anzuwenden.
Beim Gesunden bewirkt eine Einspritzung
[* 1] von 0,25 ccm Tuberkulin vorübergehend heftigen Schüttelfrost,
Fieber, Übelkeit
und Atembeschwerden, während Einspritzungen von 0,01 ccm keinerlei Krankheitserscheinungen zur Folge haben.
BeimTuberkulösen
dagegen tritt auf die letztgenannte
Dosis des
Mittels nicht bloß hohes
Fieber mit schweren Allgemeinerscheinungen, sondern
auch eine lebhafte örtliche Reaktion des erkrankten Organs ein, insbesondere eine heftige
Entzündung
in der Umgebung der tuberkulösen Herde mit Ausgang in
Eiterung und
Abstoßung.
Über die therapeutische Anwendung des Tuberkulin am
tuberkulösen
Menschen sind die
Akten noch nicht geschlossen. Eine sichere Bedeutung besitzt das Tuberkulin für diagnostische Zwecke.
NachdemKoch bereits seit mehrern Jahren für Heilzwecke besondere Präparate benutzte, bei welchen die
entzündungerregenden Eigenschaften geringer sind, ist es ihm neuerdings gelungen, durch Verreiben frischer Tuberkelbacillenkulturen,
Aufschwemmen der gewonnenen
Masse und Centrifugieren neue Präparate darzustellen, von denen er sich großen Erfolg verspricht.
-
Vgl.
Koch,
Über neue Tuberkulinpräparate (Lpz. 1897).
(tuberculosis), eine akut oder chronisch verlaufende
Infektionskrankheit, die sich durch die
Ablagerung
hirsekorngroßer grauer oder gelblicher durchscheinender Knötchen oder
Tuberkeln (tubercula) in den verschiedenen Organen
(Lungen,
Leber,
Darmschleimhaut, Gehirnhaut,
Lymphdrüsen,
Knochen
[* 2] u. s. w.) charakterisiert, die durch ihre pathol.
Veränderungen
meist eine
Erweichung und Schmelzung der Gewebe,
[* 3] häufig auch eine allgemeine Blutentmischung und Verderbnis
der Säfte zur Folge haben.
Unter dem Mikroskop
[* 4] betrachtet, zeigt sich der frische
Tuberkel im wesentlichen aus kleinen rundlichen, zierlich angeordneten
Zellen zusammengesetzt, die ein oder mehrere große Zellen (sog. Riesenzellen) umschließen.
Sehr bald nach seinem Entstehen beginnt der
Tuberkel von seiner Mitte aus zu atrophieren und sich in eine
trockne, gelbe, käsige
Masse zu verwandeln; die
Ursache dieser sog. Verkäsung des
Tuberkels liegt ohne Zweifel in einer unzureichenden
Ernährung desselben durch die umgebenden
Blutgefäße.
Der verkäste
Tuberkel erfährt nun nach einiger Zeit weitere
Veränderungen, indem er entweder eintrocknet und durch
Ablagerung
von Kalkmassen steinhart wird, in welchem Zustand er zeitlebens, und ohne weitere
Beschwerden zu verursachen,
verharren kann, oder indem er, was der häufigere Fall ist, allmählich erweicht und zu einer dicken rahmähnlichen Flüssigkeit
(Tuberkeleiter oder Tuberkeljauche) zerfließt. Durch diese
Erweichung oder Schmelzung der
Tuberkel entsteht auf den Schleimhäuten
das sog. tuberkulöse
Geschwür, in parenchymatösen Organen die tuberkulöse
Kaverne oder
Höhle
(Vomica),
ein bis faustgroßer rundlicher oder unregelmäßig gestalteter Hohlraum, der mit graugelber dünneitriger oder eitrig-käsiger
Flüssigkeit, häufig auch mit gelblichen Bröckeln erfüllt und in seinen Wandungen tuberkulös infiltriert ist. Durch die
tuberkulösen
Geschwüre und
Kavernen kann nicht nur das tuberkulöse Organ allmählich vollständig zerstört, sondern auch
der Gesamtorganismus infolge des begleitenden
Fiebers und gewisser Folgezustände (fettige und amyloide
Entartung,
Thrombosen u. a.) schließlich zu
Grunde gerichtet werden (Schwindsucht, Phtisis).
Doch kommt nicht selten eine
Art von
Heilung des tuberkulösen Prozesses durch
Bildung von Narbengewebe vor.
Über dieUrsachen der Tuberkulose hat RobertKoch hinreichende Klarheit verschafft. 1865 führte Villemin den direkten
experimentellen
Beweis, daß die Tuberkulose durch
Impfung
[* 5] übertragen werden kann (sog. Impftuberkulose). Ebenso leicht gelingt es,
durch das
Einatmen fein zerstäubten
Auswurfs tuberkulöser
Personen bei ganz gesunden
Hunden eine weit verbreitete
Lungentuberkulose
hervorzurufen. 1882 wies RobertKoch nach, daß in allen tuberkulösen Organen und Auswurfsstoffen regelmäßig mikroskopisch
kleinste niedrige Organismen aus der
Klasse der
Spaltpilze oder
Schizomyceten, die
Tuberkelbacillen, vorkommen, daß man dieselben
auch außerhalb des Tierkörpers in künstlichen Nährsubstanzen rein zu züchten und mit den nach mehrern Generationen erhaltenen
unvermischten
Pilzen bei jedem Versuchstier wiederum künstlich die Tuberkulose hervorzurufen im stande ist. Damit war experimentell
erwiesen, daß die Tuberkulose eine infektiöse, durch eine specifische Bakterienart hervorgerufene
Krankheit ist.
Der Tuberkelbacillus
(BacillustuberculosisKoch, s.
Tafel:
Bakterien,
[* 6]
Fig. 1) ist ein sehr schmaler, langer, unbeweglicher
Bacillus,
häufig von leicht gebogener Gestalt und je nach dem Nährboden wechselnder Ausbildung; seine Länge entspricht etwa einem
Drittel des Durchmessers eines roten
Blutkörperchens. Sehr häufig erscheint er in Form gefärbter Körnerreihen;
die ungefärbten Partien einer solchen Reihe wurden früher für
Sporen gehalten; der Tuberkelbacillus bildet jedoch keine
Sporen und ist daher auch gegen hohe Hitzegrade nicht widerstandsfähig.
Specifische Färbungsmethoden, die auf die große Widerstandsfähigkeit der
Bacillen gegen Säuren basiert sind, bedingt
durch zwei im Körper enthaltene
Substanzen, die zu den ungesättigten
Fettsäuren gehören, gestatten eine absolut sichere
Diagnose der
Bacillen gegenüber andern Bacillenformen. Die
Bacillen wachsen nur unter sehr eng begrenzten
Bedingungen, zwischen
30-40° C.
Temperatur (am besten bei der Körpertemperatur 37,5°), auf Blutserum, Glycerinagar, schwieriger auch auf Kartoffeln.
Demnach können die
Bacillen sich in der Außenwelt nicht vermehren, wohl aber erhalten sie sich, worauf
die weit verbreitete Gefahr der
Ansteckung beruht. Das Abtöten der
Bacillen zum Zweck der
Desinfektion
[* 7] geschieht am sichersten
durch
Kochen in strömendem Wasserdampf. Gegen die
Magenverdauung sind die
Bacillen geschützt, so daß sie durch denMagen
[* 8] hindurch noch virulent in den
Darm
[* 9] gelangen und diesen infizieren können.
Getrockneter bacillenhaltiger
Auswurf von
Tuberkulösen behält wochenlang seine Ansteckungsfähigkeit, wird leicht in kleinsten
Partikelchen vom Luftstrom fortgeführt, gelangt beim
Einatmen direkt in die Luftwege und kann hier wiederum Tuberkulose erzeugen,
wenn sonst die
Bedingungen der weitern
Entwicklung der eingeatmeten
Bacillen günstig sind. In einer gesunden
Lunge
[* 10] vermögen sich diese nur schwer anzusiedeln, da das schützende Epithel der Schleimhäute ihrem Eindringen in die
Gewebe einen wirksamen
Widerstand entgegensetzt; nur wo die Schleimhaut infolge von Katarrhen,
Entzündungen, stagnierendem
und sich zersetzendem Sekret von Epithel entblößt ist, ferner nur in schlaffem und blutleerem Gewebe
sind die
Tuberkelbacillen im stande, sich
¶