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[* 1] Fig. ^ Neben zahlreichen andern Kartenentwurfsarten, die nur durch streng mathem. Entwicklungen ab- geleitet werden können, ist weiterhin eine Gruppe von ganz besonderer Bedeutung, nämlich diejenige der Karten auf abwickelbaren Flächen. Denkt man sich an einen beliebigen Kugelkreis einen Ve- rührungskegel (auf beistehender [* 1] Fig. 3 von o aus) angelegt, auf dessen Mantel das Bild der Kugel irgendwie projiziert wird, dann die Mantelstäche längs einer Mantellinie aufgeschnitten und in die Ebene ausgebreitet, was ohne Verzerrung möglich ist, so hat das auf diese Weise gewonnene Karten- bild mit der Kugel den ursprünglichen Berührungs- kreis völlig gemein, die genaue Übereinstimmung zwischen Karte und Urbild erstreckt sich also über einen viel größern Raum als bei den perspektivischen Abbildungen.
Als Berührungskreis wählt man zu- meist einen Breitenkreis (kk in 50° nördl. Br. in beistehender [* 1] Fig. 3). Es giebt eine größere An- zahl solcher Kegelpro- jektionen, die in un- lern Atlanten für nicht zu ausgedehnte Länder- karten gern benutzt wer- den; die Meridiane ver- laufen bei ihnen als ra- diale Grade, von deren Schnittpunkt aus die Breitenkreise als konzen- trische Kreise [* 2] gezogen sind [* 1] (Fig. 4: Gewöhnliche IwahresK., und [* 1] Fig. 5: Konforme Kartenprojektion, durch Projektion [* 3] auf einen Schnitt- kegel, der zwei Breitenkreise mit der Kugel gemein- sam hat).
Wird der Verührungskreis ein Kugel- hauptkreis bez. der Äquator, so geht der Verührungs- kegel in einen Cylinder über, und man erhält Plattkarten oder Cylinderprojektionen mit einem geradlinigen und rechtwinkligen Gradnetz [* 1] (Fig. 6). Die bekannteste Cylinderprojektion ist die von Mercator 1569 gegebene winkeltreue Projek- tion, die viel zu Physik. Erdkarten verwendet wird und in der Schiffahrt zu hohem Ansehen und all- gemeiner Benutzung gelangt ist, weil sie gestattet, den Schiffskurs zwischen zwei Orten einfach als gerade Linie (s. Lorodromische Linie) einzuzeichnen [* 1] (Fig. 7). Von sonstigen Projektionen mögen noch er- wähnt werden die für Planigloben geeignete äqua- toriale Globularprojektion [* 1] (Fig. 9), bei der Äquator, Mittelmeridian und Umfangskreis in gleiche Teile geteilt und die Gradnetzlinien als Kreise durch je drei dieser Teilpunkte gezogen sind; dann die neuerdings sür Asien [* 4] vorgeschlagene Lam- bertsche slächentreue Azimutalprojektion, die die Azimute, d. h. die Winkel [* 5] der Nordsüdlinie mit den Strahlen vom Kartenmittelpunkt nach allen Richtungen unverändert wiedergiebt;
die zunächst sür Afrika [* 6] verwendete Sanson-Flamsteedsche Projektion (Fig. 10) mit geradlinigen parallelen Breitenkreisen in richtigem Abstand und Meridia- nen, die alle Vreitenlinien ebenfalls in richtigen Abständen schneiden, sodaß die Karte äquivalent wird;
Babinets homalographische oder die Mollweidesche äquivalente [* 1] (Fig. 11), bei der die Parallelkreise in der Höhe der Kugelzonen ent- sprechenden Entfernungen als Gerade gezogen und in gleiche Teile geteilt sind, wodurch die Meridiau- ellipsen bestimmt werden;
ferner die unsere Atlanten für Erdteil- und Länderkarten nnt Unrecht fast ganz beherrschende Vonnesche Projektion (Fig. 8), die sich von den Sansonschen nur dadurch unter- scheidet, daß die Breitenlinien konzentrische Kreise sind.
Endlich soll noch derPolyedcrprojektion gedacht sein, die darauf verzichtet, große Gebiete in eine Ebene abzubilden, die dagegen einzelne Gradtrapeze der Kugeloberfläche oder Teile der- selben derart wiedergiebt, daß jedes derselben in den Längen seiner Umfangslinien mit den Origi- nallängen übereinstimmt. An Stelle der Kugel tritt hiernach ein polyedrischer Körper, dessen Flächen in eine Ebene ausgebreitet nicht ohne Zwischenräume aneinander gelegt werden können.
Diese Art des Entwurss von Gradtrapezkarten ist neuerdings für die Meßtischblätter und topogr. Kar- ten zahlreicher Staaten zur Verwendung gelangt und giebt bei Maßstäben von 1:25000 bis 1:100000 nur ein Minimum von Verzerrung, wobei Längen-, Winkel- und Flächenänderungen als verschwindend klein angesehen werden können, sodaß solche Karten als zuverlässigste Mittel für alle geogr. Messungen verwendbar sind. Wie schon ausgeführt wurde, sind Winkel-, Flä- chen- und Mittelabstandstreue unvereinbar.
Diese Erkenntnis hat Tissot zum Studium der Frage geführt, bei welcher flächentreuen Projektion eines gegebenen Gebietes die größte auf der Karte vor- kommende Winkelverzerrung möglichst klein sei, und welches überhaupt für einen gegebenen Landumrih die Karten mit denkbar geringsten Verzerrungen seien. Die mathem. Untersuchung dieser Frage führte zu folgenden Sätzen: Auf der Kugelober- fläche sind an «jedem Punkte zwei aufeinander senk- rechte Richtungen vorhanden, die auch auf der Ab- bildung senkrecht zueinander bleiben; die Verzerrung bei der Abbildung besteht nun darin, daß ein auf der Kugel um jeden Punkt gelegter kleiner Kreis [* 7] auf der Karte als Ellipse, [* 8] Indikatrir, abgebildet wird, deren Hauptachsen die verlängerten oder ver- kürzten Abbildungen jener unverändert senkrechten Durchmesser sind. Die Größe des Verhältnisses dieser Ellipsenachsen bestimmt die Art und Größe der Verzerrung, und hiernach war Tissot im stände, für jede Aufgabe der Kartographie die möglichst zweckmäßige Entwurssart anzugeben. Er lenkte da- durch die in ganz neue Bahnen. Litteratur. Über die Geschichte der Kartenprojektion giebt trefflich Auskunft: D'Avezac, Oonp ä'wii Ki3to- riqu6 8ur 1a. pi-o^sction äs3 cartsZ äs Fso^i'kpliis (im »VuNstin ä6 1a. socists äs (^soZi-ap^is äs ?in'i8", 1883, auch feparat erschienen).
Neuere Hand- und Lehrbücher zur Kartenprojektion sind das ganz elemen- tare von A. Steinhauser, Grundzüge der mathem. Geographie und Landkartenprojektion (3. Aufl., Wien [* 9] 1887);
ferner Gretschel, Lehrbuch derK. (Weim. 1873);
Fiorini, I^s pro^ioni äsUs eai-ts 360- ^ratieks (Bologna 1881);
Tissot, Nsiuoirs 8nr 1a r6pr636Qt3.ti0n äs8 8urtÄC68 6t Is8 pr0^scti0N8 ä68 03,I't68 Z603lHp1ii ^gr Ißgi - deutsch von E. Kammer, Stuttg. 1887);
Iöppritz, Leitsaden der Kartenentwurfslehre (Lpz. 1884);
Herz, Lehrbuch der Landkartenprojektionen (ebd. 1885);
Hammer, [* 10] Die geographisch wichtigsten Kartenprojektion (Stuttg. 1889); Breusing, Das Verebnen der Kugeloberfläche sür Gradnetzentwürfe (Lpz. 1892). -
Vgl. auch Gün- thers Berichte über die Fortschritte der Kartenpro- jektionslehre im «Geographischen Jahrbuch» (Gotha [* 11] 1882 fg.).
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