im weitesten
Sinn jedes über ein fließendes oder
stehendes
Wasser, über ein weites oder enges
Thal
[* 4] oder über beide zugleich führendes Verbindungsbauwerk von
Fuß- und Fahrwegen,
Straßen,
Eisenbahnen,
Wasserleitungen und
Schiffahrtskanälen, wonach man
Durchlässe, Strombrücken, Wegebrücken,
Viadukte,
Aquädukte und
Kanalbrücken unterscheidet. Die Hauptbestandteile einer Brücke sind deren Überbau,
Pfeiler und
Fundamente. Der Überbau
besteht wieder aus der Brückenbahn nebst ihrer
Brüstung und Horizontalversteifung sowie aus den
Trägern
der Brückenbahn. Je nachdem die Brückenbahn zur Überführung eines
Straßen-,
Eisenbahn- oder Schifffahrtsverkehrs dient,
muß sie entweder eine geschlossene Fahrbahntafel für
Wagen- und Fußverkehr oder eine Unterstützung der Schienengestänge
und ihrer
Bankette oder ein wasserdichtes Kanalbett bilden.
Die Fahrbahn der Straßenbrücken erfordert einen einfachen, besser einen doppelten Bohlenbelag, eine
Beschotterung oder Pflasterung auf einer massiven, gewölbten oder Steinplattenunterlage, oder auf einer starken
Balken- oder
Bohlenlage, oder auf einer Unterlage von galvanisierten Wellenblechen, gußeisernen oder schmiedeeisernen
Platten, worunter
die Malletschen Buckelplatten und die gegossenen Zellenplatten hervorzuheben sind, während die Fußbahn entweder aus
einem Bohlenbelag auf
Holz- oder Eisenträgern, oder
aus einem Steinplatten- oder Asphaltbelag, oder aus einer Pflasterung
auf einem über massiver Unterlage ruhenden Sandbett besteht.
Die Fahrbahn der
Eisenbahnbrücken erfordert zur Unterstützung der Fahrschienen entweder den gewöhnlichen Oberbau auf massiver,
gewölbter oder plattenförmiger Steinunterlage, oder die Unterstützung nur der Quer- oder Langschwellen,
oder beider zugleich durch hölzerne oder eiserne
Träger,
[* 5] während die
Bankette meist nur aus einem Bohlenbelag bestehen,
der auf den letztern befestigt wird. Das
Bett
[* 6] der
Kanalbrücken besteht entweder aus wasserdichtem Zementmauerwerk ohne oder
mit besonderer
Beton- oder Asphaltlage, oder aus hölzernen
Kasten mit doppelten, kalfaterten Bohlenwänden, oder aus
schmiedeeisernen
Kasten aus dicht genieteten, ausgesteiften Blechplatten. Die
Anordnung der Brückenträger ist verschieden,
je nachdem sie feste oder bewegliche und im erstern
FallBalken-,
Stütz- oder
Hängebrücken sind und aus
Eisen,
[* 7]
Stein oder
Holz
[* 8] bestehen, weshalb im nachstehenden die eisernen, steinernen und hölzernen
Brücken unterschieden sind.
Die eisernen
Brücken der Gegenwart sind entweder
Hänge- oder
Stütz- oder Balkenbrücken, je nachdem die
Brückenbahn aufgehängt, gestützt oder teils aufgehängt, teils gestützt ist. Die der Durchbiegung widerstehenden, nur
einen senkrechten
Druck auf ihre Unterlagen ausübenden Balkenbrücken werden in der
Praxis am häufigsten angewandt und sind
entweder solche mit vollen Wandungen, wie die Blechbrücken, oder solche mit gegliederten Wandungen,
wie die
Gitter- und Fachwerkbrücken, deren Gurtungen entweder gerade und parallel (Parallelträger) oder gekrümmt oder gebrochen
(Bogen- oder Polygonalbalkenträger) sind.
1)
Brücken mit vollen Wandungen erhalten entweder massive gewalzte
Träger, welche bei den gegenwärtigen Leistungen der
Walzwerke
zuSpannweiten von 1-5
m, oder genietete, aus
Blechen und Profileisen (meist
Winkeleisen) zusammengesetzte
Träger, welche zu
Spannweiten von 5-15 m Anwendung finden. Bei Anwendung von massiv gewalzten
Balken werden zur direkten Unterstützung
des Geleises und bei reichlicher lichter
Höhe gewöhnlich deren 2, bei beschränkter lichter
Höhe deren 4 und zwar zu
je 2 auf etwa 1 m
Entfernung mit dazwischen auf eisernen Querverbindungen oder auf langen
Schwellen liegenden Fahrschienen
kombiniert.
Die Walzbalken erhalten an den
Enden 2 steife, winkel- oder U-förmige, mittels Winkellappen eingenietete Querverbindungen
und je 2 gußeiserne Lagerplatten, welche mit den Unterlagquadern durch je 2 bis je 4 Steinbolzen verankert
werden. Die Fahrschienen werden auf kantige, 12-15
cm hohe, 25-30
cm breite, 3-4
cm voneinander abstehende Querschwellen genagelt,
welche in die Walzbalken eingelassen und mit diesen abwechselnd durch Winkellappen und
Bolzen verschraubt werden.
Bei 1,5-2 m
Spannweite erhalten die Walzbalken außer den Querverbindungen an den
Enden eine dritte in
deren Mitte und je 2 angenietete Windkreuzbänder in den so gebildeten
Feldern. Bei 3-4 m
Spannweite kommt eine vierte und
fünfte Querverbindung mit dem entsprechenden Windkreuz hinzu. Die massiven Zwillingsträger legt man entweder auf gemeinschaftliche
gußeiserne Unterlagsplatten oder auf durchgehende Mauerschwellen, verbindet sie durch dazwischengelegte Langschwellen und
Bolzen oder durch verkröpfte
¶
Winkeleisen, woraus man die Schienenstühle oder Langschwellen befestigt, welche die Fahrschienen aufnehmen. Zwischen und
neben den Schienensträngen werden kurze, kantige Querschwellen von ähnlicher Abmessung und Entfernung direkt auf oder mittels
durchlaufender Winkeleisen und etwas verkröpfter Lappen an die Walzbalken geschraubt. Die Blechbalken können bis zu Spannweiten
von 10 m die Fahrschienen noch direkt aufnehmen und werden dann ähnlich wie die Brücken mit Walzbalken
konstruiert.
Die Querverbindungen bestehen gewöhnlich an den Enden aus vollen, mit Winkeleisen gesäumten und mittels Winkeleisen angenieteten
Blechplatten, in der Mitte aus gekreuzten, durch Laschen an die Hauptträger angeschlossenen Zugbändern, welche bei etwa 1 m
Höhe sowohl oben als unten Windkreuze erhalten, von denen die erstern, welche die Stöße der Fahrbetriebsmittel
direkt aufzunehmen haben, stärker zu wählen und mittels horizontaler Laschen anzuschließen sind, während die untern Windkreuze
schwächer gehalten und direkt an die Querverbindungen angenietet werden können.
Bei sehr beschränkter Konstruktionshöhe werden die Blechbalken entweder mit naheliegenden, um 0,8-1
m voneinander entfernten Querträgern verbunden, welche die Schienen direkt mittels Schienenstühlen aufnehmen, oder die Querträger
erhalten bei einer Entfernung von 2-3 m besondere Langträger, welche die Fahrschienen entweder direkt mittels Schienenstühlen
oder indirekt mittels Querschwellen aufnehmen. Da bei dieser Anordnung zwischen den äußern Blechbalken als Hauptträgern
gefahren wird, die Querschwellen also nicht zugleich die Bankette bilden können, so nietet man bisweilen
besondere Konsolen an die Außenseiten der Hauptträger in Entfernungen von etwa 1 m an und gibt denselben einen Belag von 5-6
cm starken eichenen Bohlen und ein schmiedeeisernes Geländer mit an die Konsole
[* 15] genieteten Vertikalstäben.
Die Blechbalkenträger, welche man zu Straßenbrücken verwendet, werden entweder als Haupt- und Querträger,
welch letztere einen Belag von Längsbohlen oder Längsbalken mit Beschotterung aufnehmen, oder als Haupt-, Quer- und Bohlen-
oder Balkenträger angeordnet, wovon die letztern einen Belag von Querbohlen oder Querbalken zur Aufnahme der Beschotterung
erhalten. Werden die Bankette von der Fahrbahn getrennt, so wendet man statt der äußern Bankettträger
auch Bankettkonsolen an, welche an die Seitenträger der Fahrbahn genietet werden und einen Bohlenbelag entweder direkt oder
auf Langschwellen aufnehmen. Zur Unterstützung der Beschotterung werden außer Bohlen auch Wellenbleche, Buckelplatten, gußeiserne
Zellenplatten und Ziegelgewölbe und statt der Beschotterung auch der eine leichtere Konstruktion gestattende
doppelte eichene Bohlenbelag verwendet.
2) Brücken mit Parallelträgern und gegliederten Wandungen sind solche, deren Wandungen aus stabartigen Gliedern bestehen,
welche entweder sämtlich unter gleichen Winkeln von 45-60° zum Horizont
[* 16] geneigt sind (System des gleichschenkeligen Dreiecks),
oder teils senkrecht, teils, und dann gewöhnlich unter Winkeln von 45°, zum Horizont geneigt sind (System
des rechtwinkeligen Dreiecks). Werden die Stäbe einfach, d. h. so angeordnet, daß ein Transversalschnitt durch den Träger
nur einen Stab
[* 17] trifft, so entsteht das einfache, und wenn zwei, drei oder mehrere Stäbe getroffen werden, das zwei-, drei-
oder mehrfache System.
Die Brücken mit Parallelträgern und mehrfachen Stabreihen nach dem System des gleichschenkeligen Dreiecks,
bei welchen gewöhnlich die
unter 45° zum Horizont geneigten Stäbe engere Maschen bilden, werden Gitterbrücken, die Brücken
mit Parallelträgern und einfachen oder wenigen Stabreihen nach dem System des rechtwinkeligen oder gleichschenkeligen Dreiecks,
bei welchen die Stäbe weite Maschen bilden, werden Fachwerkbrücken genannt. Ruhen die Parallelträger
auf zwei Stützpunkten, so sind es abgesetzte (diskontinuierliche), ruhen sie auf drei und mehr Stützpunkten, so sind es fortgesetzte
(kontinuierliche) Träger, welch letztere wegen der großen Empfindlichkeit, womit sich bei der geringsten Veränderung in der
Höhenlage ihrer Stützpunkte die Spannungen ihrer einzelnen Teile ändern, immer seltener werden und hauptsächlich
nur bei hohen Viadukten Anwendung finden, bei welchen die Möglichkeit einer Überschiebung der Träger eine finanzielle Ersparnis
in den Aufstellungskosten erwarten läßt.
Die fortgesetzten Träger werden meist als Gitterträger, die abgesetzten meist als Fachwerkträger konstruiert. Die Brückenbahn
kann oberhalb, unterhalb oder in der Mitte der Parallelträger angebracht werden, wobei die erstere Anordnung
zwar die einfachere ist, aber die größere Konstruktionshöhe erfordert. Zu eingeleisigen Bahnbrücken werden selten mehr
als zwei Parallelträger verwendet, welche bei reichlicher Konstruktionshöhe in Abständen von 1,5-2 m unter, bei beschränkter
Konstruktionshöhe in Abständen von 4-4,5 m über und zu beiden Seiten der Brückenbahn liegen, während zu zweigeleisigen
Bahnbrücken mit oben liegender Brückenbahn je vier Parallelträger direkt unter den Fahrschienen oder in Abständen von 1,75-2
m unter denselben, zu zweigeleisigen Bahnbrücken mit unten liegender Brückenbahn je zwei Parallelträger zu beiden Seiten
der Geleise, in welchem Fall eigentlich zwei nebeneinander liegende eingeleisige Brücken entstehen, oder zu beiden Seiten
beider Geleise, oder, jedoch selten, je drei Parallelträger zu beiden Seiten und in der Mitte der Geleise
angeordnet werden.
Die Bankette werden bei ein- und zweigeleisigen Brücken mit unten und zwischen den Trägern liegender Brückenbahn entweder
neben den Geleisen oder auf vortretenden Querschwellen und besondern Konsolen außerhalb der Träger angebracht. Mit
Ausnahme der kleinen Fachwerk- oder Gitterbrücken, deren Bahn direkt auf den Trägern ruht, erhalten dieselben meist besondere
Querträger und zwischen dieselben eingeschaltete Langträger, welch letztere meist Querschwellen, seltener Schienenstühle
aufnehmen, woran die Fahrschienen befestigt werden.
Tragwänden zu beiden Seiten der Brückenbahn von 4,8 m und mehr Höhe gibt man außer der Horizontalversteifung
der Brückenbahn oben noch eine zweite, während hohe, unter der Brückenbahn befindliche Hauptträger überdies noch vertikale,
aus Diagonalen gebildete Querversteifungen erhalten. Die Anwendung von hölzernen oder eisernen Langschwellen statt der Querschwellen
ist weniger im Gebrauch. Die Straßenbrücken mit oben liegender Brückenbahn haben entweder eine größere Anzahl gleicher,
etwa 1-1,25 m voneinander entfernter Hauptträger, welche die ähnlich wie
bei den Straßenblechbrücken konstruierte Brückenbahn direkt tragen, oder eine geringere Anzahl gleicher, etwa 2-2,25
m voneinander entfernter Hauptträger, welche besondere Querträger und die auf denselben ruhende Brückenbahn direkt tragen.
Die Straßenbrücken mit tiefer liegender Brückenbahn erhalten entweder zu beiden Seiten der Fahrbahn
Haupttragwände mit Quer- und etwa 1-1,25 m voneinander entfernten Fahrbahnträgern, während
die
¶
mehr
Fußwege auf 1-1,5 m breiten, mit den Hauptträgern vernieteten Konsolen ausgekragt werden und besondere Bankettträger aufnehmen,
oder zu beiden Seiten der innen liegenden Bankette Hauptträger mit Querträgern sowie etwa 1-1,25 m voneinander abstehenden
Fahrbahn- und Bankettträgern. Die Fahrbahnkonstruktion der Straßenbrücken mit gegliederten Parallelträgern wird ähnlich
wie die bei den Straßenbrücken mit Blechträgern behandelt. Die Gurtungen der Hauptträger neuester
Konstruktion erhalten am besten einen T-, U-, +-, I- oder H-förmigen oder bei größern Spannweiten einen noch zusammengesetztern
Querschnitt, welcher jedoch, der Möglichkeit einer gewissenhaften Beaufsichtigung und Instandhaltung wegen, keine Hohlräume
enthalten darf, die Stäbe derselben, wenn sie aus Zug
arbeiten, meist eine rechteckige, wenn sie auf Druck
arbeiten, am zweckmäßigsten einen T-, +-, U- oder I-förmigen, also ebenfalls vollen Querschnitt, während die in Röhrenform
gebildeten Gurtungen und Druckstäbe schwieriger zu unterhalten sind.
Die abgesetzten Gitter- und Fachwerkträger, welche bei Temperaturwechsel ihre Länge verändern, erhalten am einen Ende feste,
am andern Ende bewegliche Auflager. Die erstern bestehen aus 2,5-3 cm starken, auf einer Bleiplatte oder
Zementschicht ruhenden und durch Steinschrauben von 2-3 cmStärke
[* 19] mit dem Auflagermauerwerk verankerten Gußplatten, auf welchen
die Träger durch einige Befestigungsstifte festgehalten werden, die letztern aus einer Anzahl von kurzen, auf einer Gußplatte
ruhenden Walzen oder Walzensegmenten, worauf sich der Träger verschieben kann.
Um denTrägern von größerer Spannweite eine Durchbiegung zu gestatten und gleichzeitig einen unveränderlichen Stützpunkt
zu geben, werden sowohl die festen als die beweglichen Lager
[* 20] als Kipplager, d. h. so eingerichtet, daß eine Drehung des Trägers
um einen Halb- oder Vollzapfen stattfinden kann, welcher bez.
entweder an dem Träger, oder besser an dessen Unterlagsplatte, oder zwischen beiden angebracht ist. Nur bei Brücken von kleiner
Spannweite werden die Gleitlager beibehalten: Lagerplatten, auf welchen die Enden der Träger gleiten können, und welche, je
nachdem diese letztern versenkte oder vorstehende Nietköpfe haben, glatt oder mit passenden Rinnen versehen
sind.
3) Die Brücken mit Polygonalträgern und gegliederten Wandungen unterscheiden sich in der Anordnung von derjenigen der Parallelträgerbrücken
nur durch die Form ihrer Gurtungen, welche entweder beide gekrümmt sind, oder von welchen nur eine, gewöhnlich die obere,
gekrümmt, die andre gerade ist. Diese neuern Bogenbalkenbrücken mit Einer polygonalen Gurtung sind
entweder parabolische, deren Diagonalen bei voller Belastung der ohne Spannung sind, oder hyperbolische, deren Diagonalen bei
den größten einseitigen Belastungen nur gezogen, also nie gedrückt werden.
Die Bogenbalkenbrücken mit zwei gekrümmten Gurtungen sind entweder parabolische, welche gleichfalls die oben angegebene
Eigenschaft haben, oder Paulische, deren Gurtungen so gekrümmt sind, daß sie bei der vollen Belastung
der Brücke eine gleiche Maximalspannung annehmen, also mit durchweg gleichem Normalschnitt konstruiert werden können.
Bei den Polygonalträgern mit Einer geraden Gurtung liegt die Brückenbahn meist in der Ebene dieser letztern, bei solchen
mit zwei gekrümmten Gurtungen in verschiedener Höhe über, unter oder zwischen denselben und ist dann
an die mit den Gurtungen verbundenen Vertikalstäbe
angeschlossen.
Sowohl die Form der Gurtungen, Vertikal- und Diagonalstäbe als auch die Konstruktion der Fahrbahn und die Auflagerung der
Träger ist derjenigen der Parallelträger ähnlich angeordnet; dagegen kann der obere Horizontalverband nur in der Trägermitte
und nur dann ganz durchgeführt werden, wenn, wie dies bei manchen Paulischen Brücken, z. B. über den
Rhein bei Mainz,
[* 21] geschehen ist, die Stützpunkte der Träger so hoch gelegt sind, daß der Verkehr die zum Passieren hinreichende
lichte Höhe der Öffnung vorfindet.
4) Die Balkenbrücken mit frei liegenden Stützpunkten. Um die durch die große Veränderlichkeit der
Spannungen in den kontinuierlichen Trägern bei Senkung ihrer Stützen entstehenden Nachteile zu beseitigen und gleichwohl zusammenhängende
Träger zu erhalten, konstruierte GerberBrücken mit sogen. frei liegenden Stützpunkten, in welchen sich die untern Gurtungen
um Scharniere drehen können und die obern Gurtungen, um diese Drehung zu gestatten, nicht fest miteinander verbunden
sind.
Die erste von Gerber nach diesem Prinzip ausgeführte Brücke über den Main bei Haßfurt erhielt polygonale Gurte; dagegen haben die
Träger der 1872-73 von ihm nach demselben System ausführten Straßenbrücke über die Donau bei Vilshofen mit zwei Endöffnungen
von 51,6 m und einer Mittelöffnung von 64,5 m Spannweite durchweg parallele Gurtungen mit zweifacher Stabreihe
nach dem System des gleichschenkeligen Dreiecks erhalten, welche in den beiden Endöffnungen je einen und in den Mittelöffnungen
zwei frei liegende Stützpunkte besitzen. Eine weitere Anwendung fand dieses System unter anderm bei der Brücke über die Warthe
bei Posen (s. Taf. I,
[* 18]
Fig. 1). Unter den kontinuierlichen
Balkenbrücken mit Gelenken nimmt die zur Überbrückung des Firth of Forth (s. Tafel II,
[* 18]
Fig. 3) dienende mit zwei Mittelöffnungen
von je 521,2 m und zwei Seitenöffnungen von je 207,3 m Spannweite, während die drei Pfeiler aus je vier riesigen Röhren
[* 22] bestehen,
zur Zeit den ersten Rang ein.
Die Konstruktion eines jeden Trägers besteht in einer um je 202,3 m frei tragenden Doppelkonsole, zwischen welche in
den beiden Mittelöffnungen ein abgestumpfter Parallelträger von je 106,7 m so eingeschaltet
ist, daß er sich für sich ausdehnen und durchbiegen kann. Um der Brücke die nötige Sicherheit gegen Sturmdruck
zu sichern, beträgt deren Breite
[* 23] an den Pfeilern je 36,6 m und in der Mitte je 8,25 m und ist der nur aus
schrägen Gliedern bestehende Windverband zwischen die untern Gurte eingeschaltet. Als Konstruktionsmaterial ist Stahl in Aussicht
genommen.
Eiserne Stützbrücken werden bis in die neueste Zeit teils in Gußeisen, teils in Schmiedeeisen ausgeführt
und in beiden Fällen entweder an den Widerlagern verankert, oder besser zur Verminderung nachteiliger Spannungen bei Temperaturwechsel
an den Stützpunkten mit Gelenken und im letztern Fall entweder mit einem dritten Gelenk im Scheitel versehen oder nicht.
1) Die Konstruktion der gußeisernen Bogenbrücken besteht in derjenigen der Tragrippen und der Brückenbahn.
Die Tragrippen bestehen aus dem gekrümmten Bogen,
[* 24] dem horizontalen Streckbalken und der Bogenschenkelfüllung oder den Bogenzwickeln.
Der Bogen hat in der Ansicht meist die Form eines Kreissegments, seltener die eines Korb- oder elliptischen Bogens mit meist
I-förmigem, seltener röhrenförmigem Querschnitt. In beiden Fällen¶
[* 2] Als Neuerungen im Brückenbau sind hervorzuheben: bezüglich des Materials der Umbau von eisernen in steinerne
Brücken in Nordamerika,
[* 25] bezüglich der Konstruktion die Anwendung von Gelenken bei steinernen Brücken in Deutschland.
[* 26] Die fortwährende
sorgfältige Untersuchung u. Erneuerung der eisernen Brücken, welche bei dem riesigen Verkehr auf einigen
nordamerikanischen Eisenbahnlinien mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, sowie das zur Bewältigung dieses Verkehrs stets
zunehmende Gewicht der Lokomotiven welches an einigen eisernen BrückenNordamerikas zur völligen Erneuerung ihres Überbaues
geführt hat, haben schon mehrfach Veranlassung zum Wechsel des Baumaterials gegeben.
Bei dem Ersatz des eisernen durch steinernen Überbau werden die vorhandenen End- und Zwischenpfeiler benutzt
und zwischen sie Segmentbogengewölbe von etwa 18 m Spannweite und einer Pfeilhöhe von etwa einem Viertel der Spannweite eingeschaltet.
Um eine allmähliche Lockerung der Gewölbsteine durch Zerbröckelung ihres Bindemittels zu verhindern, ist die Anwendung
eines hinreichend festen, natürlichen oder künstlichen Steins nebst einem guten, dauerharten Bindemittel
bei etwas reichlich bemessenen Gewölbstärken geboten, wenn dieser Zweck auf die Dauer erreicht werden soll.
Die Thatsache, daß die Bogen gewölbter Brücken bei Temperaturwechsel ihre Längen nicht unerheblich ändern, hat bei dem Bau
einiger sächsischer Brücken Veranlassung zur Anwendung je zweier oder je dreier Gelenke an den Anfängen
und Scheiteln der Gewölbe
[* 27] gegeben, welche eine Hebung
[* 28] und eine Senkung der Gewölbe gestatten und die Berührungsflächen der
Widerlager und Bogenschenkel sowie der Bogenschenkel unter sich so beschränken, daß die Lage der Drucklinie hierdurch eine
bestimmtere wird. Zu diesem Zweck sind die Lagerfugen der beiden ein Gelenk bildenden Steine bez. etwas
konkav und etwas konvex gekrümmt, derart, daß zwischen jenen Fugen Zwischenräume entstehen, welche sich von der Berührungsfläche
in der Mitte nach außen hin allmählich erweitern. Die nach diesem System bereits im J. 1880 ausgeführte Brücke der Pirna-BerggießhübelerBahn enthält drei Segmentbogen von 13 m Spannweite und 3 m Pfeilhöhe und hat sich bis jetzt bewährt.
[* 2] Das große Unglück, welches infolge Zusammenbruchs des eisernen Überbaues der 41 m im Lichten
weiten Birsbrücke der Jura-Simplon-Eisenbahn bei Mönchenstein einen ungewöhnlich schweren Personenzug
betroffen hat, ist Veranlassung dazu gewesen, daß in neuerer Zeit mehr als je die Frage über die Sicherheit eiserner Brücken
und die Maßregeln zur Vorbeugung von Unglücksfällen im Vordergründe steht. Innerhalb Deutschlands
[* 30] und Österreichs hat man
diese Frage in Fachkreisen schon seit einer Reihe von Jahren mit vollem Ernst behandelt. Die hauptsächlichste
Anregung hierzu hat der Verband
[* 31] deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine gegeben, dessen ReferentFritzsche als Vertreter
des SächsischenIngenieur- und Architekten-Vereins seinem ersten Referat über mutmaßliche Dauer von Eisenkonstruktionen vom (s.
»Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens«, Jahrgang 1875, S. 35) den Satz beifügte: »Aber auch
andre Kräfte machen sich geltend und legen dem Ingenieur die Verpflichtung auf, deren Wirkungen zu erforschen, um nicht unvorbereitet
zu sein, wenn nach Verlauf von 50-100 Jahren die alten Eisenkonstruktionen beginnen sollten, öfter Brüche zu zeigen, als
wir dies jetzt ahnen.« Staatsregierungen, Eisenbahngesellschaften, Provinzial- und Stadtverwaltungen sind
nach dem Vorgang der königlich sächsischen Staatseisenbahnverwaltung im J. 1877 auf spätere Anträge des Verbandsvorstandes
mit großer Bereitwilligkeit dazu übergegangen, ihre eisernen Eisenbahn- und
¶
mehr
Straßenbrücken von mehr als 10 m Spannweite unter Aufwendung beträchtlicher Kosten besondern periodischen Prüfungen zu unterwerfen.
Danach sollen außer der alljährlich (wie bei kleinern eisernen Überbauen) vorzunehmenden mechanischen Reinigung, Untersuchung
der Nietverbindungen, Beseitigung von Roststellen etc. aller 2-6 Jahre genaue Messungen der
elastischen Durchbiegung sowie der bleibenden Setzung vorgenommen und die Messungs- sowie die sonstigen
in besondern Fällen damit in Verbindung zu bringenden, auf Temperatur, direkte Einwirkung der Sonnenstrahlen, Klangveränderung,
Magnetischwerden der Konstruktionsteile etc. sich beziehenden Beobachtungsergebnisse nach Maßgabe
eines Schemas aufgeschrieben werden (s. »Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens«, Jahrgang 1880, S. 13). Dies Verfahren
gestattet, die jeweilig gefundenen Zustände und notwendig erschienenen Reparaturen und Verbesserungen
der verschiedenen Konstruktionsarten in gleichmäßiger Weise zu verzeichnen, und bietet nach Verlauf einiger Jahrzehnte die
höchst erwünschte Möglichkeit, die Ergebnisse von einer großen Anzahl Brücken miteinander zu vergleichen und daraus Schlüsse
zu ziehen, welche Konstruktionsformen und welche Eisen- und Stahlarten für eiserne Brücken am besten
geeignet sind.
Solange man in dieser Beziehung noch nicht sicher unterrichtet ist, empfiehlt es sich, insbesondere auch im Hinblick darauf,
daß die an die Tragfähigkeit der Eisenbahn- und Straßenbrücken zu stellenden Anforderungen mit dem Fortschreiten der Industrie
stetig wachsen, überall, wo thunlich, am Steinbau festzuhalten und eiserne Brücken nur dann herzustellen,
wenn sie nicht füglich durch steinerne ersetzt werden können, also namentlich da, wo die Kreuzungen mit Flüssen oder andern
Verkehrslinien in sehr spitzen Winkeln erfolgen, wo nur geringe Beschränkung der lichten Höhe statthaft erscheint, wo gutes
Stein- und Mörtelmaterial nur mit unverhältnismäßig großen Kosten zu beschaffen ist. Denn die Steinbrüchen
können ohne wesentlichen Mehraufwand von vornherein für bedeutend größere Lasten eingerichtet werden, als zur Zeit ihrer
Erbauung dafür in Aussicht stehen, während man bei Berechnung der zu wählenden Konstruktionen von Eisenbrücken
[* 33] mit Rücksicht
auf die Kostspieligkeit des Materials in der Regel möglichst genau an der zunächst in Aussicht stehenden
Maximalbelastung festhält.
Außerdem erfordert eine solid gebaute steinerne Wölbbrücke so wenig Aufsichts- und Instandhaltungskosten, daß ihr einer
Eisenbrücke gegenüber etwas höheres Anlagekapital in einer längern Reihe von Jahren zuversichtlich leichter zu amortisieren
ist als dasjenige der an ihrer Stelle zu erbauen gewesenen Eisenbrücke. Nur einen Übelstand haben steinerne
Eisenbahnbrücken gegenüber den seit Jahrhunderten bewährt gefundenen steinernen Straßenbrücken gezeigt, nämlich ungünstige
Beeinflussung der Gewölbe durch die Tagewässer, welche der notwendigen Losehaltung der Schienengeleisbettung wegen leicht
von der Eisenbahnplanie aus bis zum Gewölberücken durchsickern, während Landstraßen-Oberflächen eine wasserdichte Decke
[* 34] bilden, daher die Tagewässer nicht nach dem Gewölbe gelangen, sondern zu beiden Seiten der Brücke ablaufen
lassen.
Sollten die seit einer Reihe von Jahren bei zahlreichen steinernen Brücken und Viadukten ausgeführten Gewölbeschutzanlagen,
bestehend in Herstellung wasserdichter Schichten zwischen Gewölberücken und Schienengeleisbettung, auf die Dauer nicht ausreichend
gut
sich bewähren, und zwar etwa deshalb, weil infolge der Beweglichkeit der Gewölbe allmählich Risse
in der wasserdichten Schicht entstehen, so bliebe nur übrig, die Bahnplanie nach dem Vorschlag Köpckes in voller Breite über
den Schienengeleisen und selbstverständlich außerhalb des Normaldurchfahrtsprofils so zu überdachen, daß sie vor Regen
und Schnee
[* 35] vollständig geschützt ist. Es würden solche Schutzdächer nicht viel mehr kosten als die seither mühsam
unter der Geleisbettung eingebauten Schutzschichten, bei besonders leichter Bauart sogar zuweilen billiger zu stehen kommen.
Diese wirtschaftliche Frage ist indes von untergeordneter Bedeutung gegenüber der Gewährleistung der Sicherheit des Eisenbahnbetriebes
durch steinerne Brücken. Ein durch Tagewässer direkt infolge Auswaschens des Mörtels oder indirekt infolge von Frostwirkungen
beschädigtes Gewölbe kommt nicht unerwartet zum Einsturz, sondern zeigt zunächst kleine Defekte, die
mit bloßem Auge
[* 36] wahrnehmbar und daher bei einigermaßen aufmerksamer Beaufsichtigung der Kunstbauten unschädlich zu machen
sind. Anders liegen die Verhältnisse bei eisernen Brücken. Hier hat man es nicht nur mit Mängeln zu thun, welche mit dem
bloßen Auge wahrgenommen und daher bei Gelegenheit der Ausführung gewöhnlicher Instandhaltungsarbeiten
beseitigt werden können, sondern auch mit Verbindungs- und Spannungsveränderungen der einzelnen Konstruktionsteile, welche
ohne Lupe
[* 37] und verschiedene andre Untersuchungs- und Meßinstrumente nicht zu erkennen sind.
Will man daher verhüten, daß in Zukunft öfter als jetzt vorauszusehen ist, Brüche eiserner Eisenbahn- und Straßenbrücken
vorkommen, so muß man vor allem die jetzt in Gebrauch stehenden obenerwähnten periodischen Prüfungen
mit peinlicher Gewissenhaftigkeit fortsetzen und da, wo durch dieselben irgend ein, wenn auch anscheinend nur kleines Bedenken
bezüglich des guten Zustandes eines Bauwerkes hervorgerufen wird, mit allen durch Wissenschaft und Erfahrung gebotenen Hilfsmitteln
die wahre Ursache festzustellen und unschädlich zu machen suchen.
Das kann nur auf Grund besonders genauer Erörterungen geschehen. Denn die periodisch wiederholten Durchbiegungsmessungen,
welche am einfachsten und auch vollständig zweckentsprechend mit nur einem schweren Fahrzeug, und zwar bei Eisenbahnbrücken
mit einer der schwersten Lokomotiven ausgeführt werden, gewähren in der Regel nicht direkten Aufschluß darüber, in
welchen Konstruktionsteilen die eingetretenen Mängel zu suchen sind, sondern lediglich ein im allgemeinen verwertbares Ergebnis.
Sie lassen erkennen, ob im Laufe mehrerer Jahresperioden die elastischen oder die bleibenden Durchbiegungen der Haupttragwände
oder beide innerhalb zulässiger Grenzen
[* 38] gleichmäßig größer oder kleiner werden, oder ob sie sprungweise sich ändernde
Zahlenreihen aufweisen. Ist nun letzteres der Fall, so liegt die Notwendigkeit vor, die betreffende Eisenkonstruktion
einer ganz speziellen Untersuchung, insbesondere auch einer ebenso großen, zweckmäßig aus einer ReiheLokomotiven nebst
Tendern bestehenden Probebelastung zu unterwerfen, wie solche bei neuerbauten oder bei umgebauten, bez.
verstärkten eisernen Brückenüberbauen angewendet werden muß, bevor die Inbetriebnahme gestattet werden
darf.
Nach den bis jetzt vorliegenden Beobachtungsergebnissen sind es nicht Strukturänderungen des Eisens, welche nach Verlauf
einer Reihe von Jahren den Bestand eiserner Brücken gefährden
¶
mehr
(Bauschingers Versuche haben ergeben, daß solche bei millionenmaligen, innerhalb der nach Maßgabe des Elastizitäsmoduls
vorgeschriebenen Grenzen bleibenden Biegungen nicht eintreten), sondern Konstruktionsmängel, welche zumeist darauf zurückgeführt
werden können, daß man vor Jahrzehnten nicht allenthalben in der Lage war, bei den einzelnen Konstruktionsteilen die Inanspruchnahme
richtig zu beurteilen. Es gibt vermutlich viele alte Brückenüberbaue, bei deren Haupt- und Quertragwänden
einzelne Glieder
[* 40] ungenügend gegen das Einknicken gesichert, andre, namentlich Streben, Schwellenträger, mangelhaft mit den
Gurten, bez. Querträgern verbunden, zuweilen auch, und zwar vorzugsweise
bei unten liegenden Fahrbahnen, mangelhaft seitlich abgesteift, mit zu schwachen Windstreben ausgestattet oder im allgemeinen
zur Aufnahme der infolge besonderer Zufälligkeiten zuweilen vorkommenden Horizontalschwankungen nicht
genügend stark erscheinen.
Man muß es daher als unerläßliche Pflicht bezeichnen, vor jeder durch Verkehrsinteressen gebotenen wesentlich stärkern
Inanspruchnahme sie mindestens rechnerisch, nach Befinden aber auch durch Probebelastungen in derselben Art, wie solche bei
neuerbauten Brücken angewendet werden, auf ihre Widerstandsfähigkeit zu prüfen, also auch in diesem
Fall sich nicht mit den Ergebnissen der periodischen Durchbiegungsmessungen, welche nach obigem lediglich Zahlen liefern, die
zu Vergleichungen mit frühern Messungen geeignet, daher nur relativ verwertbar sein sollen, zu begnügen.
Solchen mit speziellen Untersuchungen verbundenen Probebelastungen müssen rein praktische Nachforschungen vorausgehen, bestehend
im Beklopfen der Nieten und Schrauben,
[* 41] Untersuchen der Stoßdeckungen, Nachmessen der Stehblechstärken
und deren Absteifungen bei Blechträgern, Nachmessen der Mittelständer bei kontinuierlichen Brücken, Untersuchen der Auflagerungen
auf den Pfeilern, insbesondere auf deren Beweglichkeit bei Temperaturänderungen, Untersuchen des gegen Rost schützenden Anstrichs
etc., wenn man zuverlässige Unterlagen zu richtiger Berechnung und zur Anordnung der erforderlichen Reparaturen,
nach Befinden Verstärkungen, erlangen will.
Neben diesen sorgfältigen Untersuchungen, Reparaturen und Verstärkungen eiserner Brücken ist zur Verhütung von Unglücksfällen
aber auch noch strenge Kontrolle über die Art und Weise der Inanspruchnahme derselben erforderlich, namentlich dann, wenn
durch Rechnung oder Probebelastung sich ergeben hat, daß ein Brückenüberbau mit Konstruktionsmängeln behaftet ist,
die beim Zusammentreffen mancherlei ungünstig wirkender Zufälligkeiten die Tragfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
In diesem Fall hat man so lange, bis die Mängel beseitigt sind, nicht nur dafür zu sorgen, daß die zu befördernden besonders
schweren Lasten auf möglichst lange Strecken verteilt, sondern auch dafür, daß Anlässe zu schwingenden Bewegungen des Bauwerks
vermieden werden, also auf Straßenbrücken kein Marschieren von Truppen in gleichem Schritt vorkommt, auf Eisenbahnbrücken
kein Zug
mit Eilzugsgeschwindigkeit verkehrt oder durch plötzlich starkes Bremsen
[* 42] Stoßdehnungen erzeugt.
Bei der großen Anzahl der in manchen Eisenbahnstrecken vorhandenen eisernen Brücken ist es freilich sehr schwer, die Geschwindigkeitsverminderung,
insbesondere während der Nachtzeit, allenthalben am richtigen Orte durchzuführen, um so mehr, als die
Reisenden durchaus nicht mit
dem Langsamfahren einverstanden sind und, die ihnen selbst drohende Gefahr der Verunglückung
nicht achtend, sehr bald ungeduldig werden, wenn die hierdurch veranlaßten Ankunftsverzögerungen mehr als einige Minuten
betragen.
Man vermag nicht in Abrede zu stellen, daß Eisenbahnunfälle
[* 43] zuweilen geradezu auf diese Ungeduld und
sonstiges anspruchsvolles Verhalten der Reisenden zurückgeführt werden können, und es erscheint daher hier am Platze,
hervorzuheben, daß das in neuerer Zeit beliebte Drängen nach Einführung wesentlich größerer Fahrgeschwindigkeit, selbst
bezüglich derjenigen Strecken, auf denen solche mit Rücksicht auf Neigungs- und Richtungsverhältnisse zulässig ist, mindestens
als verfrüht bezeichnet werden muß. Nicht nur Monate, sondern Jahre werden erforderlich sein, um außer dem Oberbau auch
den Unterbau der Eisenbahnen, und zwar in letzterm vor allem die eisernen Brücken unter Aufrechthaltung des Betriebes so zu
verstärken, nach Befinden durch steinerne so zu ersetzen, daß die erstrebte größere Schnellzugsgeschwindigkeit
unter Wahrung der Betriebssicherheit eingeführt werden kann.
[* 2] ein Bauwerk, das den Zweck hat, einen Verkehrsweg (Fußweg, Straße, Eisenbahn, Kanal)
[* 46] über eine Terraineinsenkung,
einen Wasserlauf oder über einen andern Verkehrsweg derart hinwegzuführen, daß unter dem verbindenden
Bau ein freier Raum verbleibt.
Je nach der Beschaffenheit des zu tragenden Verkehrsweges unterscheidet man Stege (nur für Fußgänger), Straßen-, Eisenbahnbrücken,
welche drei auch den gemeinsamen NamenViadukt führen im Gegensatz zu Aquädukt (s. d.), der entweder einen schiffbaren Wasserweg
(dann Brückenkanal genannt nach dem franz. Pont canal) oder auch nur Leitungswasser
zu führen bestimmt ist.
Nach der Art der zu überbrückenden Öffnung spricht man von Strom- oder Flußbrücken, wenn ein größerer Wasserlauf von
Ufer zu Ufer überspannt wird, dagegen von Thalbrücken, wenn ein Verkehrsweg über ein breites Thal in längerer Strecke geführt
wird.
Nach der Stellung der Brücke unterscheidet man gerade und schiefe Brücke, je nachdem die Achse der Brücke mit der Hauptrichtung
des Thals oder Verkehrsweges einen rechten oder spitzen Winkel
[* 47] bildet.
Die Hauptbestandteile einer Brücke sind 1) die Brückenbahn (s. d.), Fahrbahn oder kurzweg Bahn, die als Unterlage der Verkehrsmittel
dient;
2) das Brückentragwerk (s. d.) oder kurz Tragwerk, das den Druck der Fahrbahn aufnimmt
und auf 3) die Brückenpfeiler (s. d.) überträgt, die endlich als unterstützende Teile die feste Verbindung mit dem Erdboden
herstellen. Nach dem Material des Tragwerks unterscheidet man Holzbrücken (s. d.),
Steinbrücken (s. d.) und Eisenbrücken (s. d.).
Nach der statischen Beschaffenheit des Tragwerks unterscheidet man a.
Balkenbrücken, bei denen die Pfeiler vom Tragwerk nur senkrecht oder in einer von der senkrechten nur wenig abweichenden
Richtung belastet werden; brücke Stützbrücken, deren Tragwerk aus einem Sprengwerk
[* 48] oder einem Bogen (Bogenbrücke) besteht und
außer dem lotrechten Druck noch einen seitlichen nach außen gerichteten Druck auf die Pfeiler ausübt;
c. Hängebrücken, deren Bahn zwischen den Pfeilern an Ketten (Kettenbrücken), Drahtseilen (Drahtbrücken) oder Gurtungen aus
Walzeisen aufgehängt ist und auf die Pfeiler außer einem lotrechten Druck noch einen seitlichen nach innen gerichteten
Zug
ausübt. - Die Balkenbrücke kann sowohl Holz- als Eisenbrücke sein. Eine besondere historisch merkwürdige Art der
eisernen Balkenbrücke ist die Blechtunnelbrücke oder Röhrenbrücke
[* 49] (s. d.). Die Stützbrücken können Holz-, Eisen- oder
auch Steinbrücken sein. Die Hängebrücken sind nur Eisenbrücken; die hölzernen Hängewerksbrücken (s. Holzbrücken)
sind nicht als Hängebrücken zu bezeichnen. - Über dieBalkenbrücken und Stützbrücken und die auf sie bezüglichen speciellen
Namen der Brückensysteme s. Holzbrücken und Eisenbrücken. Hängebrücken s. d.
Sind die Pfeiler einer Balkenbrücke durch hölzerne Böcke ersetzt, so wird die Brücke Bockbrücke (s. d.) genannt; sind die Böcke
als größere, gerüstartige Stützen ausgeführt, so bezeichnet man die Brücke als Gerüstbrücke (s. d.), welches System sowohl
bei Holzbrücken als bei Eisenbrücken Anwendung findet. Einfache Holzbrücken, deren Pfeiler durch Reihen
eingerammter Pfähle (Joche) gebildet sind, werden oft Jochbrücken genannt.
Eine Brücke, bei der alle Teile während des Gebrauchs in unveränderter fester Lage bleiben, heißt feste Brücke im Gegensatz zu den
beweglichen Brücke, bei denen das Tragwerk ganz oder teilweise beweglich ausgeführt ist, wie beiden Zugbrücken,
Klappbrücken, Kranbrücken, Drehbrücken,
[* 50] Roll- oder Schiebebrücken und den Hubbrücken. Über die Unterscheidungsmerkmale
s. Bewegliche Brücken. Die Kriegsbrücken sind interimistische Brücke. Zu ihnen gehören die mit Feldbrücken,
[* 51] Trainbrücken, Brückenstege,
Laufbrücken, Kolonnenbrücken bezeichneten Gattungen. (S. Kriegsbrücken.) Zu Kriegs-und Friedenszwecken dienen die als schwimmende
Brücke ausgeführten Pontonbrücken oder Schiffsbrücken
[* 52] (s. d.), Floßbrücken
(s. d.) und Faßbrücken (s. d.).
- Fliegende Brücke werden oft die Fähren (s. d.)
genannt, von denen die Eisenbahnfähren (s. d.) oder Trajektanstalten hervorzuheben
sind.
In rechtlicher Beziehung ist folgendes zu bemerken. Brücke über öffentliche Ströme dürfen, wenn sie nicht vom Staate selbst
gebaut werden, nur mit dessen Genehmigung angelegt werden. Bei der Erteilung der Genehmigung werden Bestimmungen
getroffen über die Unterhaltspflicht und, wenn die Brücke dem Gemeingebrauch dienen, wohl auch wegen Erhebung eines Brückengeldes.
Neuerdings sind solche Brücke mit den öffentlichen Straßen, in deren Zuge sie liegen, vielfach an Provinzen oder Städte abgetreten,
nicht immer zugleich mit dem Brückenzoll. Die Brücke über Privatflüsse sind von dem Eigentümer
oder, wenn sie Wege verbinden, von denen zu erhalten, welchen die Wegebaulast obliegt. Brücke sind unter besondern
strafrechtlichen Schutz gestellt im Strafgesetzb. §§. 90, Nr. 2, 305, 321, 325. Wer Bauten oder Ausbesserungen von Brücke vornimmt,
ohne die angeordneten oder erforderlichen Sicherungsmaßregeln zu treffen, macht sich nach §. 367, Nr. 14 strafbar,
auch wenn kein Schaden entstanden ist.
Litteratur. H. Müller, Die Brückenbaukunde in ihrem ganzen Umfange (4 Bde. mit Atlas,
[* 53] Lpz. 1850-53);
Schwarz, Der Brückenbau
(2 Abteil., Berl. 1860-65);
Winkler, Vorträge über Brückenbau (10 Hefte, z. T. in 3. Aufl., unvollendet, Wien 1872-87);
Becker, Der Brückenbau in seinem ganzen Umfange (4. Aufl., Stuttg. 1873);
Laissle und Schübler, Der Bau der
Brückenträger (1. Teil, 4. Aufl., ebd. 1874-76; 2. Teil 1870);
Heinzerling, Die Brücke der Gegenwart (4 Abteil., Aachen
[* 54] 1874-87);
Handbuch der Ingenieurwissenschaften, Bd. 2: Der Brückenbau
(2. Aufl., Lpz. 1886-89);
[* 2] Ernst Wilh. Ritter von, Physiolog, geb. zu Berlin,
[* 56] studierte seit 1838 daselbst und in Heidelberg
[* 57] Medizin, wurde zu Berlin 1843 Assistent am Museum für vergleichende Anatomie und Prosektor, 1846 auch Lehrer der Anatomie an der
Akademie der bildenden Künste; 1848 kam er als Professor der Physiologie nach
¶
mehr
Königsberg,
[* 59] von wo er 1849 als Professor der Physiologie und mikroskopischen Anatomie nach Wien übersiedelte. 1879 wurde er
zum Mitgliede des österr. Herrenhauses ernannt, in dem er sich der Verfassungspartei anschloß. Brücke trat im Sommer 1890 in
den Ruhestand und starb in Wien. Seine Verdienste waren durch Verleihung hoher Orden
[* 60] und des Ritterstandes
geehrt worden. Seinen wissenschaftlichen Ruf begründete Brücke mit der «Anatom.
Beschreibung des Augapfels» (Berl. 1847), der er eine lange Reihe von Abhandlungen über verschiedene Gegenstände der Anatomie
und Physiologie, namentlich den Gesichtssinn, Blut und Kreislauf,
[* 61] Verdauungsorgane, Physiologie der Sprache
[* 62] teils in Fachzeitschriften,
teils in den «Denkschriften» und «Sitzungsberichten» der WienerAkademie folgen ließ.
Bahnbrechend wirkten B.s «Grundzüge der Physiologie und Systematik der Sprachlaute» (Wien 1856; 2. Aufl. 1870); ferner «Neue
Methode der phonetischen Transskription» (ebd. 1863), welche dazu dienen soll, die Laute nach ihrem wirklichen Lautwert abzubilden.
Das Wesentliche dieses neuen Systems besteht darin, daß die einzelnen Typen, mit denen gedruckt wird,
keine Buchstaben sind, sondern nur Zeichen für die Stellung der einzelnen beim Sprechen thätigen Organe, aus denen dann erst
die Buchstaben zusammengesetzt werden.