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mit der III. Klasse verschmolzen werden. Diese Re- form würde weitgehende Ermäßigungen der Fahr- preise herbeiführen, die sich für die preuß. Staats- bahnen nach den angestellten Berechnungen ans etwa 35 Mill. M. jährlich belaufen würden. Hieraus fowie aus der beabsichtigten Verschmelzung der IV. mit der III. Klasse nahmen die meisten preuß. Bezirkseisenbahnräte, denen die Vorschläge zunächst vorgelegt wurden, Veranlassung, sich gegen dieselben auszusprechen, wodurch die Durchführung der Re- form der Personentarife aufs neue hinausgeschoben wurde. In einzelnen Fällen gewähren die Eisenbahn- Verwaltungen, insbesondere an ihre Beamten und Arbeiter, ferner auch an das Personal anderer Bahnen, freie Fahrt.
Näheres hierüber f. Frci- fahrtordnung. L. Gütertarife. Das Tarifwesen für den Güterverkehr beruht auf sehr verschiedenen Grund- sätzen. In Deutschland [* 1] wurde bei den ersten Eisen- bahnen der Tarif lediglich nach der zur Beförde- rung aufgegebenen Gewichtsmenge, der Centner- zahl, berechnet. Da sich bei der Ausführung bald große Schwierigkeiten ergaben, so ging man zu Klassifikationssystemen, Wertsystemen, über, d.h. es wurden die verschiedenen auf einer be- stimmten Bahn zur Beförderung gelangenden Gü- ter nach ihrem Wert in Klaffen eingeteilt und für jede solche Güterklasse ein bestimmter Einheitssatz für die Einheit der Bahnlänge festgefetzt. In die niedrigsten Klassen wurden hierbei die minderwer- tigen Güter gesetzt, die in großen Mengen beför- dert werden, wie Steinkohlen, Erze, Rohcifcn, Baumaterialien u. dgl., und die nur bei einem verhältnismäßig niedrigen Tariffatz ein weiteres Absatzgebiet sich erringen können. Da jede Bahnverwaltung bei Feststellung dieser Tarife zunächst nur das Verkehrsbedürfnis des eigenen Gebietes und die Erzielung eines größt- möglichen Gewinnes aus dem Vahnunternehmcn im Auge [* 2] hatte, so kam in die Klassifikation der Güter und die für die einzelnen Klassen berechneten Nor- malsätze eine sehr große Verschiedenheit, die sich für den Verkehr immer störender bemerkbar machte, je mehr das Eisenbahnnetz der einzelnen Länder sich schloß und dadurch die Möglichkeit direkter Sendungen zwischen Stationen verschiedener Ver- waltungen gegeben wurde. Nm eine Vereinfachung des Tarifs herbeizuführen, wurde zuerst von der nassauischen Staatsbahn und demnächst von der Verwaltung der Reichseisenbahnen in Elsaß-Loth- ringen das sog. «natürliche»Tariffystem eingeführt, wobei für die Tarifierung der einzelnen Güter der von denselben beanspruchte Wagenraum als wesentlichste Grundlage angenommen wurde.
Außer- dem wurde unterschieden, ob die Wagen bedeckt oder unbedeckt sind, und für erstere ein höherer Frachtsatz berechnet. Einen wesentlichen Unterschied in Bezug auf die Frachtsätze machte es dann noch, ob Güter in ganzen Wagenladungen oder nur als Stückgüter zur Beförderung aufgegeben wurden. Auch dieses System entsprach indes nicht allen An- forderungen und wurde deshalb durch das sog. gemischte System ersetzt, das die Grundsätze des natürlichen und des Klassifikationssystems vereinigt.
Auf dem gemischten System beruht der deutsche Reform-Gütertarif, der 1876 von den deutschen Eisenbahnverwaltungen beraten und am 12./I3. Febr. 1877 von der durch den preuh. Minister der öffentlichen Arbeiten berufenen Generalkonferenz der deutschen Eisenbahnen festgestellt wurde. Nach diesem System unterscheidet man Eilgut, eine allgemeine Stückgutklasse und einen Specialtarif für bestimmte Stückgüter, ferner zwei allgemeine Wagenladungsklas- sen (für Güter aller Art in Wagenladungen von mindestens 5000 k^ - Klasse ^ - und von min- destens 10000 kF - Klasse L) und die sog. Spe- cialtarifklaffen I, II und III für bestimmt be- zeichnete Güter für Sendungen in Wagenladungen von mindestens 10000 k^. Bei Aufgabe von Sen- dungen der Güter der Specialtarife I und II unter 10000 kF, aber von mindestens 5000 K3, wird die Specialtarifklasse ^, bei Gütern des Special- tarifs III unter gleichen Voraussetzungen der Satz des Specialtarifs II angewendet.
Daneben bestehen für einzelne Güter Ausnahmetarife mit ermäßigten Sätzen, zu deren Einführung in Preußen [* 3] die befon- dere Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforder- lich ist. In die allgemeinen Wagenladungsklassen gehören die in der Klassifikation der Specialtarife nicht benannten höherwertigen Güter, während die Specialtarife I, II und III die weniger wertvollen Güter, und zwar stufenweife abfallend enthalten, sodaß der Specialtarif I im wesentlichen Fabrikate, SpecialtarifII hauptsächlich Halbfabrikate und Spe- cialtarif III die geringwertigen Rohprodukte und Massengüter umfaßt.
Außerdem finden sich im Neformtarif noch besondere Vorschriften und Sätze für a. explodierbare Gegenstände, d. Edelmetalle u. s. w., o. sperrige Güter, ä. Fahrzeuge, 6. ge- brauchte Emballagen, l. Flüssigkeiten in Kessel- und andern Gefähwagen, F. Langholz u. dgl., K. Fische, [* 4] i. Bienensendungen, k. frisches Fleisch, 1. Brief- tauben. In Bezug auf die Höhe der Sätze für die einzelnen Klassen wurden den Privatbahnen [* 5] in Preußen " Maximalsätze» vorgeschrieben, über die sie nicht hinausgehen dürfen; für die preuh.
Staats- bahnen wurden die zu erhebenden Einheitsfätze ein für allemal festgefetzt («Normaltransportgcbühren»),
zu deren Erhöhung es gesetzlicher Genehmigung be- darf. Nachstehend sind die Normaltransportgebührm der prcuß. Staatsbahnen mitgeteilt, die auch von den übrigen deutschen Staatsbahnen und einer großen Zahl der Privatbahnen angenommen sind: Streckensätze für die Tonne und das Kilometer: für Stückgut 11 Pf. Specialtarif für Stückgut 8 " für die Wagenladungstlasse ^i 6,7 » « » « 13 6,0 » " den Specialtarif ^2 5,0 » « » « 1 4,5 » « » « II 3,5 » « » « III-. bei Entfer- nungen bis 100 km 2,6 » von mehr als 100 km. . . 2,2 " » Eilstückgut 22 " » Eilgut in Wagenladungen der doppelte Satz der allgemeinen Wagenladungsklasscn ^1 bez. L. ExpeditionsMfertigungs-)gebühren für 100 KZ: 1) Für Stückgut und die Wagenladungs- tlasse^: bis 10 km 10 Pf. von 11 bis 20 km 11 " » 21 « 30 » 12 " » 31 « 40 » 13 " » 41 « 50 » 14 " ¶