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Schwedisch-Pommern, der westl. Teil des Her- zogtums Pommern (s. d., Bd. 13, S. 260 d), den das Deutsche Reich im Westfälischen Frieden als Reichs- lehn, mit Sitz und Stimme im Fürstenkollegium auf dem Reichstage, an Schweden abtreten muhte. Schwedt, Stadt im Kreis Angermünde des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, am linken Ufer der ^ Oder, an der Nebenlinie Anger- münde-S. (23,i Km) der Preuß. Staatsbahnen,Sitz eines Amts- gerichts (Landgericht Prenzlau) und einerReichsbanknebenstelle, mit breiten, geraden Straßen, die mit Bäumen besetzt sind, hat (1890) 9801 E., darunter 277 Katholiken und 206 Is- raeliten, in Garnison das Dragonerregiment Nr. 2, Postamt erster Klasse, Telegraph, Fern- sprecheinrichtung, 3 evang. und 1 kath. Kirche, eine Synagoge, ein Schloß (Kronfide'i'kommiß), 1580 erbaut, 1723 als Residenz eines Seitenzweigs der Markgrafen von Brandenburg vergrößert, mit engl. Garten und dem großen Gebäude der 1867 nach Hannover verlegten königl. Reitschule, städti- sches Gymnasium; bedeutenden Tabakbau und Fabrikation (1500 Arbeiter, jährliche Produktion 5000 t), Brauerei, Dampfsägewerk, Handel, Schiff- fahrt und Fifcherei.
Nordwestlich von S. das 1778 erbaute Lustschloß Monplaisir mit Park. S. erhielt 1265 Stadtrecht, sank aber so sehr, daß ihm 1515 aufs neue das Stadtrecht verliehen werden mußte. Die Herrschaft S., feit 1478 ein Besitz- tum der Grafen von Hohenstein, kam 1609 an Bran- denburg und wurde von dem Großen Kurfürsten seinem ältesten Sohne aus zweiter Ehe, Philipp Wilhelm, verliehen, der als Markgraf von S. der Gründer einer Seitenlinie wurde (Markgrafen von Vrandenburg-Schwedt), die 1788 aus- starb. -
Vgl. Thomä, Geschichte der Stadt und Herr- schaft S. (Berl. 1873).
Schwefel (lat. 3u1kui-, chem. Zeichen 8, Atom- gewicht 32), ein nichtmetallisches Element, das sich in der Natur sehr verbreitet findet. In freiem Zu- stande (als gediegenerS.) findet er sich in Kratern von Vulkanen, in Kalk und Gipslagern und in den damit in Verbindung stehenden Thon- und Mergel- lagern, ferner auf und in Braunkohlen- und Stein- kohlenflözen, so auf Sicilien und in der Romagna, auf den Ionischen Inseln, in Ägypten an den Küsten des Roten Meers, im Staate Nevada, in Mexiko, im Solfatarendistrikt von Krisuvik auf Island, als Absatz von Schwefelquellen (z. B. Aachen) u. s. w. Der S. kommt ferner in Form von Schwefelmetal- len (Schwefelkies, Kupferkies, Bleiglanz, Zinkblende) und schwefelsauren Salzen (im Anhydrit, Gips, Kieserit, Schwerspat, Cölestin u. s. w.) und als Schwefelwasserstoff in den Schwefelwässern (s. d.) vor.
Von Wichtigkeit ist auch das Vorkommen des S. in der Steinkohle, die bis zu 1 Proz. meist in Form von Schwefelkies davon enthält. Der S. findet sich als Bestandteil der Pflanzenkörper in organischen Verbindungen, so in dem Senf, den Zwiebeln, dem Löffelkraut, dem Meerrettich, der ^8k fostiäa sowie in gewissen Bestandteilen des tierischen Körpers (Eiweiß, Casem, Horn, Haut, Muskeln, Galle). Der S. bildet mehrere allotrope Modifikationen (s. Allotropie). Dieselben sind sämtlich bei gewöhn- licher Temperatur gelb gefärbt und ganz unlöslich in Wasser; sie leiten die Elektricität nicht, werden daher beim Reiben selbst elektrisch.
Bei etwa 260' entzünden sie sich, nachdem sie vorher geschmolzen sind, und verbrennen mit blauer Flamme zu Schwe- fligsäureanhydrid. Einige der Modifikationen sind in allen Flüssigkeiten vollkommen unlöslich-, andere lösen sich, und zwar in Äther und Alkohol sehr wenig, leichter in Benzol, fetten und-ätherischen Ölen und namentlich in Schwefelkohlenstoff. Die löslichen Modifikationen krystallisieren in zwei verschiedenen Formen, so daß der S. dimorph ist: derrhombischeS. krystallisiert in flächenreichen Formen, deren Grundgestalt eine spitze rhombische Pyramide ist.
Die Krystalle sind durchsichtig, sehr beständig, haben das spec. Gewicht 2,0? und schmel- zen bei 114°. Diese Modifikation bildet sich stets, wenn S. aus Lösungen bei niedrigern Temperaturen als 90° krystallisiert, z. B. immer bei Verdunstung der Schwefelkohlenstofflösungen. Schwefelmilch (f.d.) ist diese Modifikation im nicht krystallinischen Zu- stande. Der monokline oder prismatische S. entsteht stets, wenn S. bei über 90° liegenden Tem- peraturen aus Lösungen krystallisiert, oder ge- schmolzener S. langsam erstarrt.
Die Krystalle ent- wickeln sich in Zohlräumen, z. B. wenn man eine größere Menge geschmolzenen S. langsam oberfläch- lich erstarren läßt, dann die Decke durchstößt und den noch flüssigen Inhalt ausgießt, oft zu bedeuten- der Größe. Sie sind bernsteingelb, etwas biegsam, haben das spec. Gewicht 1,98 und schmelzen bei gegen 120°. Beim Liegen werden sie bald undurch- sichtig, hellgelb und sehr spröde, indem sie sich in die rhombische Modifikation verwandeln.
Unlöslicher S. Beim Schmelzen werden die löslichen Modifikationen zuerst zu einer bernstein- gelben öligen Flüssigkeit (geschmolzener monokliner S.), die sich von 150° an um so dunkler särbt, je höher die Temperatur steigt, und zugleich immer zähflüssiger wird. Bei 250° ist sie zu einer nicht mehr fließenden braunen Masse verwandelt, die erst bei stärkerm Erhitzen wieder schmilzt. Gießt man sie dann in eiskaltes Wasser, so erhält man die pla- stische oder elastische Modifikation in Form dunkelbernsteingelber völlig amorpher, zu elastischen Fäden ausziehbarer Massen, die das spec.
Gewicht 1,92 haben und erst oberhalb 250" schmelzen. Bei längerm Liegen verwandelt sich der plastische S. in eine harte spröde Masse, den festen amorphen S., der von gleichzeitig mit entstehendem löslichem S. durch Ausziehen mit Schwefelkohlenstoff befreit werden kann. Bei langem Liegen geht auch er in monoklinen S. über. Ein Gemenge von festem amorphem und monoklinem S. sind die Schwefel- blumen. Erwärmt man diese Modifikation bis auf 93°, so erhitzt sie sich plötzlich von selbst bis auf 110° und ist dann in Schwefelkohlenstoff löslich ge- worden.
Auch der amorphe S. wird durch Schmel- zen und langfames Abkühlen wieder zu löslichem, und zwar zunächst zu prismatischem S. Bei 440° siedet der S. und bildet tief braunrote Dämpfe, deren Dichte --- 6,6 ist. Diefe Zahl ent- spricht dem Molekulargewicht 192, so daß ein solches Dampfmolekül aus 6 Atomen bestehen muh und die Formel 8" hat. Bei starker Steigerung der Tem- peraturfängt der Schwefeldampf an, sich auszudeh- nen, bei 834° beträgt die Dichte noch 2,23 und bleibt so bis über 1200° hinauf. Das dieser entsprechende Molekulargewicht ist 64, die Formel also 82- Dem Wasserstoff, den Metallen, dem Phosphor, Arsen und Kohlenstoff gegenüber verhält sich der S.