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den alle Wertobjekte verwaltet, deren Hinterlegung durch einen Rechtsstreit oder durch Ungewißheit des wahren Eigentümers einer Sache oder Forderung veranlaßt wurde; bei dem letztern alle Vermögens- stücke, welche der Eigentümer nicht selbst verwalten oder verrechnen konnte oder durfte, insbesondere das Vermögen der Mündel. Gegenstände der Depo- sitalverwaltung sind Gelder, Wertpapiere, Kostbar- keiten und Urkunden. Die Verwaltung erfolgte teils in getrennter Rechnung und Buchführung für den einzelnen Hinterleger (Specialdepositorium) oder im Namen und für Rechnung des gesamten bei diesem Gericht vorhandenen Iudizial- oder Pupillar- depositenfonds (Generaldepositorium).
Die zum Depositorium gelangenden Gelder mußten zins- bar angelegt werden, entweder durch Belegung bei der königlichenpreuß. Bank, oder durch Ankauf deposital- mäßiger Wertpapiere, oder durch Ausleibung gegen depositalmähige (pupillarisch sichere) Hypotheken nach Maßgabe der hierüber erlassenen sehr detaillier- ten Bestimmungen. In andern deutschen Staaten war das gerichtliche Depositen in ähnlicher Art geordnet. Mit diesem System waren schwerwiegende Nachteile verbunden.
Den Gerichten war eine umfangreiche Vermögensverwaltung übertragen, zu welcher sie ungeeignet waren; den mit diesen Geschäften be- trauten Richtern war eine pekuniäre Verantwortlich- keit auferlegt, die sie unter Umständen wirtschaftlich zu Grunde richtete und in allen Fällen schwer drückte; die Verwaltung war schwerfällig, weitläufig und scha- blonenhaft, dabei verhältnismäßig sehr kostspielig. In vollem Gegensatz hierzu steht das franzö- sische System des Depositen. Durch Art. 110 des Gesetzes vom wurde für gauz Frankreich eine allgemeine Depositenkasse (cai886 äss ä6pöt8 et c0U8ißu3^ioii8) eingerichtet, deren Befugnisse und Organisation durch die Ordonnanz vom geregelt wurden. In diese Kasse sind einzuzahlen alle Gelder, deren Hinterlegung aus irgend einem gesetzlichen Grunde verlangt oder angeordnet werden kann, mag der Grund ein civilrechtlicher, prozessua- lischer oder verwaltungsrechtlicher sein.
Durch eine besondere Ordonnanz vom gleichen Tage wurde die Depositenkasse ermächtigt, freiwillige Hinterlegungen von Geld von Privatleuten anzunehmen, und es wurde den Verwaltungskörpern, Gemeinden und allen gemeinnützigen Anstalten die Befugnis erteilt, bei der Depositenkasse die Gelder zu hinterlegen, welche auf Grund der jährlichen Finanz- und Steuer- gesetze zur Verfügung stehen, sowie auch Beträge, welche von ihren ordentlichen und außerordentlichen Einkünften, Einnahmeüberschüssen und andern ähn- lichen Ursachen herrühren.
Die staatliche Depositen- kasse ist für die von ihren Beamten in Empfang ge- nommenen Summen und (seit 1875) Wertpapiere verantwortlich; sie trägt alle Kosten und Gefahr in betreff der Bewachung, Bewahrung und Verwal- tung der deponierten Gelder. Bei gesetzlich vor- geschriebenen Hinterlegungen werden für die ersten 60 Tage, bei freiwilligen Hinterlegungen für die ersten 30 Tage keine Zinsen gezahlt; von da ab wer- den für die hinterlegten Beträge 3 Proz. jährlicher Zinsen vergütet.
Die Rückzahlung erfolgt 10 Tage, nachdem das Zahlungsbegehren bei dem Vorsteher der Kasse gestellt ist. Die Verwaltung der Depo- sitenkasse steht unter der Aufsicht der durch Art. 99 des Gesetzes vom eingesetzten Kom- mission und ressorticrt vom Finanzministerium. Durch ein Gesetz vom wurden ihr auch die Sparkassengelder zugewiesen, durch Gesetz vom die Gelder der Hilfsgenossen- schaften auf Gegenseitigkeit, wenn sie den Betrag von 1000 und 3000 Frs. übersteigen.
Dieses franz. System gilt zur Zeit in Elsaß-Lothringen [* 1] mit der Maßgabe, daß die Rechte und Pflichten der ^3.1886 ä68 ä6Z)0t8 6t C0U8iFQHti0I18 auf die Landes- kasse übertragen sind und von dem Ministerium (De- positenverwaltung) wahrgenommen werden, die An- nahme und Rückgabe der Depositen aber unter Bei- hilfe der Enregistrements-Einnehmereien durch die Aktiengesellschaft für Boden- und Kommunalkredit erfolgt. Die Vorteile dieses Systems bestehen in seiner ungemeinen Einfachheit und Bequemlichkeit, in der Entlastung aller Gerichte und Verwaltungs- behörden von Geschäften der Vermögensverwaltung, in der Konzentrierung aller zur Hinterlegung ge- langender Kapitalien.
Dagegen besteht die Sicher- heit der hinterlegten Gelder ausschließlich in dem Kredit des Staates, und die deponierten Summen bilden in Frankreich eine schwebende Schuld von enormer und stets wachsender Höhe. Das ganze Vermögen der Kommunalverbände, der Gemein- den, der Sparkassen und Hilfskassen, der gemein- nützigen Anstalten steht in Gefahr, bei finanziellen Schwierigkeiten des Staates in Mitleidenschaft gezogen zu werden und verloren zu gehen, und alle gesetzlichen Vorschriften, die eine Hinterlegung von Geldern anordnen, enthalten zugleich eine ge- setzliche Nötigung, dem Fiskus einen ungedeckten Kredit zu gewähren.
Unter dem Einfluß dieses franz. Systems ist in neuerer Zeit auch in Preußen [* 2] das Depositen umgestaltet worden. Durch die Vormundschaftsordnung vom hörte die Hinterlegung der Mündel- gelder beim Gericht auf; mit dem wur- den die sämtlichen Pupillardepositorien aufgelöst und die Vermögensbestände aller Generaldepositorien gingen in das Eigentum des Staates über. Mün- delgelder, welche zu laufenden Ausgaben nicht er- forderlich sind, welche aber in eigentlichen Anlage- papieren nach den obwaltenden Umständen nicht so- fort angelegt werden können, sind nunmehr bei der Reichsbank oder bei öffentlichen, obrigkeitlich bestä- tigten Sparkassen vorläufig zinsbar zu belegen.
Infolge der Einführung der Reichsjustizgesetze er- wies sich auch eine Reform der sog. Iudizialdeposi- torien erforderlich; diefelbe ist erfolgt durch die Hin- terlegungsordnung vom welche an Stelle der Depositalordnung von 1783 getreten ist. Ihre Tendenz ist darauf gerichtet, die Depositalver- waltung den Gerichten soviel als möglich abzuneh- men. Sie schreibt deshalb vor, daß bares Geld, Wertpapiere, die an den Inhaber bezahlt werden können, und Kostbarkeiten bei der Verwaltungs- behörde binterlegt werden und daß die Verwaltung dieser Depositen den Bezirksregierungen obliegt.
Der Prozentsatz, zu welchem die Verzinsung erfolgt, wird durch königl. Verordnung festgesetzt; die Ver- zinsung beginnt mit dem ersten Tage des der Ein- zahlung folgenden Monats. Mobilien, die nicht Kostbarkeiten sind, und Urkunden sind bei den Amts- gerichten zu hinterlegen. Außerdem kann in drin- genden Fällen statt der Hinterlegung bei der Re- gierung die «vorläufige Verwahrung» beim Gericht gestattet werden. Diese «Verwahrung» erfolgt auch bei barem Gelde ohne Vermischung mit anderm Gelde, woraus sich crgiebt, daß keine Verzinsung stattfindet. Depositen zurBenutzung,s. Depositenbanken. 60* ¶