mehr
und erst die Kirchenversammlung zu
Trient
[* 1] hat in ihrer vierten Session die Gleichstellung der in der lat. Kirchenbibel
(der sog.
Vulgata) enthaltenen Apokryphen
(außer dem 3. und 4. Esrabuche) mit den übrigen
Schriften des Alten
Testaments ausgesprochen; 1672 hat
sich auf der
Synode zu
Jerusalem
[* 2] die griech.
Kirche für die
Inspiration der Apokryphen
entschieden. Dagegen achtete
Luther, obwohl er die Apokryphen
mit wenigen Ausnahmen ins Deutsche
[* 3] übersetzte und als
Anhang zum Alten
Testament herausgab, diese
für
Bücher, «so der
Heiligen Schrift nicht gleichzuhalten und doch nützlich und gut zu lesen sind». Es ist das eine Halbheit,
die sich daraus erklärt, daß
Luther den specifisch kath. Kanonsbegriff nicht überwunden hat.
Luth. Theologen haben mehrfach versucht, die Apokryphen
als religiös und ethisch minderwertig gegenüber dem Alten
Testament hinzustellen; doch ist leicht nachzuweisen, daß hierin viele
Stellen des kanonischen Alten
Testaments noch tiefer
stehen. Für die evang.
Kirche handelt es sich lediglich um die Frage, inwiefern die Apokryphen
des Alten
Testaments
das Wort
Gottes für die christl. Gemeinde enthalten. Das richtet sich lediglich nach
Inhalt und Wirkungen. Eine katholisierende
Verkennung dieses Standpunktes ist daher die bei reform. Theologen namentlich Englands zu treffende
absolute Verwerfung der Apokryphen
, weshalb die
Englische
[* 4]
Bibelgesellschaft nur
Bibeln ohne die Apokryphen
verbreitet. -
Vgl. Zöckler, Die Apokryphen
des Alten
Testaments
(Münch. 1891).
Von weit geringerer Bedeutung als die Apokryphen
des Alten
Testaments sind die des
Neuen
Testaments. Unter diesem
Namen faßt man eine
Menge untergeschobener
Evangelien,
Apostelgeschichten,
Apokalypsen und
Briefe zusammen, die zum
Teil bis ins 2. Jahrh.
hinaufreichen, sich aber durch Abenteuerlichkeit des
Inhalts und abgeschmackte Übertreibung der Wundergeschichten von den
neutestamentlichen
Schriften unvorteilhaft unterscheiden;
hg. u. a. von Tischendorf: «Evangelia apocrypha» (2. Aufl., Lpz. 1876);
«Acta apostolorum apocrypha» (ebd. 1851);
«Apocalypses apocryphae» (ebd. 1866);
ferner von Lipsius und Bonnet: «Acta apostolorum apocrypha» (ebd. 1891).
Die apokryphischen Evangelien behandeln meist die Kindheitsgeschichten Jesu (so das sog. Protevangelium Jacobi, der falsche Matthäus, das Evangelium des Thomas u. a.); die früher unter dem Namen Evangelium des Nikodemus bekannten Pilatusakten (aus der Mitte des 4. Jahrh.) erzählen die Passions- und Auferstehungsgeschichte Jesu mit fabelhaften Zusätzen. Außerdem giebt es eine ganze Reihe apokrypher Apostelgeschichten, wie die Akten des Paulus und Petrus, Andreas, Matthäus, Thomas, Philippus, Johannes und Bartholomäus.
Diese stammen zum
Teil aus judenchristlichen, zum
Teil aus gnostischen
Quellen, und wurden im Interesse des kath.
Volks vielfach
überarbeitet. Ein beliebtes Lesebuch der lat.
Kirche waren seit den
Zeiten
Gregors von
Tours
[* 5] die aus jenen
apokryphen
Apostelgeschichten hervorgegangenen, unter dem
Namen des Abdias gedruckten «Virtutes» und «Passiones
apostolorum». Erst neuerdings wurden interessante Bruchstücke der
Petrusapokalypse (s. d.) und des
Petrusevangeliums (s. d.)
aufgefunden. -
Vgl.
Rud. Hofmann, Das Leben Jesu nach den Apokryphen
erzählt (Lpz. 1851);
Stichart, Die kirchliche Legende über die heiligen Apostel (ebd. 1861);
Lipsius, Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden (3 Bde. und Ergänzungsheft, Braunschw. 1888-90).
Über eine Reihe anderer altchristl. Schriften, die in verschiedenen Gegenden längere Zeit hindurch im kirchlichen Gebrauche waren, sich zum Teil auch in alten Bibelhandschriften finden, aber, weil nicht von Aposteln herrührend, aus dem neutestamentlichen Kanon ausgeschieden wurden, s. Bibel. [* 6]