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Regierung und der Gemeinde in zweiJahresklassen gegründet worden, das 1894/95 219 Schüler zählte. Dcr Bericht über das kommerzielle Bildungswesen der Schweiz [* 1] zählt für 1894 sechs Handelsverträge auf (Bern, [* 2] Cbaur-de-Fonds, Genf, [* 3] Neuenburg, [* 4] Solothurn [* 5] und Winterthur), die einen Bundeszuschuß von 49 350 Frs. erhalten. In England sind erst jüngst auf Veranlassung der Handelskammern Kom- missionen ins Ausland geschickt worden, welche die wichtigern Handelsverträge besichtigt haben. Erste Frucht der Be- strebungen ist die Ausarbeitung von Studienplänen, die Abbaltung von Prüfungen in London [* 6] und ander- wärts und Erteilung von Zeugnissen ((^ommsreial (^(!i-tiiiclit68). -
Vgl. noch Glasser, Das kommerzielle Bildungswesen in Österreich-Ungarn [* 7] und die kauf- männischen Lehranstalten des Deutschen Reichs (Wien [* 8] 1893);
Kaufmännisches Fortbildungsschul- wesen (2 Tle., Vraunschw. 1896).
^Handels- und Gewerbekammern. Die Or- ganisation der Handelskammern in Preußen [* 9] erwies sich schon seit längerer Zeit als mangelhaft. Weil sie nur eine fakultative Einrichtung war, fehlte in nahezu halb Preußen eine geordnete Vertretung des Handels- standes im ganzen. Insbesondere machte sich dies und dazu die geringe Kompetenz bei Inaugurierung dcr deutschen Handelsvertragspolitik geltend. Dazu brachte das preuß. Gewerbesteuergesetz vom eine starke Mehrbelastung der großen, eine er- bcbliche Entlastung der kleinen Unternehmungen.
Trotzdem sind diese in den Handelskammern aktiv und passiv gleich wahlberechtigt wie Großhandel und Großindustrie. Zur Abstellung dieser Übcl- stände ging im März 1896 dem Abgeordnetenbause ein Gesetzentwurf zu, der die Errichtung von Han- delskammern obligatorisch machte, ihnen vermehrte Aufgaben zuwies und die Wahlrechtsfrage regelte. Er fand aber so unfreundliche Aufnabme seitens der Vertreter des Groß- wie des Kleinbetriebs, daß ihn der Handelsminister wieder zurückzog.
Ein nur nebensächliche Punkts regelnder neuer Entwurf foll in der Session 1897 eingebracht werden. Handelskammern im Auslaude werden jetzt als eine notwendige Ergänzung des Konsulats- wcsens angesehen. Österreich-Ungarn hat 1870 mit dcr Errichtung einer Handelskammer in Konstanti- nopel den Anfang gemacht. Dieselbe wurde von der dortigen österr.-ungar. Kolonie errichtet. 1874 er- folgte ihre Sanktion durch die österr.-ungar. Negie- rung. Sie bestellt Wechsel-, Waren- und Marine- sensale.
Seit 1871 veröffentlichte sie auch Jahres- berichte. Während ihre Thätigkeit in letzter Zeit er- lahmte, zeigen die 1885 in Älexandrien, 1887 in Paris, [* 10] 1888 in London und 1889 in Salonichi eben- falls aus freiwilligem Veitritt der dort ansässigen oder vertretenen fremden Firmen hervorgegange- nen österr.-ungar. Auslandshandelskammcrn reges Leben, besonders die Pariser, welcher alle in Frank- reich ansässigen volljährigen österr. oder ungar. Handels- und Gewerbetreibenden wie die dort vor- handenen österr.-ungar. Firmen angeboren können.
Die Geschäfte führt ein Präsidium und ein 18glied- riger Ausschuß, die Kosten werden durch Eintritts- gelder und Jahresbeiträge gedeckt. (Vgl. Artikel Handelskammern im «Osterr. Staatswörtcrbuch», Bd. 2, Wien 1896.) Außerdem haben die Eng- länder (1872) und Belgier in Paris, die Franzosen in Montevideo, [* 11] Ncuorleans, Mailand, [* 12] Konstantinopel, [* 13] Barcelona, [* 14] 5esso, Neuyork [* 15] u. s. w., die Italiener ebenfalls an verschiedenen ausländischen Orten Handelskammern errichtet. In London allein be- stehen acht ausländische Handelskammern. Die erste deutsche Handelskammer im Auslande wurde 1894 ! in Brüssel [* 16] von der dortigen deutschen Kolonie aus ! Privatmitteln gegründet und fördert die deutsch- belg. Handelsbeziehungen in recht erfolgreicher Weife. -
Vgl. noch Handel und Gewerbe, Organ für die Handelsverträge u. G. (Berlin, [* 17] feit 1893).
^Handelsverträge. 1) Deutsches Reich. Nach dem im Dez. 1891 erfolgten Abschlüsse der Handelsverträge ! der Schweiz lenkte die deutsche Reichsregierung ihr l Augenmerk auf die Regelung der handelspolit. Be- z ziehungen zu den noch nicht oder nicht mehr in Ver- ! tragsverhaltnissen stehenden Staaten. So wurde der Bundesrat im Jan. 1892 gesetzlich ermächtigt, auch solchen Staaten, welche keinen Anspruch auf die neuen Zollermäßigungen besaßen, diese dennoch bis zum Dez. 1892 zuzugestehen.
Davon wurde zu- nächst gegen Sp anien in der Hoffnung auf Wieder- ! erneuerung des zum Febr. 1892 gekündigten Handels- vertrags Gebrauch gemacht; allein der zwischen den beiderseitigen Regierungen vereinbarte und vom , Teutschen Reichstage im Dez. 1893 gutgeheißene l Vertrag stieß bei der schutzzöllnerischen Majorität ! der Cortes auf Widerstand, und der seither befolgten i Vcrscbleppungspolitik von feiten Spaniens mußte deutfcherfeits durch Anwendung des Gencraltarifs ! gegen fpan.
Waren im Mai 1894 ein Ende gemacht werden. Im felben Monate noch erfolgte seitens Spaniens die Anwendung des Maximaltarifs und seitens des Reichs ein Zollzuschlag von 50 Proz. zum Generaltarif. Erst im Juli 1896 wurden diese Kampf- zöllc beiderseits aufgehoben. Im Juli 1892 wurde die obengedachte Vergünstigung Rumänien [* 18] gewährt, mit welchem gleichfalls ein neuer Handelsvertrag vereinbart werden follte; indessen trat dieser erst mit Beginn des I. 1894 in Kraft, [* 19] nachdem der provi- sorische Zustand wiederholt verlängert worden war.
Fast gleichzeitig wurde nach langem Zögern mit Ser- bien ein Handelsvertrag geschlossen, nachdem der bis dahin laufende im vorhergehenden Jahre von Serbien gekündigt worden war. An sonstigen Handelsverträge mit kleinern Staaten sind noch die mit Ägypten [* 20] (1893) und Columbia [* 21] (1894) zu nennen. Der Handels- und Sckiffahrtsvertrag mit Uruguay [* 22] (1894) ist von letzterm Staate gekündigt worden nnd tritt außer Kraft. Der deutsch- ckilenische Handelsvertrag, dessen Ablauf [* 23] auf Grund der 1895 erfolgten Kündigung seitens Chile bevorstand, wurde bis zum ver- längert. Die vom Reichstag beschlossene Kündi- gung des Handelsvertrags mit Argentinien ist bis jetzt noch nicht erfolgt, dagegen erlangte der unterm mit Japan [* 24] geschlossene Handels- und Schifsahrtsvertrag im Juni 1896 die Genehmigung des Reichstags.
Dieser Vertrag ge- währt Deutschland [* 25] außer dem Meistbeqünstigungs- ! recht einen Konventionaltarif, Deutschland räumt , dagegen Japan die Meistbegünstigung und Aufhe- ! bung der Konfulargcrichtsbarkeit ein. Der Vertrag ! soll 12 Jahre unkündbar bleiben, aber nicht vor 1899 in Kraft treten. Gleichzeitig wurde mit Japan ein Konsularvertrag geschlossen. Ein Handelsvertrag mit Nicaragua [* 26] ist ebenfalls 1896 abgeschlossen worden. Tagegen hat Costa-Rica Ende 1896 den ! Handelsvertrag mit Deutschland gekündigt. ^ Von größerer Bedeutung als die sämtlichen ge- ! dachten Handelsverträge war der in Kraft getretene ¶