mehr
Theologie Augustin und Thomas von Aquino. Früh als Redner berühmt, ward Bossuet 1648 Priester, 1652 Doktor der Theologie und erhielt eine reiche Pfründe in Metz. [* 1] Hier schrieb er gegen den Katechismus des reform. Predigers Paul Ferry, wurde Direktor der «Propagation», die den Übertritt evang. Frauen durch Versprechungen und Drohungen betrieb, und predigte öfter bei Hofe. 1669 erhielt er das Bistum von Condom, das er, 1670 zum Erzieher des Dauphins ernannt, 1671 niederlegte, wurde Mitglied der Akademie, 1681 Bischof von Meaux. Er verfaßte die vier Artikel, die die Freiheit der Gallikanischen Kirche (s. d.) und des Königs Recht über diese gegen päpstl.
Angriffe sicherstellten, und deren Annahme durch die franz. Geistlichkeit in der Deklaration vom er bewirkte. Bossuet wurde 1697 Staatsrat, 1698 erster Almosenier der Herzogin von Bourgogne. Die letzten Jahre verbrachte er unter seiner Gemeinde, in deren Mitte er starb. B.s Predigten sind reich an überraschenden, glänzenden Gedanken, aber mehr von ästhetischem Werte. Ausgezeichnet war er als Gelegenheitsredner (vgl. «Choix de sermones de Bossuet» Par. 1882); namentlich die am Sarge der Herzogin von Orléans [* 2] und des großen Condé sind Meisterstücke von Leichenreden.
Den größten Eifer entwickelte in Bekämpfung und Bekehrung der Protestanten. Seine Streitschriften gegen diese sind glänzend, sein Streben zur Union (s. d.) beider Kirchen voll schlauer Sophistik. B.s Verhandlungen darüber mit Leibniz (s. d.) blieben ergebnislos, und die Lobrede auf die Aufhebung des Edikts von Nantes [* 3] enthüllte seine wahre Gesinnung. Auch an dem innern Streite der kath. Kirche Frankreichs hatte Bossuet hervorragenden Anteil, bekämpfte z. B. die Jansenisten und den Quietismus der Frau Guyon und ihres Verteidigers Fénélon. Bossuet bewies dabei viel Gewandtheit und Scharfsinn, schadete sich aber durch die Leidenschaftlichkeit, mit der er den edeln Fénélon verfolgte. -
Vgl. Tabaraud, Supplément aux histoires de et Fénélon (Par. 1822);
Libouroux, Controverse entre et Fénélon (ebd. 1876).
B.s Schriften sind außerordentlich zahlreich und sämtlich in Stil und Ausdruck mustergültig. Eine der ersten, die «Exposition de la doctrine de l'Église catholique sur les matières de controvere» (Par. 1671),
fand viel Beifall, aber in streng ultramontanen Kreisen Widerspruch. Die «Histoire des variations des Églises protestantes» (2 Bde., Par. 1688; Neudruck 1844) suchte geschickt, aber gehässig den alten Vorwurf innerer Zerrissenheit und unbeständiger Lehre [* 4] gegen den Protestantismus durchzuführen. (Vgl. Rebellian, Bossuet, historien du protestantisme, Par. 1891.) Die Artikel der Gallikanischen Kirche verteidigt er in der «Defensio declarationis celeberrimae, quam de protestate ecclesastica sanxit clerus Gallicanus a. 1682» (2 Bde., Luxemb. 1730; bessere Ausg. 1745). Für den Unterricht des Dauphin schrieb Bossuet «Discours sur l'histoire universelle, depuis le commencement du monde jusqu'a l'empire de Charlemagne» (Par. 1681; deutsch von Cramer mit Fortsetzung, 7 Bde., Lpz. 1757-86), der erste Versuch einer philos. Behandlung der Geschichte vom kath.-religiösen Gesichtspunkt; die Fortsetzung bis 1661 (6 Bde., Par. 1805) floß aus den ungefeilten Materialien des Nachlasses. Außerdem schrieb er «Politique tirée des propres paroles de l'Écriture-Sainte» (Par. 1709 u. ö.),
«Introduction à la philosophie, ou traité de la connaissance de Dieu et de soi-même» (ebd. 1722 u. ö.) u. a. Die vollständigsten Ausgaben der Schriften besorgten die Benediktiner (47 Bde., Versailles [* 5] 1815-19; 30 Bde., Par. 1859-65); «Œuvres inédites» gab Ménard (2 Bde., Par. 1883) heraus. Die in der Ausgabe der Benediktiner enthaltene «Histoirs de Bossuet» vom Kardinal Bausset (1814) wurde von Mich. Feder (4 Bde., Sulzb. 1820-21) übersetzt. -
Vgl. Floquet, Études sur la vie de Bossuet (3 Bde., Par. 1855);
ders., Bossuet, précepteur du dauphin, fils Lous XIV, et evêque de la cour 1670-82 (ebd. 1864);
Réaume, Histoire de e de ses œuvres (3 Bde., ebd. 1869-70);
Ménard, Bossuet inconnu (ebd. 1878);
Laurent, Vie de Bossuet (ebd. 1880);
Lanson, Bossuet (ebd. 1890);
Nourrisson, Essai sur la philosophie de Bossuet (2. Ausg., ebd. 1862);
ders., La politique de Bossuet (ebd. 1867);
Laur, und die Unfehlbarkeit (Mannh. 1875);
de la Broise, et la Bible (Par. 1891);
Pauthe, Madame de La Vallière. La morale de à la cour de Lous XIV (ebd. 1891).
Sein Neffe, Jacques Bossuet, geb. gest. als Bischof von Troyes zu Paris, [* 6] gab aus den Papieren seines Oheims die «Élévations sur les mystères» (1727) und die «Méditations sur l'évangile» (1731) heraus. Sein ausgedehnter Briefwechsel mit dem Oheim, großenteils auf Fénélons Lehren [* 7] bezüglich, ist den Werken jenes einverleibt.