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kamen. Friedrich befand sich in der gefährdetsten Lage des ganzen Krieges, bis er 15. Aug. durch den Sieg bei Liegnitz [* 1] über das Heer Laudons das ihm gestellte Netz zerriß. Jetzt vermochte Friedrich wochenlang die Gegner hinzuhalten. Das Vordringen der Reichstruppen in Sachsen [* 2] sowie die Einnahme von Berlin [* 3] (9. Okt.) durch ein russ.-österr. Streifkorps unter Totleben und Lacy nötigten ihn, sich nach Brandenburg [* 4] zu wenden. Von dort marschierte er an die Elbe, wo er Daun 3. Nov. bei Torgau [* 5] schlug. Der Feldzug von 1761 spielte sich vornehmlich in Schlesien [* 6] ab. Die Österreicher unter Laudon und die russ. Armee unter Buturlin suchten das zwischen ihnen stehende königl. Heer aufzureiben. Friedrich wich geschickt aus und bezog im August und September das feste Lager [* 7] von Bunzelwitz (s. d.). Durch plötzlichen Überfall eroberte Laudon 1. Okt. Schweidnitz. [* 8] Im Nordosten wurde Kolberg [* 9] von den Russen zum drittenmal belagert, und mußte kapitulieren. – Im Westen hatten 1760 die Franzosen Hessen [* 10] erobert; der Erbprinz von Braunschweig [* 11] hatte vergebens Wesel [* 12] belagert und nach dem Treffen von Kloster Camp (16. Okt.) über den Rhein zurückgehen müssen. Anfang 1761 beschloß Prinz Ferdinand, die franz. Winterquartiere in Hessen zu überfallen; allein bald mußten die Verbündeten, nach Georgs II. Tode (gest. von der engl. Regierung nur noch lau unterstützt, der Übermacht Soubises und Broglies weichen.
Der Erbprinz wurde bei Atzenhain (21. März) geschlagen, die Belagerung von Cassel wurde aufgegeben; nach wechselnden Kämpfen drang Broglie über die Weser vor und bestürmte im Oktober Wolfenbüttel [* 13] und Braunschweig. Gegen Ende des Jahres gewannen die Verbündeten von neuem die Oberhand; sie bezogen die Winterquartiere in Westfalen. [* 14] – Der franz. Premierminister Choiseul hatte nach dem Feldzug von 1760 von neuem Friedensunterhandlungen aufzunehmen versucht. Der projektierte Friedenskongreß in Augsburg [* 15] kam 1761 nicht zu stande, und auch die Sonderverhandlungen, die Choiseul mit England anknüpfte, führten zu keinem Ergebnis. Frankreich und Spanien [* 16] schlossen den bourbonischen Familienvertrag. Unter dem neuen Könige Georg III. von England lockerten sich auch die preuß.-engl. Beziehungen. Der Subsidienvertrag wurde nicht erneuert; ja Lord Bute scheute sich nicht, Preußen [* 17] entgegen zu arbeiten und zum Kriege gegen Friedrich zu ermuntern.
Am starb die erbitterte Feindin des Königs, die Kaiserin Elisabeth von Rußland. Ihr Nachfolger, Zar Peter III., beeilte sich, mit Preußen Frieden (5. Mai) zu schließen. Am 22. Mai folgte in Hamburg [* 18] der Friede mit Schweden [* 19] und darauf (19. Juni) der russ.-preuß. Allianzvertrag, auf Grund dessen ein Hilfskorps von 20000 Russen unter General Tschernytschew zu der preuß. Armee stieß. Katharina II., die nach der Ermordung Peters III. (14. Juli) den russ. Thron [* 20] bestieg, rief zwar ihre Truppen zurück, bestätigte aber den Vertrag vom 5. Mai hielt sich neutral. Am 21. Juli stürmten die Preußen die Höhen von Burkersdorf (s. d.) und siegten dann nochmals über Daun 16. Aug. bei Reichenbach. [* 21] Am 9. Okt. wurde Schweidnitz zurückerobert. Auch in Sachsen wurden bedeutende Erfolge errungen: 29. Okt. gewannen Prinz Heinrich und Seydlitz bei Freiberg [* 22] eine Schlacht über die Österreicher und Reichstruppen; die Husarengenerale Belling und Kleist drangen von neuem nach Franken. Prinz Ferdinand schlug die Franzosen 24. Juni bei Wilhelmsthal, 23. Juli bei Lutternberg, befreite Hessen und eroberte Cassel zurück.
Die Finanznot des Wiener Hofs war so groß, daß man sich schon vor dem letzten Feldzug zu einer Verminderung des Heers um 20000 Mann hatte entschließen müssen. Eine Fortführung des Krieges konnte die Bedrängnis Maria Theresias nur noch vermehren, und an Erfolge war für sie nicht mehr zu denken, zumal da jetzt auch Frankreich sich von ihr trennte und einen Sonderfrieden mit England einging. (S. Pariser Friede.) Nach dem Einmarsch des Generals Kleist in Süddeutschland hatten auch die dortigen Reichsstände Bayern, [* 23] Kurpfalz, Bamberg, [* 24] Würzburg [* 25] u. a. sich beeilt, im Dezember und Januar Neutralitätskonventionen mit Preußen abzuschließen; die Reichsarmee begann sich aufzulösen.
Für einen zwischen Preußen und Österreich [* 26] zu vereinbarenden Frieden bot die Kaiserin von Rußland ihre Vermittelung an, Friedrich aber lehnte diese Vermittelung ab;
bereits im November war in Schlesien und Sachsen ein Waffenstillstand abgeschlossen worden;
30. Dez. wurden die Friedensverhandlungen zu Hubertusburg eröffnet;
Friedrich lehnte alle Forderungen Österreichs ab;
er bestand darauf, daß in jeder Beziehung der Zustand von 1756 wiederbergestellt würde.
Daraufhin erfolgte der Friede zwischen den drei deutschen Staaten zu Hubertusburg (s. d.). (S. auch Deutschland [* 27] und Deutsches Reich, Bd. 5, S. 182a.)
Vgl. Friedrich d. Gr., Histoire de la guerre de sept ans (beste Ausgabe in den «Œuvres de Frédéric le Grand», Bd. 4 u. 5, Berl. 1847);
Lloyd, Geschichte des S. K. (aus dem Englischen von Tempelhoff, 2. Ausg., 6 Bde., ebd. 1783–1801);
Archenholtz, Geschichte des S. K. (ebd. 1793; 13. Aufl. 1892);
Schäfer, Geschichte des S. K. (3 Bde., ebd. 1867–74);
Westphalen, Geschichte der Feldzüge des Herzogs Ferdinand von Braunschweig (6 Bde., ebd. 1859–72);
Ranke, Zur Geschichte von Österreich und Preußen zwischen den Friedensschlüssen zu Aachen [* 28] und Hubertusburg (in den «Sämtlichen Werken», Bd. 30, Lpz. 1875);
Th. von Bernhardi, Friedrich d. Gr. als Feldherr (2 Bde., Berl. 1881);
Politische Korrespondenz Friedrichs d. Gr., hg. von Naudé, Bd. 12-19 (ebd. 1885–91);
Naudé, Friedrich d. Gr. vor dem Ausbruch des S. K. (in Sybels «Histor. Zeitschrift», 1885 u. 1886);
Maßlowski, Der S. K. nach russ. Darstellung (deutsch von Drygalski, 3 Tle., Berl. 1889–93);
M. Lehmann, Friedrich d. Gr. Und der Ursprung des S. K. (Lpz. 1894);
A. Rambaud, Russes et Prussiens.
Guerre de sept ans (Par. 1895).