Die Litteratur über Pflanzenphysiologie ist sehr ausgedehnt; aber nur wenige Werke behandeln das ganze Gebiet. Unter diesen
letztern sind als historisch interessant zu nennen: Senebier, Physiologie végétale (5 Bde., Genf
[* 1] 1800);
Meyen,
NeuesSystem der Pflanzenphysiologie (3 Bde., Berl.
1837-39).
Von neuern Werken sind besonders zu erwähnen: Sachs, Handbuch der Experimentalphysiologie der
Pflanzen (Lpz. 1865);
Pfeffer, Handbuch der Pflanzenphysiologie (2 Bde., ebd. 1881-82);
Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie (ebd. 1882; 2. Aufl. 1887).
Die Geschichte der Physiologie beginnt strenggenommen erst mit der epochemachenden Entdeckung
des
Blutkreislaufs durch den Engländer William Harvey (1619) und mit der wenige Jahre später erfolgten Entdeckung der Chylusgefäße
durch Kaspar Aselli zu Pavia. Weitere wichtige Fortschritte wurden durch die Erfindung des Mikroskops, durch die Vervollkommnung
der Injektionstechnik und durch die
Begründung der mikroskopischen
Anatomie durch Marcello
Malpighi (1628-94)
veranlaßt.
Die erste kritische Zusammenstellung der Physiologie gab
Albrechtvon Haller in seinen berühmten «Elementa physiologiae» (8
Bde., Lausanne
[* 2] 1757-66). Epochemachend waren Ende des 18. Jahrh.
die Untersuchungen von Priestley und Lavoisier über die chem. Vorgänge des Atmungsprozesses,
sowie die Entdeckungen
Galvanis, welcher die
Lehre
[* 3] von der
Muskel- undNervenelektricität begründete.
In den
letzten fünfzig Jahren wurde die Physiologie durch die erfolgreiche Thätigkeit zahlreicher Forscher, unter denen
besonders
JohannesMüller, Du
Bois-Reymond und
Helmholtz in
Berlin,
[* 4]
Magendie, Flourens und Claude
Bernard inParis,
[* 5]
E. H.Weber und
Ludwig in
Leipzig,
[* 6] Hering in
Prag,
[* 7]
Brücke
[* 8] in
Wien,
[* 9]
Donders in
Utrecht
[* 10] u. a. zu nennen sind, zu einer umfangreichen
und wichtigen Wissenschaft erhoben, die auf die
Entwicklung der gesamten
Medizin von maßgebendem Einfluß geworden ist und
der neuern
Richtung den
Namen der physiologischen
Medizin verschafft hat.
ÜberUmfang und neuere Fortschritte der Physiologie geben die
Hand- und Lehrbücher von
Ludwig (2. Aufl., Lpz. 1858-61),
Brücke (4. Aufl., 2 Bde.,
Wien 1885-87), Wundt (4. Aufl., Stuttg. 1878), Grünhagen (7.
Aufl., 3 Bde., Hamb.
1884-87), Vierordt (5. Aufl., Tüb. 1877),
Hermann (10. Aufl., Berl. 1892),
Landois (8. Aufl.,
Wien 1893) und Ranke (4. Aufl.,
Lpz. 1881) sowie das große Handbuch der Physiologie von
Hermann (6 Bde., ebd. 1879-83) nähere
Auskunft.
Vgl. noch DuBois-Reymond, Der physiol. Unterricht sonst und jetzt (Berl.
1878). -
Von Fachzeitschriften über Physiologie sind zu nennen:
Archiv für
Anatomie und Physiologie (hg. von Du
Bois-Reymond, Lpz. 1877 fg.),
Archiv
für die gesamte Physiologie (hg. von Pflüger,
Bonn
[* 11] 1868 fg.), Zeitschrift für
Biologie (hg. von Voit,
Münch. 1865 fg.),
Physiol. Centralblatt (hg. von Exner und
Gad,
Wien 1887 fg.),
Biologisches Centralblatt (hg. von Rosenthal,
Erlangen
[* 12] 1881 fg.),
Zeitschrift für physiol.
Chemie (hg. von Hoppe-Seyler, Straßb. 1877 fg.).
Zeit oder Reaktionszeit, die Zeit, die man gebraucht, um auf einen Sinnesreiz
mit einer
Bewegung zu antworten. Ist der Reiz ein einfacher und bekannter und die auszuführende
Bewegung
eine verabredete,
so spricht man von einfacher Reaktionszeit. Um sie zu messen, werden auf die berußte Papierfläche einer schnell bewegten
Trommel durch elektrische Übertragung geschrieben 1) Stimmgabelschwingungen, 2) der
Moment des Reizes
und 3) die
Bewegung des Reagierenden.
Die Reaktionszeit ist nach Art und
Stärke
[* 13] des einwirkenden Reizes, nach der Individualität der Versuchsperson sowie nach
dem
Grad der
Aufmerksamkeit und erlangten
Übung verschieden. Aber selbst bei völliger
Gleichheit der genannten
Bedingungen fallen
die Reaktionszeiten noch wesentlich verschieden aus, je nachdem dieAufmerksamkeit des Reagierenden auf
den erwarteten Sinnesreiz (sensorielle Reaktion) oder auf die auszuführende
Bewegung (muskuläre Reaktion) gerichtet ist.
Letztere ist immer erheblich kürzer. So betrug z. B. für einen bestimmten Reagierenden
die sensorielle Reaktionszeit auf einfache Schallreize 216 Tausendstel einer Sekunde (σ), die muskuläre Reaktionszeit dagegen 127 σ,
auf elektrische
Hautreize 213 und 105 σ, auf Lichtreiz 290 und 172 σ u. s. f. Um
die Erforschung der physiol. Zeit, die in engster
Beziehung zur Frage von der persönlichen
Gleichung (s. d.) steht, haben
sich namentlich
Donders, Exner, von Wittich, Wundt undL. Lange verdient gemacht.
(grch.), eine im Mittelatter sehr verbreitete
Klasse von kleinen Zusammenstellungen
christl. Zoologie. Das älteste Werkchen dieser Art beruft sich auf einen Physiologus, d. h.
einen naturkundigen
Meister, dessen
Namen wir nicht kennen, vielleicht ist
Aristoteles gemeint. Dieser älteste griech. sogenannte
Physiologus entstand in der ersten Hälfte des 2. Jahrh. n. Chr.
in
Alexandria; er erzählt in knapper Form die verschiedenen Eigenschaften (Naturen) allerlei biblischer
oder aus griech. naturwissenschaftlichen
Quellen bekannter, zum
Teil ganz sagenhafter
Tiere (z. B. Löwe, Pelikan,
Phönix,
Sirene,
[* 14] Panther, Einhorn, Hyäne u. s. w.) und deutet diese Eigenschaften auf
Christus oder den
Teufel oder sonst religiös derartig,
daß die Hauptpunkte der christl.
Glaubenslehre zur
Sprache
[* 15] kommen. Die Zahl undAnordnung der
Tiere und
ihrer Naturen schwankt schon in den verschiedenen Handschriften dieses griech.
Textes (hg. von Pitra im
«Spicilegium Solesmense»,
Bd. 3, Par. 1855) sehr bedeutend.
Auf der griech. Fassung beruht der äthiopische Physiologus (hg. von
Hommel, Lpz. 1877),
der armenische, arabische, die syrischen.
Im
Abendland wurde der Physiologus besonders verbreitet in verschiedenen lat.
Bearbeitungen (hg. von
Cahier in den
«Mélanges d'archéologie», Bd. 2-4, Par.
1848-56), deren älteste um 400 entstanden ist; ihr scheint der Physiologus im
Codex lat. Monac 19410 am nächsten zu stehen. Aus dem
lateinischen Physiologus schöpften mittelbar oder unmittelbar die christl.
Encyklopädisten wie Isidor von Sevilla,
[* 16] Thomas von Cantinpré,
Albertus Magnus, Vincenz von
Beauvais u. s. w.; im «Physiologus Theobaldi»
wurde er metrisch bearbeitet; er wurde ins
Althochdeutsche mehrfach übersetzt (der althochdeutsche Physiologus des 11. Jahrh.
in Müllenhoffs und Scherers «Denkmälern der
Poesie und Prosa», Nr. 81; der des 12. Jahrh.
in
Karajans«Deutschen Sprachdenkmalen des 12. Jahrh.»,Wien 1846; vgl.
Mann im 11. Bde. der «Beiträge
zur Geschichte der deutschen
Sprache und Litteratur»,
Halle
[* 17] 1886),
ferner ins Isländische (hg. von Dahlerup, Kopenh. 1889),
poetisch bearbeitet in angelsächs.
Sprache und liegt
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