mehr
nicht weniger in Anspruch nehmen wird, als die Gegenwart, hat im Interesse der Erhaltung eines kreditfähigen Staates im Reiche und in Preußen [* 1] aber zu Versuchen der Einführung einer staatsrechtlichen Tilgungspflicht geführt. In Preußen gelang sie mit Gesetz vom als dauernde Einrichtung; im Reich wurde sie auf bestimmte Zeit erreicht (Gesetze vom und Für Preußen ist bestimmt, daß für 1897/98 mindestens ½, von 1898/99 an mindestens 3/5 Proz. des jeweiligen Staatsschuldenkapitals zu tilgen sei.
Die erforderlichen Beträge werden in den Staatshaushalt eingestellt. Ergiebt sich ein Überschuß im Staatshaushalt, so ist derselbe im vollen Betrage zur weitern Tilgung zu verwenden. Im Reiche wurden für Verminderung der Reichsschuld 1895-1896: 13, 1896/97: 50 Mill. M. besonders ausgeworfen. Übersteigen auch 1897/98 die den Bundesstaaten zustehenden Überweisungen (s. Deutschland [* 2] und Deutsches Reich, Finanzwesen) die Matrikularbeiträge, so sollen drei Viertel des Überschusses an den Überweisungen aus Zöllen und Tabakssteuern zwecks Tilgung der Reichsschuld den Bundesstaaten gekürzt werden.
Regelmäßig sind die S. des modernen Staates, wie nicht besonders fundiert, so auch nicht wie andere Schuldverhältnisse (s. Obligation) durch besondere Pfänder sicher gestellt; ausnahmsweise kommen aber auch Schuldverschreibungen als Pfandbriefe auf Domänen oder sonstige Realitäten vor.
In den letzten Decennien zeigt die Staatsschuld der meisten europ. Staaten die Tendenz zu steigen, was zum Teil mit den wachsenden Kapitalanlagen in Eisenbahnen und sonstigen Betrieben, zum Teil, wie bei Frankreich, mit den Kriegskosten zusammenhängt. England vermochte seine Staatsschuld seit 1866 bedeutend zu vermindern, noch weit mehr aber die Vereinigten Staaten [* 3] von Amerika. [* 4]
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Gesamtsumme der S., die jährlichen Zinsen in Summa sowie den auf den Kopf der Einwohner entfallenden Anteil in den europ. Staaten nach dem Stande von 1894.
Länder | Staatsschuld (Mill. M.) | Jährliche Zinsen (Mill.M.) | Jährliche Zinsen (pro Kopf M.) | ||
---|---|---|---|---|---|
Frankreich | 25633 | 1028 | 26,81 | ||
Rußland | 15260 | 553 | 4,65 | ||
Großbritannien | 13710 | 500 | 13,00 | ||
Österreich-Ungarn | 13375 | 460 | 10,57 | ||
Italien | 11456 | 725 | 23,73 | ||
Deutsches Reich | 11052 | 400 | 8,00 | ||
Spanien | 4830 | 248 | 14,09 | ||
Portugal | 2562 | 84 | 17,68 | ||
Türkei | 2138 | 68 | 3,40 | ||
Niederlande | 1854 | 64 | 13,70 | ||
Belgien | 1740 | 85 | 13,80 | ||
Rumänien | 836 | 53 | 10,50 | ||
Griechenland | 592 | 28 | 12,63 | ||
Schweden-Norwegen | 449 | 16,5 | 2,43 | ||
Serbien | 263 | 16,5 | 7,62 | ||
Dänemark | 209 | 9,8 | 4,50 | ||
Bulgarien | 82 | 11,2 | 3,39 | ||
Schweiz | 52 | 2,5 | 0,85 | ||
Luxemburg | 13 | 0,6 | 2,86 | ||
Montenegro | 2 | 0,1 | 0,05 |
^[Tabellenende
Aus der Größe der Staatsschuld allein kann man weder auf die allgemeine Finanzlage noch auf die Größe des Staatsvermögens (s. d.) schließen.
Zwangsanleihen, bei welchen die Gläubiger gegen ihren Willen dem Staate Darlehen gewähren müssen, die übrigens verzinslich und einlösbar sein können, sind in Zeiten finanzieller Bedrängnis öfters vorgekommen. In gewissem Sinne stellt das mit Zwangskurs versehene Papiergeld des Staates auch jetzt noch eine Zwangsschuld dar.
Litteratur. Wagner, Die Ordnung der Finanzwirtschaft und der öffentliche Kredit, in Schönbergs «Handbuch der polit. Ökonomie», Bd. 3 (3. Aufl., Tüb. 1891);
Artikel Anleihen und Staatsschulden im «Handwörterbuch der Staatswissenschaften» (Bd. 1, Jena [* 5] 1890; Bd. 5, 1893);
Sattler, Das Schuldenwesen des preuß. Staates und des Deutschen Reichs (Stuttg. 1893);
von Hoffmann, Die preuß. Hauptverwaltung der S. vom J. 1820 bis 1896 (Berl. 1896).