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Mittel-Bürgerstand. Was soll man ferner dazu sagen, wenn im Jahr 1907 in einer wesentlich kommerziellen und industriellen Grossstadt von 81531 Steuerpflichtigen nur 1678 (inklusive kantonale und munizipale Beamte) ein Einkommen von 5100 Fr. und mehr, davon nur 1026 ein solches von über 6100 Fr. und nur 298 ein solches von 10100 Fr. an aufwärts versteuern, und nur 1532 Steuerpflichtige über 100000 Fr. Vermögen?
Innerhalb eines Jahres ergeben sich in der Wohnbevölkerung folgende Mutationsbeträge, welche dem normalen Jahrgang 1906 mit einer mittlern Jahresbevölkerung von 170400 entsprechen:
Innerhalb der Stadt umgezogen rund 78000 Personen (11500 Familien). Zugezogen rund 44000 Personen, weggezogen rund 40700 Personen. Gewinn 3300 Personen. Eheschliessungen in der Wohnbevölkerung 1750. Geburten etwa 4300 Personen. Sterbefälle etwa 2550 Personen. Geburtenüberschuss 1750. Jahreszunahme 5050. In den Gasthöfen abgestiegene Fremde rund 300000 Personen.
Auffällig ist die hohe Umzugsziffer. Rund 40% der Wohnbevölkerung zieht in einem Jahre einmal um! Die Hälfte dieser Zahl betrifft Familien-, nicht bloss Einzelumzüge, zumeist auf Anfang April oder Oktober, dann aber auch auf die andern Quartalanfänge. (Köln 44%, Breslau 49%; Dresden 28%, Nürnberg 36%). Dabei verwaist namentlich die Altstadt, die, wie auch in den meisten deutschen Grossstädten zur City geworden ist, unter «Verdrängung der Urbevölkerung in Sprache und Sitte». Der Kreis I hatte 1895 = 29500, Ende 1900 = 25900 und 1906 noch 20000 Einwohner, gleich wie schon im Jahre 1860! Als Zuzug wird angesehen, wer über 2 Monate bleibt; er betrug 1893 27100, und 1905 schon 40300 Personen. Diese Zahlen sind relativ hoch, obschon ihnen eine fast ebenso hohe Wegzugsziffer entgegensteht.
Das Jahr 1908 ergab bei einem Zuzug von 45403 und einem Wegzug von 44490 einen Wanderungsgewinn von nur 913 Personen (gegen 2735 im Jahre 1907) - seit 1902 war er nie so niedrig. Als Ursache wird die wirtschaftliche Depression genannt, die namentlich in verminderter Zuwanderung und Mehrwegzug der Italiener zum Ausdruck gelangt; gegenüber dem Vorjahre sank der Italienerzuzug von 8200 auf 7100. Zahl der. Eheschliessungen 1877 (Maximum seit dem Jahre 1893).
Erstmals seit 1901 stieg die Geburtenzahl, und zwar auf 4246 (Geburtenziffer auf 1000 Ew. = 23,64); die Zahl der Sterbefälle erreichte 2372 (Sterbeziffer auf 1000 Ew. = 13,21). Geburtenüberschuss 1874, macht mit dem Wanderungsgewinn eine Gesamtzunahme der Wohnbevölkerung von 2787 Seelen oder 1,57%. Am Wanderungsgewinn beteiligten sich 536, am Geburtenüberschuss 1080 Ausländer. Die Stadtbürgerliche Bevölkerung ist seit Jahren durch Ueberschuss der Sterbefälle in bedeutender Abnahme begriffen, und die Eheschliessungszahl war z. B. bei den in Zürich ansässigen Reichsdeutschen prozentual zur Ehefähigkeit stets grösser als bei den Zürchern selber. Auch an dem immer noch verbleibenden Geburtenüberschuss sind seit einigen Jahren die Ausländer überwiegend beteiligt, 1907 z. B. mit 53,4%. Wenn das so weiter geht, so kann Zürich bald ohne Zürcher existieren; lucus a non lucendo!
Interessant ist der Zuzug in die Stadt nach den verschiedenen Zuzugsgebieten und nach deren Entfernung. Von 40289 Zuzügern im Jahre 1905 waren 21711 Ausländer, und davon die Hälfte Deutsche, ein Viertel Italiener und ein Viertel aus Oesterreich, Russland, Frankreich etc. 42,5% aller Zugezogenen kamen direkt aus dem Ausland nach Zürich; von den aus den andern Schweizerorten Kommenden waren nochmals 30% Ausländer. 16% aller Zuzüger waren Angehörige, die übrigen 84% Selbsttätige. Mehr als 4/5 aller Zuzüger zieht also zu Erwerbszwecken in die Stadt. Aus je kleinerer kilometrischer Entfernung der Zuzug stattfindet, desto bedeutender ist er, und desto mehr Angehörige sind, relativ, neben Selbsttätigen mitbeteiligt. Aus einer Entfernung bis 50 Kilometer kamen im Jahre 1905 34,1% aller Zuzüger (davon ¼ aus höchstens 10 km), aus 50-100 km Entfernung zogen 19,5% zu u. s. f. - aus über 300 km noch volle 23,1%.
Mit der steten Zunahme der Bevölkerungszahl hält die Vermehrung der Wohngelegenheiten nicht Schritt. In ¶