1817 vermählte sich Czartoryski mit der Prinzessin
AnnaSapieha. Dem ersten
Reichstage wohnte er als Mitglied der Senatorenkammer bei
und sprach mit Freimütigkeit von den
Vorteilen konstitutioneller
Verfassungen.
Bald sah er indes alle seine Hoffnungen schwinden.
Es wurden gegen die Unterrichtsanstalten Untersuchungen eingeleitet, die einen so gehässigen Verlauf nahmen, daß
Czartoryski sein Kuratoramt niederlegte. Seitdem lebte er den Wissenschaften auf seinem Stammsitze
Pulawy.
Nach dem
Ausbruche der poln. Revolution von 1830 war seine Thätigkeit wieder dem Dienste
[* 1] des Vaterlandes
gewidmet. Zum Präsidenten der Provisorischen Regierung ernannt, berief er den
Reichstag auf den Am zum
Vorsitzenden der Nationalregierung berufen, brachte er über die Hälfte seines Vermögens dem Vaterlande
zum Opfer. Nach den Greuelthaten des 15. und als Krukowiecki zum
Diktator gewählt wurde, legte Czartoryski seine
Stelle
als Senatspräsident nieder und trat in das Korps des
Generals Ramorino ein, mit dem er nach
Österreich
[* 2] überging.
Darauf begab er sich nach
Paris,
[* 3] fortwährend für seine heimatlosen Landsleute uneigennützig wirkend, doch als
Aristokrat
und zukünftiger König von
Polen von der demokratischen Partei der poln.
Emigranten oft heftig angefeindet. Von der
Amnestie
von 1831 wurde Czartoryski ausgeschlossen; auch unterlagen seine
Güter im Königreich
Polen der Konfiskation. Infolge
des poln.
Aufstandes von 1846 verfielen außerdem seine galiz. Besitzungen der Sequestration seitens
Österreichs, die aber im
Frühjahr 1848 wieder aufgeschoben wurde. Im März 1848 forderte er von
Paris aus in einer franz.
Proklamation die
VertreterDeutschlands
[* 4] auf, sich mit den
VertreternFrankreichs zu vereinigen, um die HerstellungPolens
zu verlangen. Czartoryski starb zu Montfermeil bei
Paris. -
Vgl. Mazade,Alexandre Ier et le prince Czartoryski Correspondance
particulière et conversations 1801-23 (Par. 1865);
ders., Mémoires du prince
Adam Czartoryski et
sa correspondance avec l’empereur
Alexandre Ier (2 Bde., ebd. 1887).
1) Witold, geb. trat in span. Dienste und starb zu
Algier;
2) Wladislaw, geb. vermählt in erster
Ehe mit der verstorbenen Prinzessin Marie Amparo, Tochter der
Königin Marie Christine von
Spanien,
[* 5] und in zweiter
Ehe (seit mit Margarete
Adelaide,
[* 6] Prinzessin
von
Orléans,
[* 7] Tochter des
Herzogs von Nemours, gegenwärtig das Haupt seiner Familie und der aristokratischen Partei der poln.
Emigranten, wohnt abwechselnd in
Paris und auf seinen
Gütern in Galizien und hat in Krakau
[* 8] eine große poln.
Bibliothek und
ein poln. Museum gegründet;
(spr. tschar-),Konstantin, Fürst,
Bruder des vorigen, geb. in
Pulawy, wurde in
Petersburg
[* 9] russ.
Gardeoffizier und
Adjutant des
GroßfürstenKonstantin, trat zur Zeit des Herzogtums Warschau
[* 10] 1809 in das poln.
Heer und errichtete auf eigene Kosten ein Regiment. Dann nahm er an dem Feldzuge Napoleons gegen
Rußland teil und zeichnete
sich in der
Schlacht bei
Moskau
[* 11] aus. 1816 trat er in
Petersburg wieder auf kurze Zeit in das russ.
Heer und ward kaiserl.
Generaladjutant.
Bald aber zog er sich ganz vom öffentlichen Leben zurück und ließ sich 1828 in
Wien
[* 12] nieder; er
legte
eine wertvolle Gemäldesammlung an und starb in
Wien.
Seine aus zweiter
Ehe stammenden beiden jüngsten
Söhne,
Konstantin, geb. und
Georg, geb. beschäftigten
sich mit litterar. und musikalischenStudien und gaben gemeinsam einige
Schriften über
Musik und
Theater
[* 13] heraus. Sie besitzen in Galizien große
Güter und verfolgen daselbst liberale und national-föderale
Tendenzen. Der erstere
wurde vom
Kaiser zum Mitgliede des österr. Herrenhauses ernannt und war Vicepräsident desselben, der zweite war Abgeordneter
auf dem galiz. Landtage und einer der Führer der poln.
klerikalen Partei. Er starb in
Wien.
Der aus
C.s erster
Ehe entsprossene älteste Sohn,
Adam Czartoryski, geb. in Warschau, erhielt in
Frankreich seine Erziehung,
kämpfte 1831 in dem poln.
Aufstande. Er war
Besitzer der Herrschaften Jutroschin und Dubin in der
ProvinzPosen,
[* 14] zeichnete sich durch Wohlthätigkeit aus und gewährte vielen jungen
Polen und
Deutschen die
Mittel zu ihrer Ausbildung. Er
starb auf seinem Gute Rokossowo,
Kreis
[* 15] Gostyn.
Des letztern ältester Sohn,
Roman Czartoryski, geb. war 1870-73 Abgeordneter im preuß.
Landtage, 1871-81 Mitglied des
DeutschenReichstags, nahm an den polit.
Bewegungen lebhaften Anteil und
war eine Zeit lang
Vorsitzender der poln.
Fraktion. Er starb zu Jabkonow in Galizien.
(slaw., spr. tscha-; grch.
Horologion), in der slaw. Liturgie soviel wie
Brevier, das am häufigsten gebrauchte
Buch beim Gottesdienst. Es wurde daher
frühzeitig übersetzt teils aus dem
Griechischen (für die griechisch-katholischen), teils aus dem
Lateinischen (für die
röm.-kath.
Slawen).
Letztere sind glagolitisch geschrieben oder gedruckt, erstere cyrillisch.
(spr. tschech), der vermeintliche Stammvater der
Czechen (in der altböhm.
Chronik als
Lech [s. d.] bezeichnet),
der mit seinem Gefolge aus Großkroatien «über dreiFlüsse»
[* 16] in das heutige
Böhmen
[* 17] gekommen sein und
dem
Volke und
Lande
(Böhmen heißt auf czechisch: Čechy) den
Namen gegeben haben soll.
(spr. tsche-), der einheimische
Name der zur westslaw. Gruppe gehörenden slaw.
Stämme in
Böhmen, Mähren und
einem
Teile Oberungarns (der
Böhmen oder Czechen im engern
Sinne, der Mährer und Slowaken). Die Gesamtzahl
der Czechen in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie beträgt nach der Zählung vom 7411065; 1890 waren
in
Böhmen 3645015, in Mähren (Mährer und Hannaken) 1590371, in
Österreichisch-Schlesien 129836, in Niederösterreich 93481,
in den übrigen cisleithan.