Titel
Schweden
[* 2]
(Sverige, hierzu
Karte »Schweden
und
Norwegen«),
Königreich, welches die größere Osthälfte der Skandinavischen Halbinsel umfaßt, liegt zwischen 55° 20'-69° 3' nördl. Br. und 11° 8'-24° 9' östl. L. v. Gr., wird westlich von Norwegen (die Grenze ist durch einen Vertrag von 1751 bestimmt), dem Skagerrak, Kattegat und Öresund, südlich und östlich von der Ostsee, dem Bottnischen Meerbusen und Finnland begrenzt, von dem letztern durch die Torneå- und die Muonioelf geschieden.
Physische Verhältnisse.
[Bodengestaltung.]
Während Norwegen, welches die westliche Hälfte der Skandinavischen Halbinsel einnimmt, durchaus ein schroffes Gebirgsland ist, bildet S. (mit seinen drei großen historischen Landschaften: Gotland im Süden, Svealand in der Mitte und Norrland im N.) im großen und ganzen eine Ebene, die meistens nur unbedeutend über das Meer erhöht ist. Etwa 150,000 qkm haben eine Höhe von weniger als 89 m, 128,000 qkm zwischen 89 u. 238 m, 134,000 qkm zwischen 238 und 594 m und 38,000 qkm über 594, im Durchschnitt 650 m. Nur der mittlere und nördliche Teil des Reichs längs der norwegischen Grenze ist Gebirgsland. So tritt unter 61½° beim Hemfjäll zwischen der Westerdalelf und der Klarelf ein von dem norwegischen Gebirgssystem nördlich geschiedener Höhenzug ganz in S. ein und erfüllt, reich an Eisenerz, die Gegenden von Dalarne, Wermland und Westmanland mit seinen bewaldeten Höhen, die jedoch kaum irgendwo auf 450 m ansteigen.
Derselbe tritt als Querrücken von W. nach O. zwischen den beiden
Seen Wener und
Wetter
[* 3] als Tiveden, östlicher
(im N. des
Meerbusens
Bråviken) als Kolmården auf, während der Hauptzug weiter gegen
Süden längs des
Wetter hinreicht, das
über 260 m hohe Bergplateau von
Småland bildet, woselbst sich im
Süden des
Wettersees der
Eisenberg Taberg bis 336 m erhebt,
und sich endlich in
Schonen, der südlichsten
Provinz Schwedens
, verflacht. Nördlicher erheben sich aus
der
Ebene noch einzelne ziemlich ansehnliche
Berge, z. B. der
Kinnekulle am
Wenersee (279 m), weiter östlich der Billingen (275
m), der Mösseberg (323
m) und im O. des
Wettersees der Omberg (263 m). Überall in den
Ebenen (welche die Landseen
Mälar,
Wener und
Wetter umgeben sowie auch längs der ganzen
Küste einen ziemlich breiten
Gürtel
[* 4] bilden) liegen, mit Ausnahme des
südlichen
Schonen, erratische Felstrümmer zerstreut.
Die zu S. gehörige große
Insel
Gotland erreicht nur 60 m
Höhe.
In den Lappmarken erheben sich die höchsten Gebirgsspitzen
Schwedens
, vor allen der Sulitelma (1875 m), weiter südlich der Areskutan (1472 m) in
Jemtland und der
Städjan (1176 m) in
Dalarne. Alpenlandschaften finden sich nur in den Lappmarken, und nur hier kann man von einer die beiden
Königreiche der
Skandinavischen
Halbinsel scheidenden
Gebirgskette sprechen, wie sie in den ältern Landesbeschreibungen eine
große
Rolle spielt. Westwärts, wo die
Thäler zu
Norwegen gehören, tritt diese
Kette bis ans
Meer hinan;
ostwärts sinkt sie nach und nach zur
Ebene ab, die von den großen auf ihr entspringenden
Flüssen durchströmt wird.
Die Küstenbildung Schwedens
ist viel einfacher als die von
Norwegen. Die
Fjorde, welche dort der
Landschaft ein besonderes
Gepräge verleihen, kommen in S. nur spärlich vor. Von den
Busen und
Buchten am
Kattegat sind nur die kleinen Gullmars- und
Kongsbackafjorde sowie die Laholmsbucht und der Skeldervik, an der
Ostsee die
Meerbusen Slätbaken und
Bråviken sowie die sehr
buchtenreiche, von vielen vorgelagerten
Inseln erfüllte Einfahrt in den
Mälar (bei
Stockholm)
[* 5] anzuführen.
Dagegen besitzt S. vielleicht einen mehr ausgebildeten Skärgård als Norwegen, der in S. nur selten gänzlich fehlt und an einigen Stellen sehr breit ist. Diese zahllosen kleinen Inseln sind für die Küstenfahrt von äußerster Wichtigkeit, da sie gegen offene Stürme und Wellen [* 6] Schutz verleihen. Im Skagerrak und Kattegat bemerken wir unter den größern Inseln des Skärgård die beiden Inseln Oroust und Tjörn, im Öresund die Insel Hven und in der Ostsee außer Gotland und Öland die zu den Stockholmer Schären gehörenden Inseln Utö (Eisengruben), Muskö, Ornö, Wermdö (die größte derselben), Ljusterö, Gräsö u. a. Am Eingang des Bottnischen Meerbusens sind die (russischen) Alandsinseln, und wo der Bottnische Meerbusen am ¶
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schmalsten ist (Ovarken), erstreckt sich zwischen Umeå und Wasa eine Gruppe kleiner Inseln über denselben.
[Gewässer.]
Wie Norwegen, ist auch S. ein ungemein wasserreiches Land, welches Abdachung nach der Ostsee, dem Kattegat und Skagerrak hat. Ein großer Fluß heißt im Schwedischen Elf (Plural Elfvar), ein kleiner Å (Plural Åar). In die Ostsee ergießen sich: die Torneå- (mit Muonio-), Kalix-, Råneå-, Luleå-, Piteå-, Skellefteå-, Umeå- (mit Vindels-), Ångermanna-, Indals-, Ljusne- und Motalaelf;
in das Kattegat: die Götaelf, der 82 km lange Abfluß des Wenersees, in welchen die Klarelf, das Philipstadsche und das Dalslandsche Wassersystem einmünden.
Nur einige dieser Flüsse [* 8] sind auf einen größern Teil ihres Laufs von Natur schiffbar, mehrere sind aber durch Kanalanlagen schiffbar gemacht. Von den Wasserfällen, welche mehrere dieser Flüsse haben, sind die bemerkenswertesten: der Niaumelsaska (»Hasensprung«) in der Luleelf, 85 m, der Tännfors in Jemtland, 26 m, der Elfkarlebyfall in der Dalelf, 32 m, der Trollhätta in der Götaelf, 33 m hoch. Die wichtigsten Kanäle sind: 2 kurze Kanäle in der Luleelf, wodurch diese 150 km hinauf schiffbar wird (unvollendet), der Wäddökanal, der Strömsholms-, Hjelmar-, Eskilstuna-, Södertelge-, Kindakanal (in Ostgotland zur Verbindung mehrerer Landseen mit dem Roxen, durch welchen der Götakanal geht), der Götakanal (der bedeutendste von allen), 4 kurze Kanäle an der Götaelf, unter denen der Trollhättakanal der wichtigste ist, 5 Kanäle im Philipstadschen Wassersystem, der Seflekanal zwischen dem Wener und dem Glafsfjord (Arvika), ein Kanalsystem zur Verbindung der Seen in Dalsland untereinander und mit dem Wenersee.
Ein besonderer Zug der schwedischen Landschaften ist die Menge der großen und kleinen Binnenseen, mit denen das ganze Land erfüllt ist. Sie nehmen im ganzen ein Areal von 37,370 qkm (678,6 QM.) ein, d. h. 8,3 Proz. des ganzen Areals. Nächst den russischen Landseen Ladoga und Onega ist der Wener in S. der größte See Europas (44 m ü. M., 5975 qkm); ihm zunächst folgen der Wetter (88 m ü. M.), der Mälar, welcher sich bei Stockholm fast unmittelbar mit dem Meer vereinigt, und der Hjelmar (23 m ü. M.). Diese großen, nur unbedeutend über das Meer erhöhten Seen haben für S. dieselbe Bedeutung wie die Fjorde für Norwegen und bieten auch jetzt noch trotz der großen Ausdehnung [* 9] des Eisenbahnnetzes gute Kommunikationsmittel dar, indem sie von vielen Dampfschiffen befahren werden. Unter den übrigen Seen nennen wir: Siljan in Dalarne, Storsjön in Jemtland (291 m ü. M.), Dellen in Helsingland, Hornafvan, Storafvan, Lulejavr, Torneträsk in Lappland etc.
[Klima.]
Infolge der nördlichen Lage hat die ganze Skandinavische [* 10] Halbinsel ein rauhes Klima; [* 11] doch ist dieses gesund und dabei milder als in irgend einem Land unter gleicher Breite. [* 12] Der südlichste Teil gleicht in klimatischer Hinsicht ganz dem nördlichen Deutschland, [* 13] während natürlich der höhere Norden [* 14] ein strengeres Klima hat; auch bewirken die westliche Begrenzung durch den Ozean, die östliche durch das osteuropäische Flachland, die verschiedene absolute Höhe und andre lokale Ursachen eine bedeutende Verschiedenheit in der Witterung der einzelnen Teile.
Die mittlere Temperatur beträgt zu Enontekis (68° 30') -3,2 C., Umeå (63° 50') +1,80,° Hernösand (62° 28') +2,34,° Stockholm (59° 20') +6,96,° Gotenburg (57° 42') +7,97,° Wexiö (56° 53° ^[richtig: 53']) +6,96,° Lund (55° 42') +7,25° C. Das westliche S. ist reicher an Niederschlägen als das östliche; es beträgt nämlich die jährliche Regenhöhe in Lund 54,8 cm, Kalmar 32,4, Wisby 44,8, Jönköping [* 15] 53,7, Stockholm 40,2, Örebro 53,2, Westerås 40,7, Upsala [* 16] 59,1, Gefle 52,5, Falun 51,8, Hernösand 53,7, Umeå 60,0, Piteå 41,2, Haparanda 41,5 cm, dagegen in Halmstad 71,8, Gotenburg 82,7, Wenersborg 77,0 cm.
Areal und Bevölkerung.
Der Flächeninhalt Schwedens
beläuft sich nach
Strelbitskys Berechnung auf 450,574,3 qkm (8183
QM.); die Bevölkerung
[* 17] betrug nach der Volkszählung von 1880: 4,565,668 Seelen und wurde für Ende 1887 auf 4,734,901 Seelen
berechnet. Areal und Bevölkerung der einzelnen Läns betragen:
Läns | QKilometer | QMeilen | Einw. 1887 | Einw. auf 1 QKil. |
---|---|---|---|---|
A. Svearike. | ||||
Stockholm (Stadt) | ↘ | ↘ | 227964 | ↘ |
1) Stockholm | 7643.7 | 138.82 | 152160 | 50 |
2) Upsala | 5313.8 | 96.50 | 120084 | 22 |
3) Södermanland | 6841.4 | 124.24 | 152296 | 22 |
4) Westmanland | 6814.5 | 123.76 | 134625 | 20 |
5) Örebro | 9118.0 | 165.59 | 182895 | 20 |
6) Wermland | 19314.4 | 350.77 | 256842 | 13 |
7) Kopparberg | 30010.8 | 545.57 | 195667 | 6 |
- Mälarsee | 1168.5 | 21.22 | - | - |
- Hjelmarsee | 511.2 | 9.28 | - | - |
B. Götarike. | ||||
8) Malmöhus | 4795.4 | 87.09 | 364543 | 76 |
9) Christianstad | 6511.5 | 118.25 | 226070 | 34 |
10) Blekinge | 3010.7 | 54.68 | 141677 | 47 |
11) Halland | 4913.2 | 89.23 | 137398 | 28 |
12) Kronoberg | 9997.1 | 181.56 | 165009 | 16 |
13) Jönköping | 11574.6 | 210.21 | 193071 | 17 |
14) Kalmar | 11493.3 | 208.73 | 236333 | 20 |
15) Gotland | 3152.5 | 57.25 | 52065 | 17 |
16) Gotenburg u. Bohus | 5101.3 | 92.64 | 289957 | 56 |
17) Elfsborg | 12825.3 | 232.92 | 279217 | 21 |
18) Skaraborg | 8561.0 | 155.48 | 251939 | 29 |
19) Ostgotland | 10977.3 | 199.36 | 266084 | 24 |
- Wenersee | 5974.9 | 108.51 | - | - |
- Wettersee | 1922.2 | 34.91 | - | - |
C. Norrland. | ||||
20) Gefleborg | 19815.7 | 359.87 | 199044 | 9 |
21) Westernorrland | 25046.6 | 454.83 | 193868 | 7 |
22) Jemtland | 52218.7 | 948.34 | 97474 | 1.8 |
23) Westerbotten | 59098.3 | 1073.28 | 116910 | 1.9 |
24) Norrbotten | 106818.4 | 1939.93 | 98709 | 0.9 |
Zusammen: | 450574.3 | 8182.82 | 4734901 | 10 |
Die Bevölkerung, welche 1830 erst 2,888,082 Seelen betrug, hat sich bis 1887 etwa verdoppelt; die Zunahme belief sich im Zeitraum 1870-80 auf 9,5 Proz., 1880-87 auf 3,7 Proz. (169,233 Seelen). Die Auswanderung war nach einer plötzlichen Steigerung zu Ende der 60er Jahre (1869: 39,064 Personen) bis 1877 allmählich auf 7610 Personen gesunken, erreichte dann schnell wachsend 1882 die höchste Ziffer mit 50,178 Personen und hat seitdem wieder bedeutend abgenommen (1886: 32,889 Personen).
Dem gegenüber ist die Einwanderung unbedeutend, obwohl sie sich im Jahrzehnt 1876-85 von 3212 auf 5792 Personen gehoben hat. Das Ziel der Auswanderer war überwiegend Amerika; [* 18] Dänemark [* 19] und Norwegen kommen erst in zweiter Reihe in Betracht. In betreff der Dichtigkeit der Bevölkerung nimmt S. mit 10 Einw. auf 1 qkm unter den Staaten Europas den vorletzten Platz ein. Die größte Dichtigkeit weisen die südlichen und südöstlichen Läns: Malmöhus, Gotenburg-Bohus, Stockholm und Blekinge, die niedrigste die nördlichen Läns: Jemtland, Westerbotten und Norrbotten auf. Nach dem Geschlecht unterschied ¶
mehr
man 1887: 2,296,311 männliche u. 2,438,590 weibliche Personen, so daß auf 1000 Männer etwa 1062 Frauen (1870 noch 1000: 1067) kamen. Die Zahl der Eheschließungen betrug 1886: 30,133 und ist erheblich geringer als in den Jahren 1873-76. Lebend geboren wurden 1885: 137,308 Kinder, davon 14,294 uneheliche (10,1 Proz.);
es starben, abgesehen von 4008 totgebornen Kindern, 82,781 Personen (17,8 auf 1000 Einw.);
die Sterblichkeitsziffer ist seit 1875 fast ohne Unterbrechung zurückgegangen.
Die große Mehrzahl der Bevölkerung wohnt auf dem Land, nur 17,2 Proz. in Städten, von denen nur eine (Stockholm) mehr als 200,000 Einw., 5 zwischen 20,000 und 100,000 und 11 zwischen 10,000 und 20,000 Einw. haben. S. zählt jetzt 92 Städte außer 20 Flecken (Köpingar). Auf dem Land bildet jedes Härad und jeder Gerichtssprengel, ja jedes Pastorat oder sogar Kirchspiel eine eigne Gemeinde.
Nach ihrer Nationalität sind die Einwohner mit wenigen Ausnahmen Schweden
(in der Landessprache Svenskar, vormals Svear),
die mit den Dänen und Norwegern (Isländern) einen Zweig des germanischen Volksstammes bilden. Die Sprache
[* 21] bietet auch mit denen der angrenzenden Völker so große Ähnlichkeiten, daß sie sich ohne Schwierigkeiten verstehen. Der
Schwede hat in der Regel eine hohe, schlanke Gestalt, eine weiße Haut,
[* 22] braunes oder blondes Haar,
[* 23] ausdrucksvolle Gesichtszüge
und blaue Augen.
Beide Geschlechter zeichnet eine gewisse Leichtigkeit und Grazie in der Bewegung des Körpers aus, und man pflegt die Schweden
deshalb wohl die »Franzosen des Nordens« zu nennen. Die Grundzüge des schwedischen Charakters sind nordischer Ernst, Liebe zu
Religion, Vaterland, Gesetz und Freiheit, Ehrlichkeit und Uneigennützigkeit, Selbstgefühl, Gastfreundschaft, Mildthätigkeit,
schnelle Fassungsgabe und scharfe Urteilskraft. Naturfehler sind Phlegma und Langsamkeit, Neigung zum Genuß geistiger Getränke
und Hang zu äußerlichem Prunk.
Manches Eigentümliche haben die Dalekarlier (s. Dalarne) bewahrt. Die Wohnungen sind in den verschiedenen Teilen des Landes
verschieden, nur in den größten Städten, Stockholm und Gotenburg, fast durchweg von Stein, in den kleinern
aber größtenteils von Holz,
[* 24] daher die Feuersbrünste so verheerend wirken; doch sind die Häuser geräumig und bequem. Besonders
zeichnen sich die Bauernhöfe in den Landschaften Ångermanland, Medelpad und Helsingland aus, die fast sämtlich großen Herrensitzen
gleichen. - Außer den Schweden
wohnen auch Finnen an der Grenze von Finnland in Norrbottenlän sowie in
einigen innern waldigen Gebirgsgegenden des mittlern S. (1880 im ganzen 16,976). Die Lappen wohnen jetzt eigentlich nur in
Lappland und vereinzelt in den übrigen Teilen von Norrland (1880: 6404). Die Anzahl der in S. befindlichen Israeliten ist
sehr gering (1880: 2993). Auch haben sich eingewanderte Fremde im Land niedergelassen, doch sie verschmelzen
meist bald mit den Schweden.
1880 zählte man 18,587 Personen, die im Ausland geboren waren, vornehmlich Dänen, Norweger, Finnen
und Deutsche.
[* 25]
Die herrschende und Staatsreligion ist die evangelisch-lutherische; doch besteht jetzt völlige Religionsfreiheit, und jedem ist die freie Ausübung seines Religionsbekenntnisses gestattet. Außer den schon erwähnten Israeliten waren indessen 1880 nur wenig Bekenner fremder christlicher Konfessionen [* 26] vorhanden, nämlich 245 Reformierte, 810 Römisch-, 17 Griechisch-katholische, 14,627 Baptisten, 1591 Methodisten und 414 Mormonen. Die Landeskirche hat Bischöfe, an deren Spitze der Erzbischof von Upsala als Primas des Reichs steht. Die zwölf Bischofsprengel oder Stifter sind: Upsala, Linköping, Skara, Strengnäs, Westerås, Wexiö, Lund, Gotenburg, Kalmar, Karlstad, Hernösand und Wisby. Jedes Stift hat einen Bischof und ein geistliches Konsistorium oder Domkapitel (außerdem sind in Stockholm noch ein Hof- u. ein Stadtkonsistorium, beide unter dem Erzbischof zu Upsala stehend). Mehrere Pastorate bilden eine Propstei, deren es 180 gibt.
[Unterricht.]
Das schwedische Volk ist ein sehr gebildetes und nimmt in dieser Beziehung einen hohen Rang
ein. In allen Fächern des Wissens haben Schweden
sich ausgezeichnet, und selbst in den menschenärmsten Gegenden des Landes
gibt es unter 100 kaum einen, der nicht lesen und schreiben kann. Im allgemeinen ist für den höhern
und niedern Unterricht sehr gut gesorgt. Für den Volksunterricht sowohl in den Städten als auch auf dem Land sorgen die Volksschulen,
deren jedes Kirchspiel nach dem Gesetz vom wenigstens eine, womöglich feste Volksschule haben soll.
In den Gegenden mit besonders dünner und armer Bevölkerung ist es gestattet, statt der festen eine fliegende (flyttande) Schule zu errichten. 1885 gab es 12 höhere, 3455 feste und 831 fliegende Volksschulen, 1103 Notschulen (mindre skolor) und 4626 Kleinschulen (småskolor), welch letztere zur Volksschule vorbereiten; ferner zählte man 25 Volkshochschulen (Fortbildungsschulen). Für die Bildung der Volksschullehrer bestehen 7, für Lehrerinnen 5 Seminare.
Die höhern Lehranstalten (gemeinhin Elementarschulen genannt) sind eine Vereinigung von Gymnasium und Realschule und zerfallen meist in eine klassische und eine realistische Abteilung; neuerdings sucht man jedoch die höhern Schulen nach deutschem Muster zu reorganisieren. Unter den 78 höhern Schulen sind 34 vollständig (mit 7 Klassen und neunjährigem Kursus), 24 haben 5 Klassen und 20 drei Klassen; außerdem bestehen noch 18 Pädagogien mit 1-2 Klassen. Es gibt zwei Universitäten: Upsala (seit 1477) und Lund (seit 1668), außerdem in Stockholm das Karolinische Institut (für höhere medizinische Bildung). Es gibt ferner: 9 Navigationsschulen, eine Kriegsakademie und eine höhere Artillerie- und Ingenieurschule, eine Kriegs- und eine Marineschule, eine höhere Bergschule in Philipstad, ein Forstinstitut, eine landwirtschaftliche Akademie, 2 höhere landwirtschaftliche Institute, landwirtschaftliche Schulen (je eine in jedem Län), 2 Tierarzneischulen, eine technische Hochschule (in Stockholm), die Chalmersche Gewerbeschule in Gotenburg sowie technische und Gewerbeschulen (in mehreren Städten). Bibliotheken finden sich bei den beiden Universitäten, in Stockholm und bei den höhern Schulen; jetzt gibt es auch überall Kirchspielsbibliotheken. Für Taubstumme und Blinde gibt es je ein Institut und 13 Erziehungsanstalten, ferner 3 Lehranstalten für Taubstumme.
Ackerbau und Viehzucht.
Die Hauptnahrungsquelle der Bevölkerung bildet der Ackerbau, mit welchem sich drei Viertel derselben beschäftigen. Doch nur die milden Thon- und Kalkschiefer der Silurformation bieten eine ausreichende Erdkrume, um die Beackerung zu lohnen, während die schwer verwitternden Granitflächen, aus denen der größte Teil Schwedens besteht, mit Wald bedeckt sind. 1884 entfielen 7,4 Proz. des Areals auf Ackerland und Gärten, 4,8 Proz. auf natürliche Wiesen und 43,6 Proz. auf die Waldungen. Das Waldland überwiegt weitaus in den nördlich vom 61. ¶
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Schweden.
[* 2] Die Bevölkerung wurde für Ende 1889 auf 4,774,409 Seelen (11 auf 1 qkm) berechnet. Die Auswanderung ist seit 1887 wieder auf den Stand von 1882 gestiegen und beträgt 1888: 50,323 Personen (meist nach Amerika), während im letztern Jahre nur 4821 Personen einwanderten. Die Zahl der Eheschließungen ist seit 1886 erheblich zurückgegangen und betrug 1888: 28,075. Lebendgeboren wurden 1888: 136,451 Kinder, davon 13,872 uneheliche. Seit 1885 hat sich die Zahl der Todesfälle bedeutend vermindert, von 82,781 auf 75,831 (im J. 1888). In dem Zeitraum 1885-88 hat sich die Zahl der Volksschulen von 10,027 auf 10,163 vermehrt; es gab 1888: 11 höhere, 3639 feste und 806 fliegende Volksschulen, 1191 Notschulen und 4516 Kleinschulen. In der Zahl der höhern Schulen ist keine Veränderung eingetreten. In den beiden Universitäten hat die Zahl der Studierenden um 64 abgenommen, dagegen auf dem Karolinischen Institut in Stockholm (für Medizin) um 96 zugenommen.
Der Ertrag der Ernte [* 27] war 1889 folgender: 1,306,800 hl Weizen, 7,374,300 hl Roggen, 4,969,200 hl Gerste, [* 28] 17,475,200 hl Hafer, [* 29] 2,384,200 hl Mengkorn, 527,200 hl Erbsen, 56,800 hl Bohnen, 238,900 hl Wicken, 24,928,800 hl Kartoffeln. An Haustieren zählte man 1887: 481,257 Pferde, [* 30] 2,330,706 Stück Hornvieh, 1,377,685 Schafe, [* 31] 571,114 Schweine, [* 32] 90,548 Ziegen. Der Bergbau [* 33] auf Eisen [* 34] ist in den Läns Wermland, Örebro und Westmanland etwas zurückgegangen, hat sich aber in den Läns Upsala, Kopparberg und besonders in Norrbotten sehr gehoben; 1888 wurden in 537 Gruben 956,200 Ton. Eisenerz und außerdem 31,800 Doppelzentner Sumpfeisen gewonnen. In 162 Hochöfen stellte man 452,500 T. Roheisen sowie 45,279 Doppelzentner Gußeisen und in 124 Gießereien 282,500 Doppelzentner Gußeisen her. In 186 Werken wurden 253,000 T. Stabeisen bereitet; Bessemer- und Martinstahl wurden 114,500 T. und an Eisen- und Stahlwaren 59,670 T. hergestellt.
Ferner gewann man 10,525 Doppelzentner Garkupfer, 4648 kg Silber, 75,6 kg Gold, [* 35] 2345 Doppelzentner Messing, 3277 Doppelzentner Blei, [* 36] 5126 Doppelzentner Eisenvitriol, 6551 Doppelzentner Alaun, [* 37] endlich 500,000 Doppelzentner Zinkerz (29 Gruben) und 2,114,000 hl Steinkohlen (5 Gruben). In der Fabrikthätigkeit ist in den letzten Jahren keine erhebliche Veränderung eingetreten; zwar ist seit 1884 die Zahl der Fabriken von 2924 mit 71,317 Arbeitern und 38,823 Pferdekräften auf 3087 mit 74,467 Arbeitern und 51,692 Pferdekräften gestiegen, aber der Wert der Fabrikate beträgt auch nur 191½ Mill. Kr. wie 1884. Nur in den Zuckerfabriken ist die Produktion von 19¼ auf 21⅚ Mill. Kr. und in den Bierbrauereien von 9 auf 12 Mill. Kr. gestiegen.
Der Handel Schwedens war in den Jahren 1886 und 1887 etwas zurückgegangen, hat aber 1888 erheblich an Ausdehnung gewonnen. Zwar erreichte die Wareneinfuhr (322½ Mill. Kr.) noch immer nicht die des Jahres 1885, dagegen hat sich die Ausfuhr (281,6 Mill. Kr.) beträchtlich vermehrt, und selbst das beste Exportjahr Schwedens in diesem Jahrzehnt bleibt um 25 Mill. Kr. hinter 1888 zurück. Die Hauptgegenstände der Einfuhr waren: Manufakturwaren von Gespinsten (53 Mill. Kr.), Kolonialwaren (49 Mill.), Mineralien [* 38] (33 Mill.), Getreide [* 39] (28 Mill.), Metalle (24 Mill.), Spinnstoffe (23 Mill.), Haare [* 40] und Häute (17 Mill.);
bei der Ausfuhr: Holz und Holzwaren (134 Mill.), tierische Nahrungsmittel [* 41] (41 Mill.), Metalle (35 Mill.), Getreide (18 Mill.), Papier (16 Mill. Kr.). Am Handelsverkehr waren am meisten beteiligt: Großbritannien [* 42] mit 223½ Mill. Kr., Deutschland mit 121 Mill. (94 Mill. in der Einfuhr, 27 Mill. in der Ausfuhr), Dänemark mit 77 Mill., Norwegen mit 42 Mill., Rußland und Frankreich mit je 36 Mill. Kr. Im J. 1888 liefen in schwedischen Häfen mit Ladung ein 10,140 Schiffe [* 43] von 2,173,314 Ton. und mit Ladung aus 18,166 Schiffe von 3,726,935 Ton. Das Eisenbahnnetz umfaßte Ende 1889: 7910 km, darunter 2613 km Staatsbahnen. [* 44] Das Budget für 1891 belief sich in Einnahme und Ausgabe auf 94,950,000 Kr., die Staatsschuld Ende 1889 auf 259 Mill. Kr. In den schwedischen Gemeinden betrugen die Einnahmen 1887: 56¼ Mill., die Ausgaben 59¾ Mill. Kr.; den Schulden im Betrag von 141½ Mill. Kr. standen 227½ Mill. Kr. an Aktiven gegenüber.
Geschichte. Die Vorlage der Regierung über Hebung [* 45] der Wehrkraft schlug dem Reichstag eine weitere Verminderung der Grundsteuer sowie der Indeltalasten um 10 Proz. unter der Bedingung vor, daß der Reichstag der Verlängerung [* 46] der Wehrpflicht von 12 auf 14 Jahre und der Übungszeit der Rekruten um 6 Tage zustimme. Die Zweite Kammer verlangte aber eine Ermäßigung der Grundsteuer um 20 Proz., ohne sich vorher zu einer Änderung des Wehrgesetzes verpflichten zu wollen.
Unter diesen Umständen ließ die Regierung die Sache fallen. Den Regierungsantrag über Unfallversicherung für Arbeiter und Errichtung einer Reichsversicherungsanstalt lehnte die Erste Kammer ab. Dagegen genehmigte der Reichstag die Änderung des sogen. Zwischenreichsgesetzes (Zollunion) zur Regelung der gegenseitigen freien Einfuhr ihrer Erzeugnisse zwischen S. und Norwegen und setzte die Zahl der Mitglieder der Ersten Kammer auf 150, die der Zweiten Kammer auf 225 (75 der Städte und 150 des Landes) fest. Im Herbste 1890 fanden die Neuwahlen für die Zweite Kammer statt, bei denen die Schutzzöllner den Freihändlern unterlagen, wogegen die Erste Kammer überwiegend schutzzöllnerisch war.
Der Reichstag wurde vom König mit einer Thronrede eröffnet; in derselben wurde das gute Verhältnis zu allen Mächten betont und die günstige Finanzlage (6 Mill. Überschuß 1890) hervorgehoben, welche eine kräftige Entwickelung der Staatseisenbahnbauten und die Forderung andrer wichtiger Staatsbedürfnisse ohne eine neue Anleihe gestatte. Als Vorlagen wurden eine Heeresordnung und ein Unfallversicherungsgesetz wieder angekündigt. Trotz der Siege der Freihändler bei den Wahlen beschloß der Reichstag im März in gemeinschaftlicher Sitzung die Beibehaltung der Lebensmittelzölle.
Zur Litteratur: »Das malerische S., eine Schilderung in Wort und Bild« (von mehreren schwedischen Verfassern, deutsch übersetzt von Hoppe, Bresl. 1890);
Warmholtz, Bibliotheca Sueo-Gothica (Leipz. und Upsala 1889);
»Sveriges traktater med främmande magter jemte andra dit hörande handlingar« (hrsg. von Rydberg, Stockh. 1888 ff.);
»Svenska ¶
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riksdagsakter« (hrsg. von Hildebrand und Alin, das. 1887 ff.); »Sveriges krig åren 1808 og 1809« (in 3 Bdn., hrsg. von der kriegshistorischen Abteilung des Generalstabes, das. 1890, Bd. 1).