in dieser
Beziehung durch die freihändlerischen
Ansichten Gournays (s. d.) beeinflußt war, volle
Freiheit der
Bewegung erhalten.
Da alle
Staatsausgaben schließlich aus dem produit net bestritten werden müssen, so ist es nach den Physiokraten am zweckmäßigsten,
den ganzen Staatsbedarf mittels einer einzigen
Steuer (impôt unique), nämlich einer Grundsteuer, direkt von denjenigen
zu erheben, welche den
Reinertrag unmittelbar in Empfang nehmen. Die Einseitigkeit dieser
Theorie ist einleuchtend, namentlich
hinsichtlich der behaupteten Unproduktivität der gewerblichen und kommerziellen
Arbeit; doch bleibt sie von großer histor.
Bedeutung, einesteils als erster Versuch einer theoretischen Gesamtauffassung des volkswirtschaftlichen Prozesses und andererseits
wegen des außerordentlich bedeutenden Einflusses, welchen sie auf
AdamSmith (s. d.) und sein
System ausgeübt
hat. Eine Sammlung der
Schriften Quesnays und anderer Physiokraten wurde als
Teil der Guillauminschen «Collection des principaux
économistes» von Daire herausgegeben als «Physiocrates» (2 Bde.,
Par. 1846;); eine neuere
Ausgabe der Werke Quesnays rührt von
Oncken her (Frankf. und Par. 1888).
(grch.), ursprünglich gleichbedeutend mit Physik, Naturlehre, bezeichnet
die Wissenschaft von den regelmäßigen Funktionen in den sog. belebten Körpern oder Organismen,
den
Tieren und
Pflanzen.
Alle denselben zukommenden eigentümlichen Funktionen lassen sich im wesentlichen als regelmäßige
Veränderungen ihrer chem.
Bestandteile, der in ihnen wirkenden physik. Kräfte und ihrer morpholog. Formelemente
betrachten. Während man früher den
Grund dieser Eigentümlichkeiten in besondern, den Organismen eigentümlichen vererbbaren
Fähigkeiten suchte, deren
Summe man als
Lebenskraft (s. d.) bezeichnete, haben die neuern Untersuchungen zu der sichern
Erkenntnis geführt, daß in den belebten Organismen dieselben physik. und chem. Kräfte nach
denselben Grundgesetzen wirken, die auch in der unorganischen Natur sich kundgeben. Dies im einzelnen
des Genauern nachzuweisen, ist
Aufgabe und Ziel der Physiologie. Die Physiologie trennt man nach der Verschiedenheit ihrer Objekte in die
Tier- oder Zoophysiologie, deren Gegenstand die Erforschung der normalen Funktionen des tierischen und menschlichen Körpers
bildet, und in die
Pflanzen- oder Phytophysiologie, die
Lehre
[* 1] von den Verrichtungen der lebenden
Pflanze
und ihrer einzelnen
Teile.
Die Tierphysiologie, oft auch nur Physiologie genannt, zerfällt wieder in die allgemeine Physiologie, die
sich mit Ermittelung der allgemeinen Lebensfunktionen und der durch dieselben erzeugten Wechselwirkungen der organischen
Wesen beschäftigt, und in die specielle Physiologie, die von den einzelnen Lebensverrichtungen
handelt und eingehend die vegetativen Funktionen des Tierkörpers, welche dieser mit der
Pflanze gemein hat
(Ernährung,
Atmung,
Fortpflanzung), sowie die animalischen Verrichtungen, die nur dem
Tiere zukommen (Muskelthätigkeit, Sinnesempfindungen, psychische
Thätigkeiten), erforscht.
Die vergleichende Physiologie beschäftigt sich mit den Lebenserscheinungen des gesamten
Tierreichs. Die
Psychophysik (s. d.), die physiol.
Erforschung der seelischen und geistigen Thätigkeiten, bildet den vermittelnden Übergang von der Physiologie zur
Psychologie (s. d.). Als Methoden und Hilfsmittel benutzt die Physiologie, deren
Grundlage hauptsächlich die Physik,
Chemie und
Anatomie einschließlich der
Gewebelehre bilden, vorzugsweise die
Beobachtung,
mit der jede Naturwissenschaft zu beginnen hat, und das physiol. Experiment, das unter
den verschiedensten Modifikationen an
Mensch und
Tier angestellt wird und wegen seiner Wichtigkeit und erfolgreichen Handhabung
der ganzen Wissenschaft den
Namen der Experimentalphysiologie verschafft hat.
Die Pflanzenphysiologie hat die
Aufgabe, alle diejenigen Vorgänge in den lebenden pflanzlichen Organismen zu untersuchen,
die sich bei der
Ernährung, beim Wachstum und bei der Fortpflanzung derselben abspielen. Da die erstern
beiden Prozesse wesentlich chem. oder physik. Natur sind, so muß die Physiologie ihre
Aufgaben vorzüglich unter Zuhilfenahme von
Chemie und Physik zu lösen suchen. Zwar wird auch die Fortpflanzung auf solche
Vorgänge zurückzuführen sein, doch ist dies zur Zeit noch unmöglich.
Immerhin kann man von einer Physiologie der Fortpflanzung reden, denn auch die
Beobachtung der dem eigentlichen
sexuellen
Akte vorausgehenden Erscheinungen der
Bestäubung,
Befruchtung
[* 2] sowie die Weiterentwicklung der befruchteten
Eizelle
in ihren ersten Stadien sind nicht bloß Gegenstand der
Morphologie, sondern auch der Physiologie, insofern dabei stoffliche
Veränderungen
oder Einwirkungen äußerer Kräfte
u. dgl. stattfinden. Die Betrachtung der mannigfachen
Einrichtungen, die bei
Blütenpflanzen zur Herbeiführung des Insektenbesuchs oder zur
Verbreitung des Pollens durch den
Wind
vorhanden sind, ebenso die Beweglichkeit der
Spermatozoiden bei den niedern
Pflanzen sowie das Öffnen der
Antheridien und
Archegonien
bieten nicht
nur für die
Morphologie, sondern auch für die Physiologie bestimmte Fragen. Auch die Erzeugung von
Bastarden und die dabei auftretenden eigentümlichen Erscheinungen sind Gegenstand der physiol.
Forschung. (S.
Bastardpflanzen.)
Mehr physik. und chem. Prozesse kommen in Betracht bei den übrigen Gebieten der Physiologie, deren
Aufgabe es ist, die
Ernährung und das Wachstum sowie die Bewegungserscheinungen der
Pflanzen zu untersuchen.
Die
Ernährung derPflanzen besteht hauptsächlich darin, daß gewisse
Stoffe aus der Luft und dem
Boden, oder bei Wasserpflanzen
[* 3] aus dem Wasser aufgenommen und verarbeitet werden. Es handelt sich nun zunächst darum, festzustellen, welche
Stoffe überhaupt
in die
Pflanze gelangen, welche davon unbedingt notwendig, welche entbehrlich sind und schließlich welche
eine schädliche Wirkung auf das Gedeihen der einzelnen
Pflanze ausüben. (S.
Ernährung der Pflanze.) Die beiden wichtigsten
chem. Prozesse, die sich bei der
Ernährung derPflanzen abspielen, sind die
Assimilation (s. d.) im weitern
Sinne und die
Atmung
(s. d.). Im engsten Zusammenhang mit der Verarbeitung der aufgenommenen Nährstoffe
steht die Wanderung innerhalb des Pflanzenkörpers (s.
Stoffwanderung in der
Pflanze).
Ferner ist es
Aufgabe der Physiologie, alle Bewegungserscheinungen zu untersuchen, die einzelne
Teile der
Pflanzen ausführen; es gehören
hierher vor allem sämtliche Wachstumsprozesse, die
Keimung (s.
Keim), die verschiedenen als
Heliotropismus (s. d.) und
Geotropismus
(s. d.) bezeichneten Richtungsbewegungen, die sog.
Nutationen (s. d.), die
Bewegungen, die windende
Pflanzen und Ranken ausführen, die Reizbewegungen vieler
Blätter,
Staubgefäße
[* 4] und anderer Organe, die
Bewegungen der
Spaltöffnungen u. s. w. (Vgl. außer den speciellen
Artikeln¶