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.gleichwertig gebraucht. -
Vgl. Fechner, über die Seelenfrage (Lpz. 1861);
Kühn, Die Vorstellungen von S. und Geist in der Geschichte der Kulturvölker . (Berl. 1873) ; Witte, Das Wesen der S. (tzalle 1888); Flügel, Die Seelenfrage (2. Aufl., Cöthen [* 1] 1890); Fr. «Schultze, Vergleichende Seelenkunde (2 Bde., Lpz. 1892); Wundt, Vorlesungen über die Menfchen- und Tiersecle (2. Aufl., Stuttg. 1893).
Seele, die Höblung der Feuerwaffen (s. Lauf) und Raketen [* 2] (s.d.); über die S. bei Streichinstru- inenten s. Stimme; über die Federseele s. Federn; über die S. des Kabels s. d. (Bd. 10, S. 3d). Seelenachse, s. Lauf. Seelenbäder, s. Bad [* 3] (Bd. 2, S. 251 d). Seelenblindheit, ein durch Zerstörung gewisser Gehirnpartien hervorgerufener Zustand, bei dem der Patient die Gesichtsvorstellungen, d. h. die Erinne- rungsbilder der frühern Gesichtswahrnehmungen, «verloren hat, so daß er das, was er sieht, nicht kennt und erkennt. Seelenfall, s. Erbsünde. Seelenheilkunde, s. Psychiatrie. Seelenkult, die Verehrung und die Pflege der Verstorbenen. Der S. entwickelt sich durchaus im Anschluß an die bei den verschiedensten Völkern herr- schenden Anschauungen in Bezug auf das Fortleben und Fortwirken der vom Leibe getrennten Seelen nach dem Tode. Selbst bei den uncivilisiertcsten Völkern findet man tief eingewurzelt den Begriff einer Geister- seele, die, so lange sie im Leibe weilt, das Leben des Menschen bedingt, im Tode aber sich vom Leibe trennt und alsdann in eigentümlicher, bisweilen wohlthätigen, gewöhnlich aber schädlichen Weise fortwirkt, indem sie bald in andere Lebewesen (Tiere oder Menschen), bald in leblose Dinge übergebt oder sich auch in durchaus geister- oder gesvensterhafter Weise, namentlich in Träumen oder Visionen, offen- bart. Da das Atmen als hauptsächlichstes Sym- ptom des animalischen Lebens erschien, so dachte man sich dem entsprechend die Seele igrch. p^clie; lat. Niiima, Hauch) als hauchartig und betrachtete als deren Sitz bald das Blut, bald das Herz, bis- weilen auch andere Leibesorgane. Der häufige Ver- gleich der Seele mit einem Schatten [* 4] beruht wohl auf der Erfahrung, daß Verstorbene den Träumen- den oder Visionären als gespenstische Schatten er- scheinen. Weil nun die so gearteten Seelen ge- wissermaßen als Dämonen angesehen wurden, die befähigt waren, den Lebenden zu nützen oder zu schaden, so pflegte man sie ähnlich wie die eigent- lichen Götter durch einen Kult (Opfer, Spenden, Ritus) zu verehren. Erst in neuerer Zeit ist der E. von der religionsgeschichtlichen und mytholog. For- schung gebührend gewürdigt worden, zuerst von Tylor (Die Anfänge der Kultur, übersetzt von Spengel und Poske, 2 Bde., Lpz. 1873), sodann von Lippert (Der S., Verl. 1881, und Die Reli- gionen der europ. Kulturvoller, ebd. 1881), der aber die einschlägigen Fragen nur vom ethnogr. Stand- punkte aus behandelt und viel zu weit geht, wenn er den gesamten Götterkult und Götterglauben aus dem S. herleiten will (vgl. O. Gruppe, Die griech. Kulte und Mythen, Bd. 1, Lpz. 1887). Mit voller Beherrschung des gesamten philol. und archäol. Mate- rials und mit wissenschaftlicher Kritik den S. der Griechen dargestellt zuhaben, ist das Verdienst E. Rohdes in seinem grundlegenden Werke "Psyche» Ereib. i. Vr. 1894; vgl. auch denselben irn «Rhein. Museum», 1895). Er hat erwiesen, daß Homer zu dem alten Eeelenglauben in schroffem Gegensatze steht, indem er die einst so machtvollen Seelen zu wesenlosen Schatten degradiert, daß sich aber zahl- reiche Spuren des alten, bis zu furchtbarer Erhaben- beit gesteigerten Seelenglaubens noch in zahlreichen Bräuchen und Mythen (von den Erinnyen, [* 5] Keren, Heroen u. s. w.) erbalten haben.
Seelenlehre, s. Psychologie. Seelenmesse, s. Messe (kirchlich). Seelenpflege, s. Pastoraltheologie. Seelenfchläfer, Sekte, s. Adventisten. Seelenstörung, soviel wie Psychose (s. d. und Geisteskrankheiten, Bd. 7, S. 708 d). Seelenwände, s. Lauf. Seelenwanderung, die vermeintliche Wande- rung der menschlichen Seele durch verschiedene Körper. Der Glaube an S. ist eigentlich ein naiver Ausdruck der Ahnung einer durchgängigen Ver- wandtschaft aller Organismen, die sich mit der na- türlichen Überzeugung von der Unabhängigkeit der Seele vom Körper und vielfach mit sittlich-religiösen Motiven verknüpft.
Uralt ist die Lehre [* 6] von der S. bei den Indern, obwohl sie in dem ältesten ind. Litteraturdenkmal, dem Rigveda, sich noch nicht mit Sicherbeit und in der unmittelbar darauf folgenden Litteratur nur in spärlichen Zeugnissen nachweisen läßt. Man glaubte, daß der Mensch sofort nach sei- nem Tode wiedergeboren wird, und daß es von sei- nen Thaten abbüngt, was aus ihm in der nächsten Geburt wird. Nach häufiger Anschauung gehen die Seelen nach dem Tode in den Mond [* 7] und bleiben dort während der Zeit des zunehmenden Mondes; bei abnehmendem Mond steigen sie in Gestalt des Regens wieder herab und gehen je nach ihren Thaten in höbere oder niedere tierische Körper oder Pflanzen ein.
Auch die Verkörperung in Sternen ist altind. Glaube. Die Lehre von der S. war allen ind. Re- ligionen, Vrahmanismus, Buddhismus, Iainis- mus, gemein, deren Ziel war, ihr ein Ende zu setzen. Nach den Zeugnissen der Griechen von tzerodot an hatten auch die Ägypter die Lehre von der S. Nach dem Tode des Menschen gehe die Seele der Reibe nach durch alle Tiere des Festlandes, des Wassers und der Lust, bis sie nach 3000 Jahren wieder in den menschlichen Körper zurückkehre. Die ägypt. Denkmäler selbst lehren uns darüber bis jetzt nichts.
Wahrscheinlich von den Ägyptern empfingen die Griechen (zuerst Pythagoras und Pherecydes) den Glauben an die S., die sie M etemp sy ch osis nann- ten. Empedokles, wie die Inder, nahm eine Wan- derung der Seele selbst in Pflanzenkörper an. Die griech. Mysterien kleideten die S. in Mythen ein, die den Dionysos [* 8] oder Bacchus als Herrn und Führer der Seelen darstellen. Pindar, Orphischen Lebren sich anschließend, läßt die Seele nach einem dreimaligen tadellosen Lebenswandel in den Inseln der Seligen anlangen.
Plato dehnt den Zeirrauva bis zur völligen Rückkehr der Seelen in den Schoß der Gottheit auf 10000 Jahre aus, in denen sie Menschen- und Tierkörper zu durchwandern bätten. Er bedient sich übrigens der Vorstellung der S. nur als mythischer Einkleidung philos. Gedanken; da- gegen wurde sie von den Neuplatonikern ernstlich behauptet. Aristoteles verwarf die S. auf Grund einer berichtigten Vorstellung von der Wechselwir- kung zwischen dem psychischen Leben und der Orga- nisation des Körpers. Nnter den Römern haben Cicero und Virgil sich auf diese Lehre bezogen. Die jüd. Philosophie, desgleichen die christl. Sekte der ¶