1) Bezirkshauptmannschaft in Niederösterreich, hat 755,81 qkm, (1890) 102417 (50382 männl., 52035 weibl.)
E., darunter 526
Evangelische, 89885 Katholiken, 1221 Israeliten und 684 Militärpersonen; 10890 Häuser, 22850 Wohnparteien, 58 Gemeinden, 103 Ortschaften,
und umfaßt die Gerichtsbezirke Baden,
Mödling und
Pottenstein.
2) auch BadenbeiWien, Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft Baden, schönster Badeort in Niederösterreich, 27 km von
Wien,
in 203 m Höhe, am Ausgange des Schwechatthales, eines der reizendsten
Thäler des
WienerWaldes, an der Linie
Wien-Triest der
Österr.
Südbahn, hat (1890) 13887 (6050 männl., 7837 weibl.), mit der zusammenhängenden Gemeinde
Weikersdorf (4503 E.) 18390 E., Post,
Telegraph,
[* 7]
Bezirksgericht (296 qkm, 18 Gemeinden, 44 Ortschaften, 41414 E.), ein
Landes-Realgymnasium
und Obergymnasium mit gewerblicher Fortbildungsschule.
Bemerkenswerte
Gebäude sind das Rathaus mit sehenswertem
Archiv, die spätgot. Stadtpfarrkirche mit alten Grabsteinen und
neuern
Glasgemälden, das
Theater- und Redoutengebäude mit dem interessanten städtischen Rollett-Museum, der neue Kursalon,
das Militärhospital und der großartige
Aquädukt der
Wiener Wasserleitung.
[* 8] Von den 15
Bädern sind zu erwähnen das 1877 vollständig
umgebaute Frauen- und Karolinenbad, eins der schönsten
Bäder, das
Herzogs- und Antonsbad, das Johannsbad, das Theresienbad
und die Mineralbade- und Schwimmanstalt.
Für Winterkurgäste ist das
Herzogs- und Antonsbad im städtischen Herzogshofe eingerichtet. Baden
(ThermaePannonicae) war während
der Römerherrschaft öffentliches Heilbad, wie durch zahlreiche Funde (Überreste eines großen röm.
Dunstbades, röm. Münzen
[* 9] bis auf
Valerius Maximus) festgestellt ist. Seine berühmten Heilquellen entspringen zu beiden Seiten
des Schwechatbachs, der die Stadt von W. nach O. durchfließt, zum
Teil unmittelbar aus den
Spalten des
dolomitischen Kalks, zum
Teil aus dem Gerölle der
Fläche. Es giebt 13 selbständige
Quellen von 27 bis 36° C.; ihr Wasser
gehört zu den erdig-salinischen Schwefelquellen und kommt in seiner Wirkung dem von
Aachen
[* 10] sehr nahe,
erhitzt aber weniger und ist ärmer an festen hautreizenden
Bestandteilen.
Zur Hauptquelle, dem «Ursprung» (täglich 8710 hl), führt ein 45 Schritt
langer Felsengang in eine geräumige
Höhle, wo das heiße Wasser armdick aus dem 6 m tiefen
Kessel sprudelt. Die
Quellen werden
zum Baden, die
Römer- oder Ursprungquelle auch zum Trinken benutzt. Die
Bäder sind meist
Vollbäder, in
denen an 150
Personen beiderlei Geschlechts
zusammen baden. Doch bestehen auch Einzelbäder und Einrichtungen zu Schwimmbädern
(im Mineral- wie im Flußwasser), Schlammbädern, Ziegen- und Schafmolkenkuren. Man zählt gegen 15000 Kurgäste jährlich.
Eine eingehende
Analyse der Schwefelthermen von Baden wurde von Dr. Schneider und
Dr. Kretschy ausgeführt.
Vgl. Sitzungsberichte der kaiserl.
Akademie der Wissenschaften in
Wien (86. Bd., Jahrg. 1877).
Eine Pferdebahn vom Bahnhof bis zur Ruine Rauhenstein im Helenenthale erleichtert den Verkehr mit der nächsten Umgebung.
hat schöne Parkanlagen mit 1885 neu erbautem, großem Kurhaus nebst Trinkhalle,
Arena (Sommertheater), denGebäuden
der
Dampf- und Wannenbäder sowie einer 1874 errichteten Erzbüste des Dichters Grillparzer; in der Umgebung wachsen gute
Weine. Die
Bergstraße, mit einer Reihe schöner Villen, darunter die des Erzherzogs
Rainer, besetzt, zieht sich am linken Thalrande
bis gegen die Ruine Rauhenstein hinauf. Ihr gegenüber am rechten Thalrande unter der Schloßruine
Rauheneck
steht die vom Erzherzog
Karl, dem
Sieger von
Aspern,
[* 11] 1820–23 erbaute und zu Ehren seiner Gemahlin, einer Prinzessin von Nassau-Weilburg,
benannte
Weilburg, ein mit schönen Gartenanlagen geziertes Schloß, jetzt Sommerwohnung des Erzherzogs
Albrecht, mit schöner
got.
Kirche.
Unmittelbar daran schließt sich die Villa des Erzherzogs Wilhelm an, dessen alljährlicher Sommeraufenthalt.
Die Umgebung von Baden bietet eine Fülle von reizenden Ausflügen, unter denen das waldige Helenenthal mit den Krainerhütten
am häufigsten besucht wird.
Über dieThalmündung führt der große
Aquädukt der
Wiener Wasserleitung, 700 m lang, an der
höchsten
Stelle 22 m hoch, mit 14 Pfeilern. Die Ruinen derBurgen Rauhenstein und
Rauheneck, aus dem 12. Jahrh.,
zu beiden Seiten des
Thals, beleben das landschaftliche
Bild.
Der lohnendste Aussichtspunkt aber ist der Gipfel des
«Hohen Lindkogels» (im Volksmund das
«EiserneThor» genannt, 828 m hoch),
auf schönen Waldwegen in 2½
Stunden erreichbar. Oben ein 13 m hoher Aussichtsturm, durch den
Freiherrn
von Sina errichtet, mit großartiger Rundsicht. An der
Stelle der jetzigen Schule bei der Stadtpfarrkirche stand die alte
Burg; das dieselbe bewohnende Geschlecht erlosch in der ersten Hälfte des 14. Jahrh.
– Baden wurde 1480 zur Stadt erhoben und erholte sich sehr rasch von den durch die
Ungarn,
[* 12]Türken und
Franzosen
herbeigeführten Verwüstungen. –
Vgl. H. Rollett, Beiträge zur
Chronik der Stadt Baden bei
Wien, I–IV (Baden 1880-91);
Bersch,
Der Kurort in Niederösterreich (7. Aufl., ebd. 1888);
Jos. Hoffmann, Der Kurort Baden bei
Wien
(Wien 1882);
Jos.
Schwarz, Die
Heilquellen B.s (2. Aufl., ebd. 1891);