mehr
und 1793 die große goldene
Medaille und gewann dadurch in dem Staatsminister
Grafen
Reventlow einen Beschützer. Im März 1797 kam
er nach
Rom,
[* 1] wo damals
Canova und
Carstens lebten; besonders die
Arbeiten des letztern lenkten seinen
Blick auf die ideale Schönheit
der antiken Plastik. Am Ende seines auf drei Jahre festgesetzten röm. Studienaufenthalts
hoffte Thorwaldsen
noch vor seiner Rückkehr durch eine
[* 2]
Figur des Jason einen
Beweis seiner Fortschritte abzulegen; die in übernatürlicher
Größe 1803 hergestellte
Arbeit erregte allgemeine Bewunderung. (S.
Tafel:
Skandinavische Kunst
[* 3] III,
[* 2]
Fig. 3.) Dennoch wäre
Thorwaldsen
ins Vaterland zurückgekehrt, wenn nicht
vor der (zufällig um einen
Tag verschobenen) Rückreise der
Engländer
Th. Hope den Jason in seiner Werkstatt gesehen und die Ausführung in Marmor bestellt hätte.
Damit war T.s
Glück gemacht; es wurden ihm nun mehr und mehr
Bestellungen zu teil. Mit
Canova, der seine Verdienste anerkannte,
stand er fortwährend in freundschaftlichem Verhältnis. Zu seinen vorzüglichsten Schöpfungen auf dem
Gebiete des klassischen Reliefstils, den er neu belebte, gehört das Gipsmodell zum Fries (17,5 m lang) des sog.
Alexanderzugs (Siegeseinzug
Alexanders d. Gr. in
Babylon), welches in der kurzen Zeit von drei
Monaten zum Zweck der Ausschmückung
des
Quirinals beim beabsichtigten, aber dann nicht erfolgten Besuche Napoleons I. in
Rom (1812) ausführte
(Stiche von
Amsler mit
Beschreibung von L. Schorn,
Münch. 1835, und mit
Text von
Lücke, Lpz. 1870). Der König von
Dänemark
[* 4] übertrug
Thorwaldsen
die Ausführung desselben in Marmor für das Schloß Kristiansborg in Kopenhagen.
[* 5]
Ein zweites Marmorexemplar (1818-28) kam in den
Besitz des
Grafen
Sommariva und befindet sich in der Villa
Carlotta (s.
Cadenabbia) am Comer See. (Die bedeutungsvollste Gruppe des Zuges veranschaulicht
[* 2]
Fig. 4 der
beigefügten
Tafel.) Ferner sind von seinen Reliefs zu nennen: vier aus dem Leben des
Achilleus, zwei Reliefs: Morgen und Nacht
(s. ebd.,
[* 2]
Fig. 1
u. 3), vier Reliefs: die vier Jahreszeiten,
[* 6] eins: die
Alter der Liebe. Unter seinen statuarischen
Einzelwerken erlangten besondern Ruf: die
Venus (drei Exemplare in Marmor für England ausgeführt), die drei Grazien, die
Hebe, der sitzende Hirtenknabe und
Merkur
[* 7] als Argustöter (1818). Für Luzern
[* 8] führte er einen an seinen Wunden sterbenden Löwen
[* 9] aus (von ihm 1819 in
Gips,
[* 10] von einem andern Bildhauer 1821 in die natürliche Sandsteinwand gearbeitet),
als
Denkmal für die bei Verteidigung der
Tuilerien gefallenen Schweizergarden. 1819 trat er eine
Reise durch
Deutschland
[* 11] nach
Dänemark an, die einem Triumphzuge glich. In Kopenhagen angelangt, wurde er von der
Kommission für
den Wiederaufbau der Frauenkirche in Kopenhagen wegen des plastischen Schmucks in
Anspruch genommen. Thorwaldsen
lieferte hierfür
den predigenden
Johannes im Giebelfelde des
Vorbaues, einen Fries am Eingänge (den Einzug Christi in
Jerusalem
[* 12] darstellend),
die Kolossalfiguren Christi und der 12
Apostel im Langhause und den Taufengel im Chorraum. Im Aug. 1820 kehrte
Thorwaldsen
von neuem nach
Rom zurück über
Berlin,
[* 13]
Dresden,
[* 14]
Breslau,
[* 15] Warschau,
[* 16] woselbst ihm das Reiterstandbild des Fürsten
Joseph
Poniatowski
(im Schloß des Fürsten Paskewitsch in
Homel bei Minsk) und das Bronzestandbild des
Kopernikus (1822 errichtet) übertragen
wurde und er auch den
Kaiser
Alexander I. porträtierte, Krakau,
[* 17] wo er unter anderm ein Marmorstandbild
des
Grafen Wladimir Potocti im
Dom (s.
Tafel:
Skandinavische Kunst III,
[* 2]
Fig. 1), und
Troppau,
[* 18] wo er das
Denkmal für den Fürsten
Schwarzenberg übernahm, und endlich
Wien.
[* 19]
Auch das prächtige Grabmal für Papst
Pius VII. in der Peterskirche zu
Rom (linke Seitenfigur s. Fig. 2 der beigefügten
Tafel) stammt von ihm. Ein Besuch des damaligen Kronprinzen, nachherigen Königs
Ludwig I. von
Bayern
[* 20] brachte ihn in noch engere
Freundschaftsbeziehungen zu diesem. Infolgedessen besuchte Thorwaldsen
München.
[* 21] Auch von hier nahm er mehrere
Bestellungen mit nach
Rom, bis er 1838 abermals eine
Reise nach Kopenhagen unternahm, wozu ihn hauptsächlich die daselbst beabsichtigte
Gründung eines Museums für seine Werke und Kunstschätze veranlaßte. Eine kurze
Reise nach
Rom ausgenommen, lebte er nun
bis an sein Ende in Kopenhagen. Er starb plötzlich während einer
Vorstellung im
Theater.
[* 22]
Seine letzten großen Werke waren das Grabmal (Marmorstatue) des Herzogs von Leuchtenberg in der Michaels-Hofkirche zu München, die Statue Christians IV. im Hofe des Schlosses Rosenborg, die Statue Gutenbergs in Mainz [* 23] (1837), Schillers in Stuttgart [* 24] (1839), das Reiterbild Kurfürst Maximilians I. in München (1839), die sitzende Statue Lord Byrons in Cambridge und das Standbild Konradins von Schwaben in der Kirche Sta. Maria del Carmine zu Neapel [* 25] (vollendet 1847 von Schöpf).
Gegen 200
Basreliefs, gegen 100
Büsten, 15 Porträtstatuen, etwa 60
Statuen aus dem griech.
Mythus und der christl. Offenbarung,
etwa 10 Grabmäler hat er gefertigt. Als Künstler gebührt Thorwaldsen
der Ruhm, den
Geist der antiken Plastik wieder in die moderne
Skulptur eingeführt zu haben. Auch zeichnet ihn ein gediegener
Geschmack und hohe technische Meisterschaft
aus. 1875 wurde ihm zu Reykjavik auf
Island
[* 26] ein
Denkmal gesetzt. Thorwaldsen
war nicht verheiratet (von der
Anna Maria Magnani hatte
er eine Tochter, geb. 1813); zum
Erben seines Nachlasses, namentlich seiner sämtlichen Kunstwerke und Kunstschütze setzte
er den
Staat mit der
Bedingung ein, daß zu Kopenhagen ein eigenes
Gebäude zur Aufbewahrung dieser
Arbeiten
gebaut werde.
Dies geschah auch nach einem von Bindesböll entworfenen
Plane: das
Gebäude ist aus vier Flügeln gebildet, die einen freien
Raum mit der Grabstätte des
Meisters (seit 1848) umschließen. Nachdem schon vorher alle Kunstschätze
T.s aus
Italien
[* 27] nach
Dänemark gebracht waren, erfolgte 1846 die Eröffnung des Thorwaldse
n-Museums. Einen Katalog desselben
verfaßte
Müller (5 Sektionen, Kopenh. 1849-51); eine Sammlung von
Lithographien (120) sämtlicher Werke
T.s in der Ordnung,
wie sie im Museum aufgestellt sind, gab Holst im «Musée Thorwaldsen»
(Kopenh.
1852).
Von Publikationen seiner Werke sind zu nennen: J. M.
Thieles Kupferwerk in vier
Bänden mit
Text (deutsche
Ausg., 2 Bde., Lpz. 1832
u. 1834), S.
Müller, Thorwaldsen
,
Hans Liv og
Hans Vœrker (Kopenh. 1893). -
Vgl. Thiele, T.s Leben (dänisch, Kopenh. 1851-56; deutsch, 3 Bde., Lpz. 1852-56);
ders., T.s Ungdomshistorie (Kopenh. 1851);
i Rom (ebd. 1852);
ferner E. Plon, Thorwaldsen, sa vie et son œvre (Par. 1867; 2. Aufl. 1874; deutsch von Münster, [* 28] Wien 1875);
Wilckens, Troeck af T.s Konstner- og Omgangsliv (Kopenh. 1874; deutsch von Schorn, ebd. 1875);
Hammerich, Thorwaldsen und seine Kunst (aus dem Dänischen, Gotha [* 29] 1876);
Lange, T.s Darstellung des Menschen (deutsch, Berl. 1894);
Rosenberg, Thorwaldsen (Bielef. 1896). ¶