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descentralbehörde bez. der Reichskanzler eine Be- scheinigung, welche seit der Novelle in Streitfällen gegenüber den Zwangstasien maßgebend ist, wäh- rend nach bisherigem Recht eine richterliche Nach- prüfung nicht ausgeschlossen war. (Vgl. §§. 75 u. 75 2. des Krankenversicherungsgesetzes.) Diese Be- stimmungen gewährleisten zwischen Zwangskassen und Hilfskassen den freien Wettbewerb, wie er bereits durch die Reichsgewerbeordnung vom ein- geführt und, trotz wiederbolter Angriffe, auch durch die neuere Socialgesetzgebung nicht beseitigt worden ist; und zwar mit Recht, denn der Versichcrungs- zwang erübrigt sich, soweit sein Zweck auf dem Wege freiwilliger Association in gleichem Mähe erreicht wird; auch enthält die Konkurrenz beider Kassenarten erfahrungsmähig einen Anfporn zu beständigem Fortschritt. (S. Kassenzwang.) Im übrigen er- gänzen die Hilfskassen das System der Zwangsvcrsicherung nach verschiedenen Richtungen, indem sie (wenigstens zum Teil) auch andern Zwecken als bloß der Kranken- und Begräbnisfürsorge dienen, ferner den nicht ver- sicherungspflichtigen Personen Gelegenheit zur Ver- sicheruug bieten,endlich den Mitgliedernder Zwangs- k^ssen ermöglichen, durch gleichzeitige Mitgliedschaft bei einer Hilsskasfe sich und auch ihren Angehörigen böhere Unterstützungen zu sichern.
Damit solche c nicht zur «Überversicherung» und zur Simulation führe, dürfen die Zwangskassen das Krankengeld kürzen, soweit es mit dem von der Hilfstasse gezahlten zusammen den Lobn des Mit- gliedes übersteigt. (Vgl. §. 26, jetzt 26k, Abs. 1 des Krankenversicherungsgesetzes.) Im I. 1876 gab es in Deutschland: [* 1] Hilfskassen Mitglieder Vermögen Mill. M. 5144 Sterbelassen mit 156 Invaliden- und Alters-Versorgungskassen . . . 189 Witwenlassen 1095 gemischte Kassen ... 1606000 36 107 25 580 171965 24', 3 9 etwa 17 l/2 6594 freie Kassen 1 339 652 Ein großer Teil derselben stand mit den von Hirsch [* 2] und F. Duncker begründeten Gewerkvereinen (s. d.) und namentlich mit den socialdemokratischen Ge- werkschaften in Verbindung, die allerdings nach Er- laß ves Socialistengesetzes vom 21. Ott. 1878 viel- fach aufgelöst wurden. Im Gegensatz zu den an bestimmte Orte oder Betriebe gebundenen Zwangs- lagen erstreckten sich diese sog. «Centralkassen» meist über weite Bezirke, ja über ganz Deutschland, indem sie neben dem Hauptsitz der Kasse allenthalben ört- liche Verwaltungsstellen errichteten.
Die Verbrei- tung der Hilfskassen zeigt trotz der Durchführung der all- gemeinen Zwangsversicherung, zum Teil sogar in- folge derselben, erkennbare Fortschritte. Die neuere Statistik befaßt sich jedoch nur mit den Hilfskassen, welche dem §.75 a. a. O. genüaen; solche gab es Ende 1892: 2300 mit 974000 Mitgliedern (gegen 875000 Ende 1885) und einem Vermögen von 18 Mill. M. In Ost erreich, wo das Verbältnis der Hilfskassen zu den Zwangskassen in gleicher Weise wie in Deutsch- land geregelt ist (s. Hilsskassengesetze), beginnen die hilfskassen erft ganz neuerdings einen gewissen Aus- schwung zu nehmen.
Der klassische Boden der Hilfskassen ist Großbritan- nien, wo der lebhafte Associationsgeist der Be- völkerung frühzeitig mannigfaltige Typen der Hilfskassen entwickelte. Der Ursprung derselben läßt sich teils auf örtliche gesellige Vereine (Oluds oder Zoxes), teils aus die Logen zweier, wahrscheinlich dem Frei- maurerorden nachgebildeter Arbeiterorden, der Oää ^6110^8 und der I^orl^wl-z, zurückführen. Man unterscheidet: Vetriebs(Fadrik-)kassen, Orts(Dorf- und Stadt-)kasfen, Distriktskassen (nach ihrem Gründer ttVecherkluds" genannt),
Grafscha Massen, Laudesgewerbekasscn, die nur Arbeiter eines Ge- werbes aufnehmen, Landeskassen (Oräinu.!^ lar^e Lociotie") und Arbeiterorden (Oi'ä^i 8 oder^küliktLä 80ci6tiL8). Letztere werden von einer B^amtenhierar- chie geleitet, an deren Spitze der Ordenssekretär ((^oi - i^sponlliuF 86er6wi)) steht, während die kleinen Ortstassen der obern Arbeiterschichten ebenfalls wirk- liche Selbstverwaltung, aber nicht bureaukratischen, sondern demokratischen Charakters, die großen Lan- des- und Begräbniskassen dagegen, ebenso wie die Ortskassen der niedern Arbeiterschichten, nur dem Namen nach Selbstverwaltung besitzen.
Diejenigen Kassen, bei denen Ehrenmitglieder Beiträge leisten und dadurch einen gewissen mehr oder weniger großen Einfluß auf die Verwaltung gewinnen, ohne selbst Anspruch auf Unterstützung zu haben, nennt man patronisierte Kassen. Sehr vielgestaltig ist der Versicherungsbetrug: ein Teil erhebt Prämien, zahlt aber nach einer gewissen Zeit den Überschuß der Ein- nahmen über die gezahlten und zur Zeit fälligen Unterstützungen an die Mitglieder aus, wirkt also ! zugleich als Sparkasse;
bei andern besteht ein wirt- liches Kapitaldeckungsverfahren (s. d.) teils mit Ein- heitsprämien, teils mit abgestuften Prämiensätzen.
Andcre beruhen auf dem Ümlageverfabren (s. d.); in noch andern sind Umlage- und Prämiensystem miteinander vereinigt. (S. auch ^riknälx 8cci6ti68.) Auch die französischen und belgischen b. (3oci6t68 äe 8600111-8 umtuet) beruhen auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit. Im Vedürfnisfalle follen die Gemeindebehörden die Bewohner zu eige- nen: Vorgehen anregen und belehrend wirken. Die- jenigen Kassen, welche sich gewissen Bedingungen unterwerfen, sollten nacb einem franz. Gcsch vom als «anerkannte Vereine» besondere Vorrechte genießen.
Doch machten nur wenige Ge- sellschaften hiervon Gebrauch. Nach einem Dekret vom unterscheidet man «genehmigte» und die unter deu allgemeinen Vereiusgesetzen stehenden, jederzeit auflösbaren freien «zugelassenen» Vereine. Dic erstern müssen Ehrenmitglieder zu- lassen, ihre Unterstützungen auf Krankheit, Unfall, Invalidität und Begräbuivfall beschränken, dürfen nur unter besondern Voraussetzungen Altersrenten gewähren, ihr Vorsitzender wird von der Regierung z ernannt.
Dafür genießen sie Vorrechte bei der An- lage und Verzinsung ihrer Kapitalien und dürfen nur aus bestimmten Gründen aufgelöst werden. Ende 1885 bestanden in Frankreich 5774 genehmigte und 2216 zugelassene freie Vereine, von denen 4018 und 1815 nur Männer, 170 und 137 nur Frauen umfaßten. Die Zahl der Ehrenmitglieder betrug 158000 und 23000, der Mitglieder 770000 und 320000, darunter 133000 und 38000 Frauen. Etwa 15 größere Verbände umfassen durchschnittlich je 50 Vereine. Die Einnahmen betrugen insgesamt 17,6 bcz. 7,6 Mill. Frs., die Ausgaben 15,9 bez. 8,6 Mill. Frs. Das Vermögen betrug 45 bez. 26,9 Mill., wozu für die genehmigten Vereine noch 59 Mill. im Allersrentenfonds kommen. Auch inVelgien sind nach dem Gesetz v om Verordnung vom staatlich ¶