forlaufend
764
Ost-Lothian, schott. Grafschaft, s. Haddington. Ost-Main, Teil von Labrador, s. East-Main. Ostmannen, s. Normannen. Ostmitteldeutsch, Ostniederdeutsch, s. Deut sche Mundarten. Ostpreußen, [* 1] die nordöstlichste Provinz des preuß. Staates, zugleich der nordöstlichste Teil des Deutschen Reichs, gebildet durch Gesetz vom aus dem östl. Teil der bisherigen Provinz Preußen, [* 2] grenzt im NW. an die Ostsee, im O. und S. an Rußland, im W. an die Provinz Westpreußen und umfaßt 36 988,04 ykm, mit Aus- schluß jedoch des Kurischen Haffs (s. d.) und des zu Ostpreußen gehörigen Teils (578,01 qkm) vom Frischen Haff (s. d.). (S. die Karte: Ost- und Westpreußen, beim Artikel Westpreußen.) Oberflächengestaltung, Gewässer, Klima. [* 3] Ostpreußen bildet einen Teil des von W. nach Ostpreußen streichenden füdbaltischen Küstenplateaus und ist ein aus Hügel- uno Flachland bestehender, mit zahlreichen größern und kleinern Landseen (Ostpreußische Seenplatte) durchsetzter und von vielen Flußläufcn durchzogener, im NO. und S. vielfach sumpfiger und mooriger, an der Küste mit kahlen Dünen eingerahmter Ab- schnitt des Norddeutschen Tieflandes, der neben um- fangreichen sterilen Sandstachen mit erratischen Blöcken auch große Strecken des fruchtbarsten Bo- dens enthält.
Die bedeutendsten Höhen liegen öst- lich von den masurischen Seen, insbesondere in der Gegend von Goldap (Goldaper Berge, 272 m; Seesker Berg, 309 m) und südlich von Osterode [* 4] (Kernsdorfer Höhe, 313 m). Die größten der in mebrern Gruppen auftretenden Landseen sind die masurischen Seen, der Mauersee (105 qkm), der Spirdingsee (102 ykm), der Lötzener (Löwentin-) und der Nosch- (Warschau-) See, ferner die Seen bei Liebemühl, von denen der Geserichsee schon nach Westpreußen hinüberreicht.
Hauptflüsse sind: die Dange, die Minge, der Niemen oder die Memel [* 5] mit seinen Zuflüssen Jura (rechts) und Scheschuppe (links), der Nemonien, der Pregel [* 6] mit Inster, Pissa und Angerapp und seinem linken Nebenflusse Alle sowie die Passarge. Die natürlichen Wasserstraßen, von denen etwa 430 km schiffbar sind (davon ent- fallen 117 km auf den Prcgel, 641 cm auf die Memel, 48 Kni und 42 km auf Ruß und Gilge), werden durch ein den zahlreichen Seen sich anschließendes Kanal- netz von rund 415 km Länge ergänzt; die wichtigsten Kanäle sind der König-Wilhelms-Kanal (s. d.), der Elbing-Oberländische Kanal [* 7] (s.d., davon eine Strecke in Westpreußen), der Schilling Drewenz-Kanal (s.d.), der Seckenburger Kanal, der große Friedrichsgraben (s. d.) und die Masurische Wasserstraße (s. Tabelle zum Artikel Schiffahrtskanäle).
Das Klima ist verhältnismäßig raub: die mitt- lere Jahrestemperatur beträgt in Königsberg [* 8] 6,?, in Memel 6,6, in Tilsit [* 9] 6,4 und in Klaussen bei Lyck [* 10] 6,3° 0., die mittlere jährliche Niederschlagshöhe in Tilsit 69, Klaussen 53 und Königsberg 63 cm. Bevölkerung. [* 11] Die Provinz hatte 1890:1958663, 1895: 2006689 (965131 münnl., 1041558 weibl.) E., serner 199 761 bewohnte Wohnhäuser [* 12] und 791 andere bewohnte Baulichkeiten, 411354 Haushal- tungen und 873 Anstalten.
Dem Religionsbekennt- nis nach waren (1895) 1711729 Evangelische, 266 641 Katholiken, 13 865 andere Christen und Dissidenten und 14364 Israeliten; der Staatsan- gehörigkeit nach (1890) 1956421 Reichsangehörige, 1779 Reichsausländer und 463 andere. Der Mutter- sprache nach sind die meisten Bewohner Deutsche, [* 13] mit Ausnahme von 316166 Polen, Masuren, Kas suben und 114 914 Litauern. Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamt fläche kamen 1893 auf Acker- und Gartenland 1990997, Wiesen 440 814, Weiden und Hutungen 270272, Öd- und Unland 100070, Holzungen 647 663, Haus- und Hofräume 30164, Wegeland, Gewässer u. s. w. 218823 lia.
Landwirtschaft wird in ausgedehntem Maße betrieben. Unter den Er- zeugnissen nehmen Roggen (bebaute Fläche 1895: 424870 ka.) und Hafer [* 14] (302 957) die erste Stelle ein, hierauf folgen Kartoffeln (158 795) und Hülsen- früchte: Weizen (101153) und Gerste [* 15] (92588 ka sowie Handelsgewächse treten zurück. Der Ernte- ertrag belief sich 1895 auf 400437 t Roggen, 111740 Weizen, 86501 Gerste, 1416 776 Kar- toffeln, 282 470 Hafer und 723225 t Wiesenheu. Berübmt ist die litauische Pferdezucht, [* 16] die durch das königl. Hauptgestüt zu Trakehncn iowie durch die Landgestüte zu Insterburg, [* 17] Rastenburg, Gudwallen und Braunsberg [* 18] mit zusammen etwa 560 Beschälern und 176 Deckstationen gefördert wird. Au5 der Deckung durch die Beschäler dieser Gestüte stammen jährlich allein gegen 20000 Fohlen. Auch die Rind' [* 19] vieh-, Schweine-, Gänse- und Bienenzucht [* 20] ist ent- wickelt. Die Schafzucht dagegen geht zurück, wenn- gleich sie noch immer hervorragend ist. Am wurden gezählt: 423792 Pferde, [* 21] 958288 (1893: 964022) Stück Rindvieh, 937 039 Schaft, 699 971 (1893: 734755) Schweine, [* 22] 25545 Ziegen und 146 657 Bienenstöcke.
Der Wald besteht zu 79,5 Proz. aus Nadelholz und liefert wertvolle Pro- dukte für den Ausfuhrhandel. Industrie und Gewerbe. Nach der Berufszählung von 1882 waren in Industrie und Gewerbe 15,49, in Handel und Verkehr 4,99 Proz. beschäftigt; Gewerbe, Handel und Verkehr zählten (1882) 88510 Betriebe mit 153 947 beschäftigten Personen; davon waren nur 1890 größere Betriebe (über 5 Gehilsen) mit 35469 Personen. Fischerei, [* 23] Torfgrüberei, Ziegelei, Eisen- gießerei und Eifenverarbeitung, Weberei [* 24] und Blei- cherei (Leinwand), Schiffbau,Holzbearbeitung (Säge- mühlen) und Bereitung vegetabilischer und am malischer Nahrungsmittel [* 25] sind die wichtigsten Ge- werbszweige, neben denen noch die Bernsteinindustrie (s. d.) Erwähnung verdient.
Handel und Verkehrswesen. Der Handel, nament lich der Großhandel, und die Verkehrsgewerbe haben sich, begünstigt durch die zahlreichen Wasserstraßen, die guten Seehäfen Memel, Pillau, Königsberg und Braunsberg und ein allerdings nicht engmaschiges, aber in neuerer Zeit durch Nebenbahnen vervollstän- digtes Eisenbahnnetz (1894/95:1846,ikm,d.i.49,9m auf 1 ykm Flüche und 9,4 kni auf 10,000 E.) gut entwickelt. 1524 km sind Staats-, 322 km Privat bahnen; für 226 km Nebenbahnen sind die Mittel bewilligt, zum Teil ist der Bau begonnen.
Oberpost- direktionen bestehen in Königsberg und Gumbinnen. [* 26] Unterrichtswesen. An Bildungsanstalten bestehen die Universität zu Königsberg, das Lyceum Hosia- num zu Braunsberg, das königl. pädagogische Se- minar, die königl. Kunstakademie zu Königsberg, 16 Gymnasien, 1 Progymnasium, 3 Realgymnasien, 1 Oberrealschule, 1 Realprogymnasium, 2 Real- schulen, 4 höhere Knaben-, 26 höhere Mädchenschulen und 8 Echullehrerseminare, 4Prüparandenanstalten, 2 höhere Landwirtschafts- und 11 niedere Landwirt- schaftsschulen. 2 Navigationsschulen, 4 ¶