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SW. von Venedig, [* 1] 9 km südlich vom Po, in 7 in Höhe (Schwelle des Rathauses) und fast 1 m unter dem Flußspiegel, in einer sumpfigen und ungesunden, aber fruchtbaren Ebene, an den Linien Padua-Ferrara- Bologna (123 km) undF.-Rimini (124 km) des Adriatischen Netzes und an der Anschlußlinie Suz- zara-Ferrara (82 km), ist mit festen Mauern, Bastionen und einer starken Citadelle versehen, Sitz eines Militärdistrikts und hat (1881) mit Einschluß der Vor- städte San Luca und ^an Giorgio 30695 E., darunter etwa' 2000 Israeliten (Nov. 1892 nach Berechnung als Ge- meinde 85000 E.), in Garnison das 2. Feldartillerieregiment nebst 2 Traincom- pagnien und das 3. Bataillon des 41. Infanterie- regiments. Ferrara [* 2] hat breite, aber stille, öde Straßen, 30 Kirchen und zahlreiche große und schöne, aber verödete Paläste.
Kirchen. Der Dom San Giorgio, ein Prachtbau lombard. Stils, besitzt eiue großartige Facade mit drei Nundbogenstellungen übereinander; der untere Teil der Front und die^eitenfacaden sind von 1135, der Oberbau aus dem 13. Jahrh., die Skulpturen aus den: 13. und 14. Jahrh., das Innere, dreifchiffig mit zwei Querschiffen, ist 1712 modernisiert und enthält zahlreiche Wandmalereien. An der südl. Ecke des Doms ein Glockenturm mit vier gewaltigen Stockwerken, unter Herzog Ercole II. (1534-58) erbaut.
San Francesco, ein Vacksteinbau von Pietro Benvenuti (1494), mit Kuppeln überwölbt, ist dreischiffig mit Kapellenreihen; im Innern Grab- mäler der Familie Este. San Venedetto im Corso di Porta Po, 1490-1553 von Giambattista und Alberto Tristani erbaut, ist eine dreischiffige Pfeiler- kirche mit Kapellenreihen. Die ehemalige Kirche San Nomano mit zierlicher Vacksteinornamentik des Friefes und der Fensterbogen wird durch Anbauten fast verdeckt. San Paolo enthält Gemälde von Vo- noni und Scarsellino; Santa Maria in Vado, eine der ältesten Kirchen der Stadt, seit 1495 von Biagio Nossetti und Bart.
Tristani umgebaut, dreischiffig, Mittelschiff mit flacher Decke [* 3] auf zehn Säulen, [* 4] Fresken von Vononi. Die Kirche San Cristoforo auf dem Campo ^,anto, einem frühern Kartäufer- kloster, 1498-1553 erbaut, ist ein schöner Renais- sancebau. Die Kirche Santa Maria della Nosa auf der Via degli Armari steht vor der Porta Nomana. In der Kirche San Giorgio, mit Grabmal des Bi- schofs Noverella von Ant. Nofellino und fchönem Turm [* 5] von Viagio Rosfetti, eröffnete Papst EugenIV. 1438 das Ferrara-Florenzer Konzil.
Weltliche Bauten. Den nördlichen, im 14. Jahrh, von Ercole I. erbauten Stadtteil durch- schneiden zwei Hauptstraßen, der CorsoVittorio Ema- nuele und der Corso di Porta Po und diPorta Märe; die Kreuzung bezeichnen vier stattliche Paläste, dar- unter derPalazzoProsperioderde'Leonimit schönem Portal und der Palazzo de'Diamanti, benannt nach den das Gebäude bekleidenden facettierten Quadern, für Sigismoudo d' Este von Viagio Nossetti in Frührenaissance errichtet und 1507 vollendet, mit der städtischen Gemäldesammlung in den: Ateneo civico, deren Bilder meist der ferrarcsischen Schule (Garofalo, Dosso Dossi) angehören und aus ehe- maligen Kirchen stammen.
Das ehemalige herzogl. Schloß (Castello) in der Mitte der Stadt, ein altes viertürmiges Gebäude von malerischem Äußern, jetzt Sitz mehrerer Behörden und des Telegraphenamtes, enthält Deckenfresken von Dossi. Der Palazzo Schifa- noja an der Strada della Ecandiana, jetzt Taub- stummenanstalt, einst Lustschloß, 1391 von Alberto d'Este begonnen, 1469 von Vorso vollendet, enthält schöne Fresken von Cosimo Tura, Lorenzo Costa u. a.. 1840 unter der Tünche entdeckt.
Der Palazzo Costabili, mit schönem Hofe und zwei Sälen mit Deckenfresken von Ercole di Giulio Grandi, wurde für Ludovico Moro erbaut. Der Palazzo della Ra- gione, ein got. Vacksteinbau (1315-26), 1840 restau- riert, ist noch jetzt Sitz des Gerichts. Das einfache Haus Ariostos, welches der Dichter selbst erbaute und wo er zuletzt lebte, ist seit 1811 Eigentum der Stadt. Die Casa degli Ariosti, bei der Kirche Sta. Maria di Bocche, ist des Dichters Vaterbaus. Das Haus des Dichters Guarini gehört noch dessenFamilie an. Im St. Annenhospital befindet sich die Zelle, [* 6] in welcher Tasso 1579-86 auf Befehl Alfons'II. ge- fangen gehalten worden fein soll; in derselben sind die Namen Byrons u. a. Dichter angeschrieben. An des Dichters Liebe zu Eleonore von Este erinnert die vor der ^tadt gelegene Villa Belriguardo.
Ein Standbild Ariostos erhebt sich auf hoher Säule auf der Piazza Ariostea von Franc. Vidoni, 1833 er- richtet ; die Säule war im 15. Jahrh, zu einem Denk- mal für Ercole I. bestimmt und trug 1810 -15 ein Standbild Napoleons I. Zwifchen Schloß und Dom das Denkmal des in Ferrara geborenen Girolamo Savonarola, von Stefano Galetti, 1875 errichtet; vor dem Dom ein Denkmal Victor Emanuels II. von Monteverde. Ferrara ist Sitz eines Präfekten, eines Erzbischofs, eines Tribunals, eines Assisenhofs, eines Handelsgerichts und einer Handelskammer und hat eine freie (nicht- staatliche) Universität (I^id6i'HlIniv6i'8itü. äi^.), ein theol.
Seminar, ein Gymnasium, mehrere andere Unterrichtsinstitute, eine ^ccaäemia ^riostkg,, ver- schiedene Wohlthätigkeitsanstalten und zwei Theater. [* 7] Die Universität, 1264 gegründet und 1391 reorgani- siert, ging 1394 ein und bestand nach ihrer Neuein- richtung (1402) nur dürftig. Infolgedessen wurde sie 1442 vom Markgrafen Lionello wiederhergestellt und sehr berühmt (savonarola und Ariost wirkten an derselben). Nach 1593 ging sie zurück und wurde Ende des 18. Jahrh, geschlossen.
Nachdem die 1802 gegründete höhere Hydraulische [* 8] schule wieder ge- schlossen war, wurde die Universität 1815 wieder eröffnet und mit einer Ingenieurfchule verbunden. Sie hatte (1891/92) 68 Hörer und umfaßt eine jurist., mathem.-naturwissenschaftliche und mediz.- chirurg. Fakultät, letztere mit einer Pharmaceuten- schule. Mit ihr verbunden sind ein botan. Garten, [* 9] ein Physik. Kabinett, ein anatmn. Theater und eine reiche Sammlung von Münzen, [* 10] griech. und lat. In- schriften, einige röm. und altchristl.
Sarkophage sowie eine ausgezeichnete Bibliothek (90000 Bände, 1474 Ferrareser und 475 andere Handschriften, darunter 52 Ausgaben des Ariosto, mehrere Auto- graphien der Werke diefes Dichters «Oi-Ianäo t'ariuZo»^, sowie Tassos und Guarinis ^«I^tor Mo»_{1}, 3191 Autographen, 2350 Kupfer- und Hand- zeichnungen, alte Drucke und Cborbücher mit Minia- turen des 13. bis 16. Jahrh.). In einem der Viblio- theksäle ist das Grabdenkmal Ariostos. Geschichte. Als namhafterer Wohnort wohl erst mittelalterlichen Ursprungs kam Ferrara, welches die Päpste auf Grund der Schenkungen Pippins und ¶