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Lisanza spiegelt sich in seiner vollen Grösse der Monte Rosa, dessen einzelne Gipfel noch von Laveno aus sichtbar sind. Von Cerro erblickt man sogar die nordwärts der Hauptwasserscheide gelegenen Gipfel des Weissmies und der Mischabelhörner. Von Arona, Solcio und Belgirate schweift der Blick über die Provinz Como hinweg mehr als 70 km weit bis zum Monte Grigna (2410 m), zum Resegone und Albenza.
Die Seeufer sind zwar ihres ehemaligen Waldkleides bis auf wenig spärliche Reste beraubt, tragen aber trotzdem sozusagen überall einen üppig grünen Pflanzenteppich, der bloss an wenigen Stellen den nackten Fels hervorstechen lässt, während die übrigen lombardischen Seen oft ungeheure graue oder weissliche Fels- und Schutthalden aufweisen. Wie der Genfer- und der Gardasee spiegelt auch der Langensee den Himmel wundervoll wieder. Von ihm (und nicht von den ihn umrandenden Bergen) erhält er auch seine Farbe. Der die übrigen Seen düster stimmende Nordwind oder die Tramontana trägt hier im Gegenteil noch zur Erhöhung der Lichtfülle bei. Im ganzen genommen ist der Langensee mit seinem Ufergelände von leuchtendem Licht umflossen, voller Anmut und Lieblichkeit und ausgezeichnet durch eine vollkommene Harmonie seiner Formen - alles Charakterzüge, die der italienischen Landschaft einen so intimen und anziehenden Reiz verleihen.
Die einzigen den Verlauf der sanften Ufergehänge unterbrechenden Steilabstürze am Verbano sind: der Felsen von Arona (Triaskalk), der grossartige Sasso Ballaro zwischen Arolo und der Kapelle Santa Caterina del Sasso, der Dolomithügel von Caldè, sowie die aus den Glimmer- und Hornblendeschiefern und schiefrigen Gneisen herausmodellierten Abbrüche von Colmegna, Pino und Moscia bei Ascona. Künstlicher Art sind die ungeheuern Einschnitte der Granitbrüche von Baveno und am Mont' Orfano, die sich bis 500 m hoch über den Seespiegel hinaufziehen und als charakteristische weissliche Flecken selbst von gewissen Stellen der milanesischen Ebene her wahrgenommen werden können, ferner die Kalksteinbrüche von Arona, Ispra, Caldè und Bedero, unter dem Kastell von Angera und die Marmorbrüche von Candoglia, deren Produkte beim Bau des Mailänder Domes Verwendung gefunden haben. Endlich bleiben noch zu nennen der grosse Bergsturz vom Sasso Galetto in den Kieselkalken des Lias und die Schuttrisse an der waldlosen Flanke des Monte Piano della Neve im Valtravaglia.
Der Langensee zeigt fast überall einen flachen Ufersaum. Dessen Vorhandensein erklärt sich aus dem sanft geböschten Abfall der Bergufer einerseits und andrerseits aus den regelmässig zweimal im Jahr eintretenden gewaltigen Schwankungen des Seespiegels, sowie den sehr zahlreichen ausserordentlichen Hochwassern. Die erosive Wirkung des Wassers macht sich derart auf eine senkrechte Fläche von 4-5 m Höhe und auf eine mindestens zehnfache Distanz dieses Betrages in horizontaler Richtung geltend, so dass der überschwemmte Strand samt der sich anschliessenden Uferbank bis zur Halde eine Breite von einigen hundert Metern erlangen kann.
Von den in den See hinausragenden Geschiebeanschwemmungen von Flüssen und Wildbächen ist die bedeutendste das einen Halbkreis von 5,5 km Umfang und 3 km Radius darstellende Delta der Maggia, das den obersten Seearm in der Weise abzuschneiden droht wie es das Delta der Tosa mit dem Lago di Mergozzo bereits vollzogen hat. Die Tresa würde als tiefer und völlig klarer Fluss in den See münden, wenn sich nicht kurz vorher der geschiebereiche Wildbach Margorabbia mit ihr vereinigte.
Eine Eigentümlichkeit des Langensees bilden die Strandwälle, d. h. kleine Dünen, die sich längs der starkem Wellenschlag ausgesetzten Einbuchtungen hinziehen. Solche finden sich u. a. zwischen Germignaga und Luino bei der Mündung der Tresa, bei La Rotta am untern Seeende und hinter der Bucht von Ispra. Spuren von alten Strandlinien oder -terrassen, die auf einen ehemaligen höhern Wasserstand hinweisen würden, haben von uns trotz sorgfältigster Nachforschungen nirgends konstatiert werden können. Das Vorherrschen von kristallinen Felsarten rings um den Verbano erklärt das fast völlige Fehlen von Höhlen und Grotten.
5. Flora und Fauna.
Ueber Flora und Fauna des Langensees bestehen bis jetzt bloss zerstreute Einzeluntersuchungen. Eine umfangreiche Monographie wird von einer Anzahl junger Naturforscher vorbereitet und soll in einigen Jahren erscheinen. ¶