Die
Steigerung derAusgaben gegenüber dem Vorjahr (um 390,000
Mk.) ist besonders durch die
Erhöhung der
Matrikularbeiträge (um 214,000
Mk.) und der Betriebskosten des
SalzwerksLeopoldshall (um 258,000 Mk.) verursacht worden.
Diesen
Mehrausgaben stehen erhebliche Minderausgaben nur im Bauwesen (102,000 Mk.) gegenüber. Das Mehrerfordernis
wird durch die
Steigerung einzelner Einnahmeposten
(Einkommensteuer um 100,000,Ertrag von
Leopoldshall um
138,000,
Anteil an den Reichssteuern um 90,000 Mk.) gedeckt. Unter den
Steuern sind die direkten auf 595,418, die indirekten
auf 109,425 Mk. veranschlagt. Die an das
Reich abzuführende
Summe weicht nur unwesentlich von der vorjährigen ab, da gegenüber
einem Mehrertrag der
Zölle von 212,000 Mk. ein Minderertrag der Rübenzuckersteuer von 223,000
Mk. angenommen wurde. Die
Staatsschuld belief sich Ende Juni 1890 auf 2,683,188 Mk., blieb aber hinter den
Aktiva (4,564,054
Mk.) um 1,880,866 Mk. zurück.
lassen sich durch Erhitzen von
Stahl auf einem glühenden
Blech, im
Sandbad oder im
Metallbad nicht mit wünschenswerter
Vollkommenheit erzeugen. Nach den in der
Physikalisch-technischen Reichsanstalt angestellten Untersuchungen über Anlauffarben gelingt
dagegen deren Hervorrufung sehr gut in einem
Luftbad, wenn man dieses, einen geschlossenen
Cylinder aus
Eisenblech, in einen
ähnlichen größern
Cylinder mit Siebboden steckt, den ringförmigen
Raum zwischen beiden
Cylindernoben mit einer
Platte bedeckt,
die mit beliebig verschließbaren Löchern versehen ist, und den innern
Cylinder mit einer Glasplatte
verschließt.
Der
Apparat wird dann über
Gas- oder Kohlenfeuer erhitzt. Handelt es sich für wissenschaftliche
Zwecke um genauere Einhaltung
der
Temperatur, so wird das
Luftbad in
Dämpfen schwer siedender
Mineralöle erhitzt. Zur Benutzung des
Apparats heizt man ihn
für
Stahl oder
Eisen
[* 2] aus 200°, für
Kupfer
[* 3] auf 120, für
Messing auf mehr als 200° an, legt oder hängt den betreffenden Gegenstand
hinein und bringt ihn nach Entstehung der gewünschten
Farbe auf eine große Metallplatte
(Stahl,
Eisen), oder taucht ihn in
kaltes
Wasser
(Kupfer,
Messing).
Die Oberfläche der anzulassenden Gegenstände muß möglichst blank und glatt, auch völlig fettfrei
sein. Ein Fettüberzug bewirkt gewissermaßen ein Voreilen der Färbung, so daß die eine (gefettete) Hälfte einer Stahlplatte
dunkelblau anläuft, während die andre (reine) Hälfte unter gleichen Verhältnissen nur orangefarben erscheint. Die dunklere
Färbung rührt von Rückständen des
Fettes her und verschwindet, wenn man die
Platte in
Kalilauge legt,
so daß sie nun gleichmäßig orangefarben sich zeigt. Erhitzt man die halbgefettete
Platte über Dunkelblau hinaus, bis sie
hellblau wird, so verschwindet der Farbenunterschied, weil bei der höhern
Temperatur die Fettrückstände sich verflüchtigen.
Der Fettüberzug kann also zu Täuschungen führen, vielleicht
ist er aber auch für Zierzwecke verwendbar,
wenn man einzelne Teile von
Ornamenten einfettet, um auf demselben
Stück zwei Anlauffarben nebeneinander zu erhalten.
Die
Praxis unterscheidet bei
Stahl als Anlauffarben. Hellgelb, Dunkelgelb,
Orange,
Purpur,
Violett, Dunkelblau, Hellblau, Meergrün oder
Grau. In der That sind aber viel mehr
Farben beim
Stahl vorhanden. Macht man einen
Stab
[* 4] aus gut leitender
Unterlage an einem Ende glühend und erhitzt,
bis am andern Ende eben noch ein schmales
Stück in der Naturfarbe übrigbleibt,
so sieht man vor dem Hellgelb noch ein Blaßgelb, hinter dem Meergrün aber erscheint wieder ein
Gelb, und von da an treten
zum zweitenmal die vorher genannten
Farben in derselben
Folge auf; nur sind sie näher aneinander gerückt
und haben einen etwas grauen
Ton. An diese Farbenreihe schließt sich zuletzt wieder ein schwaches Graugelb an, welches den
Anfang einer dritten
Reihe bildet. So läßt sich noch eine vierte und fünfte Farbenreihe unterscheiden, doch werden
die sie bildenden
Bänder immer schmäler, auch heben sich hier mit Sicherheit nur noch
Rot undGrün voneinander ab. Diese
fünf Farbenreihen entsprechen genau denjenigen der
NewtonschenRinge.
Die Luftschicht, welche bei letztern wirkt, ist bei den Anlauffarben durch die dünne Oxydschicht, die sich beim Erwärmen
auf der Oberfläche des Metalls bildet, vertreten, doch tritt hier noch der Einfluß der Grundfarbe der
Metalloberfläche hinzu. Bei der Vergleichung der Farbenbänder bemerkt man, daß diese auch in einer und derselben
Reihe
sehr ungleiche
Breiten besitzen, wobei vielfach früher auftretende
Farben schmälere
Bänder bilden als spätere, höhere
Farben.
Dies ist für diePraxis von Wichtigkeit: je breiter das
Band
[* 5] einer
Farbe erscheint, um so leichter ist
diese
Farbe beim Anlaufenlassen großer
Stücke festzuhalten. Bei
Stahl haben übrigens für die
Praxis nur die
Farben der ersten
Reihe Bedeutung, bei andern
Metallen kommen vielfach auch
Farben der spätern
Reihen in Betracht.
Bei der Feststellung der Abhängigkeit des
Eintritts der einzelnen Anlauffarben des
Stahls von dem
Grade und der Dauer
seiner Erwärmung wurden Vollcylinder, welche in leichtflüssiger
Legierung schwammen, und mit einer tiefen zentralen Bohrung
versehene
Cylinder angewandt. Im letztern
Fall nahm die Bohrung die leichtflüssige
Legierung auf, und in beiden
Fällen wurden
in letztere die
Thermometer
[* 6] getaucht. Man benutzte zu den
Versuchen englischen und deutschen Werkzeugstahl
und einen
Stahl mit 3,5 Proz.
Wolfram und zwar jede
Sorte im gehärteten und im ungehärteten Zustand. Es ergab sich, daß der
Eintritt¶
mehr
einer bestimmten Anlauffarbe bei Stahl von der Härte desselben und in noch höherm Grade von seiner Zusammensetzung abhängt,
daß aber nicht minder die Art der Erwärmung, die Höhe der Temperatur und die Dauer ihrer Einwirkung von wesentlicher Bedeutung
ist. Der Eintritt des Orange und des Dunkelblau erfordert auf gehärtetem Stahl durchweg eine erheblich
höhere Temperatur als auf ungehärtetem. Für Meergrün tritt bei deutschem und englischem Stahl dieser Unterschied ebenso
deutlich hervor, nur bei Wolframstahl wird er fast unmerklich, vermutlich, weil bei diesem sehr harten Material die zur Erzeugung
des Meergrüns erforderliche Temperatur zureicht, um die voraufgegangene Härtung wieder aufzuheben.
Der Einfluß der Zusammensetzung des Stahls macht sich schon bei deutschem und englischem Stahl, in viel
höherm Grade aber bei Wolframstahl geltend. Bei deutschem und englischem Stahl, nicht aber bei Wolframstahl zeigt sich ein
überraschender Unterschied zwischen Vollkörpern und Ringkörpern derselben Stahlsorte. Dunkelblau tritt z. B.
bei Vollkörpern aus gehärtetem deutschen Stahl in kürzerer Zeit und bei wesentlich höherer Temperatur
auf als bei Ringkörpern.
Dieser Unterschied war lediglich von der oben beschriebenen Art der Erhitzung abhängig und verschwand bei gleichartiger Erwärmung.
Besonders wichtig ist der Nachweis, daß die Temperatur allein für den Eintritt einer bestimmten Farbe nicht maßgebend ist,
daß vielmehr auch die Dauer ihrer Einwirkung in Betracht kommt. Es gelang, schon bei verhältnismäßig
sehr niedrigen Temperaturen fast alle Anlauffarben zu erzeugen. So wurde ein Stahlstück dunkelblau bei 180° nach etwa 9 Tagen, bei
230° in 50 Stunden, bei 290° in 7-15 Minuten, bei 380° in weniger als 20 Sekunden.
Bei 105° waren 17 Tage erforderlich, ehe überhaupt eine Färbung eintrat. Dabei ist es aber zweifelhaft,
ob beliebig hohe Farben bei jeder noch so niedrigen Temperatur erzeugt werden können; vielmehr scheint bei sehr langsamer
und gleichmäßiger Entstehung der Oxydschicht diese eine gewisse Stärke
[* 8] nicht zu überschreiten und dann bei gleichbleibender
TemperaturSchutz gegen weitere Oxydation zu bilden. Vielleicht gibt es für jede Stahlsorte und jeden einzelnen
Farbenton eine gewissermaßen kritische Temperatur, über welche hinaus die Erhitzung des Stahls getrieben werden muß, wenn
jener Farbenton erreicht werden soll.
Läßt man gehärteten Werkzeugstahl bis Dunkelblau an, so erhält man trotz aller Vorsicht fast niemals
ganz gleichmäßige Flächen, immer zeigen sich Flecke, die von härtern, sich später färbenden Stellen herrühren. Die Anlauffarben bilden
also auch ein sicheres Mittel zur Erkennung nichthomogener Teile in gehärteten Stahlflächen. Ungehärteter Stahl von gleicher
Zusammensetzung zeigte jene Ungleichmäßigkeiten in der Färbung nicht, und diese verschwanden auch, sobald man die
Färbung über Dunkelblau hinaus bis zum Hellblau oder Meergrün trieb, d. h.
sobald man die Enthärtung weit genug ausdehnte.
Dieselben Farben, welche auf Stahl erscheinen, lassen sich gleichmäßig und schön auch auf Gußeisen erzeugen. Kupfer und Messing
zeigen überraschend schöne von denen man aber in der Technik kaum Anwendung macht. Man benutzt andre
Methoden zur Färbung dieser Metalle, doch zeigen die neuen Versuche, daß die Erzeugung der Anlauffarben manche Vorzüge vor jenen Methoden
besitzt, namentlich eine viel weiter gehende Nüancierung gestattet und haltbarere Färbungen liefert, zumal wenn man bei
möglichst niedrigen Temperaturen arbeitet.
Bei der Ausführung der Operation
muß das Metall zunächst mit Säure gebeizt werden, um eine Oxydschicht
zu entfernen, das Luftbad ist genügend groß zu nehmen, und zur Erzielung höherer Farben ist notwendig, durch ein bis auf
den Boden des Luftbades reichendes Metallrohr beständig Luft in seinem Strahl zuzuführen. Messing zeigt eine wesentlich andre
Farbenfolge als Kupfer, die kupferreichen Zinklegierungen verhalten sich dem Kupfer, die zinkreichen dem
Messing ähnlich.
Nickel zeigt eine der des Stahls ganz ähnliche Farbenfolge, von seinen Legierungen gab nur eine nickelarme Neusilbersorte schöne,
denen des Messings nahekommende, sie aber insbesondere in den höhern Reihen an Glanz noch übertreffende Farben, alle nickelreichern
Legierungen zeigten dagegen beim Anlaufen marmorierte Flächen, als ob sie von ganz ungleichmäßiger Beschaffenheit
wären und das Kupfer in Punkten oder Linien an der Oberfläche sich abgesondert hätte.
Inwieweit die in der Physikalisch-technischen Reichsanstalt ausgeführten orientierenden Versuche für die Praxis Wert gewinnen
werden, ist abzuwarten, sie scheinen indes die Basis für mancherlei wichtige technische Manipulationen
zu bilden. In dieser Beziehung sind noch zwei Versuche zu erwähnen. Wenn man auf einer durch Anlaufen etwa stahlweiß oder
rot gefärbten Kupfer- oder Messingplatte mit Kupferstechergrund oder einem andern säurebeständigen MittelZeichnungen entwirft,
die Platte hierauf in verdünnte Salpetersäure taucht und endlich den Ätzgrund mittels Benzin entfernt, so
erhält man metallisch glänzende Bilder auf matt geätztem Grunde. Es lassen sich auf diese Weise sogar zweifarbige Bilder herstellen,
indem man bei einiger Übung durch eine Stichflamme die einzelnen Teile der Platte verschieden färben kann.
Besonders leicht ist diese Doppelfarbigkeit in den höhern Farbenreihen zu erzielen, wo Rot undGrün einander
sehr naheliegen; so macht es z. B. nicht viel Mühe, Bilder mit roten Blumen, aber grünen Stengeln und Blättern zu erzeugen.
Der andre Versuch betrifft die gute Isolationsfähigkeit der den höhern Reihen angehörigen Anlaufschichten; für technische
Zwecke dürfte diese Eigenschaft schwer verwendbar sein, weil die Schichten äußerst dünn und dabei überaus
spröde, also zu leicht der Zerstörung ausgesetzt sind. Möglich wäre es aber, daß für manche wissenschaftliche, elektrische
Zwecke die Isolierung fertig zusammengestellter Metalle durch Anlassen im Luftbad von Nutzen werden könnte.