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ben diesem Hauptzweck kommen bei der Kleidung auch noch gewisse sittliche und ästhetische Interessen in Betracht (s. Kostüm). [* 1]
Die Hauptaufgabe der Kleidung besteht darin, daß sie die von unserer Körperoberfläche abgegebene Wärme [* 2] aufnimmt, an ihrer Oberfläche sortleitet und hier durch Strahlung oder Verdunstung an die kühlere Umgebung abgiebt. Das Vermögen der Kleidung, die Körperwärme zurück- zuhalten, wird im wesentlichen durch die Form und die Beschaffenheit der einzelnen Kleidungsstoffe, aus welchen sie sich zusammensetzt, bestimmt.
Was zu- nächst das Ausstrahlungsvermögen der Klei- dungsstoffe anlangt, so haben die Versuche von Krieger das Resultat ergeben, daß Wolle, Wasch- leder, Seide, [* 3] Baumwolle [* 4] und Leinwand für dunkle Wärmestrahlen sich hinsichtlich ihres Ausstrahlungs- vermögens nicht wesentlich unterscheiden und auch sür leuchtende Wärmestrahlen nur unerhebliche Unter- schiede darbieten, vorausgesetzt, daß die betreffenden Kleidungsstoffe von gleicher Farbe sind.
Für weiße oder überhaupt gleichfarbige Zeuge gelten nämlich bezüglich ihres Äusstrahlungsvermögens folgende Verhältniszahlen: Baumwolle 100, Leinen 98,' Fla- nell 102, Seidenzeug 108. Verschieden gefärbte Feuge reagieren im Gegensatz hierzu gegen leuch- tende Wärmestrahlen sehr verschieden;
so ergaben die Versuche mit verschieden gefärbtem Schirting folgende Verhältniszahlen: Weiß 100, Blahgelb 102, Dunkelgelb 140, Hellgrün 155, Türkischrot 165, Dunkelgrün 168, Hellblau 198, Schwarz 208. Be- merkenswert erscheint hierbei, daß leuchtende Wärme- strahlen von jeder Farbe um vieles besser als von Weiß ausgenommen werden, und daß Hellblau dem Schwarz fast gleichwertig ist.
Der Wärmeverlust durch Strahlung eines Kleidungsstoffs steht in engster Beziehung zum Wärmeleitungsver- mögen des letztern;
^e schlechter ein Stoff die Wärme leitet, desto weniger kann auch von letzterer an der Oberfläche durch Strahlung verloren gehen. Eingehende Versuche haben nun aber gelehrt, daß auch das Leitungsvermögen der einzelnen Kleidungs- stosse an und für sich keine erheblichen Verschieden- heiten darbietet: so beträgt die Behinderung der Wänneleitung nach Krieger bei dünnem Seiden- zeug 3, bei Guttapercha 4, bei Schirting und seiner Leinwand 5, bei dickerm Seidenzeug 6, bei stärkerer Leinwand 9, bei Waschleder 10-12, bei Flanell 14, bei Sommerbuckskin 12, bei Winterbuckskin 12-26, bei Doppelstoff 25-31 Proz. Es hat sich hierbei herausgestellt, daß es hinsichtlich dsr Wärmeleitung [* 5] nicht sowohl auf die Substanz und das Gewicht, als vielmehr auf die Form und das Volumen (die Dicke) des betreffenden Stoffs ankommt. Je größer das letztere ist, je mehr Luft der Kleidungsstoff in sich einschließt, desto mehr wird die Leitung der Wärme gehemmt, desto wärmer kleidet der Stoff. Hinsichtlich der Durch gängigkeit der Zeuge sür Luft ergaben die Versuche, daß, wenn die Durch- gängigkeit des luftigsten, nämlich des Flanells, gleich 100 gesetzt wird, dieselbe unter sonst gleichen Ver- hältnissen für mittelfeine Leinwand 58, für Seiden- zeug 40, für Buckfkin 58, für Sämifches Leder 51, für Glaceleder nur 1 beträgt.
Für unser Wohl- befinden ist ein gewisser Luftwechsel in unsern Unterkleidern von großem Belang;
luftdichte Klei- der, wie Gummi-Regenmäntel, können uns zwar für Ausnahmefälle, bei Nässe, Kälte und heftigem Wind, gute Dienste [* 6] leisten, werden uns aber unter gewöhnlichen Verhältnissen durch die Unterdrückung Artifcl, die man unter K verm der Ventilation und der Ausdünstung bald uner- träglich.
Aufgabe der Kleidung ist es, die Luftbewegung an unferer Hautoberfläche derart zu mähigen und zu regeln, daß unfere Hautnerven keine Empfindung mehr von derselben erlangen, was schon bei einer Ge- schwindigkeit von 1^/2 bis 2 Fuß in der Sekunde der Fall ist, und daß die Luft bei ihrem Vorbeiziehen an der Körperoberfläche genügend Zeit findet, sich gehörig zu erwärmen, sodcch auch keine Frostempfin- dung aufkommen kann.
Bei zweckmäßiger Bekleidung erreicht die Luft innerhalb unserer Kleider trotz der vorhandenen Lustbewegung eme Temperatur von 24 bis 30° 0., einen Wärmegrad, bei welchem wir uns wohl und behaglich fühlen. Einen großen Einfluß auf die Wärmeabgabe von der Haut [* 7] besitzt das hygroskopische Verhalten der Kleidungsstoffe, ihre Fähigkeit, Wasser aus der Luft oder aus der wässerigen Hautausdünstung auf- zunehmen und zurückzuhalten.
Auch in dieser Be- ziehung bieten die einzelnen Stoffe bemerkenswerte Verschiedenheiten dar.
Beim Maximum hat Schaf- wolle (Flanell) 175, Leinwand nur 110, beim Mi- nimum erstere 75, letztere 41 Promille Wasser hy- groskopisch gebunden.
Noch wichtiger ist, daß die Leinwand unter sonst gleichen Verhältnissen ihr hygroskopisch aufgesaugtes Wasser sehr viel rascher wieder verliert als der Flanell.
Die Leinwand giebt allen Veränderungen der Feuchtigkeit schneller nach als die Wolle, und der Trocknungsprozeh ist bei der letztern ein viel gleichmäßigerer als bei der erstem. Dieses verschiedene Verhalten ist nun aber von sehr großer hygieinischer Bedeutung.
Bekannt- lich wird bei der Verdunstung von Wasser der feuch- ten Fläche, an welcher sie stattfindet, also im vor- liegenden Falle unserer Haut, eine beträchtliche Wärmemenge entzogen. Es ist aber zur Verhütung von Erkältungskrankheiten wesentlich, daß dieser Wärmeverlust der Haut bei dem Trocknen von feuch- ten Kleidungsstücken sich langsam vollziehe.
Dazu kommt, daß die verschiedenen Kleiderstoffe bei ihrer Durchnässung sich sehr verschieden hinsichtlich ihrer Durchlässigkeit für Luft verhalten;
denn während Leinwand, Baumwolle und Seide sehr bald durch Benetzen luftdicht werden und dadurch die für unser Wohlbefinden so nötige Ventilation und Aus- dünstung hindern, verliert die Schafwolle dabei ihren Luftgchalt fast niemals ganz oder doch erst nach sehr langer Einwirkung beständiger Venetzung. Auch die Farbe der Aleidungsstoffe ist nicht ohne Einfluß auf unfer körperliches Wohlbefinden, insofern dunkle, zumal schwarze Stoffe Lichtstrahlen besser absorbieren und deshalb wärmer halten als hellfarbige.
Schwarze Stoffe absorbieren mehr als das Doppelte an Lichtstrahlen als weiße, welche einen großen Teil der Lichtstrahlen wieder zurück- werfen;
deshalb empfinden wir die Sonnenstrahlen viel intensiver auf unferer Haut, wenn wir schwarz, als wenn wir weih gekleidet sind.
Ebenso übt die Farbe einen gewissen Einfluß in betreff der Ab- sorptionsfähigkeit der Kleidung für Gafe und Riechstoffe aus, indem schwarze und dunkle Stoffe am reich- lichsten flüchtige riechende Substanzen aufsaugen und auch am hartnäckigsten festhalten, weiße Stoffe dagegen am schwächsten absorbieren.
Die Kleidung kann aber auch unter gewissen Umständen nachteilig wirken und Anlaß zu mancherlei Ge- sundheitsstörungengeben.
Zunächst kann durch eine unzweckmäßige Wahl der Stosse geschadet wer- den, insofern dadurch der Körper im ganzen oder ißt, sind nnter C anfznsuchcn. ¶