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städtischen Verwaltung. Aarau hat zwei Kirchen:
1) die protestantische (auch den Christkatholiken eingeräumt) in einfachen Formen nach dem gotischen Stil, dreischiffig ohne Querschilf, mit Lettner; der Turmaufsatz ist barock. Der vorzüglichen Akustik der Kirche entspricht eine bemerkenswert schöne Orgel, deren Rokokoverkleidung aus der Mitte des 18. Jahrh. stammt.
2) die römisch-katholische Kirche ist ein einfacher, einschiffiger, gefälliger moderner Bau (ca. 1880), der sich in seinen Formen an den romanischen Stil anlehnt.
Bedeutung hat Aarau ferner durch seine Lage an der Aare, wo von N. her mehrere Jurapässe Zusammenkommen und von S. einige Nebenthäler einmünden. Für die Stadt ist daher von besonderer Wichtigkeit die Aarebrücke, deren Existenz im 14. Jahrhundert erwiesen ist. Doch brachte sie den Aarauern schwere Sorgen, da der Strom sie unzählige Male teilweise oder ganz wegriss, zum letzten mal 1843. Seit 1850 ist die Brücke, den Fluten unerreichbar, an Ketten aufgehängt, der Fluss hat seine unabänderliche Bahn zwischen den massiven steinernen Widerlagern. War also Aarau wichtiger Strassenknotenpunkt, so gilt jetzt das selbe hinsichtlich der Eisenbahnen. Die Stadt liegt an der Hauptlinie Genf-Bern-Neuenburg-Zürich-Bodensee der Bundesbahnen; hier münden die Bahnen Arth-Goldau-Aarau, Wettingen-Aarau, Zofingen-Aarau, die elektrischen Bahnen aus dem Suhren- und aus dem Winenthal; projektiert ist eine Bahn Frick-Aarau über die Staffelegg.
Und endlich hat sich Aarau durch den Gewerbsfleiss, die Handelstätigkeit und den Kunstsinn der Bewohner eine Bedeutung verschafft, die weit über das, was die Einwohnerzahl erwarten liesse, hinausgeht. Drei Industriekanäle an der Aare mit dem an einem davon gelegenen grossen, städtischen Elektrizitätswerk und der Stadtbach, der die Mühlen und eine Anzahl Motoren treibt, liefern die Triebkraft für die Industrie. Seit 1600 hatte Aarau eine Färberei und Bleiche, etwa 1680 brachten die Hugenotten Seidenzucht und Seidenindustrie;
1703 wurde eine Wolltuchfabrik errichtet;
1722 begann man das Bohnerz des Hungerberges auszubeuten, was aber nicht mehr Gewinn abwarf als das Goldwaschen in der Aare;
gegen Ende des 18. Jahrh. führte der Wohlthäter der Stadt, Joh. Rud. Meyer, die Seidenbandfabrikation ein;
1810 errichtete Joh. Herzog, der nachmalige Bürgermeister des Kantons Aargau, eine mechanische Baumwollspinnerei.
Rühmlichst bekannt sind die Aarauer Messerschmiede aus dem 18. und 19. Jahrh., deren Ansehen heute noch eine einzige Firma aufrecht erhält. Alt ist auch das Hafner- und Töpfergewerbe; ebenso die Glocken- und Kanonengiesserei, die Büchsenmacherei. Aus dem Anfang des 19. Jahrh. datiert die Begründung der Reisszeugfabriken, die sich einen Weltruf erobert haben. Eine Druckerei besass Aarau seit etwa 1750; 1802 etablierte sich J. J. Christen und 1804 H. R. Sauerländer in Aarau, der seine Offizin alsbald durch H. Zschokkes Schweizerboten, dann durch die Stunden der Andacht bekannt machte. An der Aare war ein wichtiger Flösserstapelplatz.
Das 19. Jahrh. hat diesen alten Industrien noch zahlreiche neue hinzugefügt; es seien erwähnt: Zementfabrikation, Ziegelfabrikation, mechanische Strohflechterei, Seidenweberei, Tuch- und Baumwollfabrikation, Färbereien für Seide, Stroh, Wolle;
Maschinenwerkstätten, Eisen- und Stahlgiesserei, Bau- und Möbelindustrie, Kunstschlosserei, Fabrikation chemischer Produkte, von Firnissen, Siegellack und Tinte, lithographische Kunstanstalten, Buchbindereien, elektrische Installationsgeschäfte, Fabrikation elektrischer Apparate und Glühlampen, Schokoladefabrikation, Zuckerwarenindustrie, Brauerei, Mühlenbau, Schuhfabrikation, Handels- und Kunstgärtnerei.
Aarau hat an Geldinstituten: die aargauische Bank, die aarg. Kreditanstalt und drei Ersparniskassen.
Der Kunstsinn der Bevölkerung von Aarau hat sich besonders auf dem Gebiete der Musik betätigt. Schon 1704 wurde hier ein Kollegium Musicum begründet, und, nach dem es nach etwa 40jährigem Bestande eingegangen war, 1768 wieder aufgefrischt. Später, im 19. Jahrh., gab es einen Instrumentalverein, der 1850 den Anstoss zur Gründung des Zäzilienvereins gab. Seit 1853 besteht eine Stadtmusik; bald reihten sich andere musikalische Vereinigungen an, eine Anzahl Gesangvereine, eine zweite Stadtmusik, ein Orchesterverein und a. m. Die Konzerte fanden meist in einem Saale des städtischen Rathauses statt, im Kasino oder in der Kirche. Die Lage Aaraus zwischen Bern, Basel, Zürich und Luzern ermöglichte es, die in diesen Städten auftretenden Musikkoryphäen auch für unsere Stadt zu gewinnen, was ihrem musikalischen Leben stets neuen Impuls gab.
Ein ständiges Theater hatte Aarau nie, seit mehr als einem Jahrhundert aber fanden sich Wandertruppen mit ihren dramatischen Darbietungen ein. Theaterlokal war ¶