wichtigen Fällen schon seit dem 9. Jahrh. sich bedienten. Vorzugsweise aber gebraucht man
diesen
Ausdruck von den im
Namen des Papstes ausgefertigten offenen und mit einem, bei Gnadensachen an einem gelb- oder rotseidenen,
bei Justizsachen an einem grauhänfenen
Faden
[* 1] herabhängenden
Siegel versehenen
Urkunden über wichtigere Gegenstände. Sie
werden, mit Ausnahme derer an die unierten Griechen, in lat.
Sprache
[* 2] abgefaßt und auf
Pergament geschrieben,
und zwar auf die rauhe Seite desselben und mit got.
Buchstaben. (S.
Breve.)
Alle tragen an der
Stirn den
Namen und
Titel des Papstes,
z. B.
Leo, episcopus, servum servorum Dei etc. Angehängt ist ihnen das inBlei
[* 3] abgedruckte große
Siegel
der röm.
Kirche, das auf der Vorderseite die Bildnisse der
ApostelPetrus und
Paulus, auf der Rückseite den
Namen des regierenden
Papstes zeigt.
Ausgenommen hiervon sind die halben, d. h. zwischen der
Wahl und
Weihe eines Papstes ausgefertigten Bulle, wo die Vorderseite
leer gelassen wird.
Über staatliche Genehmigung der Bulle s. Placet. Citiert werden die Bulle nach
den Anfangsbuchstaben des
Textes. Besonders berühmt sind die Bulle Clericis laios und
Unam sanctam, die
Bonifacius VIII. 1296 und 1302 gegen
Philipp den Schönen von
Frankreich erließ;
In coena domini, die seit
Urban V. (1362) öfters wiederholte Bannbulle gegen
dieKetzer;
Exsurge Domine, von
Leo X. 1520 gegen
Luther erlassen und von diesem verbrannt;
Unigenitus, die
Verdammungsbulle von 1713 gegen Quesnel;
Dominus ac redemtor noster, die Bulle, worin der Jesuitenorden aufgehoben wurde;
Ecclesi
Christi, worin das
Konkordat mit
Frankreich 1801 in Vollziehung gebracht wurde;
Die wichtigern päpstlichen und
Breven sind in den sog.
Bullarien gesammelt, deren seit dem 16. Jahrh. verschiedene erschienen
sind. Die eigentliche offizielle Sammlung derselben ist das «Bullarum
privilegiorum ac diplomatum Romanorum Pontificum amplissima coliectio usque ad Clementem XII.» von Cocquelines (13
Bde. in 28
Tln.,
Rom
[* 4] 1738-45),
welches zunächst im «Bullarium Papae Benedicti XIV.» (4 Bde.,
ebd. 1746-57),
dann in der «Bullarii Romani continuatio» von Barberi (18 Bde.,
ebd. 1835-57;
Neue Folge, die Bulle
Gregors XVI. enthaltend, ebd. 1857 fg.) bis auf die neueste Zeit herab
fortgeführt wurde. Ein neuer
Abdruck des Buliarium von Cocquelines mit Fortsetzungen und Ergänzungen erschien in 13
Bänden
(Mecheln
[* 5] 1826-28).
Außer ältern Sammlungen ist namentlich noch das «Magnum bullarium Romanum»
zu erwähnen (19 Bde., Luxemb. 1747-58;
neu herausgegeben und bis auf die Gegenwart fortgeführt von Gaude, 24 Bde.,
Tur. 1857-72). -
Vgl. Eisenschmid,Röm. Bullarium, oder
Auszüge der merkwürdigsten päpstlichen Bulle (2 Bde.,
Neust.
a. d.
Orla 1831).
(spr. bull; deutsch
Boll), Hauptstadt des
Bezirks Greyerz (s. d.) im schweiz. Kanton Freiburg,
[* 7] in 760 m
Höhe, 22 km südsüdwestlich von Freiburg,
[* 8] Endpunkt der Linie
Bulle-Romont (18,2 km) der Jura-Simplonbahn, in fruchtbarer
Ebene am Rande des Greyerzerlandes, hat (1888) 2797 E., die das «Gruérin»
(eine roman. Mundart) sprechen, darunter 239
Protestanten und 2527 Katholiken,
Post,
Telegraph,
[* 9] ein altes Schloß (jetzt
Präfektur),
ein stattliches Rathaus, eine hübsche
Kirche mit marmorner Kanzel und prächtigen
Altären, ein Kapuzinerkloster,
ein
Spital, eine Sekundärschule und zwei Tabaksfabriken.
Nach dem großen
Brande vom der ganz Bulle mit Ausnahme des Schlosses, des
Klosters und weniger
Wohnhäuser
[* 10] verzehrte,
ist die Stadt nach zweckmäßigem
Plane mit breiten, geraden
Straßen wieder aufgebaut worden. Als Stapelplatz für
den
Käse- und Viehhandel des Greyerzerlandes und die Strohflechterei des
BezirksGlane ist ein sehr lebhafter Handelsplatz
mit 2
Banken und 6 Viehmärkten. Berühmt ist der Kuhreigen (Ranz des vaches de
Gruyère). Mit Freiburg
und dem bernischen Saanenlande
(s. d.) ist es durch Poststraßen verbunden; nach O. führt die 1881 vollendete
prächtige
Bergstraße durch das Jaunthal und über den Bruchberg (1506
m) in das bernische Simmenthal. Südlich von Bulle erhebt
sich der Moléson (2005 m), der schönste Aussichtspunkt der Greyerzerberge, von in etwa 4
Stunden zu ersteigen; am Abhang
desselben, in 827 m Höhe, das gut eingerichtete Schwefelbad Montbarry. Bulle war im Mittelalter
eine Besitzung des
Stifts Lausanne
[* 11] und wurde erst 1536 bei der Eroberung der Waadt
durch die
Berner von Freiburgan sich gezogen.
KonstantinKarl Ferd. Heinr., Geschichtschreiber, geb. in
Minden
[* 12] (Westfalen),
[* 13] studierte seit 1863 in
Jena
[* 14] und
Bonn
[* 15] neben
Philologie undTheologie besonders Geschichte,
wurde 1867 Hilfslehrer an der Hauptschule zu
Bremen,
[* 16] 1869 ord.
Lehrer und 1879 Direktor des Gymnasiums daselbst und 1892 zum
brem. Schulrat ernannt. 1887-90 war er
VertreterBremens im
Reichstage, wo er sich der deutschfreisinnigen Partei anschloß.
Außer philol.
Arbeiten, namentlich über
Pindar, sowie histor. und polit.Broschüren sind von ihm zu nennen:
«Geschichte der neuesten Zeit 1815-71» (2 Bde.,
Lpz. 1875-76; 2. Aufl., fortgesetzt bis 1885, 4 Bde.,
Berl. 1886-87),
«Geschichte der Jahre 1871-77» (2 Bde.,
Lpz. 1878; Fortsetzung zu
Beckers «Weltgeschichte»),
«Geschichte des zweiten Kaiserreichs und des Königreichs
Italien»
[* 17] (in
Onckens«Allgemeiner Geschichte in Einzeldarstellungen», Berl. 1890).