1841 starb. Seit 1823 war er Mitglied der
BayrischenAkademie der Wissenschaften. In seinem frühern akademischen und litterar.
Wirken, wie z. B. im «Grundriß der Naturlehre
des menschlichen Organismus» (Bamb. 1805), bekundete sich Dôle als einen
Anhänger der Schellingschen Naturphilosophie.
Seine
hervorragende
Stellung in der Geschichte der Wissenschaft gründet sich jedoch weniger auf seine eigenen
vergleichenden anatom. und physiol. Untersuchungen als auf
die Anregungen, wodurch er seine
Schüler bestimmte, in
Deutschland
[* 1] die
Lehre
[* 2] von der
Entwicklung der organischen Wesen zu begründen.
JohannJoseph Ignaz von, Sohn des vorigen, kath. Theolog und
Historiker, geb. zu
Bamberg,
[* 3] studierte in
Würzburg
[* 4] und in seiner Vaterstadt, ward 1822 zum Priester geweiht und
Kaplan in Marktscheinfeld, 1823
Lehrer
am Lyceum zu
Aschaffenburg,
[* 5] 1826 ord. Professor der
Kirchengeschichte und des Kirchenrechts an der
UniversitätMünchen.
[* 6] Er
wurde 1847 zum Propst des
Stifts St.
Cajetan, 1868 zum lebenslänglichen Mitglied des Reichsrats sowie 1835 zum
außerordentlichen, 1843 zum ordentlichen Mitglied der
MünchenerAkademie der Wissenschaften, deren Präsident er seit 1873 war,
ernannt und starb - In der ersten Hälfte seines Lebens ein energischer Vorkämpfer der Machtansprüche der röm.
Kirche gegenüber dem
Staat, durch seine Geschichtsbehandlung das Vorbild der modernen ultramontanen Geschichtschreibung,
rang sich Döllinger allmählich zu einem milden, freien und unbefangenen
Katholicismus hindurch. Im ultramontanen
Sinne beteiligte
sich Döllinger an den Streitigkeiten über die gemischten
Ehen (1838), an den Erörterungen über die Kniebeugung der prot.
Soldaten (1843) und seit 1845 als
Vertreter der
Universität an den Verhandlungen der bayr. Kammer. In der
Zeit der Lola
Montez, 1847, wurde er als Universitätsprofessor in den
Ruhestand versetzt, wodurch er seinen Sitz in der Kammer
verlor; König Maximilian II. setzte ihn 1849 wieder in sein
Amt ein. Als Mitglied des
Frankfurter Parlaments (1848-49)
gehörte Döllinger zu den bedeutendsten Führern der kath.
Fraktion, welche sich bemühte, unter Berücksichtigung der völlig veränderten
Verhältnisse der
Kirche eine möglichst weitgehende Unabhängigkeit vom
Staat und unbeschränkte Selbständigkeit in der Ordnung
ihrer innern Angelegenheiten zu verschaffen. Döllinger entwarf hier den Wortlaut der darauf bezüglichen Bestimmung,
welche vom
Frankfurter Parlament nur teilweise in die Grundrechte, dagegen von
Preußen
[* 7] unverändert als
Art. 15
der Verfassung aufgenommen und erst durch Gesetz vom wieder aufgehoben wurde.
Unter D.s
Schriften aus feiner ersten
Periode sind zu nennen: «Die
Lehre von der Eucharistie in den ersten drei Jahrhunderten»
(Mainz
[* 8] 1826),
die Vollendung von Hortigs «Handbuch der
Kirchengeschichte» (Landsh. 1828),
und die Neubearbeitung
desselben u. d. T. «Geschichte der christl.
Kirche» (Bd. 1 in 2 Abteil.,
ebd.
1833-35),
«Lehrbuch der
Kirchengeschichte» (Bd. 1 und Bd.
2, Abteil. 1, Regensb. 1836-38; 2. Aufl.
1843),
«Die
Reformation, ihre innere
Entwicklung und ihre Wirkungen im
Umfange des luth. Bekenntnisses»
(3 Bde., ebd. 1846-48; 2. Aufl., Bd.
1, 1851),
«Luther, eine
Skizze» (Freiburg
[* 9] 1851; neuer Abdr. 1890). - Der Umschwung in seinen kirchenpolit. Überzeugungen
vollzog sich namentlich seit seiner Romreise 1857 und erhielt seinen
Abschluß durch das
Vatikanische Konzil.
Schon 1861 hielt
er zu
München im Odeon zwei Vorträge, in denen er die Möglichkeit einer Aufhebung der weltlichen Macht
des Papstes und deren Folgen für die kath.
Kirche besprach; der päpstl.
Nuntius verließ infolgedessen ostentativ den
Saal.
Den heftigen
Angriffen, welche Döllinger deshalb erfuhr, stellte er die
Schrift«Kirche und
Kirchen, Papsttum und Kirchenstaat»
(Münch.
1861) entgegen, worin er eingehend bewies, daß die weltliche Herrschaft des Papstes für das Gedeihen
der kath.
Kirche nicht notwendig sei.
Noch heftigere Anfeindungen erfuhr Döllinger, als er 1863 gemeinschaftlich mit Haneberg eine kath.
Gelehrtenversammlung nach
München berief und als deren
Vorsitzender eine Rede hielt über die «Vergangenheit und Gegenwart
der kath.
Theologie», welche nachdrücklich eine gründlichere wissenschaftliche
Bildung des kath. Klerus
forderte.
Bald darauf erschienen seine, manche traditionelle Erdichtung aufdeckenden «Papstfabeln
des Mittelalters»
(Münch. 1863; 2. Aufl., hg. von J.
^[Johannes]
Friedrich, Stuttg. 1890). Als das
Vatikanische Konzil berufen
wurde, um die päpstl.
Unfehlbarkeit zu beschließen, war Döllinger der bedeutendste und eifrigste derjenigen
deutschen Theologen, welche die Verkündigung des neuen Dogmas zu hindern suchten.
Schon vorher wies das von ihm mit Huber
unter dem
PseudonymJanus
[* 10] ausgearbeitete
Buch «Der Papst und das
Konzil» (Lpz. 1869; neu bearb. von J.
^[Johannes]
Friedrich,
Münch.
1892) auf die Unhaltbarkeit des in Aussicht genommenen Dogmas hin; während des
Konzils veröffentlichte
Döllinger in der
Augsburger«Allgemeinen Zeitung» die
«RömischenBriefe vom
Konzil» (als
Buch unter dem
Pseudonym«Quirinus», Lpz. 1870),
welche mit voller Entschiedenheit die
Anschauungen der Opposition vertraten, und ließ «Erwägungen für die
Bischöfe des
Konziliums über die Frage der
Unfehlbarkeit» in deutscher und franz.
Ausgabe an die Mitglieder des
Konzils
verteilen. Ende
August präsidierte er zu
Nürnberg
[* 11] einer Versammlung von kath. Gelehrten, deren Erklärung gegen den Konzilsbeschluß
den Anstoß zur altkath.
Bewegung gab. Vom Erzbischof von
München-Freising zur Unterwerfung aufgefordert, wies Döllinger dies Ansinnen
durch eine offene Erklärung vom zurück.
Infolgedessen traf ihn am 17. April die
Exkommunikation; doch ehrte die
MünchenerUniversität den Exkommunizierten
durch die fast einstimmige
Wahl zum Rector magnificus, und die
UniversitätenMarburg,
[* 12] Oxford
[* 13] und Edinburgh ernannten ihn zum
juristischen,
Wien
[* 14] zum philos. Ehrendoktor. Döllinger nahm auch an den ersten Verhandlungen zur Gründung einer altkath. Genossenschaft
teil. Als aber der Wille der Mehrheit über seine
Absicht hinaus, eine gegen
das neue Dogma protestierende
Sonderstellung innerhalb der
Kirche einzunehmen, auf
Bildung selbständiger Gemeinden drängte, zog er sich von der
Bewegung
zurück. (Vgl. D.s
Briefe und Erklärungen über die vatikanischen Dekrete aus den Jahren
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