium erzogen, studierte dann die Rechte in Wien und Pest, machte nach 1868 längere Reisen, namentlich
in Deutschland und Frankreich, und wurde 1872 in das ungarische Abgeordnetenhaus gewählt, dem er mit einer Unterbrechung von
zwei Jahren seit 1877 angehört. Hier zeichnete er sich bald durch eine ungewöhnliche Rednergabe aus;
er ist heute unbestritten der vorzüglichste Sprecher des ungarischen Parlaments.
Anfangs gehörte er der konservativen Partei des Barons P. Seneyey an, ging nach dessen Rücktritt zur vereinigten Opposition
über und ist dermalen der Führer der sogen. gemäßigten Opposition, welche insbesondere gelegentlich
der Wehrgesetzdebatte (Anfang 1889) gegen das Kabinett Tisza, namentlich gegen den Träger desselben, den Ministerpräsidenten
Koloman v. Tisza, einen ebenso rücksichtslosen wie erfolgreichen parlamentarischen Kampf führte. Das Gebiet der staatsrechtlichen
und der volkswirtschaftlichen Fragen beherrscht Graf Albert Apponyi mit Vorliebe; desgleichen bewegt er sich gern auf dem Felde der
auswärtigen Politik. Dem neuen ungarischen Kabinett unter dem Grafen Julius Szapáry gegenüber beobachtet
Apponyi eine wohlwollende, annähernde Neutralität, die einer gänzlichen Vereinigung zuführen dürfte.
Zur Bestimmung des spezifischen Gewichts kleiner Mengen einer Flüssigkeit, die
für die Anwendung des Aräometers nicht hinreichen, hat Eichhorn ein Instrument konstruiert, welches eine Verbindung des Aräometers
mit dem Pyknometer darstellt. c (s. Figur) ist der zur Aufnahme der zu wägenden Flüssigkeit bestimmte Hohlraum, welcher mit
dem Stöpsel d verschlossen wird, während ein Knöpfchen e letzterm das Gleichgewicht halt. In der kleinen
Erweiterung an der untern Spitze des Instruments ist zur Beschwerung etwas Quecksilber enthalten; b ist eine leere Schwimmkugel,
an welche sich die Skala a anschließt.
Das Instrument kann für leichte und schwere Flüssigkeiten hergestellt werden. Beim Gebrauch füllt man
die Kugel c, die
nur etwa 10 ccm faßt, mit der zu wägenden Flüssigkeit, setzt den Stöpsel, ohne Bildung einer Luftblase, ein, spült das
Instrument mit Wasser ab, taucht es in destilliertes Wasser von bestimmter Temperatur (15 oder 17°) und liest das spezifische Gewicht
unter dem Wasserspiegel an der Skala ab. Vergleichungen der Angaben des Aräopyknometers mit denen, welche
auf der Wage mit Hilfe eines Pyknometers erhalten wurden, ergaben gut übereinstimmende Zahlen. Eine besonders kleine Form des
Aräopyknometers, welche nur wenige Kubikzentimeter Flüssigkeit bedarf, dient zur Untersuchung von Frauenmilch und Harn.
in Berlin. Die internationale Arbeiterschutzkonferenz, welche im März 1890 in Berlin stattfand,
ist für Europa vielleicht das wichtigste Ereignis in der Geschichte der Sozialpolitik der neuesten Zeit. Die Notwendigkeit,
durch internationale Verhandlungen der Staaten aus eine Gleichmäßigkeit in der Arbeiterschutzgesetzgebung der miteinander
auf dem Weltmarkt konkurrierenden industriellen Staaten hinzuwirken, um ohne Schädigung der Industrie eine den berechtigten
Interessen und Ansprüchen der industriellen Arbeiter entsprechende Schutzgesetzgebung in den Kulturstaaten
durchführen zu können, wurde zuerst von dem elsässischen Fabrikanten Daniel le Grand (schon 1841) ausgesprochen und von
diesem in den 50er Jahren durch eine an verschiedene europäische Regierungen versandte Denkschrift näher begründet.
Als nun seit dem Ende der 60er Jahre in Deutschland gegenüber der einseitigen, individualistischen, die
Politik des laisser faire und laisser aller verteidigenden Manchesterdoktrin (deutsche Freihandelsschule) eine neue Richtung
in der Nationalökonomie die herrschende wurde und diese ihre sozialreformatorischen Anschauungen und Forderungen in der Arbeiterfrage
entwickelte, wurde gegenüber ihren Forderungen des größern gesetzlichen Schutzes der Arbeiter, insbesondere der Kinder, jugendlichen
und weiblichen Arbeiter, die gleichmäßige Durchführung desselben in den industriellen Staaten von größerer praktischer
Bedeutung für die internationale Konkurrenzfähigkeit der einzelnen Staaten. Die Notwendigkeit solcher internationalen Verhandlungen
wurde auch von Vertretern der Wissenschaft und dieser neuen Richtung (Schönberg, Ad. Wagner, Neumann u. a.) energisch betont,
von andern Vertretern derselben (G. Cohn, Brentano u. a.) freilich ebenso entschieden bestritten.
Vorgehen der Schweiz.
Von den Staaten war es die Schweiz, welche zuerst für eine internationale Fabrikgesetzgebung eintrat und diese anzubahnen suchte,
nachdem sie im J. 1877 das den industriellen Arbeitern einen sehr weitgehenden Schutz gewährende Fabrikgesetz erlassen hatte
und die schweizerischen Fabrikanten durch die ausländische Konkurrenz der andern Staaten, deren Gesetzgebung
die Arbeitgeber in der Beschäftigung der Arbeitskräfte weniger einschränkte, geschädigt wurden.
Infolge einer Motion des Nationalrats Frey (9. Dez. 1880), welche 30. April 1881 im schweizerischen Nationalrat zur Verhandlung kam,
beschloß der Nationalrat: »Der Bundesrat wird eingeladen, mit den hauptsächlichsten Industriestaaten zu geeignetem
Zeitpunkt Verhandlungen anzuknüpfen behufs Anbahnung einer internationalen Fabrikgesetzgebung.« Der Bundesrat wies sofort die
diplomatischen
mehr
Vertreter der Schweiz in Paris, Berlin, Wien, Rom, London und Brüssel an, bei den betreffenden Regierungen sich darüber zu unterrichten,
ob und inwieweit Geneigtheit zu einem internationalen Übereinkommen, betreffend die Arbeit in den Fabriken, vorhanden sei.
Das Resultat dieses ersten Schrittes war sehr wenig erfreulich und aufmunternd. Die belgische Regierung
gab auf wiederholte Anfragen gar keine Antwort, die deutsche Regierung erklärte, daß »sie sich nicht in der Lage sehen würde,
zur Anbahnung einer internationalen Fabrikgesetzgebung mitzuwirken, weil sie es überhaupt nicht für thunlich erachtet, ihrerseits
die gesetzliche Regelung dieser Materie durch Vertrag zu vinkulieren«; die englische Regierung meinte, da die
Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Ländern voneinander so sehr verschieden seien, erscheine es unausführbar, ein befriedigendes
internationales Übereinkommen in Bezug auf die Fabrikgesetzgebung zu treffen; die französische Regierung vertrat den Standpunkt,
daß sie in Übereinstimmung mit der öffentlichen Meinung des Landes wenig geneigt sei, die Freiheit der Arbeit durch gesetzliche
Bestimmungen einzuschränken und noch weniger sich in dieser Gesetzgebung durch internationale Verhandlungen
die Hände binden lassen wolle.
Nur die Regierungen von Italien und Österreich wiesen den Gedanken einer internationalen Konferenz nicht ohne weiteres zurück,
beide verlangten aber, ehe sie sich über ihre Beteiligung an einer solchen äußern könnten, eine genaue Angabe
des Programms der Verhandlungen; Österreich machte überdies eine eventuelle Zusage von der Gewißheit der Teilnahme aller großen
Industriestaaten abhängig. Infolge dieses Verhaltens der auswärtigen Regierungen unterließ der Bundesrat weitere Schritte.
Aber in der Schweiz fand in den folgenden Jahren der Gedanke einer internationalen Regelung des Arbeitsverhältnisses und der
sanitären Einrichtung der Fabriken in immer weitern Kreisen Anhänger. Auch in andern Staaten war inzwischen
die Frage der staatlichen Fürsorge für die Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen in den Vordergrund des öffentlichen
Interesses getreten, und der Nationalrat beschloß 27. Juni 1887 wiederum eine Motion (der Nationalräte Decurtius und Favon), welche
den Bundesrat einlud, sich mit andern Staaten zur Erzielung gleichartiger gesetzlicher Vorschriften über
den Schutz minderjähriger Personen, Beschränkung der Frauenarbeit, Sonntagsruhe und den Normalarbeitstag in Verbindung zu setzen.
Der Bundesrat ließ durch den Antragsteller Decurtius über die Frage ein besonderes Memorial (datiert vom 12. Febr. 1889): »La
question de la protection ouvrière internationale«, ausarbeiten und lud mittels Rundschreibens
vom 15. März 1889 an sämtliche europäische Industriestaaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien,
Luxemburg, Niederlande, Österreich-Ungarn, Portugal, Rußland, Schweden und Norwegen, Spanien) diese ein, im September 1889 eine
in Bern
abzuhaltende, keinen diplomatischen Charakter tragende Konferenz durch Delegierte zu beschicken, um folgende
Gegenstände zu beraten:
1) Verbot der Sonntagsarbeit, 2) Festsetzung eines Minimalalters für die Zulassung von Kindern in fabrikmäßigen Betrieben,
3) Festsetzung eines Maximalarbeitstags für jugendliche Arbeiter, 4) Verbot der Beschäftigung von jugendlichen und weiblichen
Personen in besonders gesundheitsschädlichen und gefährlichen Betrieben, 5) Beschränkung der Nachtarbeit für
jugendliche und
weibliche Personen, 6) Art und Weise der Ausführung allfällig abgeschlossener Verträge,
und diejenigen Punkte festzusetzen, deren Ausführung durch internationales Übereinkommen als wünschenswert zu bezeichnen
wäre. Es wurde in dem Rundschreiben ausdrücklich bemerkt: Wenn sich die Konferenz über diese Punkte oder einzelne derselben
geeinigt hätte, so würden die Resultate den Regierungen als unverbindliche Vorschläge zu unterbreiten
sein.
Falls der einen oder andern Regierung nur ein Teil dieser Vorschläge genehm wäre, könnten besondere internationale Übereinkommen,
betreffend einzelne Fragen, jeweilen von denjenigen Staaten in Aussicht genommen werden, welche hinsichtlich deren Lösung übereinstimmen.
Die Vereinbarungen würden nicht den Sinn haben, die nationalen Gesetze zu ersetzen, sondern die kontrahierenden
Teile verpflichten, in ihrer einheimischen Gesetzgebung gewisse Minimalforderungen durchzuführen; denjenigen Staaten, welche
weiter gehen wollten, bliebe dies selbstverständlich unbenommen.
Die Aufgabe der ersten Konferenz sollte aber nur sein, durch Verhandlungen der Delegierten festzustellen, ob es möglich sei,
zu internationalen Vereinbarungen auf dem Gebiet der Arbeiterschutzgesetzgebung zu gelangen. Wenn sich
diese Möglichkeit ergebe, sollte es die Aufgabe späterer diplomatischer Konferenzen sein, solche Vereinbarungen zu beraten
und abzuschließen. Das Vorgehen der Schweiz hatte diesmal einen günstigern Erfolg als 1881. Belgien, Frankreich, Luxemburg,
die Niederlande und Österreich-Ungarn nahmen die Einladung ohne Vorbehalt an. Großbritannien und Italien erklärten, die Konferenz
beschicken zu wollen, machten aber bezüglich des Programms, resp. (Italien) bezüglich der über die bestehende
Gesetzgebung hinaus zu übernehmenden Verpflichtungen Vorbehalte.
Rußland gab einen ablehnenden Bescheid. Spanien bestätigte nur den Empfang des Rundschreibens, Dänemark, Deutschland, Schweden
und Norwegen zögerten mit ihrer Antwort. Die Annahme der Einladung durch einen Teil der Staaten sicherte
das Zustandekommen einer Konferenz, aber es traten dann politische Ereignisse (der Konflikt der Schweiz mit Deutschland wegen
des Falles Wohlgemuth) ein, welche den schweizerischen Bundesrat veranlaßten, von der Veranstaltung der Konferenz im September 1889 abzusehen
und die Konferenz auf das Frühjahr 1890 zu verschieben.
Der Aufschub wurde in einem besondern Rundschreiben vom 12. Juli 1889 noch damit motiviert, daß es wünschenswert
sei, der Konferenz ein detaillierteres Programm vorzulegen, um ein besseres Resultat der Verhandlungen zu ermöglichen. Nachdem
der Konflikt mit Deutschland beigelegt und das detailliertere Diskussionsprogramm entworfen war, erging an die vorgenannten
Staaten (außer Rußland) durch Rundschreiben vom 28. Jan. 1890 die Einladung zu einer 5. Mai d. J.
in Bern
zu eröffnenden Konferenz. Das dem Rundschreiben beigelegte Diskussionsprogramm enthielt folgende Fragen:
I. Verbot der Sonntagsarbeit.
1) In welchem Umfang ist die Sonntagsarbeit zu beschränken? 2) Welches sind die Betriebe oder Betriebsprozesse, bei welchen
ihrer Natur nach ein Unterbruch oder Aufschub der Arbeit unzulässig und daher die Sonntagsarbeit zu gestatten
ist? 3) Sind in diesen Betrieben in Bezug auf die Sonntagsruhe der einzelnen Arbeiter Maßnahmen zu treffen?
II. Festsetzung eines Minimalalters für die Kinder in fabrikmäßigen Betrieben.
1) Ist für die Zulassung von Kindern in fabrikmäßigen