mehr
Kaiser, die in unzähliger Menge hergestellt wurden. Bei diesen lag eine auf idealisierte Wiedergabe gerichtete Gestaltungsweise
nahe und
war in besondern Fällen sogar geboten. Hinter ihr trat aber die auf schlichte Individualisierung ausgehende
Darstellung
keineswegs zurück. So behielt man in den Bildniswerken der letztern Art auch das Kostüm
[* 1] des Lebens
bei und stellte den
Kaiser in der Friedenstracht der
Toga
[* 2] oder in der Kriegsrüstung, häufig auch zu
Pferd
[* 3] oder auf dem Triumphwagen
dar. Das schönste erhaltene Werk dieser
Art ist die Marmorstatue des
Augustus im
Vatikan
[* 4] (s.
Tafel: Römische
Kunst
[* 5] 1:
Augustus).
In ähnlich realistischer
Auffassung, die ohne zu idealisieren doch der
Situation und dem Wesen der Persönlichkeit
entsprechend die Hoheit des Herrschers zum
Ausdruck bringt, ist die berühmte Reiterstatue des
Marc Aurel auf dem Kapitolsplatze
in
Rom
[* 6] (s. Taf. III,
[* 7]
Fig. 4) gehalten. Auch die
Statue der sitzenden
Agrippina (s. Taf. III,
[* 7]
Fig. 3) und die Reiterstatue des
Balbus (s. Taf. III,
[* 7]
Fig. 5) verdienen als hervorragende
Beispiele erwähnt zu werden, über diese an der
treuen Wiedergabe der wirklichen Erscheinung festhaltende Darstellungsform gehen die Bildniswerke hinaus, die den Dargestellten
in erhöhtem Charakter zeigen wollen.
Hier erscheint die Persönlichkeit nicht in der Tracht des Lebens und der ihr natürlichen Haltung, sondern in heroischer Nacktheit, und häufig in einer Stellung und mit Attributen, die auf die Vergöttlichung des Kaisers hindeuten. Meist geht aber auch in diesen Darstellungen die Idealisierung in das eigentliche Porträt, d. h. in die Gesichtszüge, nicht mit über, die den natürlichen Ausdruck des Lebens behalten. Diesen kennen wir von sämtlichen Kaisern, wie aus den Statuen so aus den in noch weit größerer Zahl erhaltenen Büsten und daneben aus den zum Teil hervorragend guten Darstellungen auf geschnittenen Steinen und Münzen. [* 8]
Sie sind die sichersten und in ihrer Vollständigkeit besten Quellen für die röm. Kunstgeschichte überhaupt. Und an ihnen läßt sich am genauesten verfolgen, wie der Formengeschmack und die Technik in den verschiedenen Zeiten andere geworden sind, wie die einfachere Art der Kunst der Augusteischen Zeit allmählich in eine effektvollere und malerische Behandlungsweise übergeht. Denn mehr in dem Wechsel dieser äußerlichen Dinge liegt das Unterscheidende in den verschiedenen Jahrhunderten, als in dem Wechsel der Auffassung, die bis zu dem im 3. und 4. Jahrh. sich vorbereitenden Verfall denselben Grundton behalten hat, in dem späten Porträt des Caracalla (s. Taf. III, [* 7] Fig. 2) noch ein ebenso schonungsloses Festhalten an unbedingter Naturtreue offenbart, wie es schon die Kunst der republikanischen Zeit geliebt hatte, und in Bildniswerken, wie dem des Pompejus, auch dem des Cäsar (s. Taf. III, [* 7] Fig. 1), zur Erscheinung kommt.
Ähnlich eigenartig wie im Porträtwerk zeigt sich die röm. Bildnerei in den Darstellungen, die an öffentlichen Denkmälern, an Triumphbogen und Säulen [* 9] die röm. Siege verherrlichten. In diesen Werken findet die späthellen. Kunst auf röm. Boden eine selbständige Fortentwicklung, sowohl dem Inhaltlichen der Darstellung als dem Stile nach, für den die starke Erhebung des Reliefs, die Menge und Gedrängtheit der [* 7] Figuren, die Bewegtheit der Komposition, das Eintreten landschaftlicher Motive in die Darstellung charakteristisch sind.
Den Übergang zeigt das Juliergrabmal in St. Remy (Südfrankreich), das einzige Werk dieser Art, das sich aus Augusteischer Zeit erhalten hat, mit seinen großen Kampfdarstellungen. Ihm folgen die Reliefs am Triumphbogen des Titus mit den Darstellungen der Apotheose des Kaisers und des Triumphes über Judäa. Dann die Trajanssäule (s. Tafel: Rom I, [* 7] Fig. 4), deren spiralartig um den ganzen Schaft sich hinziehende Reliefs in einer Darstellung von 2500 [* 7] Figuren den Sieg des Kaisers über die Dacier feiern.
Eine ähnlich figurenreiche
Schilderung, die sich auf die Markomannenkriege bezieht und die wegen der realistisch treuen Wiedergabe
der german. Völkerschaften interessant ist, schmückt die
Piazza Colonna in
Rom. Das letzte, größere
selbständige Werk dieser Art, der
Triumphbogen des Septimius Severus mit den Scenen aus den Kriegszügen am Euphrat und
Tigris,
stammt aus dem J. 203.
Schon hier zeigen sich in der Überfüllung und Leblosigkeit der
Darstellung die
Spuren des beginnenden
Verfalles, der in der Folgezeit rasch zunimmt. Ein Jahrhundert später war die Gestaltungskraft der
Römische
Kunst solchen Leistungen nicht mehr gewachsen.
Im Gegensatz zu diesen öffentlichen Monumenten, die die geschichtlichen Ereignisse verewigen, tritt das National-Römische in den privaten Bildwerken namentlich der spätern Kaiserzeit stark zurück. Unter ihnen nehmen die Grabdenkmäler, wenigstens der Zahl nach, die bedeutendste Stelle ein. In den massenhaft erhaltenen Sarkophagen zeigt sich die Produktivität der Kunst auch im 3. Jahrh. noch stark, aber fast nirgends äußert sich eigene Erfindung, weder in der architektonischen Form, noch in der bildlichen Dekoration, die beide griech. Vorbildern unmittelbar entlehnt sind, freilich auch gerade durch diese Abhängigkeit indirekt ihre hohe kunstgeschichtliche Bedeutung haben.
Der einzige aus altröm. Zeit stammende Sarkophag, [* 10] der aus dem Grabmal der Scipionen bei Rom stammende Sarkophag des L. Cornelius Scipio im Vatikan, weicht durch seine nach Art eines Altars gebildete Form von den übrigen ab, die in ihrer ganzen Masse aus der Kaiserzeit herrühren, als die Sitte des Begrabens statt der Leichenverbrennung [* 11] erneut in Aufnahme kam. Die meisten dieser Sarkophage sind von mittelmäßiger Arbeit, und nur in verhältnismäßig geringer Anzahl finden sich so fein und mit aller Sorgfalt ausgeführte Stücke, wie z. B. außer hervorragenden Exemplaren in den röm. Sammlungen der schöne Medeasarkophag im Berliner [* 12] Museum.
Für die
Entwicklung der Römische
Kunst ist die massenhafte Ansammlung berühmter griech.
Kunstwerke in
Rom namentlich in der letzten republikanischen Zeit und der ersten Kaiserzeit von starkem Einfluß gewesen.
Die Schätzung der ältern Werke hatte ein massenhaftes
Kopieren zur Folge und führte zugleich zur Ausbildung eines
Eklekticismus,
der besonders in der Augusteischen Zeit hervortritt. Diese
Richtung ist mit dem
Namen des Künstlers Pasiteles
und seiner Schule verknüpft, aus der ein Werk des Bildhauers Stephanos, die Nachbildung einer archaischen Jünglingsfigur,
und eine von dessen
Schüler
Menelaos
[* 13] gefertigte Marmorgruppe erhalten sind. Das einfache Wiederholen früherer griech.
Werke oder ihre Benutzung, um aus dem alten
Stoffe neue
Kompositionen zu gestalten, charakterisiert in
gleicher
Weise die sog. neuattische Schule.
Mangel an Selbständigkeit ist ihr hervorstechender Zug.
Aber daneben steht doch immerhin
eine starke Fertigkeit im Handhaben des
Technischen, die Leistungen hervorgebracht hat, wie den viel
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