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404 Abgesehen von den Hethitern (s. d.), die am Ende des 2. Jahrtausends von Syrien aus bis an das Agäische Meer vordrangen, sind spätestens in dieser Zeit auch die Karer von den westl. Inseln her eingedrungen. Um die Wende des 2. Jahrtausends beginnt dann die griech. Kolonisation zunächst peloponnesischer (arkadischer) Völkerschaften nach Pamphylien und Cypern. [* 1] Am Beginn des 1. Jahrtausends folgten nacheinander aus Nord- und Mittelgriechenland und dem Peloponnes die Wanderzüge, welche zur Gründung der äol., ion., dor.
Kolonien an der Westküste führten. Es entstanden damals, gewöhnlich an der Stelle älterer Ortschaften, die meisten der zahlreichen Griechenstädte: Mytilene, Kyme, Smyrna, Chios, Ephesus, Samos, Milet, Kos, Halikarnaß u. a. (S. Karte: Das Alte Griechenland, [* 2] Bd. 8, S. 314.) In der gemeinsamen, andauernden Gefahr schlossen sie sich vielfach enger zusammen zu Bünden, die Ionier von 12 Städten (Dodekapolis), die Dorier von 6 Städten (Hexapolis). (S. Griechenland, Bd. 8, S. 320b fg.) Das Lydische Reich unter Alyattos und Krösus bekämpfte im 7. und 6. Jahrh. v. Chr. die westkleinasiat.
Griechenstädte heftig und unterwarf sie schließlich. Damals zum ersten und einzigen Male bildete Alt-Kleinasien (westlich des Halys) ein einheitliches Reich. Aber dieses Reich wurde Mitte des 6. Jahrh. durch die Perser gestürzt; sie eroberten die westl. Griechenstädte mit und teilten ganz in drei große Verwaltungsbezirke (Satrapien), in die um Sardes, um Daskyleion und um Tarsus. Im Beginn des 5. Jahrh. (479) v. Chr. erlangten zwar die Westgriechen als Mitglieder des athenischen Seebundes ihre Freiheit zurück, wurden aber nach mancherlei Schwankungen im Frieden des Antalcidas (387 v. Chr.) wieder preisgegeben. Am Ende des 4. Jahrh. unternahm Alexander d. Gr. seinen Siegeszug durch in das pers. Kernland. Kleinasien. Wurde macedonisch und nach Alexanders frühem Tode (323) das Hauptgebiet des Hellenismus, der hier zu voller Entfaltung gedieh.
Die blutigen Kämpfe der Diadochen und Epigonen spielten sich hier ab. (S. Karte: Diadochenreiche, Bd. 5, S. 240.) 278 v. Chr. brachen die Galater ein und besetzten das nach ihnen benannte Gebiet. Endlich wurde wenigstens ein großer Teil West-Kleinasiens wieder im Pergamenischen Reiche geeint. Nebenher bildete sich eine Anzahl kleinerer Fürstentümer auf nationaler Grundlage. Als dann 133 v. Chr. das Pergamenische Reich an die Römer [* 3] siel, schufen diese daraus die Provinz Asia und dehnten von hier stetig ihre Herrschaft aus.
Den Gedanken einer Einigung dieses hellenisierten K.s nahm noch einmal König Mithridates VI. von Pontus auf, scheiterte aber damit und unterlag 63 v. Chr. endgültig gegen Rom. [* 4] Damals erreichte Kleinasien ungefähr den heutigen Umfang; es zerfiel in die Provinzen Asia, Bithynia und Pontus, Galatia, Kappadocia, Lycia und Pamphylia, Cilicia, Cyprus, doch ist auch in dieser Einteilung mancherlei zu verschiedener Zeit geändert worden. (S.Karte: Das Römische Reich, [* 5] beim Artikel Rom und Römisches Reich.) Die Ruhe dauerte nur kurze Zeit für die Prätendentenkämpfe der Kaiserzeit; für die einbrechenden Parther und Neuperser bildete Kleinasien den Kampfplatz. Im Byzantinischen Reiche war Kleinasien. In mehrere Verwaltungsbezirke, Themata (s. d.) genannt, eingeteilt (s. Karte: Byzantinisches Reich, Bd. 3, S. 814), bildete aber auch damals den Schauplatz fortwährender Kriege, bis es endlich im 11. Jahrh. unter die Herrschaft der Seldschuken, im 14. Jahrh. unter die der Osmanen kam.
Litteratur. Hamilton, Researches in Asia minor (2 Bde., Lond. 1842);
Tchihatcheff, Asie mineure (8 Bde., Par. 1852–69);
Texier, Asie mineure (ebd. 1862);
Kiepert, Nouvelle carte générale des provinces asiatiques de l'Empire Ottoman (Berl. 1884);
Tchihatcheff, Kleinasien (in «Das Wissen der Gegenwart», Bd. 64, Lpz. und Prag [* 6] 1887);
Ramsay, The historical geography of Asia minor (Lond. 1890);
Humann und Puchstein, Reisen in und Nordsyrien (Berl. 1890);
Kiepert, Specialkarte von West-Kleinasien (ebd. 1890);
Naumann, Vom Goldenen Horn zu den Quellen des Euphrat (Münch. 1893).