Samter («Das Eigentum in seiner socialen Bedeutung», 1879),
Stamm («Die
Erlösung der darbenden
Menschheit», 3. Aufl. 1884) für
Bodenverstaatlichung eingetreten war, in neuerer Zeit besonders
Flürscheim (s. d.) mit größtem
Eifer für diese Socialreform thätig gewesen.
Flürscheim unterscheidet sich in der
Theorie dadurch von Henry
George, das;
er meint, mit der Beseitigung der Grundrente werde auch der Kapitalzins verschwinden, in der Praxis dadurch,
daß er nicht die Grundrente wegsteuern, sondern wegpachten will. Zunächst soll der
Staat eine
Abschätzung des gesamten
Grund
und
Bodens zum heutigen Werte vornehmen und ihm das ewige
Vorkaufsrecht zukommen, bis allmählich aller
Boden in
seinem
Besitz ist. Der
Staat soll dann den
Boden so verpachten, daß dem einzelnen
Pächter nur die Vergütung für seine
Arbeit
bleibt
(Arbeitslohn); die
Verfügung über die vom
Boden trennbaren Objekte, die eigentliche Grundrente, soll an den
Staat fallen.
(S. Landliga.)
Kommunistische Gemeinden. Zu allen
Zeiten sind öfters Versuche gemacht worden, die kommunistischen Grundsätze
in die Praxis zu überführen. Besonders die
Vereinigten Staaten
[* 1] von
Amerika
[* 2] gaben seit ihrer
Unabhängigkeitserklärung für
alle möglichen socialistischen und kommunistischen Experimente den
Boden ab;
doch haben sich die meisten derselben auf die
Dauer nicht halten können. Wo aber diese Gemeinden sich bis auf die Gegenwart erhalten haben, verdanken
sie dies ihrem religiösen oder cölibatären Charakter;
denn die meisten sind auf streng religiöser
Basis errichtet und
mehr eine religiöse Sekte als ein ökonomischer Musterstaat;
die Mitglieder sind meist an streng religiöse Vorschriften
gebunden.
Gerade in der Weltflüchtigkeit, in der
Ascese, in der Abwendung vom Irdischen erblicken sie
ihren Hauptzweck. Außerdem haben sie zum großen
Teil die
Ehelosigkeit eingeführt, können also insofern nicht als Vorbild
socialen Zusammenlebens dienen.
Die moderne
Socialdemokratie ist solchen kommunistischen Gründungen durchaus abgeneigt:
Marx und
Engels hatten schon darauf
hingewiesen, daß diese versuchsweise Verwirklichung der gesellschaftlichen
Utopien, weit davon entfernt, in den Bereich
des kritischen S. hineinzufallen, nur eine Abstumpfung des Klassenkampfes und eine Vermittelung der Klassengegensätze bedeute,
den Bestrebungen der modernen
Socialdemokratie also diametral entgegengesetzt seien.
Nicht in einer
Absonderung einer nach kommunistischen Grundsätzen lebenden Sekte, sondern in einem Hineinwachsen der ganzen
Gesellschaft in die socialistische Gesellschaftsordnung erblickt sie das
Heil. Auch wenn das kommunistische
Experiment gelänge, müsse es seine Zwecke verfehlen, denn eine einzelne kommunistische Gemeinde müsse stets ökonomisch
tiefer stehen als eine kapitalistische Gesellschaft, die den innern Markt einer ganzen Nation und daneben noch ein
Stück
des Weltmarktes beherrscht. Eine solche
Kolonie könne sich in der heutigen Gesellschaft nur dann erhalten,
wenn ihre Mitglieder verbauern und auf alle Kulturerrungenschaften der kapitalistischen Gesellschaft verzichten.
Schon die ältesten Christengemeinden hatten eine Art kommunistischer Lebensweise eingeführt. In der
Apostelgeschichte wird
die erste Gemeinde zu
Jerusalem
[* 3] folgendermaßen beschrieben: «Keiner sagte von seinen
Gütern, daß sie seine wären, sondern
es war ihnen alles gemein Es
war auch keiner unter ihnen, der
Mangel hatte; denn wie viele ihrer waren,
die da
Äcker und Häuser hatten, verkauften sie dieselben und brachten das
Geld des verkauften Gutes und legten es zu der
Apostel Füßen; und man gab einem Jeglichen, was ihm not war.» Doch sollte hiermit keineswegs das
Vorbild einer kommunistischen Wirtschaftsordnung gegeben werden, da diese sog. Gütergemeinschaft
eine freiwillige, keine gesetzmäßige war.
Die Gemeinde verfolgte in erster Linie religiöse Zwecke, wollte aber nicht vorbildlich
sein für die irdische Ordnung. Übrigens fand sich schon um das Jahr 150 vor unserer Zeitrechnung ein kommunistischer Geheimbund
unter den
Juden, der
Bund der Essener (s. d.). Auch im Mittelalter finden wir ascetische
Vereinigungen mit
Gütergemeinschaft, wie z. B. die
Begharden oder
Beghinen (s. d.), die sich seit dem Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrh.
in den
Niederlanden bildeten. Es waren
Bruderschaften unverheirateter Handwerker, meistWeber, die sich in eigenen Häusern
zu gemeinsamem, kommunistischem Haushalt zusammenthaten.
Ähnliche kommunistische Genossenschaften bildeten die
Brüder des gemeinsamen Lebens (s. d.), die ebenfalls in den
Niederlanden,
jedoch erst zu Ende des 14. Jahrh. entstanden, gegründet von Gerhard Groot in Deventer. Ahnliche
kommunistische Ideen finden sich im 15. Jahrh. bei den
Adamiten (s. d.), die aber von den
Hussiten, deren
Ärgernis sie erregten, unter
ZiskasFührung niedergemetzelt wurden. Auch bei den Wiedertäufern (s. d.) findet
der kommunistische
Gedanke Anklang; durch diese wird er bei der
Verbreitung, welche die Ideen der Wiedertäufer im ersten Drittel
des 16. Jahrh. gewannen, Princip von Volksbewegungen.
Die
ThüringerBauern und Handwerker, deren Führer dann
Münzer wurde, erstrebten ein
Reich der Gerechten
ohne Obrigkeit, Gericht und Privateigentum; vielmehr sollte der Grundsatz durchgeführt werden, daß alle Dinge gemein seien
und jedem nach Notdurft, nach Gelegenheit ausgeteilt werden. Die
Thüringer Revolte wurde niedergeschlagen und ebenso später
der
Aufstand der Wiedertäufer zu
Münster,
[* 4] der vorübergehend zur Wiederaufrichtung eines neuen
«Zion» mit
Proklamierung der Gütergemeinschaft und Gestattung der Vielweiberei geführt hatte. Kommunistische Einrichtungen herrschten
auch im peruanischen Inkastaat (s. Inka)
[* 5] und im Jesuitenstaat zu
Paraguay.
[* 6]
Kommunistische Gemeinden wurden auch besonders durch oder im Anschluß an die drei großen Theoretiker Owen, Fourier und
Cabet begründet.
Von sonstigen Versuchen sind wichtig: die
Shakers, die älteste anglo-amerikanische kommunistische Gemeinde;
Diese Mutterkolonie ist das Vorbild aller neuen Shakergemeinden
geworden, von denen gegenwärtig 58 mit durchschnittlich 70 Mitgliedern, in 7
Staaten zerstreut, bestehen.
Ihre Hauptgrundsätze
sind: die religiöse
Erweckung (ihre Prediger, deren
Befehlen alle gehorchen, werden als direkte
Nachfolger Christi
angesehen), Gemeineigentum und
Cölibat.
Ebenfalls auf religiöser Grundlage beruht die Gemeinde der Rappisten oder
Harmoniten (s. d.), die älteste deutsche kommunistische
Gemeinde. Eine andere ebenfalls württemb.
Niederlassung in Nordamerika
[* 8] sind die Separatisten, ferner amerikanisch sind die
Perfektionisten zu Oneida im
Staate Neuyork. Doch sind die zuletzt genannten Gemeinden
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