Die jüngste franz. Malerschule bildete diese Grundsätze fort. Hatten sich Corot, Daubigny
und ihre Genossen in die ländliche Umgegend von
Paris
[* 1] zurückgezogen, um dort ihren Naturbeobachtungen in Seelenfrieden obzuliegen,
während auch ein edler Friede sich in ihren meist abendliche Stimmungen darstellenden Werken äußert, kehrten die jüngern
Maler wieder nachParis zurück, um nur Selbsterschautes darzustellen, aber nicht wie es ist, sondern wie
es unter dem Einfluß des Lichts, der Reflexe der Sonnennebel erscheint
(Impressionisten, s. d.). Manet, Monet, Pissaro, Gervex,
Bastien-Lepage, Lhermitte, Morisot und zahlreiche andere haben nach dieser
Richtung gewirkt. Namentlich ist ihr Streben, die
Wirkung des grellen
Sonnenlichts, das Zittern der erhitzten Luft darzustellen. Man nennt ihre Kunst daher
auch im Gegensatz zu der mit tiefen, satten, bräunlichen Schatten
[* 2] arbeitenden ältern Schule Hellmalerei (s. d.).
Eine vermittelnde
Stellung nehmen der feine Beobachter und phantasievolle Darsteller Henner, ferner
Carolus-Duran, Antigna
u. a. ein, welche zwar die
Impression erstreben, doch im
Ton und im Gegenstande sich der ältern Schule
nähern.
Die franz. Malerei befindet sich zur Zeit in einem Übergangszustand. Die Anregungen der
Hellmaler, namentlich des
Bastien-Lepage, haben eine völlige Umgestaltung der Behandlung des Lichts und somit des Gesamttones
der
Bilder mit sich gebracht, der vom Bräunlichen ins Bläuliche übergeschlagen ist. Der Darstellungskreis
ist trotz vieler Fehlgriffe der
Jüngern erstaunlich erweitert und dem modernen Empfinden näher geführt worden. Eine außerordentliche
Kraft
[* 3] im Verwirklichen des beabsichtigten Eindruckes ist der modernen franz. Malerei eigen.
Dabei eine große Thatkraft im Zustreben auf die neuen Ideale. Immer aufs neue werden malerische Fragen angeregt und gelöst.
Künstler wie Dagnan-Bouveret, Roll, Gervex, Boldini, Béraud,
Carrière, Duez überraschen mit jedem
Jahre durch neue Lösungen. Die schillernde Farbengebung des Besnard hat in jüngster Zeit das Interesse am lebhaftesten
angezogen. Zahlreiche in
Paris lebende und ausstellende Nordamerikaner,
Spanier,
Schweden,
[* 4] Norweger,
Polen und auch Deutsche
[* 5] erhöhen die Mannigfaltigkeit der
Bilder. Als eine der neuesten Schulen ist die der mysticierenden Symbolisten
zu nennen. Unzweifelhaft bewegt sich die auf Französische Kunstauf allen Punkten vorwärts und ist die regsamste in
Europa.
[* 6]
Vgl. Silvestre, Les artistes français (Par. 1878);
E. Chesneau, La peinture au XIXe siècle.
Les chefs d'école (3. Aufl.,
ebd. 1883);
ders., Peintres et statuaires romantiques (ebd. 1880);
Litteratur.In derGeschichte der franz. Nationallitteratur lassen
sich zwei Hauptperioden unterscheiden, eine mittelalterliche (altfranzösische) und eine moderne (neufranzösische).
Die erstePeriode reicht
bis in die Zeit
Franz' I., wo das franz. Schrifttum, durch die Renaissance und die
Reformation von neuen Ideen befruchtet, neue
Stoffe und Darstellungsformen aufnahm und die
Bande der mittelalterlichen Überlieferung
durchbrach.
1) Von den Anfängen bis etwa 1150. Die Anfänge der
Dichtung verlieren sich im Dunkel der vorlitterar. Zeit. Man darf den
Ursprung des
Französischen mit den ersten röm.
Ansiedelungen im nördl.
Gallien beginnen lassen, aber
als in den folgenden Jahrhunderten die Urbewohner des
Landes ihre
Sprache
[* 7] mit der lateinischen vertauschten und in die röm.
Bildung sich einlebten, wurde das Latein der Gebildeten in der Litteratur und im höhern Verkehr allein gebräuchlich;
daher sind alle aus diesem Zeitraume überlieferten Erzeugnisse litterar.
Geistes auf gallischem
Boden in das Bereich der röm. Litteraturgeschichte zu ziehen. Auch nachdem seit dem 4. Jahrh.
die Christianisierung
Galliens schnelle Fortschritte gemacht hatte, blieb die röm. Kultur bestehen, obgleich man
ihren heidn.
Geist durch einen christlichen zu verdrängen trachtete. So schreiben die ersten christl.
Schriftsteller des
Landes ihre Werke in lat.
Sprache. Erst nach dem Niedergange des Weströmischen
Reichs, als die in jeder
hervorragenden Stadt
Galliens vorhandenen Bildungsstätten verkümmerten und ihre
Auflösung sich beschleunigte unter dem Druck
der german. Invasionen und der Feindseligkeit, die allmählich das
Christentum gegen die heidn.
Wurzeln der röm.Bildung ergreifen mußte, verengerte sich immer mehr der
Kreis
[* 8] der Gebildeten, der sich
der lat. Bildungssprache bediente. Die neueingerichteten
Klosterschulen konnten und wollten die
Verbindung mit der klassischen
Latinität nicht aufrecht erhalten, und seit dem 6. Jahrh. brach eine fast litteraturlose
Zeit ein, deren Zeugen das barbarische Latein einfältiger Legenden und dürftiger
Annalen reden. Doch
wurde die eigentliche Volkssprache, die galloroman.
Vorläuferin des
Französischen, darum noch nicht schriftgemäß; selbst wenn sie im Verkehr eine ganz andere Bedeutung gegen
früher erhielt.
Daß man schon während des 6. oder 7. Jahrh. in dieser Volkssprache gedichtet hat, dürfte
ohne ausdrückliche Zeugnisse anzunehmen sein. Wichtig für die Anfänge einer franz.
Vulgärpoesie wurde aber die
Aufnahme des seit dem 5. Jahrh. im
Lande heimischen german. Elements in das galloröm. Volkstum.
Auf die
Dauer konnten die an Volkszahl gegen die Galloromanen weit zurückstehenden german. Ansiedler
ihre Nationalität nicht behaupten, besonders im Westen und im Innern desLandes gelangte die
Sprache,
der die
Franken wenigstens den
Namen
(französisch = francensis, d. h. fränkisch) und eine große Anzahl von Wörtern geschenkt
haben, zur allgemeinen
Anerkennung, aber während die
Germanen ihre
Sprache verloren, vererbten
sie der neu sich bildenden Nationalität,
in der sie aufgingen, ihren deutschen Heldengesang. Diese Erbschaft ist die Grundlage der reich entwickelten
epischen Volksdichtung der
Franzosen geworden, deren
Geist selbst in spätmittelalterlicher Umbildung noch den german. Ursprung
zeigt.
Schon unter der Herrschaft der
Merowinger und der
VorfahrenKarls d. Gr. gab es galloroman. (französische) Lieder, die, zunächst
wohl unmittelbare Nachbildungen fränk. Heldengesänge, das Andenken von Thaten einschneidender
Bedeutung und von hervorragenden Männern wach erhielten. Obgleich keins dieser Lieder erhalten ist,
wird doch ihr einstiges Vorhandensein bezeugt; bei
Gregor von
Tours,
[* 9] bei Fredegar, in den «Gesta Francorum» finden sich
Stellen,
die auf Lieder des 6. und 7. Jahrh.
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