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einer Änderung der Richteinrichtungen am Rohr, man legte die Visierlinie vielfach an eine Seite des Rohrs und verkürzte dieselbe, indem man das Korn in der Höhe der Schildzapfen anbrachte. Man wandte anfänglich nnr folche gezogene Geschütz an, die die Eigenschaften der langen Kanonen trugen, nnd glaubte, da die Anwendung der Hohlgcschosse ge- sichert war, mit einer Geschützart um fo mehr aus- kommen zu können, als die glatten Mörfer auch weiterhin ihrer Aufgabe hinreichend gewachsen er- schienen.
Doch trat späterhin das Bedürfnis ver- kürzter Kanonen für den indirekten Schuß gebiete- risch hervor, und auch des Vcrtikalfcuers aus gezoge- nen Geschütz glaubte man nicht dauernd entratcn zu kön- nen. So entstand in Preußen [* 1] bereits 1869 eine kurze 15 cm-Kanone und bald darauf ein 21 cm- Mörser. (S. Ta fel: G e s ch ü tz e 11, [* 2] Fig. l und di e Textfiguren 18, die das kurze 15 cm - Roh r, und 19, [* 2] Fig. 19. die das 21 cm-Mörserrohr im Längendurchschnitt darstellt.) Für die Mörser behielt man die äußern Anordnungen der Kanonen bei.
In den Kalibern hielt man sich zunächst an die der glatten Geschütz. Als leichtes Feldgeschütz ward fast überall die 8 cm-, als schweres die 9- oder 10 cm-, auch wohl die 12 cm-Kanone angenommen. Im System der Be- lagerungs- und Festungsartillerie wählte man 12- und 15 cm-Kanonen, letztere als lange und kurze, und 21 cm-Mörser. England nahm für die Feld- geschütze als Einheitskaliber das von 7,55 cm an, indes für die reitende Artillerie mit erleichterten: Rohr und Geschoß. [* 3]
Der beibehaltenen Gewohnheit gemäß, die Geschütz nach dem wirklichen Gewicht der Granaten, [* 4] nicht, wie es in den meisten Staaten noch längere Zeit beliebt wurde, nach dem Kugel gewicht des entsprechenden glatten Geschütz zu bezeichnen, statt wie später in Zentimeter, hatte man sonach in der engl. Feldbatterie 9- und 12pfündige Geschütz. Die Velagerungsartillerie nahm 20-, 40- und lOOpfün- dige (9,12 und 17 cm-) Kanonen an. Das franzöfifche Gefchützsystem fand in Italien, [* 5] den Niederlanden, den fkandinav.
Staaten, auf der Iberischen Halbinsel, in Griechenland, [* 6] Ser- bien, knrze Zeit hindurch auch in Rußland Beifall, mehrere kleinere deutsche Staaten gefielen sich darin, das franz. System neben dem preußischen anzuwen- den. Frankreich selbst nahm für seine Marine die Hinterladung, aber mit Beibehalt der Spielraum- führung, an. Das in Österreich [* 7] für die Feld- artillerie angenommene Vorderladungsgeschütz fand keine weitere Nachahmung. Die Schweiz [* 8] nahm anfänglich einen Vorderlader mit Expansionsgeschos- sen (s. Geschoß, Fig. 21) an, wandte sich dann aber dem preuß. System zu, auch Rußland ging bald zu letzterm über.
Nordamerika [* 9] wählte im System Par- rot den Vorderlader mit Expansionsgeschossen. Eine wesentliche Schwäche aller bisher erwähn- ten Konstruktionen gezogener Geschütz lag in der zu engen Begrenzung des Ladungsverhältnisses, durch die keine solchen Geschoßgeschwindigkeiten erreicht wur- den, wie man sie bei den langen glatten Kanonen ge- wohnt gewesen war. Dies hatte seine Hauptursache in der weitern Verwendung des bereits bei glatten Geschütz üblich gewesenen und der Natur dieser völlig an- gemessenen brisanten Geschützpulvers, das bei dem großen Widerstand, den das gezogene Rohr, nament- lich der Hinterlader, dem Geschoß bei seiner Be- wegung in demselben entgegen- stellt, ohne Gefahr für Rohr, Geschoß und Regelmäßigkeit der Geschohbewegung auf einen viel geringern Bruchteil des Geschoß- gewichts herabgefetzt bleiben mußte, als es bei glatten Geschütz zulässig gewesen war.
Die Fort- bildung der gezogenen Geschütz im Sinne gesteigerter Geschoßge- schwindigkeiten war eine Frage des Pulvers wie des Materials. Es handelte sich darum, den relativen Druck der Gase [* 10] des erstern auf 'die Rohrwände zu ermäßigen, ihre Einwirkung auf das Geschoß zu einer von vornherein weniger heftigen, dafür aber zu einer um so nach- haltiger wirkenden zu gestalten, welcke Aufgabe in Gestalt der langsam verbrennenden Pnlverarten (s. Schießpul- ver) glücklich gelöst wurde.
Für die Herstellung eines den Anstrengungen gewachsenen Rohrs reichten weder Bronze, [* 11] noch Gußeisen in ihrem bisherigen Herstellungsverfahren, noch auch das bereits zu vielfacher Anwendung gekommene stählerne massive Rohr aus. Der Rohrkörper mußte so aufgebaut werden, daß nicht bloß die der Seele zunächst lie- genden, sondern auch die weiter nach außen befind- lichen Schichten an dem Widerstand gegen die aus- dehnende Gewalt der Pulvergase teilnahmen, was durch die von innen nach außen wachsende Span- nung der einzelnen Rohrschichten, namentlich bei den Stahlrohren, in hohem Maße erreicht wurde.
Man spricht in diesem Falle von einer künstlichen Metallkonstruktion mehr als bisher die Konstruktion des Verschlusses, die innere Einrichtung des Rohrs und die Führungsweise des Geschosses den Verhältnissen angepaßt werden. Den wesentlichsten Anstoß zu dieser Umgestal- tung gab die Panzerfrage (f. Panzer), die mit dem 7. Jahrzehnt des 19. Jahrh, zunächst in Nordame- rika und England auf die Tagesordnung gelangte. Die Nordamerikancr, besonders der Artilleriemajor Rodman, gedachten durch das glatte Geschütz unter außerordentlicher Steigerung des Kalibers und Anwendung großer Ladungen grobkörnigen Pulvers schwere Eisenmassen mehr erschütternd als durchbohrend auf den Panzer wirken zu lassen. Rodman stellte seine Geschützrohre aus Gußeisen ¶