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(Best-Haupt, Butteil, Baulebung, Mortuarium, Tote Hand u. s. w.). Die Güter der nicht vollfreien Bauern standen auch nicht im vollen Eigentum derselben, sondern es hatten sich für sie sehr mannigfaltige und eigentümliche Besitzverhältnisse gebildet. Abgesehen von den durchaus widerruflich, nur auf Herrengunst verliehenen Gütern gab es solche, die auf Lebenszeit oder zwei oder drei Leben verliehen waren (Todbestände, Schupf- oder Falllehne, Leibgedinggüter, Behandigungsgüter u. s. w.), außerdem erbliche Kolonate, welche zum Teil aus den Verleihungen der letztern Art hervorgegangen waren (Meiergüter, Schillingsgüter, Laten- oder Hobsgüter u. s. w.), sowie andere erbpachtartige Verhältnisse (Erbleihe, Erbbestände, Erbzinsgüter). Auch findet man Bauerngüter in einem dem eigentlichen Lehn nachgebildeten Verbande (Bauernlehne, Schulzenlehne).
Zu den völlig freien Bauerngütern gehörten die Sattelhöfe (Sedelhöfe), welche Bezeichnung auch für gewisse Rittergüter vorkommt, die ludeigenen Güter in Bayern, [* 1] die Freizinsgüter im Erfurtischen u. s. w. Zu dieser Klasse sind auch noch diejenigen zu rechnen, die nur unter einer Vogtei, einer Schutzherrschaft standen und einen Vogtzins und auch wohl noch andere Lasten tragen mußten, wie die Güter der Wetterfreien in Osnabrück, [* 2] die Erbexen im Bremischen, die Erbhöfe in Lüneburg [* 3] u. s. w. Im allgemeinen verknüpfte sich demnach bis in die neueste Zeit mit dem Ausdruck Bauerngut der Begriff eines Gutes, das außer den allgemeinen öffentlichen noch besondere sog. bäuerliche Lasten zu tragen hatte.
Die Reformen des 18. und 19. Jahrh. aber liefen in Deutschland [* 4] darauf hinaus, daß den Bauern nicht nur die persönliche Freiheit, sondern auch das nach einem der ältern Rechtsverhältnisse von ihnen besessene Land vollständig oder zu einem Teile als volles Eigentum zugesprochen wurde sowie die überkommenen Leistungen der Bauerngüter in ablösbare Reallasten umgewandelt wurden. (S. Grundeigentum, Grundlasten, Agrargesetzgebung.) Von einer besondern Rechtsstellung, d. h. rechtlichen Zurücksetzung des Bauernstandes als solchen kann in Deutschland keine Rede mehr sein. In Rußland bilden die Bauern auch nach der Aufhebung der Leibeigenschaft einen besondern Stand, und zwar den untersten, neben dem die übrigen, z. B. bezüglich der Kopfsteuerpflicht, bevorrechtet erscheinen.
Wo wider die heutige regelmäßige Gestaltung der Bauer nicht volles freies Eigentum hat, hat dies in einigen Gegenden Bedeutung für das Erbrecht (s. Anerbe) und in geringem Maße auch für das eheliche Güterrecht mit Rücksicht auf die Gestaltung der Rechte des aufheiratenden Ehegatten. (S. auch Interimswirtschaft.) Die frühern gesetzlichen Beschränkungen, Verbot der Vereinigung mehrerer Bauerngüter in einer Hand, [* 5] Dismembrationsverbote, welche die Erhaltung eines kräftigen Bauernstandes bezweckten, sind bis auf einen verschwindenden Rest weggefallen. -
Vgl. von Maurer, Geschichte der Fronhöfe, der Bauernhöfe und der Hofverfassung in Deutschland (4 Bde., Erlangen [* 6] 1862-63);
ders., Geschichte der Dorfverfassung in Deutschland (2 Bde., ebd. 1865-66);
Probyn, Systems of Land Tenure in various countries (Lond. 1881);
Bonnemère, Histoire des paysans (2. Aufl., 2 Bde., Par. 1874);
Bäuerliche Zustände in Deutschland (in den «Schriften des Vereins für Socialpolitik»),
Bd. 22-24, Lpz. 1883);
Schamberger, Die Geschichte des Bauernstandes (Linz [* 7] 1891).