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Im 11. Jahrh, versuchten die Päpste mit Berufung aus die Dekretalen Pseudoisidors (s. d.), den ange- scbenstcn Erzbischof jedes Landes zumP. und aposto- lischen Vikar zu erheben und ibm die übrigen unter- zuordnen.
Allein die Erzbischöfe erklärten sich ent- schieden dagegen, und so blieb Primel ein bloßer Ehren- titel mit einigen Ehrenrechten, z. V. der Königs- krönung, dem «Vorsitz auf den Nationalkonzilien u. a. Im alten Deutschen Reiche war Primel der Erzbischof von Salzburg. [* 1] Jetzt führen in der kath. Kircke die Erzbifchöfe von Tarragona, Toledo, [* 2] Vahia, Rouen, [* 3] Mecheln, [* 4] Venedig, [* 5] Prag, [* 6] Armagd, Gran, [* 7] Posen [* 8] den Titel Primel. Ein souveräner Fürst-Primas wurde in Deutschland [* 9] durch die Rheinbundsakte geschaffen, und es erhielt diesen Titel der bisherige Reichs- kanzler Karl Theodor von Dalberg ^s. d.). Zum Primel von Polen wurde der Erzbischos von Gnesen 1416 durch das Konstanzer Konzil erhoben, später (1515) durch das Laterankonzil zumI.6FÄw8 ukw8 (s. Legat) des päpstl. Stuhls eingesetzt. Als Haupt der poln. Geistlichkeit hatte er die Synoden zu berufen. In polit. Hinsicht bekleidete er bei Thronerledigung die Würde eines Stellvertreters des Königs als Intsrrex; er hatte die Wahl eines neuen Königs zu veranlassen und den neugewählten zu proklamieren und zu krönen. Im Senat sührte er neben dem König den Vorsitz. Der Primel wurde anfangs von dem Domkapitel erwählt, spater vom König ernannt, durfte aber vor der päpstl. Bestäti- gung sein Amt nicht antreten. Der letzte Primel des poln. Reichs war der Bruder des Königs Etanislaus August, Michael Poniatowski, der 17^4 starb. Nach 1815 halte für Russisch-Polen der Erzbischof von Warschau [* 10] eine Zeit lang den Titel eines Primel. Bei Errichtung des Erzbistums Gnesen-Posen (1821) wurde der Titel in Preußen [* 11] nicht erneuert; doch er- nannte Pins IX. während des Vatikanischen Kon- zils den Erzbischof Lcdochowski von neuem zum Primel von Polen. In der anglikan. Kirche fübrt der Erzbischof von Canterbury den Titel Primel desReichs, der von 3)ork Primel von England. Primat (lat. pi-iinätuä), in der kath. Kirche der Vorrang des Bischofs vonNom, des Papstes, vor den übrigenVischöfen. Nach kath. Lehre [* 12] hat Christus seine Machtvollkommenheit auf die Apostel in der Weise übertragen, daß Petrus unter ihnen der erste und als sein Nachfolger anzusehen ist, und daß die Bi- schöfe von Rom [* 13] als Nachfolger Petri auch in dessen Primel succediert sind. Der Primel wird eingeteilt in den primkwä Konoid, [* 14] gewisse ausschließliche Ehren- rechte, und priin3.tu8^uri8(iieti0QiF, die oberste kirch- liche Regierungsgewalt. Die alte Kirche kennt den Primel nicht, doch treten bereits im 2. Jahrh. röm. Pri- matialansprüche auf. Das Nicänische Konzil (325) weiß nichts vom Primel der röm. Bischöfe; durch spätere Fälschungen hat man den sechsten nicänischen Kanon den Primatialtendenzen dienstbar gemacht. Wohl aber hat das Provinzialkouzil von ^ardica (335) berevls den Misdviüonellen Primel des Bischofs von Rom anerkannt. Jahrhundertelang freilich war der- selbe auch später noch nicht in der abendländ. Kirche allgemein und die Morgenland. Kirche hat ihn nie angenommen. Erst durch die Karolinger wurde dem Primel von Rom die Herrschaft im Abendlande gesichert, wofür die Päpste ihre Dankbarkeit in der frank. Königs- (754) und der röm. Kaiferkrönung (800) be- zeugten; die Pseudoisidorischen Dekretalen kamen diesen Tendenzen zu Hilfe und mit Gregor VII. wurde der Primel. Zu einer Jahrhunderte andauernden, wenn auch immer mehr oder minder bestrittenen Weltherrfchaft, deren dogmatisch-rechtliche Grund- lage am schroffsten von Papst Vonifacius VIII. in der Bulle Ilnam 8HuctHin (1302) formuliert ist. Die Reformation hat den Primel als in der Heiligen Schrift nicht begründet völlig verworfen, wogegen das Tridcntinische Konzil ihn später dogmatisch fixierte und thatsächlich in der gesamten kath. Welt siegreich zur Geltimg brachte. Das Vatikanische Konzil von 1870 hat die Entwicklung des Primel durch die Dogmatisierung der päpstl. Unfehlbarkeit und des Universalepiskopats endgültig abgeschlossen. - Die kaum übersehbare Speciallitteratur für und wider den Primel ist in den Lehrbüchern des Kirchen- recbts von Richter-Dove-Kahl, Mejer, Eichhorn, Schulte, Friedberg, [* 15] Walter, Zorn verzeichnet. Primaten, Mehrzahl von Primas (s. d.). - Primel nannte Linne' die vereinigten Ordnuugen der Affen, [* 16] Halbaffen [* 17] und Fledermäuse. (S. diese Artikel.) Primaticcio (spr. -tittscho), Francesco, ital. Maler, geb. 1504 zu Bologna, erhielt seine erste Bildung durch Innocenzo da Imola und hatte dann Giulio Romano zum Lehrer.
Mit mebrern Schülern dieses Meisters malte er nach dessen Entwürfen den Palast del Te in Mantua [* 18] aus. 1531 kam er in die Dienste [* 19] des Königs Franz I. von Frankreich, der ibn nachmals zu seinem ersten Hofmaler fowie zum Abt von St. Martin de Troyes ernannte.
Unter Franz II. erhielt er die Oberaufsicht über die königl. Gebäude. Er starb um 1570. Primel galt als das Haupt der sog. Schule von Fontainebleau.
Von ibm rühren nicht nur viele Stuccaturarbeiten und Freskogemälde her, auch andere Arten der Malerei, z. V. die Emailmalerei und die Teppichstickerei, wur- den unter seinem Einfluß sehr vervollkommnet.
Als Baumeister entwarf er z. V. die Grabmäler Franz' I. und Heinrichs II.
Berühmter sind seine mit Niccolö dell' Abbate (s. d.) ausgeführten Deko- rationen des Schlosses in Fontainebleau. ?riui2. vista. (ital.), s. ^ pi-im^ vi3ta. Primawechsel, s. Wechselduplikat.
Prime (lat. prima, «die Erste»),
in der Musik der erste Ton einer Oktavenreihe.
Reine Primel oder Einklang (unisono) nennt man zwei Töne von gleicher Größe, z. B. c-c;
große oder übermäßige Primel dagegen zwei Töne derselben Stufe von un- gleicher Größe, z. B. c-eis. Als Primel wird beim Buchdruck die mit der ersten Seite eines Druckbogens anfangende und mit Signatur und Norm verfehene Druckform bezeichnet.
Auch ist Primel eine Hora. canonic^ (1. d.). Primel (?i'iiuulg^.), Pflanzengattung aus der Familie der Primulaceen (s. d.) mit gegen 70 Arten größtenteils in den Gebirgsgegenden Europas und Asiens, schöne ausdauernde Kräuter, die meist grund- ständige, langgestielte Blätter haben und auf einem nackten, grundständigen Stengel [* 20] (Schafte) die flach ausgebreiteten oder etwas becherförmigen, sünslap- pigen Blumen in der Regel in einfacher Dolde tra- gen, ^rimula 6lg.ti0r «/ac^., die hohe Primel, Schlüs- selblume, Himmelsschlüssel, ist häufig in feuchten Wäldern und auf Wiesen; ihr röhriger Kelch ist weißlich, grün gekantet, mit lanzettlichen Zähnen, der Saum der hellgelben Blumenkrone flach und die Kapsel länger als der sie dicht umschließende Kelcb. ^rimul^ (MeiQÄii8 primel, wächst auf trockuen Wiesen und lichten Waldstellen; der Saum der überhängenden, wohl- riechenden, goldgelben, am Schlunde mit füns ¶