forlaufend
404
Scheinerscher Versuch, nach dem Jesuiten Scheiner (s. d.) benannter Versuch, der darin be- steht, daß man vor das Auge [* 1] ein Kartenblatt hält, in dem sich zwei kleine Offnungen befinden, deren Abstand kleiner ist als die Pupillenweite, und durch die Dsfnungcn einen feineu Punkt betrachtet.
Nur dann, wenn das Auge auf die Entfernung des Punktes eingestellt ist, erscheint der Punkt einfach; ist dagegen das Auge auf eine größere oder kleinere Entfernung eingestellt, so bilden sich auf der Netz- haut zwei gesonderte kleine Zerstreuungskreise und der Punkt erscheint doppelt. Scheinfeld.
1) Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez Mittelfranken, hat 394,23 ^m und (1890) 19 826 (9488 männl., 10338 weibl.) E. in 55 Gemeinden mit 148 Ortschaften, darunter 2 Städte. - 2) Be- zirksstadt im Bezirksamt S., im Steigerwald, links an der Scheine, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Fürth), [* 2] hat (1890) 990, als Gemeinde 1169 E., dar- unter 142 Evangelische und 112 Israeliten, Post, Telegraph, [* 3] ein franz. Miuoritenkloster und bedeu- tende Viehmärkte.
Nordöstlich von S. liegt das Schloß Schwarzenberg, das Stammschloß der Fürsten SchWarzenberg.
Scheinfrucht, s. Frucht (botanisch).
Scheingelenk, s. Gelenk (Bd. 7, S. 729 k). Scheingeschäst, das in der Form eines Rechts- geschäfts Erklärte, während der oder die Erklären- den den Inhalt ihrer Erklärung nicht wollen.
Der Schein kann zur Täuschung (Simulation) oder zur Umgehung gewählt sein;
zur Tüusckung namentlich dritter Personen, wie wenn ein Schuldner seine Grundstücke, um sie den Gläubigern zu entziehen, zum Schein an dritte Personen verkauft und über den Kaufpreis quittiert, oder zum Schein Hypo- theken eintragen läßt, während er dem angeblichen Gläubiger gar nichts schuldet;
oder wenn jemand zu unzüchtigen Zwecken einer Frauensperson eine Trauung vorspiegelt. Es gilt die Regel, daß eine gegenüber einem andern abzugebende Willens- erklärung, die mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird, nichtig ist (Deutscher Ent- wurf eines Bürgert. Gesetzb. §. 92; Sachs. Vürgerl. Gesetzb. §. 828).
Dritten gegenüber, zu deren Nachteil die simulierten Verträge abgeschlossell sind, können sich die Kontrahenten nicht allein nicht auf den Schein berufen, sondern sie haften dem ab- sichtlich Getäuschten auf Schadenerfatz (Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 869; Preuß. Allg. Landr. 1,14, §. 210).
Wenn umgekehrt ein Dritter in gutem Glauben mit dem, welcher dem Scheine nach er- worben hat, kontrahiert, so können sich die Kontra- henten diesem Dritten gegenüber nicht darauf, das S. gelte nicht, berufen. Ist aber das S. zur Umgehung gewisser Schwie- rigkeiten, welche dem Abschluß des beabsichtigten Geschäfts entgegenstanden, geschlossen, wird also durch das S. ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, wird z. V. statt einer Schenkung ein Kauf zu einem Preife weit unter dem Werte geschlossen, so bestimmt sich die Gültigkeit nach den für das verdeckte Rechts- geschäft geltenden Vorschriften (Deutscher Entwurf §. 92; Eächf. Bürgerl. Gesetzb. §. 829; Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 916).
Das kann zur Aufrecht- haltung des beabsichtigten Rechtsgeschäfts führen; so wenn der Gläubiger, statt auf feine Forderung zu verzichten, quittiert, als wäre ihm der geschuldete Betrag gezahlt.
In der Rechtsgeschichte bilden we- gen der angewendeten Formen S. dieser Art eine große Rolle (s. N^uoipatjo).
Ist das verdeckte Geschäft verboten (z. B. Wucher) oder an eine be- stimmte, im S. nicht beobachtete Form geknüpft (wie die Schenkung), so bleibt der ganze Akt nichtig. Scheinkauf, s. Scheingeschäft.
Scheintod (^Lpti^xia), der Zustand eines orga- nischen Wesens, in dem die Erscheinungen des Lebens nicht mehr bemerkt werden und dennoch der Lebcns- prozeß selbst noch nicht völlig erloschen ist, namentlich Füuluis noch nicht eintritt.
Die Symptome des S. beim Menschen sind: das Gehirn [* 4] und das übrige Ner- vensystem, das Herz, die Lungen, das Gefäßsystem scheinen ihre Funktionen eingestellt zu haben, indem das Bewußtsein und die Empfänglichkeit der Sinne erloschen sind, die Muskeln [* 5] keine Bewegungen mehr vollbringen, Atem, Herz- und Pulsschlag nicht mehr wahrnehmbar sind.
Doch sind nach Bouchuts Unter- suchungen stets noch die Herztöne, wenigstens der zweite, hörbar;
erst wenn diese erlöschen, ist der Tod sicher.
Ein wertvolles Erkennungszeichen des S. ist die elektrische Erregbarkeit der Muskeln;
beim Scheintoten bleibt dieselbe erhalten, während sie beim Toten 1^/2 bis 3 Stunden nach dem Tode erlischt, auch die Totenstarre (Tod) bleibt aus. Die innere Ursache des S. ist zunächst Stillstand des Herzens, und dieser kann eintreten: bei scheintot Neugeborenen, nach Verblutungen, nach langem Hungern und heftigen Krampfanfällen (Epilepsie, Eklampsie, Starrsucht), nach heftigen Gehirner- schütterungen, bei vom Blitz Getroffenen, bei Schlag- flüssigen, Erfrorenen, Erdrosselten und Ertrunke- nen;
ferner bei manchen narkotischen Vergiftungen (Opium, Belladonna, Chloroform, Blausäure u. a.) sowie beim Einatmen irrespirabler Gasartcn.
Auch kann der S. ein somnambulistischer Zustand sein. Vor eingetretener Fäulnis läßt sich oft durch Zu- sammenstellen aller andern Zeichen des Todes mit dem bekannten Verlauf der Krankheit (z. B. Schwind- sucht) mit völliger Gewißheit aussprechen, daß kein Wiedererwachen möglich sei.
Sichere Vorbeugungs- maßregeln gegen das Lebendigbegrabenwerdensind: das Verbot der zu frühen Beerdigung (nicht früher als 72 Stunden nach dem Tode), Überwachung der Leichen, obligatorische Leichenschau durch Sachver- ständige und obligatorische Leichenöffnung.
Belebungsversuche macht man, indem man entweder den auf dem Gesicht [* 6] liegenden Verunglück- ten langsam und allmählich, ungefähr 15 mal in der Minute, auf die Seite und ein wenig darüber hinaus und dann schnell wieder auf das Gesicht zu- rückwälzt und, während er auf dem Gesicht liegt, einen gleichmäßigen Druck auf feinen Rücken und die Seitenflächen der Brust ausübt (Methode von Marshall-Hall), oder indem man ihn auf den Rücken legt, feine Schultern durch ein unter- gelegtes Kiffen unterstützt, seine Zunge nach vorn zieht und vor den Lippen festhält und nun durch abwechselndes langsames Erheben der Arme bis über den Kopf und darauf folgendes Wiederan- drücken gegen die Brustwand eine rhythmische Er- weiterung und Verengerung des Brustkorbes be- wirkt (Methode von Sylvest er).
Immer muß man diese Bewegungen längere Zeit fortfetzen, da nicht selten erst nach halbstündigen, ja feldst mehr- stündigen Manipulationen eine Wiederbelebung erfolgt.
Daneben sind starke Riech- und Niesmittel, kräftige Hautreize (Besprengen mit kaltem Wasser, Reiben und Bürsten des ganzen Körpers, Einwickeln der Füße in Senfteige) und reizende Klystiere zu ¶